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CIA-Privatjet Gulfstream
Auf dem Flug nach London
5. Juli

 

Langsam kam Dugan zu sich. Nach einem fünfstündigen Schläfchen fühlte er sich besser; seine Kopfschmerzen waren nur noch ein dumpfer Druck. Durch den Nebel hindurch hörte er Stimmen und öffnete die Augen.

»Und das Motiv?«, fragte Ward. »Was haben der Iran und Venezuela möglicherweise davon, Panama und Malakka zum Ziel zu machen?«

»Der Kanal war offensichtlich das Hauptziel«, betonte Reyes.

Ward schüttelte den Kopf. »Nicht, wenn man sich die Verteilung der Ressourcen ansieht. In Malakka waren es zehn Angreifer, die zuvor die Alicia gekidnappt und die Kanonenboote gestohlen hatten. Ganz abgesehen vom Chartern der China Star und ihrer punktgenauen Ankunft in der Passage. Alles sehr ausgeklügelt. Vergleichen Sie das mit dem Anschlag auf Ihr Land. Dieser war zwar sehr effektiv, scheint aber das Werk eines einzigen Mannes zu sein, der allein handelte.«

»Vielleicht hatte er Komplizen in der Crew?«, schlug Reyes vor.

»Niemals«, mischte sich Dugan ein. »Diese Crew arbeitet seit Jahren für Phoenix. Medina war der einzige Unbekannte. Der reguläre Dritte Offizier sollte vom Urlaub zurück sein, aber er erlitt in den Philippinen einen Autounfall. Medina war ein Ersatz der letzten Minute, und der Kapitän war verärgert, die Werftarbeiten mit einem Neuling durchstehen zu müssen. Erst als Medina sich als kompetenter Arbeiter herausstellte, war er zufrieden.« Dugan hielt inne. »Offensichtlich ein wenig zu kompetent.«

»Was uns direkt zum ›Warum‹ zurückbringt«, sagte Ward. »Malakka zu schließen würde dem Iran schaden, d. h., ein missglückter Anschlag dort könnte von Irans Beteiligung ablenken. Aber die Zerstörung des Kanals würde dem Iran nicht unbedingt etwas bringen, und ich sehe nicht, wie eines der Attentate Venezuela helfen könnte.«

Reyes zuckte mit den Schultern. »Die Ölpreise werden steigen.«

»Vorläufig, ja«, bestätigte Dugan. »Aber Malakka ist weiterhin offen, und im Kanal findet nur minimaler Tankerverkehr statt. Nach einer guten Woche werden sich die Preise beruhigen. Das allein kann kein Motiv sein.«

Reyes sah ernst aus. »Vom Iran weiß ich nichts, aber Rodriguez ist kein Freund von Panama. Er unterstützt die Untergrundkämpfer der FARC in Kolumbien, die uns an der Grenze Probleme bereiten. Außerdem ist es kein Geheimnis, dass unsere gegenwärtige Kanalerweiterung den Transit von beladenen Supertankern nicht erlaubt. Er schlägt offen einen zweiten, größeren Kanal in Nicaragua vor. Es gibt Gerüchte, dass er die Chinesen dazu anhält, die Hälfte ihres Handels durch einen neuen Kanal abzuwickeln, damit seine Freunde in Nicaragua sich auf dem internationalen Markt dessen Finanzierung sichern können.«

Ward seufzte. »Das könnte ein Grund sein. Aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass uns das Schlimmste noch bevorsteht. Und uns geht ein Spieler ab. Tom kann natürlich nicht zurück ins Büro. Der aktuelle Schiffsmakler wird bereits von seiner Verhaftung berichtet haben. Braun denkt, er ist in Panama.«

»Alex kann Anna im Büro helfen«, sagte Dugan.

Ward wählte seine nächsten Worte sorgfältig.

»Alex ist noch nicht aus dem Feuer, Tom.«

»Schwachsinn. Sie wissen, dass er gezwungen wurde.«

»Ja. Aber uns fehlen stichhaltige Beweise. Schließungen in Panama oder Malakka erhöhen die Entfernungen und schränken Kapazitäten ein. Die Frachttarife werden nach oben schießen und davon wird Kairouz profitieren. Geld ist gleich Motiv. Ein nettes, unkompliziertes Motiv. Die Leute mögen einfache Dinge, selbst wenn sie falsch sind. Und zwischen Ihrer Beziehung zu Alex, Ihrer Beteiligung an der Alicia und der Asian Trader und Ihrem Schwarzgeldkonto sehen Sie selbst ziemlich verdächtig aus. Gegen Gardner, der in Langley gegen Sie Stimmung macht, könnte meine Unterstützung nutzlos sein. Ich würde mich wundern, wenn der nicht schon die Briten am Rohr hat, um Sie bei unserer Landung zu verhaften.«

Dugan sah besorgt aus. »Was können wir tun?«

Ward lächelte Reyes an. »Da Sie offiziell, zumindest halboffiziell, den Panamaern gehören, haben wir tatsächlich keinen Einfluss. Das wird Gardner aus der Bahn werfen und verzögern, dass er die Sache eskaliert, zumindest bis er sicher sein kann, dass nichts auf ihn zurückfällt. Aber machen wir uns keine Illusionen. Der Fall ist von öffentlichem Interesse. Übers Wochenende dauert es etwas länger, bis sich eine Masse politischer Irrer formiert hat, aber in spätestens achtundvierzig Stunden werden wir in das Niemandsland von Kongressanhörungen einziehen. Sobald die Kacke am Dampfen ist, bin ich das Schlachtopfer und Sie und Alex sind die Hauptverdächtigen. Zwei Tage. Danach sind wir Toast.«

 

 

CIA-Hauptquartier
Langley, Virginia

 

Die Luther Hurd in der Pedro-Miguel-Schleuse dominierte die Nachrichten. Das höchst anschauliche Blutbad in Gardners Bürofernseher drehte ihm den Magen um. Er war um sechs Uhr dreißig im Büro erschienen, schlaflos, mit hämmerndem Schädel und nervösem Magen. Mit lauwarmem Kaffee spülte er Schmerztabletten hinunter und überlegte, wie die Informationen der letzten drei Stunden Larry Gardner beeinträchtigen konnten. Dugan den Panamaern vorzuwerfen schien immer noch vielversprechend, vorausgesetzt, dass Ward das nicht verdorben hatte. Er versuchte Ward erneut zu erreichen, hörte aber nur die Sprachbox. Er wählte Panama.

«Carlucci.«

»Gardner hier. Ward bei Ihnen?«

»Das kann ich Ihnen nicht sagen.«

»Haben die Panamaer Dugan verhaftet?«

»Wer ist Dugan, und warum sollte er verhaftet worden sein?«

»Ähm … ich sah seinen Namen in den Briefing-Notizen.«

»Lustig«, meinte Carlucci. »Die schreibe ich. Ein Dugan wurde da nicht erwähnt.«

»Was macht das für einen Unterschied? Wo ist er?«

»Das kann ich Ihnen nicht sagen.«

»Hören Sie, Carlucci, Sie behindern eine laufende Mission. Falls Sie nicht an einem Ort landen wollen, der noch unwichtiger ist als Panama, spucken Sie es aus.«

»Fahren Sie zur Hölle.«

Beim Freizeichen fluchte Gardner laut heraus und warf den Hörer hin. Er wählte erneut.

»Flugbetriebsleitung.«

»Gardner hier. Was haben Sie über Ward?«

»Mal sehen. Sieht aus, als ob er heute Morgen um viertel nach zwei Panama Richtung Heathrow verlassen hat. Auftanken in Miami. Erwartete Ankunftszeit in London zwanzig Uhr fünfzehn Ortszeit; das ist fünfzehn Uhr fünfzehn unserer Zeit.«

Gardners Nackenhaare sträubten sich. »Ist er allein?«

Der Mann hielt inne. »Nein. Die Passagierliste nennt Ward, einen Thomas Dugan und einen Panamaer namens Manuel Reyes.«

Gardner hängte auf. Verfluchter Mist. Reyes. Mit Ward und Dugan. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Er brauchte Rückendeckung, nur für den Fall der Fälle. Gerade war er dabei, die Möglichkeiten zu durchdenken, als Senator Gunther im Fernsehen hinter einer Wand von Mikrofonen vor dem Weißen Haus auftrat. Gardner drehte die Lautstärke hoch.

»… werde ich alle Hebel in Bewegung setzen, die Schuldigen für dieses Versagen der Geheimdienste zu finden. Aus diesem Grund berufe ich einen besonderen Untersuchungsausschuss des Senates …«

Gardner lächelte. Es würde Scheiße regnen, aber er hatte gerade seinen Regenmantel gefunden.

 

 

Die Büros der Phoenix-Schifffahrtsgesellschaft

 

Braun runzelte die Stirn. »Sie werden hier sein, Sutton. Basta.«

»Aber ich kann den Virus jetzt hochladen und ihn remote auslösen. Dazu muss ich nicht im Büro sein.«

»Was, wenn er entdeckt wird?«, fragte Braun. »Außerdem will ich Sie heute Abend hierhaben, um sicherzugehen, dass alle Systeme funktionieren. Komplette Löschung. Keine Datenreste auf lokalen Festplatten.«

»Sie fackeln das ganze Gebäude ab. Wozu der Aufwand?«

Brauns Blick war Eis. »Der Punkt ist, Sutton, Sie tun, was ich Ihnen sage. Und zwar sofort. Datensicherung?«

»Off-site. Nur Kairouz und ich haben den Entschlüsselungscode.« Sutton übergab Braun einen USB-Stick. »Dieser hier funktioniert, seiner aber nicht. Ohne den ist die Datensicherung nutzlos.«

Braun steckte den USB-Stick in die Tasche. »Gut. Ist unser Unterschlupf organisiert?«

Sutton nickte. »Gestern hab ich Kabel und Internet getestet.«

»Und ich bin die Route abgefahren«, fügte Farley hinzu. »Sah gut aus.«

»Probleme, das Haus unter falscher Identität anzumieten?«, erkundigte sich Braun.

»War unnötig«, sagte Sutton. »Es ist das Haus meiner Tante in Kent.«

Braun explodierte. »Sie gottverdammter Idiot! Ein Ort, der mit uns in Verbindung steht, wird doch sofort auffallen!«

»Aber … aber da besteht keine Verbindung«, stammelte Sutton. »Das Haus läuft auf ihren Namen. Sie ist in der Klapsmühle. Alzheimer.«

»Wie heißt sie?«, wollte Braun wissen.

»Ihr Ehename ist Lampkin. Der Mann ist tot. Ich besuche sie nicht mal. An den Schlüssel kam ich letztes Jahr, als meine Mutter gestorben ist. Es ist sicherer als ein gemietetes Haus.«

Braun dachte nach. Keine Zeit für neue Arrangements.

»Also gut. Aber, Sutton – enttäuschen Sie mich nicht. Verstanden?«

Sutton nickte. Braun fuhr fort. »Bei Ihnen alles klar, Farley?«

»Ja. Ich hab mir die Schule angesehen. Wie Sie sagten, nur Frauen, keine männlichen Angestellten, außer einem Hausmeister. Letzte Nacht habe ich mich eingeschlichen, um den besten Weg zu finden. Nur eine Herrentoilette, in einem Seitengang auf dem Weg zum Abstellraum, auf der Rückseite des Gebäudes. Das Fenster öffnet sich zur Gasse hin. Perfekt. Wir werden schon halbwegs zurück im Unterschlupf sein, bevor jemand bemerkt, dass sie verschwunden ist.«

Braun nickte. »Das ist alles«, und entließ sie. Nachdem sie gegangen waren, zerstörte er mit einer Kneifzange aus seiner Schreibtischschublade den USB-Stick und steckte die Überreste in die Tasche zur späteren Beseitigung. Dann wählte er eine Nummer.

»Sudsbury und Smythe«, antwortete eine angenehme Frauenstimme.

»Mr Carrington-Smythe, bitte. Captain Braun hier.«

»Er erwartet Ihren Anruf, Captain. Ich stelle Sie sofort durch.«

 

 

Flughafen London Heathrow
20.15 Uhr Ortszeit, 5. Juli

 

Nach langer Diskussion erklärte sich Reyes einverstanden, Dugan nach der Landung die Handschellen zu ersparen. Dennoch hielt sich der große Panamaer dicht neben Dugan, als sie Ward folgten, der auf der anderen Seite des Rollfeldes Lou Chesterton und Harry Albright begrüßte. Die Vorstellung des Panamaers bei den Briten fiel nur flüchtig aus – beide Männer starrten Dugan an.

»Zum Teufel, Yank«, wunderte sich Harry. »Sind Sie unter einen Lkw geraten?«

Dugan sah Reyes an, der keine Regung zeigte.

»Alles okay, mein Freund?«, fragte Lou.

»Mir geht es gut. Was ist unser Plan?«

Lou sah Ward an. »Ein Typ aus Ihrer Botschaft rief an und drängte uns, Sie zu verhaften. Ich erklärte ihm geduldig, dass MI5 ein Geheimdienst ist, dem das Recht der Verhaftung einer Polizeikraft fehlt. Dann schlug er vor, dass wir Sie, und insbesondere Dugan hier, der amerikanischen Botschaft für eine ›Einsatznachbesprechung‹ übergeben.«

Ward schüttelte den Kopf. »Mr Dugan steht im Gewahrsam von Lieutenant Reyes. Er wird nicht zur Botschaft gehen, aber vielleicht sollten der Lieutenant und ich in der Botschaft die Lage erklären, während Sie Dugan zu Anna begleiten.«

»Gehen Sie, wohin Sie wollen, Agent Ward«, verneinte Reyes. »Ich bleibe bei Dugan.«

Ward seufzte. »Also gut. Lou, würden Sie mich zur Botschaft fahren, während Harry die beiden zu Anna fährt?«

 

 

Anna Walsh’ Wohnanlage

 

»Mein Gott, Tom«, erschrak Anna. »Bist du okay?«

Dugans Lächeln verschwand. »Das tut meinem Selbstvertrauen gut. Ich fange an, mich wie der Elefantenmann zu fühlen.«

»Da besteht Ähnlichkeit, Kumpel«, bemerkte Harry, »aber der war intelligenter.«

Reyes lächelte, und Dugan lachte. Die Pillen, die er bei der Landung genommen hatte, machten die Schmerzen erträglich.

»Deine freche Art haben sie nicht aus dir herausgeprügelt, sehe ich«, kommentierte Anna und wandte sich an Reyes.

»Aber ich vergesse mich. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten, Lieutenant Reyes?«

»Kaffee, falls das keine Umstände bereitet.«

»Keine Umstände«, versicherte Anna. »Tom? Harry?«

Beide Männer nickten und folgten Anna in die kleine Küche, um ihr beim Kaffeekochen zuzusehen.

Dann machten sie es sich alle im Wohnzimmer bequem.

»Ist Cassie okay?«, fragte Dugan.

Anna nickte. »Gut beschützt. Zwei Männer, rund um die Uhr.«

»Und Braun?«

»Verhält sich ruhig, plant aber etwas. Das sagt mir zumindest mein Bauchgefühl.«

»Meines auch«, stimmte Harry zu.

»Dann sind wir alle der gleichen Meinung«, nickte Dugan. »Aber ich kann seinen nächsten Zug einfach nicht voraussagen.«

Frustriert verstummten sie. Dann lächelte Anna.

»Den Blick kenne ich«, sagte Harry. »Was ist Ihnen eingefallen, Anna?«

»Wir können davon ausgehen, dass der nächste Anschlag von einem Phoenix-eigenen oder einem gecharterten Tanker ausgeht, nicht wahr?«

»Na und?«, meinte Dugan. »Ohne Braun zu alarmieren können wir sie sowieso nicht alle überprüfen.«

»Einen Moment. Die Ziele?«

»Suez, die Straße von Hormus und der Bosporus, vielleicht das Kap der Guten Hoff…« Er hielt inne und sah sie an.

»Genau«, nickte sie.

Harry und Reyes sahen verwirrt aus.

»Würden Sie beide bitte Ihren Gedankenblitz mit uns teilen?«, fragte Harry.

»Wir konzentrieren uns auf Tanker in der Nähe von Engpässen«, schlug Anna vor. »Das ist eine kurze Liste.«

»Braun manipuliert nur die Kommunikation der Attentatsschiffe«, fügte Dugan hinzu. »Wenn er das mit jedem Schiff der Flotte machen würde, würde es auffallen.«

»Im Gegensatz zu Alex, den Braun zu intensiv beobachtet, kann Tom die Schiffe auf dieser Liste unter einem Vorwand anrufen«, erläuterte Anna weiter. »Ein Anruf von mir wäre auch keine gute Idee. Die Kapitäne könnten zurückrufen, um zu fragen, worum es geht, und damit versehentlich Braun alarmieren. Aber niemand in der Flotte weiß, dass Tom nicht im Büro ist.«

»Und falls Tom etwas verdächtig vorkommt«, folgerte Harry, »ist das unser Schiff. Einfach brillant.«

»Ein Problem gibt es«, warf Anna ein. »Mein Computer ist wieder hin, genau wie Toms. Und Sutton war wie gewöhnlich keine große Hilfe. Ich kann den Positionsbericht nicht aufrufen. Hast du eine Papierkopie, Tom?«

»Nicht auf neuestem Stand. Lass es Alex wissen. Er kann ihn dir irgendwie zuschieben. Nebenbei, weiß er, dass ich hier bin?«

»Er denkt, du sitzt in Panama in Haft. Lassen wir es dabei. Er reagiert so, wie Braun es von ihm erwartet. Wenn er erfährt, dass du hier bist, könnte das sein Verhalten ändern und Braun alarmieren.«

»Aber er …«

»Vertrau mir in diesem Punkt, Tom«, beendete Anna die Diskussion und fuhr fort.

»Okay, ich muss Alex außerhalb des Büros treffen. Ich werde ihn anrufen, ihm sagen, dass ich mich um Tom sorge und reden möchte. Dann schlage ich vor, dass wir uns morgen früh auf einen Kaffee treffen.«

»Falsches Motiv«, lehnte Harry ab. »Braun hält Sie für ein Flittchen. Machen Sie Kairouz an – deuten Sie an, dass Sie wegen Dugans Verschwinden um Ihre Stelle besorgt sind. Bieten Sie ihm an, ›all seine Wünsche zu erfüllen‹.«

»Wird ihn das nicht schockieren?«

»Er wird es verstehen«, versicherte Dugan ihr. »Und noch besser, wenn er zunächst ehrlich erschrocken reagiert.«

Anna nickte und tätigte den Anruf. Wie vorhergesagt, spielte Alex mit und versprach, Anna um acht Uhr dreißig am Morgen zu treffen.

Sie klappte das Telefon zu. »Mein Ruf als Schlampe ist gesichert. Und jetzt?«

Harry gähnte. »Ich informiere Lou und Ward und verschwinde dann heim zum Weib.«

»In Ordnung«, sagte Anna. »Schlaf haben wir alle nötig.«

Harry stand auf. »Ich finde den Weg nach draußen allein.«

Reyes blieb sitzen. Anna warf Harry einen überraschten Blick zu.

Harry zuckte mit den Schultern. »Lieutenant Reyes nimmt seine Verantwortung sehr ernst.«

Die Tür schloss sich hinter ihm, und einige Sekunden peinlicher Stille folgten.

»Na, dann geh ich jetzt auch ins Bett.«

Sie sah Dugan bedauernd an und kehrte durch die Hintertür in ihre eigene Wohnung zurück.

Dugan starrte Reyes an.

»Sie sind also mein neuer Zimmergenosse. Lassen Sie uns eines klären: Es gibt nur ein Bett. Das gehört mir. Sie schlafen auf der Couch.«

 

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Zwanzig Minuten später kam Dugan in seinen Boxershorts aus dem Bad, geduscht und fertig fürs Bett. Im Schlafzimmer wartete Reyes mit Handschellen auf ihn.

»Das ist nicht mein Ding, Reyes«, sagte Dugan, »und Sie sind nicht wirklich mein Typ.«

Der Panamaer hielt sein Temperament im Zaum. »Ich werde Sie ans Bett fesseln.«

»Ernsthaft?«

»Das Vertrauen Ihrer Kollegen in Sie ist rührend, Señor Dugan, aber mich haben Sie noch nicht überzeugt. Denken Sie, ich würde riskieren, mit meiner eigenen Waffe im Gesicht aufzuwachen?«

»Und falls es brennen sollte?«

»Unwahrscheinlich.«

»Was, wenn ich pinkeln muss?«

Reyes zuckte mit den Schultern. »Dann wird Ihnen unbehaglich sein.«

»Was, wenn …«

»Was, wenn Sie jetzt den Mund halten und Ihre Hand vorstrecken, bevor ich unangenehm werde?«

 

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Kurz vor Tagesanbruch erhob sich Reyes von dem unbequemen Sofa und setzte sich auf einen Stuhl am Fenster. Der Schlaf bedeutete für ihn nur ein unregelmäßiges Dösen, unterbrochen von stundenlangem Gedenken an Maria und die Jungen.

Als er den Schmerz nicht länger ertragen konnte, zwang er sich, seine Gedanken auf die gegenwärtige Situation zu lenken.

Die war ebenso beunruhigend. Er konnte seine Verachtung für die angewandten Methoden kaum verbergen.

Er wusste genug, um überzeugt zu sein, dass dieser Braun die Schlüsselfigur war, aber dennoch wurde dieser hijo de puta mit Samthandschuhen angefasst, während Ward und das Walsh-Team »harte, stichhaltige Beweise« sammelten.

Wo, fragte er sich, waren die geheimen CIA-Flugzeuge, die diesen Braun in ein zuvorkommendes Land trugen, in dem er »aggressiv« verhört werden konnte? Vielleicht sollte er die Dienste seiner Agentur anbieten? Er war sich sicher, dass El Señor Braun nach einigen Stunden im Loch recht kooperativ sein würde.

Er seufzte. Die Gringos brauchten ihn, um Dugan unangreifbar zu machen. Und er musste der Untersuchung nahe bleiben. Er würde ihr Spiel so lange nach ihren Regeln spielen, bis er erfahren hatte, wer wirklich hinter dem Tod von Maria und so vielen anderen steckte. Danach würde die Sache anders laufen.

 

 

Die Büros der Phoenix-Schifffahrtsgesellschaft
23.15 Uhr Ortszeit, 5. Juli

 

»Das war’s. Kairouz’ war der letzte.« Sutton sah von Alex Kairouz’ Schreibtisch hoch.

»Danke, Sutton«, sagte Braun und zog eine schallgedämpfte Pistole vor, mit der er seinem überraschten Untergebenen in den Kopf schoss.

Er steckte die Waffe in den Hosenbund zurück und ging in sein Büro. Dort öffnete er eine kleine, feuersichere Kassette und überprüfte ihren Inhalt: Bargeld, mehrere falsche Ausweise mit Suttons Foto und die CD des Gesprächs zwischen Rodriguez, Kairouz und Dugan. Er verschloss die Kiste und trug sie in Suttons Büro, wo er sie – gerade als Farley hereinkam – in einer Schublade versteckte.

»Alles erledigt. Ich habe die Feuertüren im Treppenhaus verkeilt und auf beiden Phoenix-Stockwerken Brandsätze gelegt. Das Hauptsprinklerventil ist blockiert. Alles wird innerhalb weniger Sekunden in Flammen aufgehen.«

»Ist alles gut versteckt? Ich will keine Pannen.«

Farley zuckte mit den Schultern. »Jemand könnte die Feuertüren schließen, aber das ist egal. Ich habe beide Stockwerke ausgerüstet. Die Zünder sind außer Sicht.«

»Und Sie sind sicher, dass Suttons und Kairouz’ Büros intakt bleiben?«

»Das sollten sie. Sie liegen an der Außenwand, am weitesten von den Zündsätzen entfernt. Die Feuerwehr wird als Erstes Wasser durch die Fenster pumpen.« Er sah sich um. »Ist Sutton fertig?«

»Mr Sutton ist fertig, fix und fertig«, antwortete Braun. »Wie versprochen wird sein Bonus nun Ihren eigenen erhöhen.«

Farley lächelte. »Na prima. Dann bleibt nur noch die Zeituhr. Wann soll es losgehen?«

Braun hatte mit der Zeitplanung gerungen, bis die Nutte Walsh bei Kairouz angerufen hatte. Cassie musste sich in ihrer Kontrolle befinden, um Kairouz’ Kooperation zu garantieren. Aber sie sich zu Hause zu greifen bedeutete zu viele Zeugen, die nicht alle zum Schweigen gebracht werden konnten. Die Behörden mochten glauben, dass Kairouz das Mädchen entführen ließ, nicht aber, dass er den Mord an seinem gesamten Haushaltspersonal sanktioniert hatte. Sie mussten sich das Mädchen in der Schule schnappen, und die Zeitplanung war maßgeblich. Kairouz durfte nicht im Bürofeuer umkommen. Normalerweise erschien er aber genau um die Zeit im Büro, in der Cassie in der Schule ankam. Kairouz’ Verabredung um acht Uhr dreißig mit dem Flittchen war perfekt. Er würde die Zerstörung seines Lebenswerks sogar von einem Logenplatz aus verfolgen können.

»Stellen Sie die Zünder auf acht Uhr vierzig«, wies Braun ihn an.

 

 

Sterling-Akademie
Westminster, London, 6. Juli

 

Farley beschleunigte. Selbstverständlich musste der Spasti ausgerechnet heute Morgen herumtrödeln. Falls die alte Hexe sie im Sekretariat als verspätet anmelden musste, würde das die Sache ziemlich vermasseln.

»Fahren Sie langsamer, Farley«, forderte Gillian Farnsworth, als er um eine Ecke schoss. Er ignorierte sie und bremste dann abrupt vor der Sterling-Akademie, erleichtert, dass die Direktorin noch oben auf den Treppen stand. Er sprang aus dem Wagen und öffnete Cassies Tür. Dann zog er sie am Arm, während sie noch am Aussteigen war.

»Ich muss aufs Klo«, sagte er durch die offene Tür hindurch.

»Sofort zurück mit Ihnen in den Wagen«, befahl Gillian Farnsworth.

»Es wird ein Weilchen dauern. Regen Sie sich bloß nicht auf, Liebchen«, grinste er.

Er schlug die Tür zu und eilte die Stufen hoch, seine Hand immer noch auf Cassies Arm. Höflich nickte er der Direktorin zu und sah verschämt aus, als er ihr seine Not zuflüsterte und noch vor ihrem Protest an ihr vorbei war. Drinnen täuschte er Unwissenheit vor.

»Wo ist das Klo?«

»Da hinten«, zeigte Cassie ihm. »Lassen Sie mich jetzt los. Ich komme zu spät.«

»Zeig’s mir erst.«

»Na schön. Aber schnell.« Sie führte ihn den leeren Seitengang hinunter.

An der Toilettentür hielt er ihr die Hand vor den Mund und schob sie nach drinnen. Ihr Zucken, als er sich gegen sie drückte, erregte ihn. Er zwang ihren Kopf gegen seine Brust, fischte eine Spritze hervor, entfernte die Nadelkappe und stieß sie ihr in den Nacken. Sie erschlaffte, und er legte sie auf den Boden, um das Fenster zu öffnen.

»Absolut pünktlich«, begrüßte ihn Braun von draußen. Farley übergab ihm Cassie und schwang sich dann selbst mit den Füßen zuerst durch das Fenster. Er landete auf einem Kastenwagen, der mit dem Logo des International Parcel Service beklebt und unter dem hohen Fenster in der verlassenen Gasse eingeparkt war. Braun, in einer IPS-Uniform gekleidet, stand schon wieder auf dem Boden.

Farley zog das Fenster zu und reichte Cassie an Braun weiter. Dann sprang er vom Kastenwagen herunter.

»Ich bringe sie nach hinten«, bestimmte Braun. »Ziehen Sie sich um und setzen Sie sich ans Steuer.«

Um acht Uhr sechsunddreißig Uhr bog der Wagen in die Victoria Street ein.

 

 

Castle Lane
500 Meter von der Sterling-Akademie entfernt

 

»Babysitter. Kontrolle. Ende«, krächzte das Funkgerät.

»Wir hören, Kontrolle. Ende.«

»Babysitter, Subjekt bewegt sich östlich auf Victoria. Ende.«

Ein Lieferwagen kam um die Ecke. Die beiden Männer im Wagen sahen sich erleichtert an, als Kairouz Wagen weiter unverändert dastand. »Negativ, Kontrolle. Der Wagen des Subjekts hat sich nicht bewegt. Ende.«

»Ich sehe das Subjekt in Bewegung, Babysitter. Östlich auf der Victoria. Ende.«

»Kontrolle, ich wiederhole. Der Wagen des Subjekts steht hier. Unverändert. Überprüfen Sie Ihre Ausrüstung. Ende.«

»Babysitter, HABEN SIE DAS SUBJEKT IM BLICK? Ende.«

»Negativ, Kontrolle. Aber der Wag…«

Der Überwacher schweifte vom Protokoll ab. »Der verdammte Wagen mag zwar da sein, aber das Subjekt bewegt sich mittlerweile südlich auf Artillery Row und entfernt sich von Minute zu Minute mehr. HABEN SIE VERSTANDEN?«

»Verflucht noch mal«, brachte der Fahrer hervor.

»Wir sind dran«, rief der zweite Agent, während der Fahrer den Wagen in östlicher Richtung auf die Victoria Street einschwenkte.

 

 

Starbucks-Café
Vauxhall, London

 

Anna und Alex erschienen beide zeitig und saßen nun im Starbucks in der Nähe des Büros, zwischen ihnen die leeren Becher. Sie sah Alex an. Die Ereignisse in Panama und Dugans Verhaftung hatten ihn mitgenommen.

»All diese Todesfälle. Thomas verhaftet. Wenn ich Sie nur früher alarmiert hätte … vielleicht hätten Sie es verhindern können. Ich hatte nur solche Angst um Cassie.« Seine Stimme brach. »Die habe ich immer noch.«

Anna nahm seine Hand. »Sie ist jetzt sicher. Das verspreche ich Ihnen.«

Er saß da, den Blick gesenkt und erwiderte ihren Händedruck, bevor er wieder aufsah.

»Also gut«, sagte er. »Zurück zum Geschäft. Ich besorge Ihnen einen Positionsbericht, aber wie kontaktieren Sie die Schiffe, ohne Braun zu alarmieren?«

»Daran arbeiten wir noch«, erwiderte Anna vage.

»Sie sind die Experten. Mrs Coutts kann Ihnen eine Kopie zustecken.«

Anna sah aus dem Fenster. »Das können Sie Ihr gleich selbst sagen.«

Alice Coutts kam gerade aus der U-Bahn-Station. Sie gingen nach draußen, um sie abzufangen.

»Oh, guten Morgen«, begrüßte Mrs Coutts sie. »Welch angenehme Überra…«

Eine Explosion schlug ihnen entgegen, direkt gefolgt von einer zweiten, die beinahe wie ein Echo erschien. Schockwellen zerbrachen Fenster. Sie drehten sich um und sahen Rauchschwaden über einem ihnen bekannten Gebäude aufsteigen. Das Blut wich Alex aus dem Gesicht, als er sah, wie das Unternehmen, das er in Jahren voller Blut, Schweiß und Tränen aufgebaut hatte, in Schutt und Asche fiel.

 

 

Horseferry Road

 

Der Knall der Explosionen erreichte Braun in der Nähe der Lambeth-Brücke. Er hatte Lambeth zur Überquerung der Themse gewählt, da er von dort aus eine visuelle Bestätigung des Feuers genießen konnte. Am entfernten Ufer sah er Rauchwolken aufsteigen und konnte die Sirenen der Feuerwehr hören. Neugierige belagerten die Straße südlich des brennenden Gebäudes.

Beim Klang einer Autohupe fuhr Braun zusammen. Farley war ebenfalls am Gaffen und wäre beinahe auf ein Taxi aufgefahren.

»Halten Sie Ihre Augen auf der verdammten Straße«, fuhr Braun ihn an.

Farley brummte vor sich hin. Braun ignorierte ihn und wählte eine Nummer auf seinem Handy. Alex Kairouz antwortete.

»Hallo, Kairouz. Wie gefällt Ihnen das Freudenfeuer?«

»Sie Schweinehund. Dafür werde ich Sie hängen sehen.«

Braun lachte. »Unwahrscheinlich, Kairouz. Aber ich vergebe Ihnen diesen Ausbruch. Ich bin sicher, Sie werden mehr Respekt zeigen, jetzt wo ich mich doch so gut mit Cassie unterhalte. Erinnern Sie sich an die Videos?«

»Lügner! Sie ist in der Schule«, schrie Alex ihn an, als sein Anklopfton tönte.

»Gehen Sie ran, Kairouz. Ohne Zweifel ist das die Farnsworth-Hexe. Sie haben zehn Sekunden, sie loszuwerden, bevor ich auflege und Cassie auf immer verschwindet. Fertig? Los.«

»Hören Sie, Braun …«

»Neun Sekunden, Kairouz. Tick. Tick. Tick.«

Alex nahm den gehaltenen Anruf an.

 

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»Mr Kairouz! Gott sei Dank!«, weinte Gillian Farnsworth. »Dieser brutale Farley hat sich Cassie aus der Schule geschna…«

»Ich weiß. Ich rufe zurück«, fertigte Alex sie ab und verband sich wieder mit Braun.

 

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»Was wollen Sie?«, fragte er zitternd.

»Viel besser«, lobte Braun. »Sprechen Sie mit niemandem. Nehmen Sie die U-Bahn zu Sudsbury und Smythe in der Lombard Street. Kennen Sie die Firma?«

»Ich habe von ihr gehört.«

»Fragen Sie nach Mr Carrington-Smythe, dem Generaldirektor. Sie werden erwartet. Er wird Ihnen einen Koffer voller Bargeld und Inhaberpfandbriefe geben. Akzeptieren Sie ihn und verschwinden Sie danach sofort. Ist das klar?«

»Ja.«

»Nehmen Sie ein Taxi nach Heathrow zum Global Air Charter-Schalter. Dort wartet ein Jet auf Cassie und Sie nach Beirut, Ihrer alten Heimat. Gehen Sie an Bord und warten Sie.«

Alex’ Hoffnungen stiegen. Um gleich wieder zerstört zu werden.

»Natürlich wird Cassie nicht erscheinen«, sagte Braun.

»Aber was …«

»Klappe halten und zuhören!«, fuhr Braun ihn an. »Sobald die Polizei auftaucht, gestehen Sie, dass es Ihre und Dugans Idee war, die China Star und die Asian Trader hochgehen zu lassen, um die Frachttarife zu manipulieren. Aber nachdem Dugan in Panama verhaftet wurde, gerieten Sie in Panik und sind geflohen. Als Sutton ihren Plan entlarvte, ihn als Sündenbock zurückzulassen, brachten Sie ihn um und steckten das Büro an, um den Mord zu vertuschen. Sie nutzten Farley und mich als bloße Werkzeuge Ihres abscheulichen Plans und zwangen uns, Cassie abzuholen, da sie der aufrechten Mrs Farnsworth nicht trauen konnten. Die Polizei wird vermuten, dass wir sie gesehen und uns vor der Verhaftung gefürchtet haben, und dass wir deshalb mit ihr verschwunden sind.«

»Und falls ich mich weigere?«, fragte Alex.

»Raten Sie mal, Kairouz. Wir haben uns die Videos nun wirklich oft genug angesehen.«

Ein unterdrücktes Schluchzen informierte Braun, dass er gewonnen hatte.

»Und noch eines, Kairouz. Bringen Sie sich um, während Sie in Haft sind!«

Alex schnappte nach Luft.

»Oh, was soll das?«, fragte Braun. »Ein Tausch, Kairouz. Ihr kleines, unbedeutendes Leben im Austausch gegen Cassies Rettung.«

»Denken Sie, ich traue Ihnen?«

»Ich fordere nicht Ihr Vertrauen, Sie Trottel, sondern Ihre Logik. Sobald Cassie unversehrt wieder auftaucht, belegt es genau das, was ich alle glauben lassen will: dass wir in Panik gerieten, dass wir das Mädchen loswerden wollten und dass wir danach untergetaucht sind. Nachdem Sie, der Anführer, dingfest gemacht wurden, wird niemand Zeit und Geld darauf verschwenden, uns kleine Fische zu fangen. Sollte Cassie andererseits verschwinden oder tot aufgefunden werden, macht sie das zu einem bedauernswerten Opfer, und die Behörden werden weiter nach uns suchen. Und sobald Sie gestanden haben und nicht länger am Leben sind, kann ich sie ohne weitere Sorge, dass Sie später alles widerrufen, freilassen. Es ist in meinem Interesse.«

»Aber wie soll ich … soll ich …«

»Es gelingt Häftlingen täglich, sich umzubringen, Kairouz. Ich habe vollstes Vertrauen in Sie. Aber denken Sie nicht, allein der Versuch wird mich zufriedenstellen. Ich brauche Leistungsbereitschaft, alter Junge. Verstanden?«

»Ja«, bestätigte Alex kaum hörbar.

»Ausgezeichnet. Dann los. Und denken Sie daran: Nehmen Sie mit niemandem Kontakt auf. Entfernen Sie Ihre Telefonbatterie. Ich werde es wissen, falls Sie es nicht tun, und könnte Farley sein Vergnügen mit unserem Liebling Cassie erlauben.«

Braun legte auf und lächelte. »Das lief gut.«

»Wie hören Sie sein Telefon von hier aus ab?«, fragte Farley.

»Wie sollte ich das wohl können?«, stöhnte Braun mit erzwungener Geduld. »Aber er ist zu verängstigt, um Befehlen nicht zu gehorchen.«

»Sie denken, er wird sich umbringen?«

»Natürlich«, nickte Braun. »Aber noch viel wichtiger: Er wird jetzt auch Dugan anschwärzen. Unbewusst wird er sein nobles Opfer für Cassie mit einer bloßen Gefängnisstrafe für Dugan vergleichen, wodurch ihm Dugans Schicksal akzeptabel erscheinen wird.« Braun lächelte. »Kairouz’ Selbstmord wird sein Geständnis unwiderruflich machen und wunderbar mit den Beweisen in Suttons Schreibtisch übereinstimmen.«

Farley verzog das Gesicht. »Wir lassen das Mädchen laufen?«

Braun lachte. »Natürlich nicht, Sie Idiot. Glauben Sie, ich fürchte mich vor inkompetenten Trotteln? Bis die uns verdächtigen, sind wir längst über alle Berge.«