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Die Felder oberhalb des Dorfes Chinchewe, Malawi, Ostafrika
Kamuzu war erschöpft. In eine Decke gewickelt hatte er mehr als zwölf Stunden auf der schmalen hölzernen Plattform verbracht, die als Beobachtungsposten diente. Hinuntergestiegen war er nur, um Paviane zu vertreiben oder um sich um das kleine Feuer zu kümmern, das er angezündet hatte, um sich zu wärmen. Immer wieder sah er hinunter ins Tal und sehnte sich danach, Bakili zu sehen, wie er den Pfad hinaufkam, um seine Aufgabe zu übernehmen.
Aber von seinem jüngeren Bruder war nichts zu sehen.
Dann nahm er ein Quieken unter den Pavianen wahr, gefolgt von Stille und schließlich von dem unverwechselbaren Knirschen der Maisstauden. Eilig rappelte Kamuzu sich auf die Füße und reckte sich auf die Zehenspitzen, um festzustellen, wo der Überfall erfolgt war. Dann brüllte er laut auf, stieß eine Reihe hoher Schreie aus, mit denen er die Tiere zu erschrecken hoffte, und rannte dabei mit seinem Stock auf das Maisfeld.
Kamuzu pfiff und schrie mit der ganzen Kraft seiner jungen Stimme, während er durch die hohen Maisstauden jagte. Er konnte nicht weiter als zwei Meter geradeaus sehen, aber er konnte die Geräusche hören, die die Räuber verursachten, als sie durch das Getreide brachen, und an diesen Geräuschen orientierte er sich.
Da!
Die Paviane waren genau vor ihm. Kamuzu brach durch die Maisstauden und drosch seinen Stock lediglich eine Armeslänge von dem nächsten Tier entfernt hart auf den Boden. Er konnte sehen, dass es sich um den Großen handelte – um das Alphatier –, und eigentlich hätte er erwartet, dass der Affe die Flucht ergriff. Aber der Pavian dachte nicht an Flucht. Tatsächlich tat er das, was Kamuzu am wenigsten von ihm erwartet hätte.
Der Pavian griff ihn mit gänzlich entblößten Fangzähnen an, jagte unter Kamuzus erhobenem Stock hindurch und biss das Kind brutal in die Innenseite des Schenkels.