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Howelltal, Daytin, KathilKathil-PDZ, Mark Capella, Vereinigtes Commonwealth
16. November 3062
Auf halber Strecke zwischen Radcliffe und District City knickte der Flusslauf des Howell von der Straße weg und drehte nach Westen. Das silbern schimmernde Flussband glitt landeinwärts zurück und verlief dann mehrere hundert Kilometer nach Süden, bevor es in direkter Linie Richtung Meer abbog. An diesem Teil des Flusses lag der Urlaubsort Daytin. Ausgedehnte Privatgüter beanspruchten das Westufer für sich, während sich am Ostufer Aussichtspunkte und Picknickplätze mit lokalen Geschäften abwechselten. Dichter Wald und lichte Wiesen beherrschten das Flusstal.
Jetzt allerdings zeigte der weiche, gelbgrüne Wiesengrund die Spuren eines Rückzugsgefechts, das den Boden mit schweren Mechschritten und Raketenexplosionen aufgerissen hatte, eine verkohlte Schneise der Verwüstung, die sich bis zum Horizont erstreckte. Laserfehlschüsse hatten mehrere kleine Brände in Harnen mit weißem Ahorn und hellen Ulmen entfacht. Zum Glück war das Holz noch frühlingsgrün, so dass sich die Feuer nur langsam ausbreiteten. Eine uralte Ulme wurde aus dem Boden gerissen, als zwei BattleMechs sich den Weg durch den Wald bahnten und die mächtigen Bäume beiseite stießen, die mehreren hundert Tonnen myomerbewehrten Metalls keinen ernsthaften Widerstand entgegensetzen konnten.
Der erste Mech, ein Rakshasa, hob beide Arme und schleuderte zwei Speere aus rubinrotem Licht auf David McCarthys Destruktor. David duckte sich zur Seite und die Schaltkreise des Neurohelms übersetzten die Bewegung und brachten den 100-t-Mech mit gesenkten Schultern aus der Schusslinie. Die beiden Laserstrahlen zerschnitten über der linken Mechschulter die Luft, und David hatte einen Augenblick Zeit, sich auf zwei näher rückende schwere MantikorPanzer zu konzentrieren. Auch wenn Mechs die unbestrittenen Herren des modernen Schlachtfelds waren, machte die Impulslasertechnologie seiner Geschütze und die gute Panzerung einen Mantikor auf kurze Distanz nicht minder gefährlich. Die beiden Maschinen in seiner Nähe in Stellung gehen zu lassen, wäre ein schwerer taktischer Fehler gewesen.
Und David konnte sich keine Fehler leisten. Major General Sampreis' Überfall auf die Basis der 8. RKG war bereits ein Fehler zu viel gewesen. Nach der Schwere des Gegenangriffs zu schließen, war die Operation fehlgeschlagen, und jetzt mussten David und seine Soldaten die Folgen tragen. Lieutenant Colonel Zibler hatte die Kompanie ursprünglich auf Streife geschickt, damit sie die zurückkehrende Sicherheitsabteilung begrüßte. Mehr Unterstützung hatte Major General Sampreis nicht gestattet, aus Angst, größere Mechbewegungen könnten District City und die 8. RKG warnen. Aber dann hatte die 8. ihrerseits einen Überraschungsangriff gestartet und ein volles Bataillon von der planetaren Hauptstadt zur Milizbasis in Radcliffe in Marsch gesetzt. Sampreis hatte Davids Leute daraufhin auf Befehl Herzog VanLees' persönlich angewiesen, sich nach Daytin zurückzuziehen und den Gegner dort zu stoppen, während der Rest der MCM mobilisierte.
Er hatte keine Zeit, sich zu fragen, ob die Kämpfe sich weit genug ins Landesinnere ausgebreitet hatten, um seine Familie in Vorhaven zu gefährden. Seine Kompanie leistete nicht, wozu sie eigentlich in der Lage war. Die Leute waren emotional ganz und gar nicht darauf vorbereitet gewesen, gegen eine andere Einheit des Commonwealth kämpfen zu müssen, auch wenn sie um die Gefahr gewusst hatten, dass der Überfall auf die Distriktbasis schief gehen konnte. Unglücklicherweise schienen die Katzbalger ihre Probleme beim Zielen auf das Sonnenfaustemblem des Vereinigten Commonwealth nicht zu teilen.
David berücksichtigte das bei der Aufstellung seiner Truppen. Er hatte den Fluss an einer ziemlich abseits der Wohngebiete gelegenen Stelle überquert und Patschenkos Lanze am anderen Ufer postiert, während er und Tara Michaels das Ostufer hielten. Die nah gelegenen Güter waren vorgewarnt und mit etwas Glück hatten ihre Bewohner sich inzwischen in Sicherheit gebracht. Das gab seinen Leuten zusätzliche Bewegungsfreiheit bei der Verteidigung des Gebiets.
Aber warum sie die 8. ausgerechnet hier aufhalten sollten, hätte David beim besten Willen nicht beantworten können. In seinen Augen ergab es keinen Sinn, aber er war ja auch kein General - oder Politiker. Davon abgesehen war ihm jeder Befehl, der einen Kampf auch nur um Minuten hinauszuzögern versprach, als Himmelsgeschenk erschienen. Es war hart genug gewesen, mit seiner Kompanie in die Simulatoren zu steigen. Jetzt, da wieder scharf geschossen wurde, waren seine Nerven bis zum Zerreißen gespannt.
Nun schien der Aufschub, auf den er gehofft hatte, die Chance, die Krise mit kühlem Kopf zu entschärfen, illusorisch. Ein Feuersturm hatte Kathil erfasst. Bestenfalls konnte er noch darauf hoffen, sich zurückzuziehen und die Einheit neu zu gruppieren, um dann von hinten wieder vorzurücken, sobald Zibler die beiden anderen Kompanien in die Marschroute der RKG warf. Falls sie schnell genug handelten, ließ sich der eskalierende Konflikt vielleicht beenden, kaum dass er ausgebrochen war.
Nur hatte das Katzbalger-Bataillon zwei Lanzen abgestellt, um Davids Kompanie zu verfolgen und ihren Rückzug zu bremsen. Obwohl sie bereits zwei Maschinen verloren hatten, ließen die RKG-Krieger nicht locker. Sie waren nicht stark genug, um Davids Kompanie zu zerschlagen, aber sie banden seine Leute effektiv im Flusstal, während die Hauptstreitmacht des Bataillons weiter nach Radcliffe vorstieß.
Der vordere Mantikor rollte in den Schatten eines weißen Ahorn, und der herumschwenkende Geschützturm schlug eine tiefe Kerbe in den gewaltigen Stamm. David zog das Fadenkreuz über den Panzer, drückte ab und geißelte die Vorderfront des Fahrzeugs mit einer doppelten PPK-Salve. Die bläulich weißen Energieentladungen zuckten knisternd und zischend aus den Geschützläufen und schlugen laut krachend knapp unter dem Geschützturm ein. Sie reichten nicht aus, die Panzerung zu durchschlagen. Seufzend bereitete er die nächste Salve vor, als plötzlich ein saphirblauer Energiestrahl die Bresche vertiefte. Ein Orkan von AK-Granaten hämmerte hinterdrein und füllte den Innenraum des Mantikor mit glühendem Metall. Der Geschützturm schwang herum und drehte sich immer weiter, ohne eine lebende Hand an der Steuerung in der Bewegung gefangen.
»Nichts zu danken«, rief Amanda Black über die Kommverbindung und zog den Bushwacker rückwärts in die relative Deckung eines kleinen Wäldchens links von David.
Noch weiter hinten pflügten Tara Michaels' Vollstrecker und zwei ihrer Lanzenkameraden vor, um einen Mahlstrom zu stoppen, der versuchte, in den Rücken der Kompanie zu gelangen. »Wofür?«, fragte sie mit unverwechselbar rauchiger Stimme. »Alles in Ordnung, Sir?«
Soweit das möglich war, entschied David, wenn auf der eigenen Heimatwelt der Krieg tobte. Aber er hatte keine Zeit für Gespräche, auch wenn es Black und ihm gelungen war, den feindlichen Vormarsch einen Augenblick lang aufzuhalten. Der zweite Mantikor legte den Rückwärtsgang ein, nicht bereit, den Kameraden in den Tod zu folgen. David zog die Steuerknüppel herum und stellte sich dem Rakshasa, der sich gemeinsam mit einem Nachtschatten auf ihn stürzte. Der mittelschwere NTS-4S stieg auf lodernden Plasmafontänen in den Himmel, flog auf David zu und hob das am rechten Arm montierte Titanstahlbeil. Blaue Lichtbolzen schossen aus dem schweren Impulslaser und schlugen in Hüfte und linkes Bein des Destruktor ein. Eine Raketensalve des Rakshasa überholte den Nachtschatten und detonierte auf der oberen Torsohälfte der Milizmaschine.
Der überschwere Kampfkoloss wankte unter dem Einschlag, hielt sich aber auf den Beinen. David stabilisierte die Maschine in breitbeiniger Haltung und wich dem drohenden Nachtschatten halbwegs aus, um sich auf den schwereren Angreifer zu konzentrieren. Als das Fadenkreuz mit stetigem goldgelbem Leuchten eine sichere Zielerfassung anzeigte, schaltete er alle Waffen auf, ohne sich um den immer noch beträchtlichen Wärmestau des Destruktor zu kümmern, in der Hoffnung, den Rakshasa mit einer konzentrierten Breitseite schnell erledigen zu können.
Gaussgeschütze schleuderten mit donnerndem Überschallknall zwei massive Kanonenkugeln aus den Rohren, von denen nur ein vager silberner Schemen sichtbar war, bevor sie durch den linken Mecharm des Rakshasa schlugen. Partikelprojektorkanonen peitschten künstliche Blitze über die gesamte linke Flanke der Maschine, zersprengten und zerschmolzen schützende Panzerplatten und rissen breite, klaffende Löcher in den Rumpf. Drei mittelschwere Lichtwerfer stießen smaragdgrüne Energiedolche hinterher und bohrten sich in die interne Gerüststruktur des Katzbalger-Mechs.
David konnte nicht erkennen, ob es einer der Partikelblitze oder ein Laser gewesen war, aber seine Salve schlug bis zum linken Raketenmagazin des Rakshasa durch. Von der enormen Hitze zur Explosion gebrachte Treibsätze lösten eine Kettenreaktion aus, und die eingelagerten Sprengköpfe flogen in einem ohrenbetäubenden Stakkato in die Luft. Der schwere BattleMech wurde nach hinten auf die entwurzelte Ulme geschleudert, und seine verbliebenen Metallglieder verhedderten sich in Wurzelwerk und Krone. Feuer schlug himmelwärts und verfärbte sich vom Rotorange der explodierenden Munition zum leuchtenden Gold einer Reaktorüberlastung.
Die furchtbare Explosion brachte den Boden zum Erzittern und löste eine Druckwelle aus, die den anfliegenden Nachtschatten aus der Bahn warf. Fünfzig Tonnen in humanoide Form gepresstes Metall flogen etwa so elegant, wie man das erwarten konnte, aber selbst außer Kontrolle geraten stellten sie noch eine Gefahr dar. David bewegte den Destruktor nach hinten und versuchte, ein paar entscheidende Meter zwischen sich und den außer Balance geratenen Stahlkoloss zu bringen, der mit mehr als fünfzig Stundenkilometern auf ihn zustürzte, wild mit den Armen wedelte und die linke Schulter vorschob, um einen ohne Zweifel vernichtenden Aufprall halbwegs abzufangen. Als die Maschine durch Davids Schusslinie flog, löste er reflexartig eine zweite Breitseite aus, in der Hoffnung, eine Kollision irgendwie vermeiden zu können.
Eine Glutwelle schlug durch das Cockpit, als die Energiebelastung der Geschütze den Fusionsreaktor des Destruktor zu Höchstleistungen trieb. David rang keuchend nach Luft, schien glühende Kohlen einzuatmen, und stählte sich für den unvermeidlichen Zusammenstoß. Beide Gausskugeln waren vorbeigegangen und in einen nahen Ahornhain geschlagen, doch erstaunlicherweise hatten die Energiekaskaden aus den Geschützen des überschweren Mechs den Nachtschatten in der rechten Seite erwischt. Panzerung floss davon und fiel als glutflüssiger Metallregen zu Boden, eine zusätzliche Verschärfung des Schicksals der unglückseligen Maschine.
Aber niemals genug, um den Schwung des
Nachtschatten abzufangen.
Der fünfzig Tonnen schwere Kampfkoloss pflügte nur zehn Meter vor
dem Destruktor in den Boden, grub die
Schulter ins Erdreich und überschlug sich. Die Rad schlagende
Kampfmaschine krachte mit dem Hüftgelenk auf und zog eine tiefe
Furche durch den weichen Uferboden, bevor sie schließlich mit kaum
gebremster Wucht gegen das linke Bein von Davids BattleMech rammte.
Das Bein wurde gegen das Hüftgelenk nach hinten geschlagen und der
Destruktor hatte nicht den Hauch einer
Chance, das Gleichgewicht zu halten. Er taumelte nach vorne, kippte
über den Nachtschatten und rollte von
ihm ab, bevor er mehrmals vom Boden abprallte. Der Aufschlag warf
David wiederholt in die Gurte. Die Riemen gruben sich schmerzhaft
in Beine und Schultern. Die Sicht verschwamm ihm vor den Augen und
Schmerzen durchzuckten seine Nackenmuskulatur. Dann bohrte sich ein
scharfer Schmerz tief in sein Hirn und es wurde dunkel um
ihn.
Plötzlich war er wieder auf Diana.
David fröstelte plötzlich, als er den fünfundachtzig Tonnen schweren Masakari hinter dem Schwarzfalke wieder auf die Beine kommen sah. Mit der Innentemperatur der Kanzel hatte das nichts zu tun, denn die trieb die Anzeige an den Rand des roten Gefahrenbereichs der Skala. Es musste am Blutverlust liegen. Er war sich nicht sicher, wie schwer er verletzt war. Das Blut spritzte nicht mit der Heftigkeit aus der Halswunde, wie sie bei einer Schlagaderverletzung zu erwarten gewesen wäre, aber doch heftig genug, um ihm ernste Sorgen zu bereiten.
Seine zerschlagene Kompanie bestand nur noch aus sieben Maschinen. Die ClanKrieger waren ausgeruhter, besser bewaffnet und gepanzert, und kämpften mit der Wildheit in die Enge getriebener Raubtiere. Dass die Parder ihrerseits vier Krieger verloren hatten, grenzte an ein Wunder, oder vielleicht war es ein Beweis für die Verzweiflung der UlanenNachhut. Niemand hier erwartete ernsthaft, diese Schlacht zu überleben.
Auch David nicht. Ohne sich um die vernichtende Geschützphalanx aus zwölf mittelschweren Lasern des Schwarzfalke zu kümmern, von der er sehr genau wusste, dass eine derartige Breitseite die letzten Reste seiner Schutzpanzerung abschmelzen und seine Maschine in ein wandelndes Skelett zu verwandeln vermochte - falls sie sich danach überhaupt noch bewegen konnte -, schob er sich zur Seite, um den angeschlagenen Masakari wieder ins Visier zu bekommen. Ein überschwerer Omni weniger konnte für einen Ulanen auf diesem Schlachtfeld entscheidend sein.
Eine Gausskugel flog weit vorbei, Folge einer von überhitzten Sensoren getäuschten Zielerfassung. Die andere, der letzte Schuss dieses Magazins, knickte den rechten Arm der überschweren Maschine und zertrümmerte eine Partikelkanone. Seine eigenen Teilchenschleudern feuerten in die rechte Flanke des Nebelparders. Eine der beiden Kanonen spie Megajoule an elektrischer Energie in das beschädigte Hüftgelenk und schnitt durch den TitanstahlOberschenkelknochen. Das Bombardement kostete den Omni das Gleichgewicht und er brach erneut zusammen. Das zertrümmerte rechte Bein hing nutzlos an ein paar dicken Myomerbündeln. Der Metallfuß beugte sich noch am Knöchel, konnte aber keinen Halt mehr liefern. Der Masakari war zwar noch nicht aus dem Gefecht, aber leichte Beute für weitere Attacken.
Allerdings nicht von David. Mit über achtzig Stundenkilometern preschte der Schwarzfalke heran und griff den Destruktor aus nächster Nähe an. Rubinrote Lanzen aus gebündeltem Licht zuckten aus den Armlasern der Kampfmaschine, peitschten über die breite Brustpartie des Ulanen-Mechs und ließen geschmolzene Panzerung in Sturzbächen davonströmen. Warnsirenen meldeten Schäden an der Internen Struktur, an den Aktivatoren und Myomermuskeln des überschweren Mechs, an einem der mittelschweren Laser, an der Hülle des Fusionsreaktors. Der Verlust von drei Tonnen Durallexpanzerung ließ David wanken. Nur schiere Willenskraft hielt den Mech noch aufrecht.
Aber Willenskraft allein konnte der Wucht nicht standhalten, mit der der Schwarzfalke den Destruktor frontal rammte. Die Kollision überrumpelte David, der ohnehin schon von dem gnadenlosen Laserbeschuss aus der Balance geworfen worden war. ClanKrieger griffen im Kampf nur in den seltensten Fällen zu Nahkampfattacken. Aber es war eine verzweifelte Situation. David ergab sich dem Zug der Schwerkraft und wusste: Er hatte wenig Chancen, je wieder aufzustehen.
* * *Harte Schläge von knochenbrecherischer Wucht. Das Zischen kurzgeschlossener Schaltkreise. Der Ozongestank verbrannter Leitungen. Alarme gellten in seinen Ohren, beschwerten sich über die Misshandlung, die der Mech hatte über sich ergehen lassen müssen.
Nicht zu vergessen die Schimpfkanonade.
»Verdammter, archontenhöriger Sohn eines Liao! Kann nicht
fliegen... willst es mit der groben Kelle... glaub bloß nicht, du
kommst wieder hoch... versuch es!«
Um ihn herum wogte eine Welt aus blitzenden Lichtern und Qualm.
David konnte seinen SergeantMajor nicht sehen, aber er hörte sie
laut und deutlich über das Kommsystem. Schwindlig hangelte er sich
an ihrer Stimme entlang zurück in eine Art Bewusstsein und stellte
fest, dass er in den Sicherheitsgurten über der Steuerkonsole des
Destruktor hing, der offenbar vornüber
gekippt auf dem Boden lag. Der Gestank zerkochter Schaltkreise
schlug ihm entgegen, ein beißender Geruch, der sich in die
Stirnhöhle grub, als er in der erdrückenden Hitze mühsam nach Atem
rang. Zitternde Hände fanden die Steuerknüppel, umklammerten sie
mit weiß hervortretenden Fingerknöcheln und richteten den Mech auf
die ausgestreckten Arme auf.
»Wisst nicht, wann ihr unerwünscht seid... bildet euch ein, euch
gehört der Planet... das Geflügelbeil bei meinen
Freunden...«
»Gegner weiter im Anmarsch«, warnte Lieutenant Patschenko und
unterbrach Amanda Blacks Tirade. »Pass jemand auf den letzten
Mantikor auf!«
Einen Augenblick lang glaubte David, als er aus dem Kanzeldach
schaute, er wäre noch immer auf Diana, starre zu dem Schwarzfalke hoch, dessen Fuß ansetzte, das Cockpit
zu zertrümmern und seinem Leben ein Ende zu setzen... und dann die
Flutwelle aus Licht und Explosionen, als drei seiner MechKrieger
ihr Feuer auf den Clan-OmniMech konzentriert hatten.
Lieutenant Vahn hatte für diese Rettungsaktion bezahlt. Durch das
auf den Schwarzfalke umgeleitete
Geschützfeuer hatte der Masakari
Gelegenheit gehabt, seinen Bushwacker
auszuweiden, während David zurück auf die Füße kam. Wäre er
schneller gewesen... Aber er hatte es nicht rechtzeitig geschafft.
Und das würde er kein zweites Mal zulassen.
Er schüttelte die Trugbilder ab und entdeckte Sergeant-Major Blacks
Bushwacker und Corporal Smiths
umgebauten Cestus, die über dem
gestürzten Nachtschatten standen und
aus allen Rohren auf die sich mühsam wieder aufrichtende Maschine
feuerten. In einem Beweis für die Robustheit der Konstruktion oder
vielleicht auch ihres Piloten, hatte der mittelschwere
Katzbalger-Mech sich auf die gestreckten Arme erhoben und
versuchte, einen Fuß unter den Torso zu ziehen, um aufzustehen.
Dann sprang Dylan Patschenko kurz vor die drei Maschinen, und bevor
er aufsetzte, hämmerte der Schleicher
eine Salve Kurzstreckenraketen in den Rücken des Nachtschatten.
Das war zu viel für einen einzelnen BattleMech. Die RKG-Maschine
verlor den Halt und stürzte wieder zu Boden, wedelte noch ein
paarmal mit den Armen, dann regte sie sich nicht mehr. Als die drei
Mechs sich abwandten, erinnerte sie nicht einmal mehr entfernt an
einen hochmodernden Kampfkoloss. Die brutale Wucht des
Bombardements hatte sie in einen nicht mehr zu identifizierenden
Schrotthaufen verwandelt. Blacks Bushwacker versetzte dem Mech zum Abschluss noch
ein paar harte Tritte, und ihr Gefluche klang endlich ab. Dann
drehte sie die Maschine im Hüftgelenk und feuerte auf den
abziehenden Mantikor. Der Rest von
Patschenkos Lanze, der keine Gelegenheit bekommen hatte, sich den
Nachtschatten vorzunehmen, stürzte sich
wie wild auf den schweren Panzer und riss ihn in Stücke.
»Ich bin okay«, teilte David dem Rest der Kompanie über Funk mit.
Er zuckte zusammen, als die Anstrengung des Sprechens ihm stechende
Kopfschmerzen bescherte. »Jedenfalls lebe ich noch. Aber Danke der
Nachfrage.«
Die drei Mechs in seiner Nähe erstarrten in übertriebener
Überraschung, als David den Kampfkoloss wieder auf die riesigen
Metallfüße brachte. Ein Schultergelenk war beschädigt und eines der
Gaussgeschütze wegen geborstener Kondensatoren außer Gefecht. Kein
Wunder, dass er sich wie durch die Mangel gedreht fühlte. Eine
ungesteuerte Kondensatorentladung hatte in der Regel einen massiven
Rückkopplungsschlag durch die Neurohelmschaltkreise zur Folge. Er
war überrascht, noch bei Bewusstsein zu sein.
Oder war er es wieder? Sergeant
Nichols' Derwisch lag nicht weit
entfernt. Die Panzerplatten über dem Gyroskop waren von einem Hieb
eingedrückt, der unter Umständen vom Beil eines Nachtschatten stammen konnte. Nichols war nicht
einmal in seiner Nähe gewesen. Und ein Blick auf die
Sichtprojektion zeigte eine radikale Veränderung in den Positionen
seiner Kompanie und des Gegners - einschließlich eines weiteren
Verlusts: Sergeant Moriads Wolfshund.
»Wie lange war ich weggetreten?«, fragte er.
»Mehrere Minuten, Captain«, antwortete Amanda Black und kam
Patschenko einen Sekundenbruchteil zuvor. In ihrer Stimme lag ein
Hauch von Erleichterung. »Wir dachten...« Sie verstummte. Es war
nicht nötig auszusprechen, was die Einheit gedacht hatte.
Ein Pulk roter Symbole auf der Sichtprojektion, weiter östlich, als
er erwartet hätte, verlockten David zum Optimismus. »Wir haben sie
in die Flucht geschlagen?«, fragte er. Dann erkannte er, dass er zu
viele Feindsymbole sah.
Mehr als zu Beginn des Gefechts.
»Kann man so nicht sagen«, stellte Lieutenant Patschenko fest.
»Tara hat die Reste der 8., gegen die wir gekämpft haben, nach
Norden abgedrängt und hält unsere Flanke, aber es ist schon eine
neue Kompanie unterwegs. Frisch aus District City.«
Die Funkverbindung raubte der menschlichen Stimme einiges an
Gefühlsinhalt. Trotzdem spürte David ein Zögern bei Dylan
Patschenko, ahnte, dass der Lieutenant etwas Wichtiges zurückhielt.
»Heraus damit, Dylan.«
»Sir«, setzte Patschenko an, dann verstummte er einen Augenblick,
bevor er sich wieder sicher genug im Griff hatte, um
weiterzusprechen. »Captain, Tara und ich haben eine Warnung über
die Befehlsfrequenz aufgefangen. Lieutenant Colonel Zibler ist
gefallen, und der Rest des Bataillons bei Radcliffe ist führerlos.
Er hat die 8. wohl aufgehalten, dabei aber seinen Reaktor
überlastet.«
Damien Zibler war tot, und jetzt musste Sampreis in Radcliffe die
Scherben auflesen. Der Verlust schockte David. Er fühlte sich
plötzlich kalt und leer. Dass ein solcher Mann unter den Geschützen
des Vereinigten Commonwealth zu Tode kommen konnte, war eine
doppelte Tragödie. »Irgendeine Nachricht vom Major General?«,
presste er heraus.
»Nein, Sir. Aber wir hatten nicht viel Zeit, den Kommverkehr
abzuhören.«
Tara Michaels meldete sich unmittelbar nach Patschenkos Antwort.
»Sir, ich finde, es wird Zeit uns zu fragen, wie wichtig dieses
Gebiet hier tatsächlich ist.«
Das war immer eine schwierige Frage, und unglücklicherweise gab es
keine einfache Antwort. Die gab es in der Schlacht nur selten.
David schaltete die Luftzufuhr höher, um den Qualm aus dem Cockpit
zu entfernen, und machte sich an eine genauere Statusbeurteilung
des Destruktor.
»Wichtig genug, dass man uns nicht nach Radcliffe zurückbeordert
hat«, antwortete er. »Wir werden mit dem, was uns noch bleibt, eine
Gefechtslinie am Flussufer aufbauen. Dylan, Sie lösen Tara an der
Flanke ab. Inzwischen versuche ich, den Major General zu erreichen
und herauszufinden, wie die Planung aussieht. Was immer wir hier
draußen verteidigen, wir wollen hoffen, es ist den Preis wert.«