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Stützpunkt der MCM Kathil, Radcliffe, Kathil Kathil-PDZ, Mark Capella, Vereinigtes Commonwealth24. Oktober 3062 »Sie wird Ihnen Schwierigkeiten machen«, prophezeite Damien Zibler.
David nickte und rieb sich das glattrasierte Kinn. Dabei strich er über die dünne Verhärtung von Narbengewebe knapp unter der Kinnlinie... ein weiteres Souvenir von Diana. Gewöhnlich vergaß er es und dachte nur beim Rasieren daran. Der fünf Zentimeter lange Schnitt hatte die Halsschlagader knapp verfehlt, aber auch so reichlich geblutet. Er erinnerte sich daran, wie seine Kehle von warmem Blut überströmt gewesen war, und an die ersten Sekunden reiner Panik.
»Sergeant-Major Black hat mir die letzten anderthalb Wochen kaum etwas anderes als Schwierigkeiten gemacht«, stellte er fest. »Warum sollte es heute anders sein?«
»Lassen Sie ihr Zeit. Sie gehört zu unseren Besten. Unglücklicherweise weiß sie das. Sie wird sich nur schwer überzeugen lassen, aber früher oder später schwenkt sie ein. Sie brauchen nur Geduld.«
Die beiden Männer standen auf dem Korridor der Hauptübungsanlage der Radcliffebasis, einem großen Fenster genau gegenüber, das den Blick in den Bereitschaftsraum freigab, in dem sich Davids Kompanie aufhielt. Die Hälfte der MechKrieger ignorierte sie, während die andere Hälfte es vortäuschte. David verschränkte die Arme, lehnte sich an die Wand und schützte dasselbe plakative Desinteresse vor. Wie er bemerkte, verlor der Fliesenboden bereits den täglichen Kampf mit den Spuren schwarzer Militärstiefel.
»Sie lassen sich alle schwer überzeugen«,
erklärte er.
»Außer Tara. Lieutenant Michaels. Sie strengt sich an, meine
Maßnahmen zu verstehen. Und meine Gründe dafür. Die anderen halten
nicht viel von den neuen Regeln.« Er warf seinem Vorgesetzten einen
fragenden Blick zu. »Mache ich ihnen zu viel Druck?«
Zibler lächelte warm. »Es sind MechKrieger, David. Wenn sie keinen
Druck aushalten, haben sie den falschen Beruf.« Sein leichter
Tonfall verdüsterte sich merklich. »Ich habe allerdings zwei
Versetzungsgesuche erhalten.«
»Black«, riet David, obwohl er überrascht feststellte, dass der
Gedanke ihn schmerzte. Trotz ihrer ruppigen Haltung ihm gegenüber
hielt er große Stükke auf Amanda. »Und Smith.« Der eigenwillige
Corporal stöhnte mehr als alle anderen unter Davids strenger
Führung. Naja, vielleicht nicht mehr, aber lauter.
»Ehrlich gesagt, nein.« Zibler zog den linken Jakkenärmel gerade
und gab vor, die Manschette zu studieren. »Aber wenn Sie es wissen
wollen...« Er machte eine Pause, um David Gelegenheit zur Antwort
zu geben.
»Nein, besser nicht.« Bei den Ulanen hatten die Männer einander ihr
Leben anvertraut. Das Mindeste, was er hier tun konnte, war, seiner
Kompanie die Ausbildung zuzutrauen. »Wie sind Sie mit den beiden
verblieben?«
»Gar nicht. Ich dachte mir, ich erwähne es zumindest erst einmal
Ihnen gegenüber und sehe, wie Sie es handhaben möchten.«
David runzelte die Stirn und überlegte. Hätte er gewusst, um wen es
ging, hätte er eine Antwort finden können. Doch er hatte nicht die
Zeit, elf verletzte Egos zu bemuttern. »Lassen Sie sie eine Weile
auflaufen«, sagte er schließlich. »Sobald die Ersten sich an die
strengere Disziplin gewöhnen, sollten die meisten Probleme
verschwinden. Wenn ich die Zügel wieder lockerer lasse, schätze
ich, werden wir eine Einheit haben, auf die wir stolz sein können,
und eine mit mehr Versetzungsgesuchen in die andere Richtung, als
wir bearbeiten können.«
Zibler nickte beifällig. »Genauso sehe ich das auch. Und ich habe
vor, ein paar Ihrer neuen Regeln in meinen anderen Kompanien
einzuführen. Das sollte Ihren Leuten helfen, sich daran zu
gewöhnen.« Er lächelte dünn. »Aber Sie wissen wirklich, wie man
Leuten zusetzt, so wie Sie ihnen das Selbstbewusstsein abknöpfen.
Das ist beinahe Ausbildertaktik. Sie haben Erfahrung im Umgang mit
Rekruten?« »Gelegentlich musste ich ein oder zwei zurechtstutzen.
Sie wissen selbst, wie es läuft, Sir. Ersatzleute, um Lücken in der
Aufstellung der Ulanen zu stopfen. Aber nie so wie hier, nie so
viele auf einmal.« Elf Personen. Kaum ein Vergleich zu dem Team,
das er bei den Ulanen geerbt und dann mehrere Jahre angeführt
hatte... das Team, das auf Diana massakriert worden war.
»Aber diese neuen Rekruten, die haben Sie genauso hart
rangenommen?«
»Nein.«
Zibler drehte sich um. »Warum dann hier, bei denen?«
Weil er in letzter Zeit an nichts anderes mehr denken konnte als an
das Gefühl der drohenden Gefahr, die mit Riesenschritten näher kam.
Aber das konnte er seinem Vorgesetzten nicht sagen. Nicht einmal
einem Vorgesetzten, den er als Freund betrachtete. »Ich weiß
einfach nicht, wie viel Zeit wir noch haben«, erklärte er
stattdessen. »Dieses Patt mit der 8. kann nicht ewig so
weitergehen. In einem Monat kommen die Dragoner, und das dürfte
helfen, die Lage zu klären, aber wir können uns nicht
ausschließlich auf sie verlassen. Wir müssen unsere Truppen so
schnell wie möglich einsatzbereit bekommen, für den Fall...« Davids
Stimme verklang. »Einfach für den Fall«, stellte er leise
fest.
»Wie lange denken Sie das schon? Seit der letzten Weigerung der 8.
abzuziehen?«
David zögerte. Doch er vertraute Zibler, und das half. Irgendetwas
an dem Mann erinnerte David an Morgan Hasek-Davion, eine
Standhaftigkeit, die sofort inspirierte. »Seit Diana«, antwortete
er schließlich.
Zibler musterte David einen Moment lang mit den hellen blauen
Augen, aber seine Miene war unergründlich. »Möglicherweise muss ich
auf Ihr Angebot zurückkommen, mir von Ihrer Zeit bei Einsatzgruppe
Schlange zu erzählen. Aber erst nächste Woche, wenn Sie von Ihrem
Familientreffen zurück sind, und nach der Ordensverleihung. Dann
haben wir Zeit genug.« Er schaute sich zu den Kriegern um, die im
Bereitschaftsraum auf David warteten. »Na los. Machen Sie eine
Kompanie aus ihnen.«
David nickte, und schöpfte Mut aus der Kraft seines Gegenübers, als
er sich auf den Weg zur Tür machte. »Aber sie wird mir
Schwierigkeiten bereiten«, verabschiedete er sich und richtete
seine Gedanken wieder auf Sergeant-Major Black.
»Unter Garantie«, versprach der Lieutenant Colonel.
Der Bereitschaftsraum brummte vor Gesprächen und der Nervosität vor der Schlacht. Es stand natürlich keine echte Schlacht bevor, nur ein Simulatorgefecht, aber es genügte trotzdem, die Kompanie in Erregung zu versetzen, besonders, weil ihr Captain sie beobachten würde.
Sergeant-Major Amanda Black war keineswegs gefeit gegen diese Erregung, aber momentan war sie mehr an Captain McCarthy interessiert, dessen Korridorgespräch mit Zibler beendet schien. Er näherte sich der Zimmertür.
Sie gab vor, fasziniert zu sein, hörte aber in Wahrheit nur mit halbem Ohr hin, während Lieutenant Dylan Patschenko ihr die neuesten Nachrichten von der capel-lanischen Invasion des nahen St. IvesPaktes erzählte. Patschenko hatte sich zum örtlichen Experten für capelanische Fragen gemausert. Viel gab es allerdings nicht zu erzählen. Die Capellaner waren dabei, den Pakt zu unterwerfen, und Kathil lag zu weit von der Grenze entfernt, als dass es nötig gewesen wäre, sich große Sorgen um ein mögliches Übergreifen der Kämpfe zu machen.
Insgeheim studierte Amanda David McCarthy, den
sie immer noch nicht einordnen konnte.
Ihr neuer Kommandeur hatte seinen Posten angetreten und die Einheit
zerschlagen, in deren Aufbau sie und die beiden Lieutenants so viel
Arbeit gesteckt hatten. Strikte Beachtung der Rangbezeichnungen,
eine Regel, von der anscheinend nur er selbst ausgenommen war.
Keine Lanzenbeinamen. Er setzte Corporal Smith gehörig zu, auch
wenn das Richard natürlich wenig ausmachte. Und der
Trainingsplan...
McCarthy hatte sie beinahe völlig aus dem Plan verbannt, nachdem
sie vorher an fast jeder Simulatorübung teilgenommen hatte. Sie
hatte ihre Position als beste MechKriegerin wegen eines Offiziers
verloren, der seine Stelle nur der Tatsache verdankte, dass er in
der Einsatzgruppe Schlange gekämpft hatte. Und er redete nicht
einmal über Diana! Na schön, aber sie wollte verdammt sein, wenn
sie es ihm unter diesen Umständen leicht machte. Amanda dachte
nicht daran, sich einem Mann unterzuordnen, der mit der Kompanie
noch kein einziges Mal eine Simübung absolviert hatte. Oder dieser
ihn anhimmelnden Tara Michaels.
Sie war sich bewusst, dass das nicht wirklich gerecht war. Tara
himmelte ihren neuen Kommandeur nicht an, und McCarthy hatte ganz
sicher kein Interesse an dem Lieutenant gezeigt. Hatte er eine
Braut in der Heimat? McCarthy stammte von Kathil, also lag das
durchaus im Bereich des Möglichen. Vielleicht versuchte er, eine
Beziehung wieder aufleben zu lassen, die er vor acht Jahren
abgebrochen hatte. Ohne Zweifel eine Zivilistin.
Der Raum wurde still, als der Captain eintrat und sich auf einen
Stuhl im vorderen Teil des Zimmers setzte. Amanda warf einen
schnellen Blick zum Fenster und vergewisserte sich, dass Lieutenant
Colonel Zibler fort war.
Als sie sich wieder umdrehte, räusperte McCarthy sich. »In Ordnung.
Ich schätze, Sie haben inzwischen alle die Nachricht vom Angriff
der Rächer Aishains der VSDK auf Clan Geisterbär gehört. Ich kann
das bestätigen, weiß aber auch nicht mehr, als gestern schon im
Kathil Korwborator stand.«
Ja, ja, ja. Natürlich hatte Amanda
davon gehört. Drei Regimenter der draconischen Armee hatten
rebelliert und in einem Versuch, ihre alte Heimatwelt Aishain zu
befreien, die Geisterbären überfallen. »Etwas weit weg, meinen Sie
nicht, Captain?«, fragte sie. »Wir sind hier in der Mark Capella,
nicht Draconis.« Dieser Konflikt interessierte sie noch weniger als
der Xin-Sheng-Konflikt.
»Wohl wahr«, kommentierte McCarthy neutral. »Hat davon abgesehen
noch jemand irgendwelche Beschwerden, die er heute Morgen loswerden
möchte?«
Er wirkte ziemlich überrascht, als sich niemand meldete, nicht
einmal Corporal Smith. Das Auftauchen des LC hatte einige von ihnen
eingeschüchtert. Allerdings nicht Amanda. Sie sparte sich ihre
Energie für Gefechte auf, bei denen sie eine Chance hatte. Wie das
heutige Simulatorgefecht, wenn alles gut ging. Sie strich sich die
braunen Locken von den Schläfen und stellte sich den Druck des
Neurohelms auf der Stirn vor.
»Nicht? Okay, dann kommen wir zum Geschäftlichen. Mister
Patschenko, ich habe Ihren Garm mit
Lieutenant Colonel Ziblers 3. Kompanie getauscht.«
In Patschenkos normalerweise unbeteiligten braunen Augen zuckte
Verärgerung auf. Er war stolz auf den Garm gewesen, einen auf New Syrtis gebauten Mech.
»Der Garm war brandneu«, protestierte
er, und schickte mit spürbarer Verspätung ein ›Sir‹ hinterher. Dann
fing er sich wieder und nahm steif Haltung an. »Darf ich nach dem
Grund dafür fragen, Captain?«, erkundigte er sich mit leiser, wenn
auch nicht sonderlich respektvoller Stimme.
»Ja, Dylan, Sie dürfen mir Fragen stellen, wenn wir uns in einer
Trainingssituation befinden, oder mit Erlaubnis in der Freizeit«,
erwiderte McCarthy. »Die Antwort ist, dass mir der Garm nicht behagte. Ich finde, er passte nicht ins
Profil Ihrer Stadtscoutlanze.«
Amanda runzelte die Stirn. »Es ist ein Fünfunddrei-ßigtonner, Sir«,
warf sie ein. Patschenko nickte enthusiastisch. Die Miliz-Regeln
schrieben nur vor, dass Scout-lanzen eine Durchschnittstonnage von
fünfunddreißig Tonnen nicht überschritten.
McCarthy zuckte leicht die Schultern, eine Geste, mit der er diese
Tatsache zugleich bestätigte und verwarf. »Lieutenant Michaels, ich
hatte Ihnen den Auftrag gegeben, Mister Patschenkos Lanze zu
analysieren. Sagen Sie ihm, was Sie mir gesagt haben.« Er schaute
zu Dylan hinüber. »Und machen Sie sich keine Sorgen, Mister. Sie
bekommen Ihre Chance, Michaels' Lanze zu bewerten.«
Tara Michaels hatte einen eifrigen Eindruck gemacht - bis sie
hörte, dass Patschenko sich würde revanchieren können. Das kostete
ihr strahlendes Lächeln einige Watt. »Der Garm war der einzige munitionsabhängige Mech in
Mister Patschenkos Lanze«, stellte sie tapfer fest. »Außerdem war
er im Vergleich mit den beiden Brandstiftern fünfzehn Prozent langsamer und fast
dreißig Prozent schwächer gepanzert.«
»Danke, Tara.« McCarthy nahm den Faden auf. »Darüber hinaus war
eine Ihrer beiden Waffen kaum für Gefechte im Nahbereich geeignet,
wie sie es in einer Stadtumgebung wahrscheinlich sind. Und er besaß
keine nennenswerten Kundschafterfähigkeiten, was Sie zwang, sich zu
stark auf die beiden Brandstifter zu
stützen. Für Unterstützungsfeuer haben Sie bereits Sergeant Moriads
Wolfshund. Sie will ich weiter vorne
sehen, und mit ausreichender Geschwindigkeit, um jedes andere
Mitglied der Lanze zu verstärken, sollte es in Schwierigkeiten
geraten. Ich habe mich mit der örtlichen General-MotorsFabrik in
Verbindung gesetzt und einen Schleicher
für Sie besorgt. Er dürfte sich weit besser für Ihre Zwecke eignen.
Sie werden heute im Simulator anfangen, mit der Maschine zu
trainieren.«
So formuliert ergab der Tausch für Amanda durchaus einen Sinn, und
sie sah, dass die Argumentation Dylan überzeugt hatte. Aber
gleichzeitig erkannte sie den Wert, einem MechKrieger den Mech zu
lassen, den er wollte. Sie würde sich ihren Bushwacker ganz sicher nicht so leicht nehmen
lassen wie Dylan den Garm aufgegeben
hatte. »Trainieren Sie heute mit uns, Sir?« Ehe Frage war schärfer,
als Amanda beabsichtigt hatte. Sie klang beinahe wie eine
Herausforderung.
»Ich hatte es nicht vor, Sergeant«,
antwortete McCarthy und betonte bewusst die verkürzte
Rangbezeichnung.
Und damit lieferte er Amanda einen Einblick in die Beweggründe für
zumindest eine seiner Regeln. Indem er strikte Verwendung der
Rangbezeichnungen verlangte, wenn die Mitglieder der Kompanie sich
aufeinander bezogen, konnte er sie als Belohnung oder Tadel
benutzen, ohne großes Aufhebens zu machen: Vornamen als Ausdruck
guter Arbeit, verkürzter Rang als Zeichen für Missfallen.
Nicht, dass ihr Verständnis der Situation geholfen hätte, die
aufsteigende Verärgerung zu beschwichtigen. Falls der Captain nicht
in den Simulator stieg, war recht wahrscheinlich, dass er es ihr
ebenfalls nicht gestattete. Und selbst wenn er sie in eine der
Simulatorkapseln ließ, hielt er sie oft genug an der kurzen Leine
und hinderte sie daran, zu zeigen, was sie konnte. Wovor hatte er
Angst?
Die Erkenntnis traf Amanda hart, fast wie ein Fausthieb. Auf
dieselbe Weise, wie sie auf dem Schlachtfeld feindliche
Schwachstellen erkannte und ausnutzte, wusste sie plötzlich, dass
Captain McCarthy sich Sorgen um seine Leistung machte. Er war ein
Veteran der Einsatzgruppe Schlange, aber was wussten sie wirklich
über seine Gefechtslaufbahn? In der Messe ging das Gerücht,
McCarthy habe irgendeinen Orden erhalten, doch falls dem so war,
warum gab es keine offizielle Verlautbarung darüber? Warum sollte
ein Krieger seine Auszeichnungen verstekken? Er hatte etwas zu
verbergen. Und sie wusste, wie sie herausfinden konnte, was das
war.
»Ihre Kompanie würde Sie wirklich gerne in Aktion sehen, Sir«,
stellte sie unschuldig fest. Ihr Blick glitt über ein paar der
näheren Soldaten, erntete ein Kopfnicken ihrer Kameraden und ein
»Und ob« von Smith.
»Wie lange waren Sie nicht mehr im Simulator, Captain? Sie wissen
bestimmt, dass die Trainingsvorschriften der Miliz mindestens eine
Gefechtssimulation alle drei Monate verlangen.« Als ranghöchster
Unteroffizier hatte Amanda die Aufsicht über die Trainingspläne,
für Mannschaften und Offiziere. Wenn es
nicht anders ging, würde sie ihn in den Simulator
zwingen.
McCarthy leistete Widerstand. »Ich bin sicher, Lieutenant Colonel
Zibler ist bereit, mir eine Ausnahme zu gestatten, sollte ich diese
Richtlinien verletzen.«
Amanda schützte Enttäuschung vor und zuckte die Achseln, während
sie den Stuhl nach hinten kippte. »Das glaube ich auch, Sir, aber
ich bin mir ebenso sicher, dass wir alle gerne die Gelegenheit
hätten, Ihre Technik im Feld zu sehen.« Sie ließ den Stuhl mit
einem Knall wieder nach vorne fallen und setzte sich auf, wie von
einem plötzlichen Einfall gepackt. »Doch falls wir auf das Privileg
verzichten müssen, mit Ihnen einen Simulatoreinsatz zu absolvieren,
darf ich dann empfehlen, dass wir einen Teil der heutigen
Trainingsperiode darauf verwenden, etwas über Ihren letzten
Militäreinsatz zu erfahren? Das war auf Diana, nicht
wahr?«
Der entgeisterte und beinahe gehetzte Blick in den Augen des
Captains bestätigte ihr, dass diese Salve getroffen hatte. Er stieß
scharf den Atem aus und schüttelte den Kopf, ohne dabei jedoch den
Blickkontakt mit Amanda zu brechen. »Also das ist nötig, ja?«,
fragte er leise.
»Das ist nur meine Empfehlung, Sir«, antwortete sie nüchtern. »Wir
sind versessen darauf, etwas darüber zu hören, wie Sie mit Ihrem
Destruktor kämpfen. Noch lieber würden
wir es sehen. Vielleicht gegen einen von uns?«
»Vielleicht gegen ihren Bushwacker?«,
fragte er trocken, und die graublauen Augen glänzten kalt. »Nicht
gerade eine faire Paarung.«
Sieg! Amanda lächelte und rieb sich
schnell die Hände, um die nerv Öse Energie abzuleiten, die sie jäh
und ungebremst durchzuckte. »Ich bin gerne bereit, Ihnen einen
Vorteil zu überlassen, Captain.«
Abrupt stand McCarthy auf, kehrte der versammelten Kompanie den
Rücken zu und trat ans Fenster. Mehrere lange Minuten schaute er
auf den leeren Gang hinaus, als könne er dort etwas sehen, was
allen anderen verborgen blieb. Schließlich drehte er sich um. In
seinen Augen brannte eine Entschlossenheit, die sie plötzlich daran
zweifeln ließ, ob es klug gewesen war, ihn in die Enge zu treiben.
Diese Augen hatten schon zu viel gesehen.
»Na schön, Amanda«, erklärte er tonlos. »Bringen wir es hinter
uns.«