Sonntag, 22:10 Uhr, Marienstraße
Gerade hatten sie die Wohnung an der Elberfelder Marienstraße betreten, als sich Stefans Handy meldete. Ein langer, ereignisreicher Tag lag hinter ihnen, und sie waren hundemüde und freuten sich auf ihr Bett. Morgen früh um halb neun wollten sie im Sender sein. Stefan hatte das Handy umständlich aus der Hosentasche hervorgekramt und starrte auf das Display. Die Nummer kannte er nicht, deshalb meldete er sich mit einem fragenden »Hallo?«
»Bitte entschuldigen Sie die späte Störung, aber ich kann nicht schlafen.« Eine weibliche Stimme. Sie klang nervös.
»Worum geht es?« Stefan überlegte fieberhaft, woher er die Stimme der Anruferin kannte.
»Wir hatten keine Gelegenheit mehr zu reden.«
Jessica Wittwer, durchzuckte es Stefan. Warum rief sie ihn spätabends an? »Worüber möchten Sie denn reden?«
Heike wurde ungeduldig. Sie hatte sich auf einen schönen Abend mit Stefan gefreut. Diese Illusion zerplatzte gerade wie eine Seifenblase. Ihre Augen funkelten wütend. Stefan zuckte hilflos mit den Schultern, während die Anruferin fortfuhr. »Über meinen Mann, über unser Verhältnis und über seine geschäftlichen Beziehungen.«
»Wann können wir uns treffen?«
»Jetzt sofort wäre es mir am liebsten.«
Stefan linste zur Wanduhr in der Küche. »Also gut. Ich kann in einer Viertelstunde bei Ihnen sein.«
»Prima, wirklich nett, zumal diese Uhrzeit eigentlich eher ungewöhnlich ist. Vielen Dank, bis gleich dann!« Ohne eine Antwort abzuwarten, beendete sie das Gespräch. Stefan starrte nachdenklich auf das Handy in seiner Hand und ließ es in der Hosentasche verschwinden.
»Wer war das?«, fragte Heike.
»Jessica Wittwer. Sie will auspacken.«
»Fragt sich nur, was.« Heikes Stimme hatte einen schneidenden Unterton bekommen. »Das ist eine Falle. Sie steht auf dich und will dich in ihre Nähe locken, um …«
»Heike, bitte!« Stefan hob beschwörend die Hände. »Am besten kommst du mit. Vielleicht erfahren wir heute Nacht etwas, was uns in dem Fall weiterbringt.«
»Sie ist eine falsche Schlange. Die Wittwer hat Dreck am Stecken, ich schwör’s dir!« Ihre Augen blitzten.
»Selbst wenn es so ist, werden wir es herausfinden.« Stefan nahm Heike in den Arm und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Du willst also jetzt wirklich zu ihr fahren?«
»Ich habe es ihr versprochen«, erwiderte Stefan mit treuem Hundeblick. »Und ich möchte, dass du mitkommst.«
»Ich mache mich nur kurz etwas frisch, ja?«
»In Ordnung.« Insgeheim war Stefan froh, dass Heike einverstanden war und sich ein wenig beruhigt hatte.