Sonntag, 16:10 Uhr, Polizeipräsidium Wuppertal
Ulbricht kochte vor Wut. Heinrichs hockte auf dem Besucherstuhl und blickte ihn aus kalten Schweinsaugen an. Ulbrichts Assistent knabberte an den Nägeln. Wütend hieb Ulbricht auf den Schreibtisch. Die Tasse mit dem längst erkalteten Kaffee hüpfte, die braune Brühe darin schwappte über und bildete einen hässlichen Kranz auf dem Schreibtisch. Ulbricht fluchte, sprang auf und nahm seine Unterlagen aus dem Gefahrenbereich. Dann tupfte er den Kaffee mit dem Taschentuch auf, bevor er sich wieder seinem Assistenten widmete. »Die Leute werden reihenweise ermordet, und wir tappen völlig im Dunkeln.« Seine Stimme bebte unheilvoll. »Das kann doch alles nicht wahr sein. Was ist mit der Frau, die den Z3 fuhr? Wo ist der verdammte Jaguar, aus dem die Täter auf Kötter geschossen haben? Was ist mit der Putzfrau im Stadion?
Niemand kennt sie. Die Pressekonferenz wird die Journaille nicht lange zurückhalten. Die werden uns die Bude einrennen, wenn wir nicht bald erste Erfolge vorweisen können.«
»Ich verwette meinen Hintern darauf, dass der Jaguar in irgendeiner Scheune versteckt wird. Die werden nicht so blöd sein und mit der Karre spazieren fahren. Die Karre ist mehr als auffällig, zumal die Fahndung läuft«, erwiderte Heinrichs gelangweilt und wippte mit dem Stuhl.
»So schlau bin ich auch.« Ulbricht sprang von seinem Sessel auf und taperte durch das Büro. »Was hat die Halteranfrage ergeben?«
»Halteranfrage ist gut«, grinste Heinrichs. »Die Täter kamen in beiden Fällen ohne Nummernschilder am Fahrzeug. Offensichtlich wussten sie, dass der Parkplatz am Johannisberg videoüberwacht ist. Aber ein Geschäftsmann aus Düsseldorf hat einen baugleichen Jaguar vor drei Monaten als gestohlen gemeldet. Wir haben ihm Fotos aus der Videoüberwachung gezeigt, und er hat den Wagen eindeutig als seinen identifiziert.«
»Ist seine Aussage glaubhaft?«
»Er ist sauber. Und den Wagen hat er an den markanten Alufelgen erkannt. Die Dinger hat er sich aus Großbritannien einfliegen lassen. Bei dem Eigentümer des Jaguars handelt es sich um einen Fabrikanten, der mit Textilmaschinen handelt.«
»Schön«, resignierte Ulbricht. Die Hoffnung auf einen rettenden Strohhalm, vielleicht sogar auf ein entscheidendes Teil des Puzzles, schmolz dahin wie Butter in der Sonne. Enttäuscht winkte er ab. Assistenten nervten ihn nur. Sie standen am Tatort immer im Weg herum, hatten keine Ahnung vom wirklichen Leben und wussten doch immer alles besser. Schließlich hatten sie die Polizeischule eben erst verlassen. Heinrichs nervte ihn mit seiner arroganten und selbstverliebten Art ganz besonders. Der Typ war überheblich und besserwisserisch. So was nannte sich Kommissar-Anwärter!
»Was ist mit diesem Radioreporter, diesem…«, versuchte Heinrichs einen neuen Anlauf.
»Seiler?« Ulbricht schüttelte den Kopf. »Der hat eine weiße Weste. Abgesehen davon … nein, vergessen Sie’s.«
»Aber Sie mögen doch keine Reporter?«
»Deshalb sind sie noch lange keine Mörder.«
»Es gibt keine Zeugen, außer Seiler.« Heinrichs grinste blöde. »Er ist der Hebel, an dem wir ansetzen können.«
»Soll ich ihn festnehmen lassen?« Ulbricht schnaubte. »So ein Schwachsinn.«
»Dann sollten wir ihn uns zunutze machen.«
Hinter Ulbrichts hoher Stirn begann es zu arbeiten. Manchmal war Heinrichs gar nicht so blöd, wie er aussah …