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Montag, 9:45 Uhr, Redaktion der Wupperwelle

»Wenn Sie keine weiteren Themenvorschläge mehr haben, dann weiß ja jetzt jeder, was zu tun ist.« Eckhardt, der am Kopf des langen Konferenztisches gesessen hatte, leerte sein Mineralwasser und erhob sich. Die Mitarbeiter des Senders standen ebenfalls auf und strebten zum Ausgang. »Ach, Herr Müller?« Eckhardt hielt den Praktikanten am Ärmel seines Shirts fest.         

»Ja?«

»Ich hätte da eine interessante Aufgabe für Sie.« Eckhardt lächelte ihn an. »Sie wollen doch die heißen Themen der Stadt aufgreifen, oder?«

»Na klar doch.« Müller grinste und schob sich das Baseballcap weiter in den Nacken. »Was kann ich für Sie tun?«

»Die Pinguinmorde beschäftigen unsere Bürger.«

»Ich weiß.«

»Dann finden Sie heraus, was dahintersteckt. Von mir aus sprechen Sie mit Herrn Seiler oder Frau Göbel, wenn Sie Fragen haben. Ansatzweise sind die beiden in das Thema involviert.«

»Wann möchten Sie den Beitrag?« Müller war kleinlaut geworden, was Eckhardt nicht verstand. Er wollte dem jungen Kollegen eine Chance geben, sich zu beweisen, doch er schien gerade an diesem spannenden Thema kein großes Interesse zu haben.

»Heute Abend, in der Sendung Rush Hour, also ab sechzehn Uhr. Herr Seiler kann Ihnen den genauen Sendezeitpunkt nennen, ihm liegt der Sendeablaufplan vor. Sicherlich wird er ein freies Zeitfenster für Ihren Beitrag finden.«

»Gut, dann will ich mal.« Müller schnappte sich seine Unterlagen und ließ den Chefredakteur zurück. Eckhardt verstand ihn nicht. Eigentlich hätte der Praktikant doch froh sein müssen, mit diesem brisanten Thema betraut zu werden. Nachdem Eckhardt das Großraumbüro der Redaktion wieder erreicht hatte, suchte er Heike Göbels Arbeitsplatz auf. Heike recherchierte gerade im Internet für einen Beitrag, der in der Mittagssendung laufen sollte. Darin ging es um die Anschaffung neuer Schwebebahnen, die in einigen Jahren anstand. Später hatte sie dazu einen Termin mit einem Stadtwerke-Sprecher, der ihr dann am Mikrofon Rede und Antwort stehen wollte. Die Zeit war knapp, aber sie würde das schaffen. Entsprechend entnervt blickte sie auf, als Eckhardt an ihren Schreibtisch trat, sich einen freien Stuhl schnappte und sich falsch herum darauf niederließ.

»Kommen Sie gut voran?« Eckhardt blickte auf Heikes Monitor. »Es geht so. Ich finde nicht einmal die Zeit, mir eine Wohnung zu suchen. Die Zeit ist etwas knapp, und der Interviewtermin bei den WSW ist schon in einer Stunde. Danach muss ich die O-Töne bearbeiten und den Beitrag einsprechen - aber ich habe es im Griff.« Lächelnd pustete sie sich eine widerspenstige Haarsträhne aus der Stirn. »Hoffe ich zumindest«, fügte sie dann hinzu.

»Sie suchen eine Wohnung?«

»Ja, ich kann Stefans Gastfreundschaft ja nicht ewig in Anspruch nehmen.« Heike lächelte ihn an.

»Da hätte ich vielleicht eine Idee. Peter Mattern, ein Freund von mir, besitzt einige Häuser in Wichlinghausen. Mögen Sie Wichlinghausen? Vielleicht steht gerade einer seiner Wohnungen leer. Sicherlich wird er mir dankbar sein, wenn ich ihm eine solvente junge Frau vorschlagen werde, die…« Er lächelte väterlich. »Na ja, ich werde mal ein gutes Wort für Sie einlegen, wenn Sie mögen?«

»Herr Eckhardt… Sie sind ein Schatz!« Heike sprang auf und umarmte den Chefredakteur. Als sie sein völlig verdutztes Gesicht sah, murmelte sie eine Entschuldigung und setzte sich wieder. »Sagen Sie, Frau Göbel, was ist denn mit Mike Müller los?«

Sie blickte ihn fragend an. »Warum? Was soll mit ihm los sein?«

»Er hat sich eben etwas seltsam verhalten.« Eckhardt berichtete, was im kurzen Gespräch unter vier Augen vorgefallen war.

»Offen gestanden ist er ein etwas seltsamer Kollege. Er steht auf … ›Provokationsjournalismus‹. «

Michael Eckhardt runzelte die Stirn. »Er steht auf… bitte was?«

›Provokationsjournalismus‹.« Heike grinste. »Keine Ahnung, was er damit meint. Vielleicht will er mit seinen Reportagen bestimmte Reaktionen testen. Also eine Art investigativer Journalismus. Am besten fragen Sie ihn aber mal selbst.«

»Ich glaube, ich muss ihm mal ein wenig auf die Finger schauen.«

»Ja, das wäre bestimmt kein Fehler.«

»Und ich werde seine Beiträge vorhören, bevor sie gesendet werden. Ich habe keine Lust, dass man uns die Sendelizenz entzieht, nur weil ein übermotivierter Praktikant über die Stränge schlägt.« Eckhardt bedankte sich für den Tipp und verschwand in seinem Büro. Durch die große Glasfront konnte Heike beobachten, wie der Chefredakteur telefonierte.