5:15 Uhr
Ed Castle saß im Dunkeln. Es gab eigentlich keinen Grund dafür. Er hatte sich aus dem dunklen Schlafzimmer geschlichen, um seine Frau nicht zu wecken, aber nachdem die Tür einmal geschlossen war, hätte er die Flurbeleuchtung einschalten können. Oder eine der Lampen im Wohnzimmer, als er den Waffenschrank aufgeschlossen und sich eines der Gewehre unter den Arm geklemmt hatte.
Vielleicht lag es an der jahrelangen Gewohnheit, im Winter so früh aufzustehen, bereits unterwegs, ehe seine Familie erwachte oder die Sonne aufging. Während er auf Zehenspitzen an den Türen vorüberschlich, die früher zu den Schlafzimmern seiner Töchter geführt hatten, spürte er ein Ziehen im Herzen wie von einem Haken aus der Vergangenheit, und er wünschte sich, die Türen noch einmal zu öffnen, um sie im Schlaf zu betrachten, ganz seidiges Haar und gelöste Glieder.
In der Küche hatte er Kaffee aufgesetzt und die Thermoskanne im grünen Schein der Mikrowellenuhr ertastet. Er dachte, er würde vielleicht doch Licht brauchen, um die Schachtel mit Patronen zu finden, die er hinter Suzannes Backformen im obersten Regal versteckt hatte, aber es ging auch so. Nun saß er in der Dunkelheit und dachte über sein Leben nach, das, wie ihm schien, Winter für Winter, Baum für Baum, verronnen war, gekennzeichnet von Kettenfahrzeugen und einem vernarbten Pfad in den Wald. Der zu einem Ort führte, den er nicht sehen konnte.
Das Licht ging an, und er schoss in seinem Stuhl hoch. Suzanne stand in ihrem Veloursmorgenrock im orangegoldenen Schein der Hängelampe, die grau werdenden Haare zerzaust. »Warum sitzt du hier ganz allein im Dunkeln, um Himmels willen?« Sie trat auf ihn zu, ihre Pantoffeln schlurften über das Linoleum. »Es war doch kein Feueralarm, oder?« Ed war Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr von Millers Kill.
»Nein.« Er zuckte die Schultern. »Ich habe daran gedacht, wie es war, als die Mädchen noch klein waren. Damals waren das meine einzigen ruhigen Minuten.«
»Nun, du hast gute Chancen, das noch einmal zu erleben.« Sie ging hinüber zur Arbeitsfläche und holte ihre Kaffeetasse aus dem Schrank. »Ich passe auf Bonnies Jungs auf, während sie diesen Nähauftrag fertigstellt, und Becky kommt übers Wochenende nach Hause.«
Er grunzte. Sie hielt ihm die Kanne hin, und er hob seinen Becher. »Kommt sie hoch, um ihre Schadenfreude zu genießen?«
»Lass das«, erwiderte Suzanne scharf. »Sie hat dich nicht gezwungen, das Geschäft zum Verkauf anzubieten. Du kannst die Adirondack Conservancy Corporation nicht zum Sündenbock für alles machen. Es war deine Entscheidung.«
»Die ich gar nicht erst hätte treffen müssen, wenn die ACC nicht geplant hätte, mir die Lizenz zum Fällen wegzunehmen.« Er steckte die Nase in seinen Kaffeebecher. »Ich kann nicht fassen, dass meine Tochter zu den verdammten Baumknutschern übergelaufen ist.«
Suzanne setzte sich an den Tisch. »Das ist deine eigene Schuld. Du hast sie schon mit raus zum Schlagen genommen, bevor sie sich selbst die Schuhe zubinden konnte.«
Er lächelte schief. »Du hast dich immer furchtbar darüber aufgeregt.«
»Eine Vierjährige hat in einem Holzfällerlager nichts verloren.«
Er lachte. »Erinnerst du dich noch an ihre Wutanfälle, wenn sie nicht mitdurfte?«
»Hm.« Suzanne blickte ihn über den Rand ihrer Tasse vielsagend an. »Und jetzt ist sie zu einer Frau herangewachsen, die Wälder liebt, jähzornig ist und offen ihre Meinung sagt – und du kannst dir nicht vorstellen, von wem sie das hat.« Sie schnaubte. »Das Einzige, was sie nicht von dir hat, sind ihre Haare.«
Ed strich mit der Hand über seine beginnende Glatze und grinste. Suzanne drehte den weißen Porzellanbecher zwischen ihren Händen, eine Geste, die er an kalten Morgen wie diesem schon tausend Mal an ihr beobachtet hatte. »Was macht dir in Wahrheit zu schaffen?«
»Der Verkauf des Geschäfts.«
»Hab ich mir gedacht.«
»Ich weiß, dass es vernünftig ist. Wenn der Landverkauf stattfindet wie beabsichtigt, wird das Waldstück der van der Hoevens morgen um diese Zeit für Holzfäller gesperrt sein. Nächste Woche um diese Zeit muss ich mit der Mannschaft fünfzig Meilen bis zum nächsten offenen Waldland fahren. Hundert Meilen zusätzlich jeden Tag. Sechshundert in der Woche. Suze, bei den Treibstoffpreisen …«
»Ich weiß.«
»Ganz zu schweigen von der Erhöhung der Versicherungsprämien, weil wir mit den Transportern so lange Strecken über öffentliche Straßen müssen.«
»Ich weiß.«
»Und dann würden auch die Wartungskosten für die Transporter steigen.«
»Ich weiß.«
»Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie wir bei den steigenden Kosten überleben sollen.« Er blickte hinunter auf das Gewehr in seinem Schoß. Es hatte seinem Vater gehört, ebenso wie das Holzgeschäft. Einen Moment lang verlor er das Zeitgefühl, wusste nicht mehr, ob er sechzig war oder sechzehn. Das Gewehr, die Wälder, der Kaffee, alles gleich. Alles genauso wie zu Zeiten seines Vaters. Seines Großvaters.
»Ich hatte immer gehofft, es würde irgendwie in der Familie bleiben. Vielleicht an Bonnies Jungs gehen. Sie lieben die Wälder.«
Sie nickte. »Stimmt. Andererseits, willst du wirklich, dass sie sechzig Stunden die Woche ihren Hals riskieren, um fünfundzwanzigtausend Dollar im Jahr nach Hause zu bringen?«
Er sah sie überrascht an. »Du hast dich nie beschwert.«
Sie lachte leise. »Ich bin die Tochter eines Holzfällers. Ich wusste, was mich erwartet, als wir geheiratet haben.«
Er stellte seinen Kaffee ab und ergriff ihre Hand. Ihre weiche Haut unter seinem Daumen war ein weiteres helles Licht gegen Zeit und Dunkelheit. »Ich habe gestern die Jungs von der Mannschaft angerufen. Ihnen gesagt, dass ich diesen Winter nicht rausfahre. Das ist die Hölle, wenn man einem Mann sagen muss, dass es nichts mit dem Job wird, mit dem er fest gerechnet hat. Aber wenn ich jetzt an eine der größeren Gesellschaften verkaufe, kriege ich einen guten Preis für die Ausrüstung. Keinen großartigen, nicht bei den Treibstoffpreisen und den niedrigen Zinsen, aber einen vernünftigen. Genug, um uns eine Wohnung in Florida zu kaufen. Zugvögel zu werden. Würde dir das gefallen?«
Er sah zu, wie sie auf dieser Idee herumkaute, sie ausprobierte. »Das wäre schön«, sagte sie schließlich. »Die ganze Zeit in kurzen Ärmeln. Das ganze Jahr gärtnern.«
»Nie mehr dunkle Morgen«, sagte er.
Darüber lächelte sie ein wenig. »Obwohl ich Bonnie und die Jungs vermissen würde. Und Weihnachten im warmen Sonnenschein wäre bestimmt seltsam.« Sie sah ihn scharf an. »Was würdest du dann tun? Ich kann mir nicht vorstellen, dass du kein Holz fällst.«
Er warf einen kurzen Blick auf das alte Gewehr in seinem Schoß. Das war die Frage, nicht wahr? »Mann oder Junge, ich hole seit vierzig Jahren Holz aus diesen Bergen. Ich weiß nicht, was ich tun werde, wenn ich kein Holzfäller mehr bin. Aber der Wandel ist nicht aufzuhalten, Suze.« Er streichelte wieder mit dem Daumen ihre Hand. »Und wenn wir uns nicht anpassen, bleiben wir auf der Strecke.«