24
Gewinnen um jeden Preis, das ist schlicht und einfach falsch. Es gibt bestimmte allgemein anerkannte Grundregeln, und wer ein wahrer Champion sein will, muss nach diesen Regeln leben. Dagegen zu verstoßen, kann einen körperlichen Tribut fordern … aber auch einen psychologischen, der die Seele tötet. Beide Konsequenzen sind verheerend.
Brad Alan Lewis, Wanted: Rowing Coach
»Sie lügt«, sagte Gemma, als sie und Melody wieder in ihren Wagen stiegen. Sie waren gelaufen, um sich vor einem Schauer in Sicherheit zu bringen, doch kaum saßen sie im Trockenen, schien der Regen auch schon wieder aufzuhören.
»Ja, aber in welchem Punkt?«, entgegnete Melody. »Was ihre letzte Begegnung mit Rebecca betrifft? Oder die Frage, wie sie von Craigs Selbstmord erfahren hat?«
»Ich halte es schon für möglich, dass sie das mit Craig von Kollegen erfahren hat.« Das war Abbotts knappe Antwort auf Gemmas letzte Frage gewesen. Anschließend hatte sie Gemma und Melody mehr oder weniger zur Tür hinausgeschoben, und es war ihnen nichts anderes übriggeblieben, als anstandslos das Feld zu räumen. »Es ist über zwölf Stunden her, dass die ersten Meldungen über Craig eingegangen sind«, fuhr Gemma fort, ohne Anstalten zu machen, den Wagen zu starten. »Und du weißt, dass sich solche Gerüchte wie ein Lauffeuer verbreiten. Also … das kann ich ihr gerade noch abnehmen. Aber Abbott war auf Fragen zu Rebecca vorbereitet, und sie wirkte auf mich, als wäre sie kurz davor, in Panik auszubrechen. Ich glaube, dass sie in Rebecca Meredith’ Tod verwickelt ist.«
War Chris Abbott so fest davon überzeugt gewesen, dass die Wahrheit ihren Ruf und ihre Karriere ruinieren würde, dass sie zu einem Mord bereit gewesen war, um ihr Geheimnis zu wahren?
»Ich kann mir vorstellen, dass Rebecca ihr von ihrem Trainingsplan erzählt hat«, meinte Melody nachdenklich. »Aber dann hätte sie sich trotzdem noch freinehmen müssen, um Rebecca zu beobachten, um sich einen geeigneten Platz für den Hinterhalt auszusuchen – und sie musste überhaupt erst einmal die Zeit finden, was bei den Kindern sicher nicht so leicht ist. Aber sie ist früher auch gerudert, also hätte sie gewusst, wie sie das Boot zum Kentern bringen und Becca unter Wasser halten –«
»Ihre Kinder«, fiel Gemma ihr ins Wort, als die Erkenntnis sie traf. »Mein Gott. Melody, hast du in ihrer Personalakte auch etwas zum Alter ihrer Kinder gefunden?«
Stirnrunzelnd nahm Melody die Papiere aus ihrer Tasche. Offenbar waren sie doch nicht nur Staffage gewesen. Sie blätterte sie durch und hielt dann inne, einen Finger zwischen die Seiten gelegt. »Der ältere Junge heißt Landon und ist neun. Der jüngere, Logan, ist vier.«
»Vier?« Gemmas Magen sackte eine Etage tiefer. »Verdammt.« Sie sah ihre Partnerin an. »Vier, Melody. Er ist vier. Und wir sind komplette Idiotinnen.«
»O Gott.« Melodys Augen weiteten sich. »Der Kleine. Er ist Craigs Kind, nicht wahr? Wenn du vergewaltigt wirst, kannst du normalerweise kaum verhüten. Aber warum hat sie es nicht einfach abgetr…«
»Vielleicht kommt das für sie nicht in Frage. Oder sie wollte unbedingt ein zweites Kind und war sich nicht sicher, von wem es war –«
»Oder vielleicht wollte sie ihrem Mann nicht sagen, was passiert war – jedenfalls nicht die ganze Wahrheit«, warf Melody ein. »Vielleicht hat sie ihm nur die Version erzählt, die im Polizeibericht steht, und nicht zugegeben, dass sie mit Craig auf sein Zimmer gegangen ist. Selbst wenn sie dabei keine Hintergedanken hatte, ist das ein fragwürdiges Verhalten, besonders in den Augen eines eifersüchtigen Ehemanns.«
Gemma dachte wieder an die Fotos, an die besitzergreifende Art, in der Ross Abbott den Arm um die Schultern seiner Frau gelegt hatte. Sie schätzte ihn als einen Mann ein, der nur sehr ungern zugeben würde, dass sein kleiner Sohn das Kind eines anderen Mannes war, ungeachtet der Umstände, unter denen der Junge gezeugt worden war. Oder gerade wegen dieser Umstände.
»Was immer Ross Abbott vorher gewusst haben mag«, sagte sie, »nach Rebeccas Besuch am Samstag muss er die ganze Wahrheit gekannt haben. Und was immer Chris Abbott über Rebeccas Trainingsgewohnheiten wusste, sie wird es ihm erzählt –«
Eine Bewegung im Rückspiegel zog Gemmas Blick auf sich.
Chris Abbott war aus ihrem Haus gekommen und lief zur Straße, während sie in ihrer Handtasche kramte. An einem weißen Mercedes-SUV angelangt, zog sie einen Schlüssel aus der Tasche und riss die Wagentür auf. Erst als die Scheinwerfer von Abbotts Wagen aufleuchteten, wurde Gemma bewusst, wie dunkel es inzwischen war.
»Chefin?«, sagte Melody.
»Was hat sie vor?«, fragte Gemma. »Es muss etwas passiert sein.« Sie startete den Wagen und legte den Gang ein, während sie Abbott im Rückspiegel beobachtete.
»Chefin –«, setzte Melody wieder an, doch als Abbott mit quietschenden Reifen losfuhr und auf sie zugerast kam, setzte Gemma zurück, schlug das Lenkrad scharf ein und gab Gas. Der Escort schoss auf die Straße hinaus und verfehlte nur knapp den vor ihnen parkenden Lexus, ehe Gemma jäh abbremste und Abbott den Weg abschnitt.
Abbott brachte den Mercedes wenige Zentimeter vor dem Kotflügel des Escort zum Stehen. Sie sprang schon heraus, während ihr Wagen noch von der Vollbremsung schwankte.
»Haben Sie den Verstand verloren?«, schrie sie. »Fahren Sie Ihre Karre da weg, Sie verdammte –« Dann sah sie Gemma auf der Fahrerseite aussteigen und verstummte. »Sie –«, stieß sie hervor, doch ihre Stimme war nur ein Krächzen.
»Wohin wollen Sie, Mrs. Abbott?«, fragte Gemma. Sie trat neben Melody, die ebenfalls ausgestiegen war, hielt jedoch den Blick auf Abbott geheftet.
»Das geht Sie nichts an. Wie oft soll ich Ihnen das noch sagen? Fahren Sie Ihren Wagen da weg.« Abbott presste die Lippen zu einem dünnen weißen Strich zusammen.
»Ich fahre nirgendwohin. Und Sie auch nicht – da müssten Sie schon zurücksetzen, und ich glaube, das wird so bald nicht passieren.« Ein anderes Auto war hinter Abbott in die Straße eingebogen, und Gemma vermutete, dass jeden Moment ein erzürnter Autofahrer die Diskussion bereichern würde. »Ruf Verstärkung«, zischte sie Melody zu.
Abbott drehte sich um, sah das herannahende Auto und wandte sich wieder zu Gemma um. »Sie fahren jetzt Ihren Wagen weg, oder Ihr Job ist nicht mehr das Papier wert, auf dem Ihr Dienstausweis gedruckt ist.«
»Das funktioniert bei mir nicht«, sagte Gemma mit betont ruhiger Stimme. »Sie sind Polizistin, Mrs. Abbott. Was immer Sie getan haben, Sie wissen, dass Ihnen jetzt nur noch eines helfen kann: Sie müssen mit uns reden.«
»Getan?«, schrie Abbott sie an. »Ich habe nichts getan. Sie wissen nicht, wovon Sie reden. Und wenn Sie mich jetzt nicht weglassen, dann schwöre ich, dass Sie diejenige sind, die das noch bereuen wird. Ich werde die Verantwortung nicht übernehmen.«
»Die Verantwortung wofür, Mrs. Abbott?«
»Verstärkung ist unterwegs«, flüsterte Melody, während sie die Hand, in der sie das Handy verborgen hielt, an ihre Seite sinken ließ.
»Ich weiß es nicht.« Chris’ Zorn schien sich zu legen, während ihre Stimme einen verzweifelten Ton annahm. »Aber meine Pistole ist verschwunden.«
»Ihre Pistole?« Nun wallte auch in Gemma Panik auf, als sie an Duncan dachte. Wo war er jetzt? Warum zum Teufel hatte sie ihn nicht angerufen und ihm von ihrem Verdacht erzählt?
»Schauen Sie nicht so überrascht. Herrgott noch mal, ich bin schließlich bei der Sitte. Da kennt man Leute, die wissen, wo man bestimmte Dinge besorgen kann. Nach der Sache mit diesem Schwein von Craig habe ich mir gesagt, so etwas passiert mir nicht noch einmal. Sie hätten es genauso gemacht.«
Gemma nickte. »Ja, das hätte ich. Besonders, wenn ich mir gedacht hätte, dass ich meine Kinder schützen müsste.« Sie sah, wie etwas von der Anspannung aus Abbotts Körper wich, als sie das Mitgefühl in Gemmas Stimme hörte. Es spielte keine Rolle, dass Abbott diese Technik vielleicht selbst schon hundert Mal angewendet hatte – ihr Körper hatte auf Gemmas Ton reagiert, als ob er seinen eigenen Willen hätte.
»Wo ist Ihre Pistole, Mrs. Abbott?«, fragte Gemma so sanft, als redete sie mit einer alten Freundin. »Denken Sie an Ihre Kinder. Die Jungen brauchen Sie, und das bedeutet, dass Sie jetzt das Richtige tun müssen.«
Der Fahrer hinter Abbott ließ die Scheinwerfer aufblitzen und drückte dann auf die Hupe. Gemma verfluchte ihn halblaut. Das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte, war eine Konfrontation.
Ein bärtiger Mann lehnte sich aus dem Fenster. »Zieht eure verdammte Show woanders ab, Ladys! Wir sind hier nicht im Theater.«
In der Ferne heulte eine Sirene. Abbott blickte sich erneut um und drehte den Kopf ruckartig wieder nach vorne. Es gab keinen Ausweg.
Und dann sackte sie plötzlich zusammen, ließ verzweifelt die Schultern sinken, während die Angst tiefe Furchen in ihr hageres Gesicht grub.
»Ich bewahre sie auf dem obersten Regal des Schlafzimmerschranks auf, wo die Kinder nicht hinkommen«, sagte sie. »Sie ist weg. Meine Pistole ist weg. Ross muss sie haben.«
»Ich habe keine Ahnung, wohin Ross gegangen ist«, erklärte Freddie. »Wie ich schon sagte, er hat sich einfach aus dem Staub gemacht.«
»Wohnt er in Henley?«, fragte Kincaid mit mühsam beherrschter Stimme. Von der nervösen Anspannung waren seine Handflächen schon schweißnass. Er wusste, dass er Freddie irgendwie beruhigen musste – wenn er irgendetwas Hilfreiches von ihm erfahren wollte, dann musste er ihn davon abhalten, darüber nachzudenken, was Craig Becca angetan hatte. Freddie Attertons geräumige Wohnung wirkte mit einem Mal erstickend schwül. Offenbar nahm die Luftfeuchtigkeit zu.
»Nein, er wohnt in Barnes.« Freddie klang verwirrt. »Aber er rudert beim Henley Rowing Club. Warum wollen Sie das wissen?«
»Warum rudert er nicht beim Leander?«, fragte Doug. »Immerhin war er doch ein Oxford Blue.«
Freddie wand sich ein wenig und wich zum ersten Mal vor ihnen zurück, indem er zum anderen Ende des Esstischs ging. Dort zog er einen Stuhl heraus, setzte sich aber nicht. »Um ehrlich zu sein, einige der Mitglieder können ihn nicht leiden. Ross ist ein ziemlicher Angeber, und er macht ein bisschen zu viel Wind um seine Beziehungen und seinen Besitz. Da ist er weiß Gott nicht der Einzige, aber Sie wissen, wovon ich rede. Und wenn man ihn so erzählen hört«, fügte er mit einem bitteren Lachen hinzu, während sein Blick zu den Oxford-Rudern ging, »könnte man meinen, er hätte das Boat Race gewonnen. Na, wie dem auch sei, es gab jedenfalls … Widerstände gegen seine Mitgliedschaft.«
Kincaid zog eine Braue hoch. »Aber Sie sind trotzdem noch befreundet?«
»Wir halten den Kontakt. Oder vielmehr, er tut es. Allerdings hatte ich längere Zeit nichts mehr von ihm gehört, bis nach Beccas …« Freddie schluckte. »Ich war eigentlich ziemlich überrascht, als er anrief. Ich hatte Gerüchte gehört, wonach er mit verschiedenen Investitionen, die er für seine Firma getätigt hatte, baden gegangen war. Aber an dem Tag, als er mich zum Leichenschauhaus fuhr, da erzählte er mir, dass seine Geschäfte ganz gut liefen. Hervorragend sogar. Ich weiß noch, dass ich mir gedacht habe: Typisch Ross, von seinem neuen Auto zu schwadronieren, wenn – wenn –«
Kincaid ging dazwischen, um ihn wieder auf die Spur zu bringen. »Was hat er Ihnen an diesem Tag noch erzählt?«
»Dass Chris in der Arbeit von Beccas Tod erfahren habe. Dass es ihm und Chris sehr leidtue. Aber –« Er presste den Handrücken an die Lippen und blickte zwischen Kincaid und Doug hindurch starr ins Leere. »Aber – Aber dann, als wir einen trinken gegangen sind, da hat er mich immer wieder gefragt, was die Polizei über Beccas Tod wisse. Und er hat mir klargemacht, dass man mich verdächtigen könnte. Ich war überhaupt nicht auf die Idee gekommen, dass jemand glauben könnte, ich hätte sie umgebracht.«
Kincaid bemerkte Dougs raschen Blick und wusste, dass sie das Gleiche dachten. Ross Abbott hatte Freddie aushorchen und ihm zugleich Angst einjagen wollen, vielleicht in der Hoffnung, dass er etwas tun würde, was ihn schuldig erscheinen ließ. Es roch schwer nach Vorsatz. Und nach Skrupellosigkeit.
»Aber warum fragen Sie nach Ross?«, sagte Freddie. »Und warum ist Kierans Hund so auf ihn losgegangen?«
Ja, warum wohl?, dachte Kincaid. Könnte Finn auf Ross’ Geruch angesprochen haben, den er am Tatort des Mordes an Rebecca Meredith aufgenommen hatte? Aber wieso dann die panische Angst? Es sei denn, er hätte den Geruch mit Kierans Unbehagen in der Situation am Ufer in Verbindung gebracht. Aber das war doch sicherlich nicht ausreichend, um –
Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Feuer war ausreichend. Das Feuer im Bootsschuppen, die panische Angst des Hundes und die des Mannes. Wenn Finn Ross Abbotts Geruch von dem Anschlag auf den Bootsschuppen wiedererkannt hatte, dann hätte er allerdings allen Grund gehabt durchzudrehen.
Und das musste Kieran mittlerweile auch klar geworden sein.
Kincaid folgte Freddie zum Kopfende des Esstischs. Aus einer Sache wurde er immer noch nicht recht klug. »Sie sagten, Sie hätten Kieran gestern gesehen. Wo?«
Freddie schien die Frage ganz und gar nicht zu behagen. Er wirkte extrem verlegen, wie er da mit dem Stuhlrücken zwischen sich und ihnen stand, als wollte er sich dahinter verstecken. »Es war nichts weiter.«
»Raus damit, Mr. Atterton! Es ist wichtig. Wo?«
»Ich bin zu seinem Bootsschuppen gefahren. Ich wollte sehen, wie er lebt. Wo er und Becca – Es war dumm von mir.« Er schüttelte den Kopf. »Aber während ich dastand und wie ein Idiot den Schuppen anglotzte, tauchte plötzlich Kieran mit den Hunden auf. Ich konnte ihm ansehen, dass er dachte: Was ist das denn für ein seltsamer Typ? – Aber ich erklärte ihm, ich sei gekommen, um ihm zu danken. Dann bin ich mit ihm zum Schuppen rübergefahren. Wir haben zusammen den Schaden begutachtet. Wir haben uns unterhalten. Und es war – okay.« Freddie klang, als ob ihn das immer noch verwunderte. »Er schien mir ein anständiger Kerl zu sein. Wirklich jammerschade, das mit seiner Werkstatt, aber vielleicht kriegt er sie ja wieder hin. Und« – jetzt sah er Kincaid endlich in die Augen – »ich habe das Boot gesehen, das Boot, das er für Becca baut. Es ist –« Ihm fehlten die Worte.
»Haben Sie Ross Abbott irgendwo in der Nähe von Kierans Schuppen gesehen?«
»Ross? Nein. Er rief mich an, als ich wieder in der Wohnung war, und sagte, er wolle sich im Red Lion mit mir treffen. Und als ich hinging, begann er mich über Craig auszufragen.«
»Und bei diesem Gespräch im Red Lion, haben Sie Ihrem Freund da irgendetwas über Kieran erzählt? Etwa, wo er jetzt wohnt?«
»Nein.« Freddie klang aufgebracht. »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Ross sich davongemacht hat, gleich nachdem wir Kieran gesehen hatten. Und außerdem hat Kieran mir gar nicht erzählt, wo er wohnt. Aber wieso sollte Ross das interessieren?«
Kincaid antwortete nicht. Er stellte sich das Stadtzentrum im schwindenden Licht vor, und Kieran, wie er die Hunde mühsam zu bändigen versuchte, während er den Market Place hinauf zu Tavies Haus ging. Hatte er sich noch einmal umgesehen?
Und Ross – er musste gesehen haben, welche Richtung Kieran eingeschlagen hatte. Nachdem er sich von Freddie getrennt hatte, könnte er sich in einem Hauseingang versteckt haben, bis er sicher war, dass Freddie ihn nicht beobachtete, um Kieran dann zu folgen. Selbst wenn Kierans Vorsprung schon zu groß gewesen war und Ross nicht gesehen hatte, wie Kieran Tavies Haus betrat, hätte er dennoch die ungefähre Richtung gekannt. Und er hätte einfach warten können, in der Hoffnung, Kieran würde noch einmal auftauchen.
Im Warten war Ross Abbott gut.
Kincaids Sorge wuchs. Er zog sein Handy aus der Tasche, suchte Kierans Nummer heraus und wählte.
Es läutete zwei Mal, drei Mal, dann meldete sich eine weibliche Stimme mit einem zögerlichen »Hallo«.
»Entschuldigen Sie«, sagte Kincaid. »Ich wollte eigentlich Kieran Connolly sprechen. Ist das seine –«
»Superintendent? Ich bin’s, Tavie Larssen. Er hat sein Handy in meiner Küche liegen lassen.« Sie klang verwirrt. »Ich habe keine Ahnung, wieso –«
»Wissen Sie, wo er hingegangen ist?«
»Er hat mir eine Nachricht auf meiner Schiefertafel hinterlassen. ›Bin zum Cottage gefahren.‹ Meint er damit … ihr Cottage? Das von Rebecca Meredith? Was sollte er da jetzt noch wollen?« Tavie klang ein wenig gekränkt.
»Er hat es Ihnen nicht gesagt?«
»Nein. Aber –«
»Wie lange ist er schon weg?«
»Er war noch nicht zurück, als ich vor einer Stunde zum Einkaufen ging; er kann also erst danach losgefahren sein.«
Kincaid war es plötzlich enorm wichtig, dass Kieran nicht allein war. »Hat er Finn mitgenommen?«
»Ja, aber Tosh hat er hiergelassen. Superintendent, was ist –«
»Bleiben Sie einfach da, Mrs. Larssen. Ich kann es Ihnen im Moment nicht erklären. Und wenn Kieran zurückkommt, sagen Sie ihm, er soll mich anrufen. Sofort. Lassen Sie ihn nirgendwo hingehen, und lassen Sie niemanden ins Haus.«
Er brach die Verbindung ab, ehe sie weitere Fragen stellen konnte.
Freddie starrte ihn an, als sei er plötzlich verrückt geworden, aber Doug hatte keine Mühe gehabt, dem Gespräch zu folgen, von dem er nur eine Seite gehört hatte. »Wo?«, fragte er nur.
»Rebeccas Cottage. Freddie, haben Sie –«
Er schrak zusammen, als sein Handy klingelte. Im Glauben, es sei Kieran, nahm er das Gespräch an. »Gott sei Dank«, meldete er sich erleichtert. »Was haben Sie –«
»Duncan?«
»Gemma?«, rief er überrascht. »Du, Schatz, es tut mir leid, aber ich kann im Moment nicht re…«
»Ich muss dir unbedingt etwas sagen«, unterbrach sie ihn. »Ich hätte dich schon eher anrufen sollen. Es geht um diesen Ross Abbott. Seine Frau –«
»Ich weiß, wer Ross Abbott ist.« Kincaids Magen krampfte sich zusammen. »Woher weißt du – na, egal. Was ist passiert?«
»Ich glaube, dass er ein sehr gutes Motiv für den Mord an Rebecca Meredith hatte. Und jetzt hat er eine Pistole. Ich weiß nicht, was er damit vor…«
»Aber ich weiß es«, sagte Kincaid.
Mit dem Donnergrollen setzte ein Regenschauer ein, und der Wind frischte auf, als Kieran den Schlüssel unter dem Blumentopf an der Ecke des Cottage hervorzog.
Es war inzwischen so dunkel, dass Kieran nicht sehen konnte, wie das Unwetter heraufzog, doch das war auch nicht nötig, denn er konnte es spüren. In seinem Schädel war ein Druck, als müsse er jeden Moment platzen. Neben ihm begann Finn zu winseln – er kannte die Anzeichen ebenso gut wie Kieran.
Kieran duckte sich, als der nächste Donnerschlag ertönte, schon näher als der erste, doch dann richtete er sich mit zitternden Knien auf und sagte: »Ich steh das schon durch, Junge.« Er würde sich von dem verdammten Wetter nicht davon abhalten lassen, das zu tun, wofür er hergekommen war.
Es war dunkel unter dem Vordach, und während er mit dem Schlüssel am Türschloss herumstocherte, wünschte er, dass er seine Taschenlampe aus dem Land Rover mitgenommen hätte. Es war ein komisches Gefühl gewesen, direkt vor dem Cottage am Straßenrand zu parken. Sonst hatte er den Wagen immer weiter oben an der Kirche abgestellt, damit – wie Becca es ausdrückte – die Nachbarn nichts zu tratschen hatten. Jetzt fragte er sich, ob sie nicht nur sich, sondern auch Freddie hatte schützen wollen.
Das Schloss sprang mit einem Klicken auf. Zusammen mit Finn, der sich dicht an seiner Seite hielt, trat er ein und knipste das Licht an.
Als die Lampen das vertraute Wohnzimmer in ihren warmen Schein tauchten, krampfte Kierans Herz sich unter dem Ansturm der Erinnerungen zusammen. Er war so auf sein Vorhaben konzentriert gewesen, dass er sich überhaupt nicht klargemacht hatte, was das für ein Gefühl sein würde, in Beccas Cottage zu stehen, jetzt, wo sie nicht mehr da war.
»Was heißt, nicht mehr da? Tot«, sagte er laut, um sich Mut zu machen. Das Foto stand im Bücherregal, genau wie er es in Erinnerung hatte. Er ging quer durchs Zimmer und nahm es herunter. Dann setzte er sich behutsam auf das Sofa neben die Lampe, und Finn legte sich vor seine Füße.
Kieran hielt das Foto mit beiden Händen, betrachtete es eingehend, studierte die Gesichter, die darauf eingefangen waren und ihn anstarrten. Er erkannte Freddie, der unglaublich jung aussah und mit einer Mischung aus Trotz und Ehrgeiz in die Kamera blickte.
Und neben Freddie – der Mann, den er vor dem Red Lion gesehen hatte. Jünger, schlanker, die Kieferpartie nicht ganz so wuchtig, aber unverkennbar derselbe Mann.
Und er erinnerte sich an die Geschichte, die Becca ihm erzählt hatte, an dem Abend, als sie das Foto heruntergenommen und unter ebendiese Lampe gehalten hatte. Es war im Spätsommer gewesen, nach Einbruch der Dunkelheit, und sie hatten sich geliebt, teils auf dem Sofa, teils auf dem Boden. Anschließend hatten sie sich genüsslich unter eine Decke gekuschelt und geredet – natürlich übers Rudern. Sie redeten so gut wie über nichts anderes.
»Weißt du, wie einfach es ist, einen Ruderer vor einem Rennen zu sabotieren?«, hatte sie gefragt.
»Ich habe schon davon gehört«, hatte er geantwortet. »Selbst erlebt habe ich es noch nie. Oder jedenfalls nicht bewusst.«
»Ich schon.« Sie war unter der Decke hervorgeschlüpft und nackt, wie sie war, zum Bücherregal getappt, und er hatte ihren langen, muskulösen Rücken bewundert. Mit dem Foto in der Hand kam sie zum Sofa zurück und kroch wieder unter die Decke, schmiegte ihre bloße Schulter an seine.
Sie legte den Finger auf das inzwischen wohlbekannte Gesicht auf dem Foto, und er erinnerte sich, wie er wieder einmal gedacht hatte, dass sie für eine so groß gewachsene Frau erstaunlich zarte Hände hatte – jedenfalls, solange man die Schwielen von den Rudergriffen an ihren Handinnenflächen übersah. »Dieser Typ – er ist Steuerbord gerudert – hatte es mit Mühe und Not ins zweite Boot geschafft. Aber er fand immer, dass er Besseres verdient hätte, und er war überzeugt, dass sein Platz im Blue Boat sei. Wochenlang hat er geschimpft und gejammert, bis Freddie ihm schließlich sagte, er solle den Mund halten und einfach seinen Job machen.
Danach hat er endlich Ruhe gegeben, und ich habe nicht weiter darüber nachgedacht, bis es zu spät war.«
»Was ist passiert?« Kieran setzte sich auf und sah sie gespannt an.
»Normalerweise wird die Crew vor dem Rennen weitgehend isoliert, aber einen Tag vorher waren einige der Ehefrauen und Freundinnen zu einer Presseparty eingeladen. Die Jungs sollten nichts trinken, es gab nur Limo und O-Saft, und alle kehrten den sauberen Sportsmann heraus und trösteten sich mit exquisiten Canapés darüber hinweg, dass es keinen Alkohol gab.
Aber den anderen Gästen wurden sehr wohl Drinks serviert, und als ich sah, wie er« – sie tippte auf das Foto – »sein Glas mit dem des Typen vertauschte, der auf derselben Position im Blue Boat ruderte, dachte ich, es sei nur ein dummer Streich, ein Schuss Wodka in der Limonade vielleicht.«
In diesem Moment schaute sie zu Kieran auf, und in ihren haselnussbraunen Augen sah er den Zorn aufblitzen, der nach all den Jahren immer noch nicht verschwunden war. »Bis dann am nächsten Tag das Blue Boat an den Start ging und ich sah, dass er drin saß. Ich konnte es nicht glauben.
Ich hatte einen Platz in einer der Barkassen bekommen, die hinterherfuhren. Es war kein Vergnügen an so einem kalten und stürmischen Tag, aber ich wollte Freddie gewinnen sehen. Es bedeutete ihm so viel, ihm und der ganzen Crew. Sie hatten so hart gearbeitet, und es waren alles meine Freunde.«
»Was ist mit dem Typen passiert, der eigentlich im Blue Boat hätte sitzen sollen?«, fragte Kieran.
»Es hieß, er sei plötzlich krank geworden. Vielleicht eine Lebensmittelvergiftung von den Austern auf den Canapés, die bei der Presseparty gereicht wurden. Später erfuhr ich, er sei so stark dehydratisiert gewesen, dass er ins Krankenhaus musste. Aber«, fuhr Becca fort, und ihre Stimme troff vor Sarkasmus, »was für ein unerwarteter Glücksfall für seinen Ersatzmann. Nur dass sein Ersatzmann dem Job verdammt noch mal nicht gewachsen war. Er war nicht fit genug, er war nicht gut genug, und nach der Hälfte konnte man schon sehen, dass er das Boot runterzog wie ein Bleianker. Oxford hatte nicht die geringste Chance. Aber er hatte sein Scheiß-Blue in der Tasche.«
»Wie ging es weiter? Hast du es gemeldet?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Und ich habe mir nie verziehen. Aber seine Verlobte war eine meiner besten Freundinnen. Wir sind zusammen gerudert, und nach dem Studium haben wir zusammen bei der Polizei angefangen. Als ich ihr erzählte, was ich gesehen hatte, meinte sie, ich müsse mich getäuscht haben. Sie flehte mich an, ihr zuliebe nichts zu sagen, und ich hatte schließlich keine Beweise.
Nicht, dass ich welche gebraucht hätte. Allein das Gerücht hätte gereicht, um ihn für alle Zeiten bei der ehrwürdigen Gemeinde der Old Blues unmöglich zu machen.« Der Spott in ihrer Stimme war unüberhörbar.
»Du hast es also niemandem erzählt? Auch nicht deinem Freund?«
»Nein. Ich hatte es schließlich meiner Freundin versprochen.« Becca fröstelte und zog sich die Decke bis unters Kinn. Der Zorn war aus ihrer Stimme gewichen. »Aber es machte keinen Unterschied, dass ich es für mich behielt. Unsere Freundschaft hat es trotzdem zerstört – das Geheimnis hat sie zerfressen wie ein Krebsgeschwür. Dass sie sich mir verpflichtet fühlte, hat am Ende dazu geführt, dass sie mich mehr gehasst hat, als wenn ich ihr Vertrauen direkt missbraucht hätte. Das hätte unsere Freundschaft vielleicht überlebt.«
»Warum erzählst du mir das jetzt?«, fragte Kieran und strich ihr eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht.
»Weil –« Sie zuckte mit den Achseln, und ihre Stirn zog sich in Falten. »Weil du diese Leute nicht kennst. Du gehörst nicht zu dieser Welt. Und das« – sie lächelte und berührte seine Wange – »ist auch gut so.« Dann fuhr sie mit den Fingerspitzen über seinen nackten Arm, bis er selbst zu frösteln begann, doch ihr Blick ging immer noch in weite Ferne. »Und«, fügte sie gedehnt hinzu, »weil ich mich selbst daran erinnern muss, dass Geheimnisse, die man für sich behält, wie schwärende Wunden sind.«
Beccas Bild, das ihm für einige Augenblicke so lebhaft vor Augen gestanden hatte, verblasste, und Kieran saß allein in dem kalten Cottage, in der Hand nichts als ein Foto.
Ein Foto des Mannes, der Becca getötet hatte und einen Mordanschlag auf ihn verübt hatte, da war er sich jetzt sicher. Aber wenn dieser Mann bereit gewesen war, Becca zu ermorden, um sein Geheimnis zu wahren, warum hatte er all die Jahre damit gewartet? Was hatte sich geändert?
Donner krachte, und der Regen prasselte vom Wind gepeitscht wie ein Sperrfeuer gegen die alten Fenster. Kieran fuhr zusammen, das Foto glitt ihm aus den Händen und landete mit einem dumpfen Geräusch auf dem zerschlissenen Teppich, der die Holzdielen vor dem Sofa bedeckte.
Aber da war noch ein anderes Geräusch gewesen, halb übertönt vom Trommeln des Regens – oder hatte er sich das nur eingebildet? Er konnte nicht sagen, was es war oder wo es herkam. Da war dieses Dröhnen in seinen Ohren, das Hämmern in seinem Kopf, die schweißnassen Handflächen – das Gewitter hatte jenen Adrenalinschub ausgelöst, den er immer noch so mühsam in den Griff zu bekommen versuchte.
Finn hob den Kopf und lauschte. Vielleicht, dachte Kieran, dessen Mund ganz ausgetrocknet war, vielleicht war er ja doch nicht verrückt. Vielleicht hatte Finn auch etwas gehört.
Er hielt den Atem an, doch das einzige Geräusch, das er wahrnahm, war das Pochen seines eigenen Pulses in den Ohren. Es musste eine Autotür sein, die er gehört hatte, oder sonst irgendein gewöhnliches Geräusch – ein Nachbar, der nach Hause kam, oder jemand, der seine Katze aus dem Regen hereinrief. Keine Bombenangriffe, nicht hier.
Er musste nur zusehen, dass er sich beruhigte, sagte er sich, und sich daran erinnern, dass sein Geist seinen Körper beherrschen konnte. Es konnte ihm nichts passieren, wenn er nur –
Finn stand auf – so abrupt, dass er Kierans Knie zur Seite stieß. Das Fell auf seinem Nacken und Rücken stellte sich auf wie die Borsten eines Igels.
Und dann begann er zu knurren.
So hart Tavie auch daran gearbeitet hatte, sich ein neues Leben aufzubauen, und sosehr sie das Singledasein inzwischen genoss, musste sie doch feststellen, dass ihr das Haus ohne Kierans raumgreifende und bisweilen linkische Präsenz eigenartig leer und unwohnlich vorkam.
Was hatte ihn veranlasst, zu Rebecca Meredith’ Cottage zu fahren? War es die Trauer um sie? Aber er war überstürzt aufgebrochen, worauf die hastig hingekritzelte Nachricht auf der Schiefertafel hindeutete. Und er war in Panik gewesen, sonst hätte er niemals sein Handy vergessen.
Und als sie dann mit Superintendent Kincaid gesprochen hatte, war er sehr kurz angebunden gewesen. Nicht unhöflich, aber schroff auf eine Art und Weise, die ihr bekannt vorkam – wie ein Mann in verantwortlicher Position, der das Vorgehen in einem Notfall koordinieren musste. Aber er hatte ihr nicht gesagt, wo er war und wie lange er brauchen würde, um zu Kieran zu fahren.
Die Vorstellung, dass Kieran dort in dem Cottage in Remenham ganz allein irgendeiner unbekannten Gefahr ausgesetzt war, ließ sie einen spontanen Entschluss fassen. Sie steckte sein Handy ein, für den Fall, dass der Superintendent sich noch einmal meldete, und lief durchs Wohnzimmer zur Diele, wo sie ihre Jacke vom Garderobenhaken schnappte.
Toshs Jaulen ließ sie innehalten. Die Schäferhündin tänzelte aufgeregt um ihre Beine herum und zupfte an der Leine, die an einem eigenen Haken hing. »Ich weiß, du willst raus«, sagte Tavie.
Sie war hin- und hergerissen. Bei ihren Sucheinsätzen brachte sie ihre Hündin immer wieder wissentlich in Gefahr, aber das war nun einmal Toshs Job, und Tavie kannte die Regeln wie auch die Risiken. Aber das hier war etwas anderes – sie hatte keine Ahnung, was sie dort erwartete. Nein, beschloss sie. Die Angst um Kieran war schlimm genug – sie durfte Tosh nicht einer Situation aussetzen, in der sie für die Gefahr blind wäre.
Sie kniete sich hin und nahm die Schnauze ihrer Hündin in die Hand. »Diesmal musst du leider zu Hause bleiben, Mädchen.« Während sie noch einen letzten Blick auf ihr behagliches Zuhause warf und dabei Tosh kraulte, steckte sie mit der anderen Hand geistesabwesend die Leine in die Jackentasche. »Pass auf das Haus auf, mein Mädchen.«
Sie hatten den Astra genommen, trotz Freddie Attertons Einwand, er kenne die Strecke besser und sein Audi sei schneller. Aber Kincaid hatte schon wider besseres Wissen eingewilligt, Freddie Atterton überhaupt mitzunehmen, und wollte sich nicht in noch größere Schwierigkeiten bringen, indem er eine Zivilperson fahren ließ.
Er hatte sich nur deswegen dazu überreden lassen, weil Freddie das Cottage kannte und – was noch wichtiger war – weil Freddie Ross Abbott kannte. Als alter Freund könnte er vielleicht erfolgreich an Abbotts Vernunft appellieren.
Wenn es nicht schon zu spät war.
Es regnete jetzt in Strömen, und die Scheibenwischer kamen gegen die Fluten kaum noch an. Kincaid hatte Mühe, der Straße zu folgen, und konnte nur raten, wie weit es noch bis Remenham war.
»Hier«, sagte Freddie plötzlich. »Schalten Sie das Licht aus.«
»Ich kann sowieso fast nichts sehen«, entgegnete Kincaid, doch er bremste und stellte die Scheinwerfer ab. Schlagartig verwandelte sich die Szenerie, so drastisch, als hätte man ein Foto gegen ein Negativ ausgetauscht, und die silbrig-grauen Konturen der Landschaft tauchten aus der Schwärze auf.
»Und jetzt den Motor. Lassen Sie den Wagen auf dem Randstreifen ausrollen. Wir sind schon ganz nah dran.«
Kincaid fragte sich, ob Freddie heimlich davon träumte, einmal ein Sondereinsatzkommando zu leiten, doch er vertraute seinem Urteil, was ihren Standort betraf.
Sobald er den Astra zum Stehen gebracht und die Scheibenwischer ausgeschaltet hatte, hüllte der Regen sie ein wie ein dichter Vorhang, und das Geprassel auf dem Dach war ohrenbetäubend.
Dann ließ der Guss für einen kurzen Moment nach, und Kincaid konnte die schemenhaften Umrisse eines Wagens erkennen, der vor ihnen am Straßenrand parkte.
»Das ist Ross’ Auto«, sagte Freddie mit tonloser Stimme, und Kincaid wusste, dass ihre schlimmsten Befürchtungen sich bewahrheitet hatten.
Doug hatte Verstärkung angefordert und betont, dass die Fahrzeuge ohne Blaulicht und Sirene anrücken sollten, doch Kincaid hatte keine Ahnung, wie lange es noch dauern würde. Neben ihm löste Doug seinen Sicherheitsgurt. »Chef, sind Sie sicher, dass ich nicht noch mal anrufen soll?« Seine Stimme klang ein wenig hoch.
»Keine Zeit. Wir müssen da rein.« War es die richtige Entscheidung?, fragte er sich. Aber er konnte nicht einfach dasitzen und warten, während er Kierans Leben in Gefahr wusste.
»Dann wollen wir mal losschwimmen«, meinte Doug, doch seine Flapsigkeit klang gezwungen. Sie hatten alle keine Regenkleidung dabei und würden sicher wie Monster aus dem Sumpf wirken, wenn sie zur Tür hereinplatzten.
Kincaid drehte sich zu Freddie um, der auf dem Rücksitz saß. »Ihren Schlüssel.« Als Freddie ihn nach vorne reichte, fügte Kincaid hinzu: »Sie halten sich im Hintergrund, solange ich Ihnen keine anderen Anweisungen gebe. Klar?«
Er musste annehmen, dass Freddies Nicken die beste Antwort war, die er bekommen würde. »Also los – aber leise!«
Er stieg aus, und sofort wurde ihm klar, dass bei diesem Regen kein Mensch das leise Schließen der Wagentüren hören würde. Im Nu war er klatschnass, die Haare klebten ihm am Kopf, und das Wasser rann ihm in Bächen übers Gesicht. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Doug seine Brille abnahm und in die Innentasche seiner Jacke steckte, und er fragte sich, ob sein Sergeant mit nassen und beschlagenen Gläsern noch blinder war als ganz ohne Brille. Ein feines Trio gaben sie ab.
Und all seinen Ermahnungen zum Trotz war es Freddie, der vorangehen musste. Sie kamen an Kierans Land Rover vorbei, der dicht vor dem Gartentor parkte, und dann konnten sie durch einen Spalt im Vorhang des Wohnzimmerfensters sehen, dass im Cottage Licht brannte.
Kincaid wusste jetzt wieder, wo er sich befand, und er bedeutete Doug und Freddie zurückzubleiben. Er hatte noch etwas anderes gesehen – einen schmalen Lichtstreifen, der durch die Haustür nach draußen fiel. Irgendjemand hatte sie nicht richtig geschlossen.
Er schlich sich an die Tür heran und kam sich einen Moment lang lächerlich vor, wie ein Cop in einem amerikanischen Fernsehkrimi. In seiner Laufbahn hatte es die eine oder andere Situation gegeben, in der er sich gewünscht hätte, eine Waffe zu haben, und dies war eine solche Situation. Plötzlich glaubte er ein tiefes Grollen zu vernehmen.
Er spähte durch den Türspalt und sah Kieran auf dem Boden sitzen, mit dem Rücken zum Sofa, die Arme um den wütend knurrenden Finn geschlungen, der sich aus seiner Umklammerung zu winden versuchte. Die ganze Aufmerksamkeit des Hundes war auf den Mann gerichtet, der zwischen Kincaid und Kieran stand, mit dem Rücken zur Tür.
Ross Abbott, vermutete Kincaid.
Kierans Augen weiteten sich, als sein Blick zur Tür ging, und das genügte, um Kincaid zu verraten.
Abbott fuhr herum, und Kincaid sah, dass er eine kleinkalibrige Handfeuerwaffe hielt. In Abbotts großen Händen wirkte sie wie eine Spielzeugpistole, aber sie hatte zweifellos genug Durchschlagskraft, um einen Menschen tödlich zu verletzen. Die Waffe schwankte und ruckte nach oben, als Abbott einen Schritt zurückwich und versuchte, Kieran und Kincaid gleichzeitig im Blick zu behalten. Offensichtlich war er es nicht gewohnt, mit einer Pistole umzugehen. Kincaid war sich nicht sicher, ob ihn das eher ängstigen oder beruhigen sollte.
»Verschwinden Sie«, sagte Abbott.
Kincaid hob beide Arme und zeigte Abbott seine leeren Hände, während er ins Zimmer trat. »Sie sind Ross, nicht wahr? Legen Sie doch die Waffe weg. Ich bin sicher, dass das alles ein Missverständnis ist. Ich heiße übrigens Duncan Kincaid«, fügte er hinzu und machte noch einen Schritt auf Ross zu.
»Sie sind ein Scheißbulle. Verkaufen Sie mich doch nicht für dumm. Glauben Sie, ich würde es nicht merken, wenn ich einen Bullen vor mir habe?« Abbott hörte sich an, als stünde er kurz vor einem hysterischen Anfall, doch er hatte sich instinktiv noch ein Stück von der Tür entfernt, sodass Kincaid weiter ins Zimmer vorrücken konnte.
»Ihre Frau macht sich Sorgen um Sie«, sagte Kincaid, der sich keine Mühe gab, seine Identität zu leugnen. Gemma hatte ihm alles berichtet, was sie von Chris Abbott erfahren hatte, doch nun musste er entscheiden, wie viel er Ross verraten sollte.
»Sie haben mit meiner Frau geredet? Sie Mistkerl!« Die Pistole richtete sich auf Kincaid.
Finns leises Grollen steigerte sich wieder zu einem Knurren. Aus dem Augenwinkel sah Kincaid, wie Kieran den Hund fester packte.
»Ihre Frau hat mit Kolleginnen von mir gesprochen, Mr. Abbott«, sagte er. »Wir wissen, was Angus Craig ihr angetan hat. Wir wissen, dass Sie allen Grund haben, sich aufzuregen. Aber Craig ist tot, und es gibt keine Veranlassung mehr, irgendetwas zu verheimlichen.« Er würde Abbott nicht sagen, dass sie wussten, dass er Rebecca ermordet hatte – nicht, solange Abbott eine Pistole in der Hand hielt.
»Na klar doch.« Abbotts Augen zuckten von Kincaid zu Kieran und zurück, doch er konnte sie unmöglich beide die ganze Zeit im Blick behalten. »Und ich bin der Weihnachtsmann. Er« – er wies mit der Pistole auf Kieran – »hat mich gesehen. Am Fluss. Er kommt hier nicht mehr lebend raus. Und Sie auch nicht.«
Freddies Stimme ertönte hinter Kincaids Rücken. »Was ist mit mir, Ross? Willst du deinen alten Freund auch erschießen?«
Ein rascher Blick verriet Kincaid, dass Doug hinter Freddie getreten war und seine Brille wieder aufgesetzt hatte. Kincaid fluchte leise. Es ging jetzt nur noch um Schadensbegrenzung. Wie viele von ihnen könnte Abbott niederschießen, ehe es jemandem gelang, ihm die Waffe zu entreißen?
Kincaid versuchte, seine Stimme ruhig zu halten. Es hatte offensichtlich keinen Sinn mehr, irgendwelche Tricks und Täuschungsmanöver zu versuchen, aber vielleicht könnte er Abbott einfach niederreden. »Seien Sie doch kein Idiot, Mann. Ihre Frau weiß alles und wir auch. Wenn Sie noch jemanden verletzen, machen Sie alles nur noch schlimmer für sich selbst und Ihre Familie.«
Ross ignorierte ihn; er hatte seine Aufmerksamkeit jetzt Freddie zugewandt. »Du bist ein Arschloch, Freddie Atterton. Du hast mich immer schon angekotzt mit deinem arroganten Geschwätz von wegen ›die Crew geht vor‹. Das war ja gut und schön für dich, weil du besser warst als wir alle. Hast du gedacht, ich wüsste nicht, wie du hinter meinem Rücken über mich gelästert hast?« Ross grinste und bleckte die Zähne. »Seit fünfzehn Jahren will ich es dir heimzahlen, und jetzt wird es mir das größte Vergnügen sein, dich auch zu erschießen.«
Er hielt die Pistole ruhig – und sie war jetzt auf Freddie gerichtet.
Kincaid spannte alle Muskeln an und versuchte zu berechnen, wie schnell er bei Ross sein könnte – während er betete, dass Freddie ihn noch einen Moment länger ablenken würde.
Aber es war Kieran, der das Wort ergriff. »Wieso reden Sie von Craig und der Frau von diesem Schwein? Er hat Becca umgebracht, weil sie die Wahrheit über ihn kannte.«
Ross fuhr wieder zu Kieran herum, doch der schien die Waffe völlig zu ignorieren. »Er hat beim Boat Race betrogen«, sagte er. »Becca hat es mir erzählt. Er hat einen anderen Ruderer sabotiert, um dessen Platz im Boot zu bekommen, und seinetwegen hat Oxford das Rennen verloren. Aber seine Frau war mit Becca befreundet, und Becca hat ihr versprochen, es niemandem zu verraten.«
»Dieses Miststück!«, schrie Ross. Die Pistole schwang herum, flatterte einen Moment und richtete sich dann auf Kieran. »Das ist eine Lüge, du –«
Doch Freddie trat auf ihn zu, und seine Stimme war kalt vor Abscheu. »Das war es also, Ross. Hast du ihm Abführmittel verabreicht? Ich hatte es ja schon immer geahnt. Sie hat dir einfach zu gut in den Kram gepasst, diese Lebensmittelvergiftung, aber ich konnte ja nicht einfach hingehen und einen Teamkollegen beschuldigen, oder? Das wäre doch unsportlich gewesen, und so etwas tat man in unseren Kreisen nicht.
Aber Becca – Becca hat es die ganze Zeit gewusst.« Freddie machte keinen Hehl aus seiner Befriedigung. »Becca hat es am Ende benutzt, um dich unter Druck zu setzen, nicht wahr? Als Chris sich weigerte, ihr zu helfen, Craig zu Fall zu bringen, drohte sie, alles zu verraten.
Und du wusstest genau, dass nichts so sicher deine Karriere ruinieren würde wie das – stimmt’s, Ross, alter Knabe? Du hast dein Boot verraten, deine Teamkameraden. Niemand hätte mehr etwas mit dir zu tun haben wollen, wenn sie es erfahren hätten. Du wärst für den Rest deiner Tage geächtet worden. Fünfzehn Jahre lang hast du aus diesem Blue Profit geschlagen, wenn du deine Deals gemacht hast, wenn du dich bei jedem eingeschleimt hast, der sich davon beeindrucken ließ – und sie wollte dir das alles wegnehmen. Also hast du sie umgebracht, du mieser kleiner Feig…«
»Sei still.« Ross blickte wild umher und wandte sich dann wieder zu Freddie. »Halt bloß die Klappe –«
Aber Freddie kam noch näher. »Und diesen nächsten Deal hättest du ganz dringend gebraucht, nicht wahr, Ross? Deine Geschäfte gingen den Bach runter. Es war kein Irrtum, dass deine Kreditkarte in der Bar abgelehnt wurde, nicht wahr? Du warst derjenige, dem das Wasser bis zum Hals stand.«
Ein Blick in Ross Abbotts Gesicht genügte, und Kincaid wusste, dass Freddies mutmaßlicher Plan, ihn zur Aufgabe zu bewegen, fürchterlich danebengegangen war. Hinter Freddie sah er Dougs bleiches, vor Schreck erstarrtes Gesicht, und er wusste, dass er der Sache ein Ende machen musste, koste es, was es wolle.
»Ross, wir können das alles in Ruhe –«, begann er, doch Freddie schien entschlossen, noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.
»Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass du uns alle abknallen und damit davonkommen kannst?«, verhöhnte er Ross. »Nach allem, was du getan hast?«
»Das wollen wir doch sehen«, sagte Ross und richtete die Pistole auf Freddies Brust.
Plötzlich bemerkte Kincaid aus dem Augenwinkel eine Bewegung, und im selben Moment gelang es Finn, sich aus Kierans Umklammerung zu befreien. Nur ein verschwommener schwarzer Strich war zu sehen, als der Hund sich auf Ross stürzte.
Ross fuhr herum und schoss – mehr aus Überraschung als mit Absicht, wie es Kincaid im Chaos des Augenblicks schien.
Der Hund heulte vor Schmerz auf und ging zu Boden. Ross taumelte rückwärts zur Tür, als hätte der Rückstoß der Pistole ihn erschreckt, und zugleich sprang Kieran mit einem Schrei voller Wut und Entsetzen auf.
Kincaid warf sich auf Ross und versuchte den Arm mit der Waffe zu packen, während im gleichen Moment eine andere Gestalt zur Tür hereinstürzte, in der Hand eine lange Stange.
Er – nein, sie, wie er jetzt erkannte – Tavie, es war Tavie Larssen – und sie schwang nicht etwa eine Stange, sondern ein Ruder. Es gab ein lautes Klatschen, als das Ruderblatt Ross an der Schulter traf. Die Pistole flog ihm aus der Hand, knallte auf den Boden und rutschte unter einen Tisch.
Kincaid rammte Ross mit aller Kraft. Er hörte ihn vor Schmerz ächzen, hörte wie die Luft aus seiner Lunge entwich, als er zu Boden krachte und Kincaid auf ihm landete. Dann hatte Kincaid ihn im Klammergriff, und Freddie und Doug eilten schon herbei, um seine Arme und Beine zu packen. Freddie bekam Ross an seinen schütteren Haaren zu fassen und knallte seinen Kopf mit voller Wucht auf die Dielen.
»Aufhören! Alle beide aufhören! Haltet ihn einfach nur fest«, rief Kincaid, doch mit wutverzerrtem Gesicht ließ Freddie Ross’ Kopf schnell noch einmal auf den Boden krachen.
Tavie stand über ihnen wie eine kleine Ninja-Kriegerin und holte wieder mit dem Ruder aus, doch die Schläge auf den Kopf schienen Ross vorübergehend betäubt zu haben.
»Haltet ihn fest«, ächzte Kincaid und begann seinen Gürtel aus der Hose zu ziehen. Ross war auf dem Bauch gelandet, und Kincaid wollte, dass er auch so liegen blieb. Handschellen, dachte er. Warum hatte er nie die verdammten Handschellen dabei?
Dann ließ Tavie das Ruder sinken und griff in ihre Tasche. »Hier«, sagte sie, und sie klang überrascht. »Das ist Toshs Leine. Ich habe sie aus Versehen mitgenommen.« Sie reichte ihm den Riemen aus weichem Leder.
Während Kincaid die Leine um Ross’ Handgelenke schlang und fest zuzog, sagte Freddie verwundert: »Das ist Beccas altes Oxford-Ruder. Wo haben Sie –«
»Es stand in einer Mülltonne neben der Haustür. Ich habe nach dem Erstbesten gegriffen, das –« Tavie brach ab und schnappte nach Luft, als ihr Blick an Freddie vorbeiging, und sie rief voller Entsetzen: »O Gott! Finn!«
Da erst merkte Kincaid, dass Kieran nicht bei ihnen war. Als er den Kopf hob, sah er ihn mitten im Zimmer auf dem Boden sitzen. Er hatte Finns Kopf auf seinen Schoß gebettet.
Kincaid konnte nirgends Blut sehen, doch der Hund hechelte, und das Weiße in seinen Augen war sichtbar. Als Tavie sich neben die beiden kniete, nahm Kieran eine Hand von dem dunklen Fell des Hundes, und sie war blutverschmiert.
»Nein«, flüsterte Kieran und blickte flehend zu Tavie auf. »Bitte nicht. Ich kann – ich kann nicht sehen, wie schlimm es ist.«
Während Tavie mit ihren kleinen, geschickten Händen den Hund untersuchte, hievte Kincaid sich von Ross’ Körper hoch. Freddie hielt Ross’ Schultern am Boden, und Doug saß auf seinen Füßen, während er in sein Handy schrie, dass die Verstärkung sich gefälligst sputen sollte, und sie sollten auch einen Krankenwagen schicken. Und um Himmels willen einen Tierarzt!
Ross überzog sie alle mit einer Flut von Verwünschungen, während Freddie ihn wieder und wieder aufforderte, endlich die Klappe zu halten, sonst würde er ihm noch eine Kopfnuss verpassen.
Sie waren alle, wie Kincaid mit verspätetem Erstaunen registrierte, wohlauf.
Alle bis auf den Hund.
Finn, der Beccas Mörder identifiziert hatte. Finn, der sein Bestes gegeben hatte, um sie zu beschützen. Kincaid konnte den Gedanken nicht ertragen, dass Kieran, der schon so viel verloren hatte, auch noch ihn verlieren sollte.
Er ging zum Tisch und zog die Pistole darunter hervor. Dann kniete er sich, ohne Ross und seine beiden Bewacher aus den Augen zu lassen, zu Tavie und Kieran.
Tavie hatte aus Kierans Pulli einen Druckverband gemacht, und die ockerfarbene Wolle war schon blutgetränkt. Aber sie behandelte die Schulter des Hundes, nicht seinen Kopf oder seine Brust.
»Ist er –«
Tavie blickte auf und strich sich mit ihrer freien Hand die Haare aus der Stirn, wobei ein roter Schmierfleck zurückblieb. »Es sieht zwar schlimm aus, und ich bin es eher gewohnt, Menschen zu behandeln, aber ich glaube, es ist nur eine Fleischwunde. Ich kann das Einschussloch und die Austrittswunde an der Schulter sehen, und die Kugel hat offenbar Knochen und innere Organe verfehlt.«
»Guter Junge«, flüsterte Kieran, und Finn klopfte mit dem Schwanz auf den Boden. Kierans Stimme zitterte immer noch, nicht aber seine Hände, und er assistierte Tavie mit ruhigen, sicheren Bewegungen.
»Es ist alles gut«, sagte Kieran mit festerer Stimme, als wollte er sich selbst beruhigen. Aber es war Tavie, der er dabei in die Augen sah. »Alles wird gut.«