9
Nachdem Damerel Oswald in dieser handfesten Art abgetan hatte, wandte er sich mit einem neckenden Blick an Venetia: «Was, zum Kuckuck, haben Sie angestellt, daß der Junge in eine derartige Raserei geraten ist?» erkundigte er sich.
«Sie haben gut fragen!» antwortete sie, sehr erzürnt und beträchtlich zerzaust. «Ich habe versucht, ihn von einer dummen, eingebildeten Neigung zu mir zu heilen!»
«Oh, das war es, ja?» sagte er amüsiert. Er schaute zu Oswald hinüber, der sich eben aufrappelte. «Na, aber jetzt wäre es wohl am besten, Sie hielten sich etwas fern, schönes Verhängnis, denn wenn mich meine Erfahrung nicht trügt, ist Ihr hitziger Schäfer gerade drauf und dran, einen feurigen Versuch zu machen, mich niederzuschlagen.»
«O nein, das wird er nicht!» erklärte Venetia, und ihre Augen leuchteten kriegerisch. «Sie können das mir überlassen, Damerel! Ja, ich befehle es Ihnen sogar!»
Sie fegte an ihm vorbei, gerade als Oswald, der die Nachwirkung der halben Strangulation überwunden hatte, mit geballten Fäusten auf Damerel losgehen wollte. Da ihm plötzlich Venetia im Wege stand, mußte er sich zurückhalten. Bevor er sie noch beiseite stoßen konnte, was er in seiner blinden Wut durchaus vorhatte, hatte sie schon Worte gesprochen, die wie eine kalte Dusche auf ihn niederprasselten. «Willst du jetzt vielleicht auch noch zu meiner Unterhaltung eine ordinäre Rauferei veranstalten? Ich warne dich, Oswald, wenn ich noch mehr deiner Ungezogenheiten zu ertragen habe, dann werde ich deinem Papa erzählen, was soeben geschehen ist, und mit welch völligem Mangel an guter Erziehung oder Anstand du dich aufgeführt hast! Es widerstrebt mir zwar sehr, ihn derart zu kränken oder deine Mama zu betrüben; wenn du also wünschst, deine Derbheit gutzumachen, dann zwinge mich nicht, es dennoch zu tun!»
Blutrot stammelte er: «Es tut mir leid – es war nicht – ich habe es nicht so gemeint, daß ...»
«Sehr schön, mehr brauchst du nicht zu sagen», unterbrach sie ihn. «Weder ich noch Lord Damerel werden zu jemandem darüber sprechen, worauf du dich verlassen kannst. Jetzt aber geh lieber heim.»
Zu seiner Ehre sei es gesagt, daß es ihm, wenn er auch an der Anstrengung fast erstickte, gelang, die verschiedenen vernichtenden Antworten, die ihm auf der Zunge lagen, zu schlucken und sogar eine steife Verbeugung zustande zu bringen. «Ich bitte sehr – ich bitte sehr, meine untertänigste Entschuldigung entgegenzunehmen, und, glauben Sie mir, daß ich Sie nicht wieder belästigen werde, Ma'am!» sagte er. Dann wandte er seinen glühenden Blick Damerel zu und fiel leicht aus seiner Großartigkeit. «Und was Sie betrifft», sagte er wild, «werde ich ...» Er hielt den Atem an und endete dann mit lähmender Formalität: «Eure Lordschaft werden von mir hören!»
Darauf führte er eine zweite Verbeugung aus und schritt von dannen.
«<Ach, armer Yorick!» bemerkte Damerel. «Das trifft mich hart.»
«Ja, mich auch», stimmte ihm Venetia mit einer Kummerfalte zwischen den Brauen zu. «Ich habe unwillkürlich das Gefühl, daß ich schuld daran bin, weil ich ihm keine schwere Abfuhr erteilt habe, gleich als er anfing, hinter mir herzulaufen. Wenn ich die leiseste Ahnung gehabt hätte, daß es bei ihm mehr als der Anfall einer ersten Jugendliebe sei, der sich bald legen würde, dann hätte ich es natürlich getan.»
«Es ist auch nichts anderes. Falls ich mich nicht sehr irre, bin ich es, der für den heutigen Ausbruch verantwortlich ist, nicht Sie. Der dumme junge Gockel hätte mich vom ersten Moment an, als er mich erblickte, am liebsten ermordet.»
Sie wandte ihm ihre Augen zu. «Ja, das stimmt. O Gott, ich hoffe nur, daß er keine Dummheit anstellt!»
Er lächelte. «Das Gebet ist vergeblich, aber es ist nicht sein eigenes Leben, das er zu enden plant! Schauen Sie nicht so besorgt drein! Nach allem, was ich gesehen habe, würde ich eine nette Summe wetten, daß er, bevor er noch Ebbersley erreicht, seinen schlimmsten Schmerz bestimmt schon überwunden hat und eine große Genugtuung aus der Vorstellung bezieht, meinen kalten Leichnam auf dem Boden hingestreckt zu sehen – in einer Entfernung von zwanzig Metern. Oder sogar seinen eigenen. Himmel, ja, natürlich seinen eigenen! Das würde Ihnen lebenslange Reue eintragen, meine grausame Schöne, und mir den Abscheu aller zuziehen. Ich wäre gezwungen, zu fliehen, und da geschähe mir recht! Selbst meine Se kundanten würden mich meiden, denn wenn ich nicht feuerte, bevor noch das Taschentuch fällt, oder etwas ähnlich Feiges täte, können Sie sich darauf verlassen, daß ich auf die eine oder andere Art eine sehr verächtliche Figur machen würde, während er hingegen ihr Mitleid und ihre Bewunderung für seine unerschütterliche Ruhe und edle Haltung gewönne.»
Sie mußte lachen, sagte aber doch ziemlich besorgt: «Ich weiß, daß er das meinte, als er sagte, Sie würden noch von ihm hören – aber er wird doch bestimmt nichts derart Dummes anstellen? Denn wenn er darüber nachdenkt – nein, das ist ja genau das, was er nicht tun wird! Wenn er Sie fordert, müssen Sie dann eigentlich die Forderung annehmen?»
«Was, die Forderung eines jungen Hundes annehmen, der nicht einmal noch die Milchzähne verloren hat? Nein, Sie albernes Mädchen! Das muß ich ganz entschieden nicht!»
«Na, Gott sei Dank!» sagte sie erleichtert. «Nicht, daß er eine tüchtige Lektion nicht verdienen würde! Er hat mich fast diese unglückseligen Kätzchen fallen lassen, indem er mich in dieser abscheulichen Art angegangen ist! Es gibt nichts, das ich mehr hasse!»
«Ich stimme mit Ihnen überein, daß er eine Lektion nötig hat. Ich nehme als ziemlich sicher an, daß es sein erster Versuch war.
Er hätte natürlich zuerst das Viehzeug loswerden sollen», sagte Damerel, nahm ihr den Korb aus der Hand und stellte ihn nieder, «denn solange Sie um die Sicherheit der Kleinen so sehr besorgt waren – was konnte er denn anderes als eine Zurückweisung erwarten? Sobald er die beiseite getan hatte, hätte er Sie in seine Arme nehmen sollen – aber so –, und nicht wie ein Bär, der Sie totdrücken will. Auch bin ich nicht dafür, Küsse über das ganze Gesicht eines Mädchens zu tupfen. Wenn man sie nicht durch List überreden kann, aufzuschauen, soll man sie mit einer Hand unter ihrem Kinn dazu veranlassen – so etwa, mein liebes Entzücken!»
Sie hatte keinen Widerstand geleistet und hob nun ihr Gesicht, ohne daß seine Hand nachhelfen mußte. Sie wurde etwas rot, schaute ihm aber sehr willig in die Augen und lächelte.
Auch er lächelte, aber als er auf sie hinunterstarrte, sah sie, wie sein Lächeln schwand und ein intensiver, forschender Blick an dessen Stelle trat. Er hielt sie immer noch umfangen, schien aber steif zu werden. Sie hörte, wie er den Atem scharf einsog, und im nächsten Augenblick kam Aubreys Stimme, die seinen Namen rief, und dann war sie nicht länger in seinen Armen. Er hatte sich abgewandt, um Aubrey zu, antworten. Sie schaute ihn zweifelnd an, denn es hatte ihr geschienen, daß es nicht Aubreys Stimme gewesen war, die ihn davon zurückgehalten hatte, sie zu küssen, sondern eine Sinnesänderung.
Aubrey kam hinkend zwischen den Bäumen auf sie zu. «Was, zum Kuckuck, macht ihr hier?» fragte er. «Ribble sagte, du hättest nach mir gefragt, Jasper.»
«Stimmt, aber da er meinte, du seist in der Bibliothek, ich aber wußte, daß du nicht dort bist, habe ich die Suche aufgegeben. Ich wollte dir nur Reids Intellectual Powers bringen, und ich habe das Buch auf deinem Schreibtisch gelassen.»
«O gut! Danke. Ich war im Gewehrzimmer, wie sich Ribble hätte denken können, wenn er sich je die Mühe geben würde, zu denken. Übrigens, ich habe die Stelle gefunden – es war doch Vergil, aber in den Bucolica, nicht in der Vierten Ekloge. Komm mit ins Haus, ich zeig es dir!»
«Ich glaube dir auch so. Ich kann jetzt nicht hierbleiben. Ich habe außerdem ein unbehagliches Gefühl, daß man, wenn ich mich noch länger hier aufhalte, an mich appelliert, einen Wurf Kätzchen zu ertränken, und ich ziehe es vor, diese Aufgabe dir zu überlassen!»
«Hat dich das hergebracht?» erkundigte sich Aubrey bei seiner Schwester. «Ja, jetzt erinnere ich mich – du hast etwas beim Frühstück davon gesagt, nicht?» Er warf einen flüchtigen Blick auf die Waisenkinder und fügte hinzu: «Gib sie Fingle – der wird sie für dich ertränken!»
«Schäm dich! Hast du gar kein Gefühl?» sagte Damerel leichthin. Er streckte Venetia die Hand hin. «Ich muß gehen. Wissen Sie, er hat recht – Sie werden sie nie aufziehen können.» Er hielt ihre Hand einen Augenblick fest, und als zwinge ihn etwas dazu, hob er sie zu den Lippen und küßte sie. Ihre Augen trafen einander nur flüchtig, aber sie sah in den seinen die Antwort auf die Frage in ihrem Herzen, und der winzige Zweifel, der ihr Glück verstört hatte, schwand.
Fingle jedoch, der Damerel insgeheim beobachtete, als er das Pferd für ihn sattelte, fiel auf, daß Seine Lordschaft ungewöhnlich grimmig dreinsah. Er hatte im allgemeinen immer ein freundliches Wort und ein Lächeln für jedermann, der einen Dienst für ihn verrichtete, aber diesmal schien er nichts zu sagen zu haben, außer einem kurz angebundenen «Danke», als er die Zügel übernahm und sich in den Sattel schwang. Er vergaß zwar nicht, Fingle sein übliches douceur zu geben, aber kein Lächeln begleitete es – er schien an etwas anderes zu denken, und außerdem an nichts sehr Angenehmes, nach seinem finsteren Gesicht zu schließen, dachte Fingle.
Damerel ritt langsam zur Priory zurück, einen beträchtlichen Teil des Weges mit schlaffem Zügel, und ließ den Grauschimmel im Schritt gehen. Die gerunzelte Stirn glättete sich nicht, sie wurde finsterer. Erst als Crusader, von dem plötzlichen Auffliegen eines Fasans erschreckt, stehenblieb, den Kopf aufwarf und schnaubte, wurde Damerel aus seiner Geistesabwesenheit gerissen. Er tadelte Crusader, lehnte sich aber vor, um ihn abzuklopfen, weil er wußte, daß es seine eigene Schuld war. «Alter Narr!» sagte er. «Wie dein Herr – der noch schlimmer ist als ein Narr. <Ich wollt', sie könnt' zum Heiligen mich machen, oder zur Sünderin ist sie ...> Wer zum Teufel hat das geschrieben? Du weißt es nicht, und ich habe es vergessen, und auf jeden Fall ist es unwichtig. Für den ersten Teil ist es zu spät, alter Freund, zu spät! Und was den zweiten betrifft – das war genau meine Absicht, und ein seltener Augenblick ist es, zu entdecken, daß ich es, selbst wenn ich es könnte, nicht täte! Los!»
Crusader fiel in Trab und legte den Weg so zurück, bis Damerel, als er um eine Biegung im Heckenweg, der das Parktor der Priory in Sicht brachte, einen einsamen Reiter erblickte, der sein Pferd am Zügel führte. Damerel stieß hervor: «Der verfluchte Junge!»
Der junge Mr. Denny schaute über die Schulter, raffte sich zusammen, drehte sich heftig um und stellte sich mitten auf den Hekkenweg mit der offenkundigen Absicht, seiner Beute den Weg zu versperren, sollte Damerel versuchen, ihm zu entkommen. Er streckte das Kinn kampfbereit vor, erweckte aber den Eindruck, daß er beträchtlich in Verlegenheit war, was auch wirklich stimmte.
Ungestüm hatte ihn in eine falsche Stellung gedrängt, und er sah keinen Weg, sich ehrenhaft wieder herauszuwinden. Als er in höchster Wut Undershaw verließ, hatte er sich eine Zeitlang ganz den Vorstellungen überlassen, die Damerel Venetia beschrieben hatte; aber selbst eine derartige Wut wie die seine konnte sich nicht lange in Siedehitze halten. Dank Damerels trödelndem Rückweg zur Priory hatte sich sein Groll gelegt, schon einige Zeit bevor noch das graue Pferd in Sicht kam, und eine volle halbe Stunde lang hatte er um einen Entschluß gerungen, was er nun tun sollte, und ohne sich ein einziges Mal zu erlauben, ins Reich der Phantasie abzuschweifen. Von dem Augenblick an, da ihm aufdämmerte, daß die erlittene Demütigung das folgerichtige Ergebnis seines eigenen schlechten Benehmens war, wurde die Angelegenheit zu ernst für grandiose Träume. Er erkannte plötzlich, daß Damerel gerade die Rolle gespielt hatte, die er für sich erträumte – es war der Schurke gewesen, der die Dame vor dem Helden gerettet hatte. Diese Erkenntnis war so schrecklich, daß er eine Weile keine andere Lösung seiner Sorgen sehen konnte, als aus dem Yorkshire zu fliehen und eine Zukunft in Verborgenheit zu führen, wenn möglich am anderen Ende der Welt. Sein nächster – und vernünftigerer – Impuls war, seinen Plan aufzugeben, Damerel zu einem Duell zu fordern; und er hatte sich schon auf den Heimweg begeben, als ihm ein anderer abscheulicher Gedanke einfiel – er hatte fatale Worte an Damerel gerichtet, und wenn er sie nicht gutmachte, würde Damerel glauben, er täte dies nicht, weil er Angst hatte. So drehte er wieder um, denn was immer sonst Damerel von ihm sagen mochte, daß er, Oswald, nicht mehr Mut als ein Hahn auf dem Misthaufen hätte, durfte er nie und nimmer von ihm behaupten. Die Forderung mußte angebracht werden, aber soviel sich Oswald auch bemühte, er konnte sich nicht mehr in seinen früheren Eifer versetzen. Ein unbehaglicher Verdacht, daß Leute, die mit dem Ehrenkodex vertrauter waren als er, seine Handlung als derb unschicklich verurteilen würden, nagte an ihm; und als er sich in Damerels Weg aufpflanzte, hätte er alles darum gegeben, was er besaß, um hundert Meilen weit weg zu sein.
Damerel hielt den Grauschimmel an und maß seinen jugendlichen Feind höhnisch. «Alles, was noch fehlt, um das Bild vollkommen zu machen, ist eine Maske und zwei große Pistolen im Gürtel», bemerkte er.
«Ich habe auf Sie gewartet, Mylord!» sagte Oswald zähneknirschend.
«Das sehe ich.»
«Ich bilde mir ein, Eure Lordschaft muß wissen, warum! Ich sagte – ich habe Ihnen gesagt, daß Sie von mir hören würden!»
«Das hast du, aber du hast Zeit genug gehabt, dich zu besinnen. Versuche doch, etwas klüger zu sein, und geh heim!»
«Glauben Sie, ich fürchte mich?» fragte Oswald wild. «Ich nicht, Mylord!»
«Ich sehe keinen Grund, warum du das solltest», sagte Damerel. «Du mußt doch wissen, daß nicht die geringste Möglichkeit besteht, meinerseits eine Forderung von dir anzunehmen.»
Oswald wurde rot. «Ich weiß nichts dergleichen! Wenn Sie damit sagen wollen, daß ich Ihres Degens unwürdig sei, erlaube ich mir, Ihnen zu sagen, Sir, daß ich genauso hochgeboren bin wie Sie!»
«Red nicht so schwülstig. Wie alt bist du?»
Oswald starrte ihn wütend an. In den Augen, die ihn so gleichgültig prüfend anschauten, glitzerte es verächtlich, und das erfüllte ihn mit dem primitiven Wunsch, mit der Faust zwischen sie zu fahren. «Mein Alter ist unwichtig!» schnappte er.
«Im Gegenteil – das ist das Allerwichtigste dabei.»
«Hier vielleicht. Aber mir ist das gleichgültig, und Ihnen kann es das auch sein! Ich bin in der Welt ein bißchen herumgekommen und war an Orten, wo ...» er hielt inne, weil ihm plötzlich einfiel, daß er zu einem Mann sprach, der weitgereist war.
«Wenn du Orte besucht hast, wo Männer in meinen Jahren Forderungen von Jungen annehmen, die gut ihre Söhne sein könnten, dann mußt du ja in eine nette Gesellschaft geraten sein», bemerkte Damerel.
«Nun, jedenfalls glaube ich, ein recht guter Schütze zu sein!» sagte Oswald.
«Du erschreckst mich. Aus was für Gründen hast du eigentlich die Absicht, mich zu fordern?»
Die zornigen jungen Augen schauten ihn noch einen Augenblick an und wandten sich dann ab.
«Ich dränge dich nicht um eine Antwort», sagte Damerel.
«Warten Sie!» stieß Oswald hervor, als sich Crusader in Bewegung setzte. «So können Sie mich nicht abspeisen! Ich weiß, ich hätte nicht sollen – ich habe nie gemeint – ich weiß nicht, wie ich dazukam – aber es war nicht nötig, daß gerade Sie ...»
«Rede nur!» sagte Damerel ermutigend, als Oswald schwieg. «Es war nicht nötig, daß ich Miss Lanyon aus einer Situation rettete, die ihr ganz offenkundig keine Freude machte. Ist es das, was du meinst?»
«Verflucht, nein!» Oswald suchte nach Worten, um seine hoffnungslos verwirrten Gedanken auszudrücken; es fiel ihm nichts ein als der uralte Schrei der Jugend: «Sie verstehen mich nicht!»
«Du kannst die erstaunliche Selbstbeherrschung, mit der ich bisher meinen Zorn unterdrückte, der Tatsache zuschreiben, daß ich dich verstehen kann», war die völlig unerwartete Antwort. «Geduld wurde jedoch nie zu meinen wenigen Tugenden gezählt, also: je eher wir uns trennen, um so besser. Du tust mir sehr leid, aber es gibt kein Mittel, mit dem ich dir helfen könnte, dich von diesen Qualen zu erlösen, weißt du, und deine Unfähigkeit, den Mund zu öffnen, ohne mit Schwulst loszulegen, entfremdet dir mein Mitgefühl beträchtlich.»
«Ich brauche Ihr verdammtes Mitgefühl nicht!» schleuderte ihm Oswald unerträglich verletzt entgegen. «Das eine aber können Sie tun, Mylord! Sie können damit aufhören, zu versuchen, Venetia an der Nase herumzuführen!» Er sah, wie Damerels Augen aufblitzten, und fuhr schnell und unbedacht fort: «In ihr Haus hineing-gehen, als wäre es Ihr eigenes, ihr mit Ihrer Lebemannart zu sch-schmeicheln, sie zu be-beschwatzen, weil sie zu unschuldig ist, um zu wissen, daß das alles ein Schwindel ist, und Sie sie zum Narren halten! M-mit mir reden, als wenn ich die verdrehte Schraube wäre! Ich m-mag vielleicht meinen Kopf verloren haben, aber ich jedenfalls meine es ehrlich mit ihr! Und Sie brauchen nicht zu glauben, daß ich nicht weiß, daß es unhöflich ist, Ihnen solche Dinge zu sagen, weil ich es weiß, und es kümmert mich keinen Pfifferling, und wenn es Ihnen gefallen sollte, den Hahn schnappen zu lassen, können Sie das – ja, ich hoffe sogar, Sie tun's! – Und es ist mir ebenso egal, wenn Sie meinem Vater sagen, daß ich unhöflich zu Ihnen war!»
Damerel hatte etwas gefährlich ausgesehen, aber diese plötzliche Wendung zerstreute seine Wut, und er mußte lachen. «Oh, ich werde zu keinen derart extremen Maßnahmen greifen!» sagte er. «Wenn hier eine Pferdeschwemme in der Nähe wäre ...! Aber es ist keine da, und wenigstens hast du mir endlich eine Rede gehalten, ohne einen hochfliegenden Bombast dranzuhängen. Aber wenn du dein Dinner in den nächsten paar Tagen nicht mit dem Teller auf dem Kaminsims stehend essen willst, dann halte mir keine solchen Reden mehr!»
Oswald keuchte vor zügelloser Wut. «Steigen Sie nur ab, und wir wollen es versuchen!» bat er.
«Mein irregeleiteter Jüngling, das bedeutet eher <kindisch tapfer als männlich klug> zu sein – ich bin überzeugt, daß du voller Zivilcourage bist, und ebenso sicher, daß es in nicht einmal zwei Minuten für dich Hosenflicken bedeuten würde. Weißt du, ich bin kein grüner Junge. Nein, halt den Mund! Jetzt bin ich an der Reihe, eine Rede zu halten! Sie wird ganz kurz sein, und ich bin sicher, sehr klar! Ich habe Geduld mit dir gehabt, weil ich die Todesqualen der ersten Liebe nicht vergessen habe, noch, wie lächerlich ich mich in deinem Alter gemacht habe – und auch, weil ich es völlig verstehen kann, daß du mich am liebsten ermorden möchtest. Aber wenn du die infernalische Frechheit hast, mir zu sagen, daß ich aufhören soll, Miss Lanyon zu verführen, dann bist du weit über die Grenze dessen gegangen, was ich mir von dir gefallen lasse! Nur ihr Bruder hat das Recht, nach meinen Absichten zu fragen. Wenn es ihm beliebt, es zu tun, werde ich ihm antworten, aber die einzige Antwort, die ich für dich habe, steckt in meiner Stiefelspitze!»
«Ihr Bruder ist nicht hier!» gab Oswald schnell zurück. «Wenn er es wäre, dann wäre es etwas anderes!»
«Was zum Teufel – oh, du sprichst von ihrem älteren Bruder, nicht? Den meinte ich nicht.»
«Was – Aubrey?» rief Oswald ungläubig aus. «Dieser schäbige kleine Affe? Der würde viel nützen – selbst wenn er es ver suchte! Was weiß der über irgend etwas anderes als seine muffigen Klassiker? Wenn er überhaupt darüber nachdenken würde, hätte er nicht die geringste Ahnung, was für ein Spiel Sie spielen!»
Damerel nahm seine Zügel auf und sagte trocken: «Verachte ihn nicht in diesem Punkt. Auch du hast nicht die geringste Ahnung.»
«Ich weiß jedenfalls, daß Sie nicht Heirat im Sinn haben!» gab Oswald zurück.
Damerel schaute ihn einen Augenblick lang an, ein seltsam beunruhigendes Lächeln in den Augen. «Wirklich?» sagte er.
«Ja, bei Gott weiß ich das!» Als sich Crusader in Gang setzte, riß Oswald sein eigenes Pferd herum und starrte Damerel in plötzlicher Bestürzung nach. Er stammelte: «Heirat?! Sie und Venetia? Sie würde nicht – das könnte sie ja gar nicht!»
In seiner Stimme klang unverhüllt ein Umschlag der Stimmung, aber die einzige Antwort, die es Damerel entlockte, war ein Auflachen, als er Crusader durch das Tor der Priory lenkte und in leichtem Galopp die lange, unkrautüberwucherte Allee entlangritt.
Oswald wäre kaum entsetzter gewesen, hätte Damerel offen die unanständigste Absicht erklärt. Er blieb als Beute des Zweifels und der Ungläubigkeit zurück und mit keiner anderen Möglichkeit, als zahm nach Ebbersley heimzureiten. Es war ein langer, trübseliger Ritt, und da seinen Geist nur die demütigendsten Überlegungen beschäftigten, versank er sehr bald in eine derart düstere Stimmung, daß nicht einmal das Wissen, daß seine letzten Worte Damerel endlich bis ins Mark getroffen hatten, viel dazu beigetragen hätte, seine Stimmung zu heben.
Als Marston Damerels Rock und Reithosen, die dieser abgeworfen hatte, aufhob, schaute er seinen Herrn nachdenklich an, machte aber keine Bemerkung, weder jetzt noch viel später, als er Imber dabei antraf, wie er mit einem Ausdruck der Langmut eine Flasche Brandy in die Karaffe umfüllte.
«Wieder einmal soweit!» sagte Imber. «Ich hab mir's ja gedacht, daß es nicht lange dauern wird, bevor er wieder rückfällig wird. Mit dem Diabolino ist er außerdem fertig geworden, wenn ihm also das nicht schmeckt, was immer gut genug für Seine verstorbene Lordschaft war, dann gehört es sich nicht für ihn, mir die Schuld zu geben. Ich habe ihm schon vor einer Woche gesagt, wie's steht.»
«Ich trage es ihm hinauf», sagte Marston.
Imber rümpfte zwar die Nase, erhob aber keine Einwendungen. Er war ein alter Mann, und seine Füße taten ihm weh. Er nahm Marstons Hilfe immer an, dachte aber gering von ihm, weil er auch Aufgaben verrichtete, die außerhalb seiner Zuständigkeit lagen. Einige von ihnen sogar ziemlich untergeordnete Dienste – es machte ihm nichts aus, Scheite für Kamine hereinzutragen oder sie sogar zu sägen; und es war bekannt, daß er, wenn Nidd abwesend war, das Pferd seines Herrn absattelte und es abrieb. Den Kammerdiener des verstorbenen Lords hätte man nie dabei erwischt, sich so zu erniedrigen, dachte Imber, und verglich ihn mit jenem korrektesten aller gentlemen's gentlemen. Wie der Herr, so der Knecht, dachte er. Der verstorbene Lord hatte ein sehr steifes Rückgrat besessen – er wußte, was seinem Rang zukam, und hatte immer die richtige Distanz gewahrt. Nie hatte es auch nur einer gewagt, sich ihm gegenüber Freiheiten herauszunehmen, ebensowenig wie er mit seiner Dienerschaft nie in der familiären Art des derzeitigen Lords gesprochen hatte. Unangesagt – und nur von Kammerdiener und Reitknecht begleitet – in die Priory zu kommen und dann länger hier zu wohnen, bei mehr als der Hälfte abgesperrter Räume und ohne einen einzigen Lakaien, der dem Haushalt Ansehen verliehen hätte: die Vorstellung schreckte schon bei dem bloßen Gedanken zurück, daß Seine verstorbene Lordschaft sich derart ungehörig betragen hätte. Das kam alles von dem Leben in fremden Ländern, unter Leuten, die sehr wahrscheinlich nicht viel besser als Wilde waren. Das war es, was Seine derzeitige Lordschaft gesagt hatte, als er, Imber, gewagt hatte, anzudeuten, der Fuß, auf dem er mit Marston stand, schicke sich nicht für einen Gentleman seines Ranges. «Marston und ich sind alte Freunde», hatte er gesagt. «Wir waren in viel zu vielen Klemmen miteinander, um formell zueinander zu stehen.» Es war daher kein Wunder, daß sich Marston über Imbers Gesellschaft erhaben dünkte und zu hochnäsig war, um sich in einen gemütlichen Klatsch über Seine Lordschaft einzulassen. Er war in seiner ruhigen Art ja recht angenehm, aber wie versiegelt, und hatte einen Trick, daß er nicht zu hören schien, was er nicht zu beantworten wünschte. Wenn er Seine Lordschaft so verrückt gern hatte, warum verteidigte er ihn dann nicht, statt wie eine Holzfigur dreinzuschauen? dachte Imber grollend, als er ihm zusah, wie er das Tablett aufhob und forttrug, den steingepflasterten Gang hinunter, der zur vorderen Halle führte.
Damerel hielt sich in der Priory bei den Mahlzeiten nicht an die städtischen Stunden. Er erlaubte den Imbers, das Dinner um sechs Uhr zu servieren. Seit Aubreys Ankunft hatte er seine lästige Gewohnheit aufgegeben, mit seinem Portwein im Speisezimmer herumzusitzen, sondern hatte ihn in Aubreys Zimmer mitgenommen, solange Aubrey bettlägerig war, und hatte sich später angewöhnt, ihn in der Bibliothek zu trinken. Heute abend jedoch hatte er kei ne Neigung gezeigt, den Tisch zu verlassen, sondern lümmelte in seinem großen geschnitzten Stuhl herum, als hätte er vor, die ganze Nacht hierzubleiben.
Marston warf einen prüfenden Blick auf ihn, bevor er aus dem dunklen Eingang in das Licht der Kerzen trat, die auf dem Tisch standen. Damerel starrte vor sich hin, in düsteres Brüten versunken, die Augen leicht verschwommen. Er gab kein Zeichen von sich, daß er Marstons Eintritt bemerkt hätte, aber dieser eine Blick hatte genügt, Marston die Beruhigung zu geben, daß Imber übertrieben hatte. Er hatte vielleicht ziemlich tief ins Glas geschaut, aber er war nicht einmal angesäuselt – gerade nur ein bißchen bekümmert, bestimmt aber nicht ein Schiffbrüchiger. Es war nur sehr selten, daß er wirklich blau war, denn er war einer, der sie alle unter den Tisch trinken konnte, wie man so sagt.
Marston stellte die Karaffe nieder, ging zu dem großen offenen Kamin hinüber und legte ein Scheit auf die glimmende Asche. Das schöne Wetter hielt noch an, aber wenn die Sonne unterging, dann war man bei der schleichenden Kühle froh, wenn die Vorhänge zugezogen waren und ein Feuer auf dem Rost brannte.
Marston kehrte die Holzasche in ein Häufchen und erhob sich von den Knien. Eine der Kerzen hatte zu tropfen angefangen, und er putzte sie. Damerel hob die Augen. «Oh, du bist's, ja?» sagte er. «Was ist mit Imber passiert? Die Kellertreppe hinuntergefallen?»
Marstons ausdrucksloses Gesicht lockerte sich in einem leisen Lächeln. «Nein, Mylord.»
«Hat er dir gesagt, daß ich blau bin?» erkundigte sich Damerel, zog den Stöpsel aus der Karaffe und goß etwas Brandy in sein Glas. «Er hat sein Freitag-Gesicht aufgesetzt – genug, daß man Gespenster sehen könnte!»
«Er ist alt, Mylord», sagte Marston und putzte einen zweiten zu langen Docht. «Falls Sie vorhaben, hier zu bleiben, wäre es nötig, mehr Diener zu engagieren.»
Er sprach in seiner üblichen ausdruckslosen Art, aber Damerel schaute von seinem Glas auf, das er mit beiden Händen umschlossen hielt.
«Aber vermutlich werden wir nach dem Zweiten Herbstrennen nicht hierher zurückkehren», fuhr Marston fort, seine Aufmerksamkeit immer noch auf die Kerzen gerichtet. «Was mich daran erinnert, Mylord, daß ich vielleicht Hanbury schreiben sollte, an welchem Datum Sie in der Jagdhütte anzukommen gedenken und ob Sie Gesellschaft mitbringen.»
«Ich habe nicht darüber nachgedacht.»
«Nein, Mylord. Bei dem so bemerkenswert warmen Wetter ist man sich kaum bewußt, daß wir bald November haben», stimmte ihm Marston zu. «Und die Herbstrennen, meine ich ...»
«Ich fahre nicht nach Newmarket.» Damerel nahm einen Schluck Brandy, lachte nach einer Weile kurz auf und sagte: «Du beschwindelst mich nicht, weißt du. Du meinst, ich sollte hinfahren, nicht?»
«Ich habe eigentlich angenommen, daß Sie fahren würden, Sir – wenn Sie ein Pferd im Rennen haben.»
«Ich habe zwei Pferde angemeldet, und herzlich wenig Hoffnung für beide.» Damerel trank wieder und leerte sein Glas. Er verzog den Mund, aber mehr in Hohn als zu einem Lächeln. «Sonst noch Pläne für mich?» fragte er. «Newmarket – Leicestershire – und was dann?» Marston schaute auf ihn hinunter, sagte aber nichts. «Sollen wir in die Brook Street fahren oder sollen wir zu einer Reise starten, irgendwohin, was wir noch nicht gesehen haben? Wir könnten von beidem gleich leicht gelangweilt werden.»
«Nicht, wie ich Eure Lordschaft kenne!» antwortete Marston mit einem Schimmer von Humor. «Ich glaube nicht, daß ich je mit Ihnen irgendwohin ging, ohne daß Sie in irgendeine Patsche geraten wären, und was mich betrifft, so habe ich nie die Zeit gefunden, mich zu langweilen. Wenn ich nicht darauf gewartet habe, mit einem Schiff unterzugehen, dann hoffte ich entweder zu Gott, daß wir einen Haufen mörderischer Heiden überzeugen konnten, wir seien ihnen freundlich gesinnt, oder fragte mich, wie lange es wohl dauern würde, bevor ich mich in einen Sack genäht und im Bosporus ersäuft finden würde!»
«Ich glaube, damals bin ich einer Gefangennahme so ziemlich am nächsten gekommen», sagte Damerel und grinste bei der Erinnerung. «Ich habe dich zu meiner Zeit in eine Menge Klemmen gebracht – aber man wird älter, Marston.»
«Ja, Mylord, aber nicht so alt, daß Sie mich nicht in noch hübsch ein paar mehr bringen könnten, darf ich behaupten.»
«Oder mich selbst?» sagte Damerel. «Du glaubst, ich stecke soeben wieder in einer, nicht? Du kannst recht haben – verdammt will ich sein, wenn ich das selber weiß!» Er streckte die Hand nach der Karaffe aus und kippte sie über sein Glas, wobei er Brandy verschüttete. «O Gott! Wisch es auf, sonst ist Imber überzeugt, ich bin sternhagelvoll! Das bin ich nicht – nur achtlos!» Er warf sich wieder in seinen Stuhl zurück und verfiel eine Zeitlang in brütendes Schweigen, während Marston einen Vorwand, noch länger zu verweilen, darin fand, daß er sorgfältig die einzelnen Stücke des Services auf der Anrichte aufreihte. Es gelang ihm, Damerel aus den Augenwinkeln hervor zu beobachten; der Ausdruck auf seinem Gesicht gefiel ihm gar nicht und war ihm etwas rätselhaft. Er nahm diese Sache schwer, und das sah ihm nicht ähnlich, denn er war ein sorgloser Liebhaber, der sich leichten Herzens in seine zahlreichen Abenteuer begab, und schon zu Beginn deren Ende vorhersah und dabei nicht sehr wählerisch war. Er war ein bezaubernder Beschützer und pflegte den Launen seiner anspruchsvollen Geliebten bis zum äußersten nachzugeben. Aber niemand, der seine Unbekümmertheit beim Abschied erlebt hatte, oder wie zynisch er Falschheit akzeptierte, konnte daran zweifeln, daß er die Frauen geringschätzte. Dieser Blick äußerster Schwermut war Marston fremd und beunruhigte ihn.
Wieder hob Damerel sein Glas und trank nachdenklich. «Der König von Babylon, oder war's ein äthiopischer?» sagte er. «Welcher war's, Marston? Welcher?»
«Das kann ich Ihnen nicht sagen, Sir, da mir der König von Babylon nicht vertraut ist.»
«Nein? Er stand am Kreuzweg, aber ich habe nicht die leiseste Ahnung, welchen Weg er einschlug oder was ihm zustieß. Wir brauchen Mrs. Priddy, um uns da aufzuklären. Nicht, daß ich meine, sie würde meinen Fall hoffnungsvoll betrachten oder glauben, es gäbe die geringste Chance, daß die Jahre, die zum Teufel sind, mir je zurückgegeben würden. Sie würde mich sehr viel wahrscheinlicher mit markigen Aussprüchen über Hölle und Wirbelstürme deprimieren oder mich daran erinnern, daß, was immer ein Mensch sät, er auch erntet. Möchtest du etwas ernten, das ich gesät habe, Marston? Ich will verdammt sein, wenn ich das möchte!» Er stürzte den Rest des Brandy hinunter, setzte das Glas nieder und stieß es von sich. «Zum Teufel damit! Ich fange an, besoffen zu werden. Ich kann dir etwas Besseres zitieren als alles, was du von Mrs. Priddy hören könntest! <Nur die Stunde ist's, die dir gehört> – und frag mich nicht, wann ich Yorkshire zu verlassen gedenke! Ich kann es dir nicht sagen. Ich habe vor, zu bleiben, bis Sir Conway Lanyon heimkommt – aber wer weiß? Die Liebe kann ebenso schnell wieder aufhören, wie sie gekommen ist – das würde dich nicht wundern, nicht?»
«Ich weiß nicht, Sir», sagte Marston.
«Bete lieber, daß sie aufhört!» sagte Damerel. «Selbst wenn ich mein Haus in Ordnung bringen könnte –. Wie weit bin ich eigentlich in den Klauen der Gläubiger? Schulde ich dir Moneten, Marston?»
«Nicht der Erwähnung wert, Mylord – seit Amaranthus in Nottingham gewonnen hat.»
Damerel brach in Gelächter aus und stand auf. «Du bist ein Narr, daß du bei mir bleibst, weißt du. Warum tust du's eigentlich? Gewohnheit?»
«Nicht ganz», antwortete Marston mit seinem seltenen Lächeln. «Ihnen zu dienen, Mylord, hat seine Nachteile, aber auch seine Vorteile.»
«Ich will verdammt sein, wenn ich weiß, welche Vorteile das sein sollten!» sagte Damerel freimütig. «Falls du es nicht dazu zählst, unregelmäßig bezahlt zu werden und dich in Klemmen zu finden, für die du nichts kannst?»
«Nein», sagte Marston, ging zur Tür und hielt sie für ihn auf. «Aber früher oder später bezahlen Sie mich ja, und wenn Sie mich in Klemmen bringen, dann vergessen Sie nicht, mich auch wieder herauszuholen – bei der einen oder anderen Gelegenheit sogar unter beträchtlicher Gefahr für sich selbst. In der Bibliothek brennt ein schönes Kaminfeuer, Mylord, und vor einer halben Stunde hat Nidd die Londoner Zeitungen aus York mitgebracht.»