… Minus 050
Countdown läuft …
Er döste ein wenig,
konnte aber nicht einschlafen. Es war schon fast dunkel, als er
Eltons schwerfällige Schritte wieder auf der Treppe hörte. Er
schwang die Füße aus dem Bett und setzte sich erleichtert
auf.
Als Elton klopfte
und eintrat, bemerkte Richards, dass er sich umgezogen hatte. Statt
der Uniform trug er jetzt Jeans und darüber ein zeltartiges
Sport-Hemd.
»Erledigt«, sagte
er. »Der Wagen steht im Park.«
»Wird er da in seine
Einzelteile zerlegt?«
»Nein«, sagte Elton.
»Ich habe eine Überraschung angebracht. Eine Batterie mit zwei
Krokodilklemmen. Wenn jemand den Wagen mit der Hand oder einer
Brechstange berührt, kriegt er einen elektrischen Schlag, und eine
Sirene geht kurz los. Funktioniert gut. Hab ich selbst gebaut.« Mit
einem schweren Seufzer setzte er sich.
»Was hat das mit
Cleveland auf sich?«, wollte Richards wissen. (Es war leicht, hatte
er festgestellt, etwas von Elton zu verlangen.)
Parrakis zuckte die
Achseln. »Oh, da lebt so ein Bursche wie ich. Ich habe ihn mal
zusammen mit Bradley in Boston getroffen, in der Stadtbibliothek.
Unser kleiner Luftverschmutzungsclub. Meine Mutter wird Ihnen
vermutlich davon erzählt haben.« Er rieb die Hände und lächelte
unglücklich.
»Ja, sie hat was
erzählt«, bestätigte Richards.
»Sie ist … ein
bisschen begriffsstutzig«, sagte Parrakis. »Sie hat nicht mehr so
genau mitgekriegt, was in den letzten zwanzig Jahren passiert ist.
Sie hat ständig Angst. Ich bin alles, was ihr noch geblieben
ist.«
»Werden sie Bradley
kriegen?«
»Ich weiß es nicht …
Er hat sich ein ziemlich großes … hm, Netzwerk aufgebaut.« Aber er
wandte den Blick von Richards’ Gesicht ab.
»Du …«
Die Tür ging auf,
und Mrs. Parrakis stand da. Sie hielt die Arme über der Brust
verschränkt und lächelte, aber ihre Augen funkelten gehetzt. »Ich
hab die Polizei angerufen«, sagte sie. »Jetzt müssen Sie
verschwinden.«
Eltons Gesicht nahm
eine gelblich weiße Farbe an. »Du lügst.«
Richards sprang auf
und lauschte mit geneigtem Kopf.
Aus der Ferne
vernahm er näher kommende Sirenen.
»Nein, sie lügt
nicht«, sagte er. Ein Übelkeit erregendes Gefühl, dass alles
vergeblich war, übermannte ihn. Zurück zum Start. »Bringen Sie mich
zu meinem Auto.«
»Sie lügt«, sagte
Elton beharrlich. Er stand auf, um Richards am Arm zu fassen, zog
dann aber schnell die Hand zurück, als könnte der andere Mann zu
heiß sein. »Das sind Feuerwehrsirenen.«
»Bringen Sie mich zu
meinem Wagen. Schnell.«
Die Sirenen kamen
immer näher, ihr an- und abschwellendes Heulen wurde lauter. Das
Geräusch erfüllte Richards mit albtraumartigem Entsetzen, hier,
eingesperrt mit diesen beiden Verrückten, während …
»Mutter …« Eltons
Gesicht verzog sich flehend.
»Ich hab sie
angerufen!«, schrie sie und ergriff einen der aufgedunsenen Arme
ihres Sohnes, als wollte sie ihn schütteln. »Ich musste es tun! Für
dich! Dieser Farbige hat dich völlig durcheinandergebracht. Wir
sagen einfach, er ist hier eingebrochen, und dann kriegen wir die
Belohnung…«
»Los geht’s!«,
grunzte Elton Richards zu und versuchte, sie
abzuschütteln.
Aber sie klammerte
sich an ihn wie ein giftiger kleiner Terrier, der sich einem
Kaltblüter in den Weg stellt. »Ich musste es tun! Du musst mit
dieser ganzen Sache aufhören, Eltie! Du musst jetzt …«
»Eltie!«, schrie er.
»Eltie!« Er stieß sie von sich, sodass
sie durch das ganze Zimmer schlitterte und auf das Bett
fiel.
»Schnell«, sagte er
mit einem Gesicht, in dem sich Kummer und Entsetzen spiegelten.
»Oh, kommen Sie schnell.«
Sie rumpelten die
Treppe hinunter und stolperten durch die Haustür auf die Straße
hinaus, Elton fiel in einen zittrigen, schwerfälligen Trott. Er
fing schon wieder an zu keuchen.
Durch die offene Tür
und das obere, geschlossene Fenster hörten sie Mrs. Parrakis’
Schreie, die sich zu einem Crescendo steigerten, das sich mit dem
Heulen der näher kommenden Sirenen vermischte: »ICH HABE ES FÜR
DICH GETAAAA…«