Kapitel 26
Krelis lehnte am Stall der beschädigten
Kutschstation außerhalb von Ranonwald. Von dort aus konnte er den
Landeplatz, die Straße, die in das verfluchte Dorf führte, und die
Kutschstation selbst im Auge behalten. Ein paar seiner Männer waren
damit beschäftigt, den Schutt aus ein paar Zimmern der Station zu
räumen, damit sie sich in ein vorübergehendes Hauptquartier
verwandeln ließe.
Einer der hayllischen Kriegerprinzen kam auf ihn zu
und sagte: »Sämtliche Männer sind auf ihren Posten.«
»Gut«, erwiderte Krelis. »Gib allen Bescheid, dass
sie lediglich aufpassen und sicherstellen sollen, dass niemand
versucht, zwischen ihren Reihen hindurchzuschlüpfen.«
Der Krieger zögerte. »Es besteht kein Grund, diesen
… Leuten … zwei Stunden Zeit zu gewähren.«
»Es gibt sehr wohl einen Grund«, fuhr Krelis ihn
an. »Ich möchte, dass dieser shaladorische Bastard ins Schwitzen
gerät. Wenn ich verlangt hätte, uns das Königinnenluder auf der
Stelle zu übergeben, hätten die Männer, die noch Juwelen tragen,
wahrscheinlich instinktiv gekämpft. Also geben wir ihnen ein wenig
Bedenkzeit, Zeit, um sich Sorgen zu machen. Wir geben ihm
ein wenig Zeit, sich seine Familie und die Menschen anzusehen, mit
denen er aufgewachsen ist. So kann er abwägen, was wichtiger ist:
Das Leid, das auf sie fallen wird, oder eine Königin zu beschützen,
die er kaum kennt. Außerdem haben die Übrigen Zeit darüber
nachzudenken, wie sie ihre eigene Haut retten können, und ob das
Leben ihrer Kinder nicht vielleicht mehr wiegt als dasjenige einer
Fremden. Binnen der ersten Stunde werden sich bei den Dorfbewohnern
zwei Lager bilden. Bevor die
zweite Stunde abgelaufen ist, wird der shaladorische Krieger sie
entweder selbst packen und uns höchstpersönlich abliefern, oder er
wird dem Druck der anderen nachgeben und sich ihnen nicht in den
Weg stellen, wenn sie uns das Miststück übergeben.«
Der Kriegerprinz stieß ein verächtliches Geräusch
aus. »Und wir lassen die anderen zurück in ihre Höhle
kriechen?«
Krelis’ Lippen kräuselten sich höhnisch. »Sobald
sich das königliche Miststück in meinen Händen befindet, können die
Männer mit den Übrigen anstellen, was ihr Herz begehrt. Die Frauen
können so lange reihum gereicht werden, bis sie völlig den Geist
aufgeben. Die Kinder werden als Sklaven verkauft. Die Männer können
gebrochen und mit Fußfesseln versehen werden. Danach lassen sie
sich bestimmt ausgezeichnet zu Schießübungen nutzen. Auf diese
Weise erhält jeder die Gelegenheit, seine Fähigkeiten unter Beweis
zu stellen.«
Ein eigenartiges Glitzern trat in die Augen des
Kriegerprinzen. »Ja, gewiss.«
Krelis bedeutete ihm mit einem Wink, sich
zurückzuziehen.
Er hatte dem shaladorischen Bastard außerdem Zeit
eingeräumt, weil er selbst auf diese Weise Zeit hätte, sich den
Kopf darüber zu zerbrechen, wie er am besten mit den beiden
Kriegerprinzen in dem Dorf verfahren sollte – besonders mit dem,
der Saphir trug. Mit diesen beiden hatte er nicht gerechnet. Noch
so ein Versehen, für das sein Schoßhund sich verantworten müssen
würde. Vielleicht würde man die beiden erst ausschalten müssen,
bevor das Königinnenluder ausgehändigt werden konnte.
Nun, das war im Grunde das Problem des Bastards mit
dem roten Juwel.
Krelis rief eine kleine Holzschachtel herbei. Darin
befand sich der Messingknopf, den er benutzt hatte, um die Fallen
zu umgehen, mit denen die übrigen Knöpfe versehen worden waren,
damit niemand sonst die geheimen Nachrichten lesen konnte. In das
Metall dieses Messingknopfes war noch
ein weiterer Zauber gewoben worden – ein Zauber, von dem sein
Schoßhund nichts ahnte.
Krelis aktivierte den Zauber, der an der mentalen
Leine riss, mit der sein Schoßhund angebunden war.
Dann machte er es sich so bequem wie möglich und
wartete einfach ab.