Kapitel 8
012
Krelis starrte auf den verzauberten Messingknopf in seiner Hand und richtete den Blick anschließend auf den beklommenen Wächter. »Bist du dir sicher?«
Die Miene des Wächters verfinsterte sich. »Ich habe keinen Fehler begangen, Lord Krelis.«
Krelis winkte mit der Hand, eine indirekte Entschuldigung, weil er die Fähigkeiten des Mannes in Zweifel gezogen hatte. In seiner Stimme klang Verdrossenheit mit. »Was im Namen der Hölle tut sie bloß?«
Der Wächter zuckte die Achseln. »Weniger als eine Meile von dem Gasthaus befindet sich eine Kutschstation – aber genau neben der Kutschstation gibt es ein viel besseres Gasthaus, wenn sie vorgehabt hätte, Fahrkarten zu kaufen und zum Tamanaragebirge zu fahren.«
Doch genau das hätte das Miststück tun sollen!
»Der Besitzer des Gasthofes war sich sicher, dass es sich um die Graue Lady handelte?«
»Eine alte Königin, ganz in Grau gekleidet, mit zwölf Sklaven. Den Knopf habe ich im Trakt für die Dienstboten der Gäste gefunden, weil die Sklavenquartiere angeblich nicht bequem genug für ihre neuen Spielzeuge gewesen sind. Vielleicht versucht sie, den Königinnenmörder mit Zuckerbrot anstatt der Peitsche zu zähmen.«
Das Blut gefror Krelis in den Adern. »Welcher Königinnenmörder?«
»Der shaladorische Lustsklave, der vor ein paar Wochen völlig außer Kontrolle geraten ist. Eigentlich wäre er in den Salzminen von Pruul gelandet, aber sie hat ein Auge auf ihn geworfen.«
Langsam atmete Krelis aus. Narr! Er hatte die Liste der Sklaven bereits zu Gesicht bekommen, und der Sadist stand nicht darauf. Außerdem verkaufte die Hohepriesterin lediglich Sadis Dienste. Ihn selbst würde sie niemals veräußern – und sie würde niemals einer gefährlichen Feindin Macht über einen Mann gestatten, der derart tödlich war.
Der Name auf der Liste war ihm unbekannt gewesen, doch er hatte von dem Gemetzel gehört, das der shaladorische Krieger angerichtet hatte. Würde sich das als Vorteil herausstellen? Ein Mann mit dunklen Juwelen, der einmal wild geworden war, ließ sich nicht so leicht wieder zähmen. Vielleicht hasste er die nächste Hexe, die ihn an der Leine hielt, sogar genug, um sie auch ohne Provokation brutal anzugreifen. Es war äußerst zweifelhaft, ob er überleben würde, wenn er sich mit grauen Juwelen anlegte – wobei es keinen Verlust bedeutete, wenn er starb -, doch wenn es ihm gelang, sie zu schwächen, wäre es zumindest ein Stück einfacher, das Töten zu Ende zu bringen, wenn sie die Graue Lady erst einmal gefunden hatten.
»Ganz in ihrer Reichweite befindet sich eine Kutschstation, von der aus sie das Territorium verlassen könnte, das in Haylls Schatten steht. Stattdessen kauft sie einen alten Hausiererwagen, ein paar Zugpferde, zwei Reitpferde und Vorräte.« Krelis Stimme wurde lauter. »Wozu? Was hat das Luder vor?«
Der Wächter zuckte erneut mit den Achseln. »Sie hat die Straße in Richtung Nordosten eingeschlagen. Zumindest hat das der Gastwirt gesagt. Von dort zweigen viele Nebenstraßen nach Westen und Nordwesten ab. Sie könnte die Richtung geändert haben. Es hat dort viel geregnet. Schnell kann sie nicht vorankommen, und sie hat viel Gepäck dabei. Der Wagen ist voller Vorräte.«
Krelis’ Hand schloss sich um den Knopf. »Das alles erklärt noch immer nicht, was sie vorhat!«
Der Wächter trat von einem Bein auf das andere. »Vielleicht ist der Angriff im Frühjahr erfolgreicher gewesen als ursprünglich angenommen. Sie ist eine alte Frau.«
Krelis ließ sich den Gedanken durch den Kopf gehen. »Es war ein heftiger Angriff.« Im vergangenen Frühling war die Graue Lady zwar entkommen, doch die Kräfte, die gewaltsam entfesselt worden waren, hatten sie vielleicht geschwächt. Wanderte sie am Ende gar ziellos durch die Gegend, in dem irrigen Glauben, auf das Tamanaragebirge und damit eine sichere Zuflucht zuzusteuern?
Krelis ließ den Messingknopf in seiner Tasche verschwinden. Zumindest hatte er nun etwas, um Bericht erstatten zu können. »Gib den Räuberbanden Bescheid, wo sie zuletzt gesehen wurde. Sie kennen die Gegend dort bestimmt besser als wir.«
Nachdem Krelis den Wächter fortgeschickt hatte, ließ er sich in seinen Sessel fallen. Bisher ging sein Plan auf. Wenn sein Schoßhund jedoch nicht den verzauberten Knopf zurückgelassen hätte, wäre es jetzt völlig ahnungslos, wo er mit der Suche nach ihr beginnen sollte.
Dieser shaladorische Krieger bereitete ihm ein wenig Kopfzerbrechen. Sie hatte keinen Grund gehabt, die Sklavenpferche aufzusuchen, und erst recht nicht, ihn zu kaufen. Schließlich hatte sie bereits zuvor einen Lustsklaven erstanden. Einen weiteren hätte sie nicht gebraucht, besonders keinen, der schon einmal außer Kontrolle geraten war.
Oder hatte sie ihn in der Absicht ersteigert, ihn einer shaladorischen Königin zu geben, damit diese ihr dabei helfen würde, das Tamanaragebirge zu erreichen?
Krelis lächelte boshaft.
Sollte ihr Plan darin bestehen, Hilfe von Shalador zu erhalten, würde diese zu spät kommen.
Viel zu spät.
Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis
cover.html
bish_9783641028534_oeb_toc_r1.html
bish_9783641028534_oeb_fm1_r1.html
Section0001.html
bish_9783641028534_oeb_ded_r1.html
bish_9783641028534_oeb_fm2_r1.html
bish_9783641028534_oeb_fm3_r1.html
bish_9783641028534_oeb_fm4_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c01_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c02_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c03_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c04_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c05_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c06_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c07_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c08_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c09_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c10_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c11_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c12_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c13_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c14_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c15_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c16_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c17_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c18_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c19_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c20_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c21_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c22_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c23_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c24_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c25_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c26_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c27_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c28_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c29_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c30_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c31_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c32_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c33_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c34_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c35_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c36_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c37_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c38_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c39_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c40_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c41_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c42_r1.html
bish_9783641028534_oeb_c43_r1.html
bish_9783641028534_oeb_tea_r1.html
bish_9783641028534_oeb_cop_r1.html