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Hier unten war es stickig und es roch nach abgestandenem Wasser und Moder. Zunächst war der Gang so hoch, dass man aufrecht stehen konnte, aber nach fünfzig Metern mündete er in einen schmalen Tunnel, den man nur mit gebeugten Knien und eingezogenem Kopf durchqueren konnte.

Jenna dachte an Jeb und an seinen Schwächeanfall im Labyrinth. Sie hoffte, dass ihm die Dunkelheit, die sie ringsum umschloss, es diesmal einfacher machen würde, sich in diesen Gängen fortzubewegen. Vielleicht war die Schwärze um sie herum eine Gnade für ihn. Und sie hoffte, dass sie ihm würde helfen können, wenn ihn die Panik lähmte. Das letzte Mal haben wir es auch geschafft – zusammen. Wir werden auch hier rauskommen.

Jenna sah sich um. Auch wenn sie nicht viel erkennen konnte, seltsamerweise waren die Abflussrinnen trocken. Vielleicht lag es daran, dass das Wasser abgestellt war, oder der Gang, dem sie folgten, hatte einen anderen Zweck. Jenna war auf jeden Fall dankbar dafür. Vor ihnen in der Dunkelheit raschelte es immer wieder. Sie vermutete Ratten, die vor ihnen und dem Licht der Taschenlampe flohen. Hinter ihr ging Mary, León bildete den Schluss.

Die stickige Luft machte das Atmen schwer und bald schon brach ihr der Schweiß aus. Keiner sprach ein Wort. Stumm und verbissen marschierten sie durch die Dunkelheit.

Jenna dachte an das Chaos über ihren Köpfen in den Straßen von Los Angeles. Wo waren sie da nur hineingeraten? Was für eine Welt war das, wo so viel Gewalt und Tod herrschten? Und León? Hatte er den jungen Gangster wirklich so eiskalt getötet, wie es ihr vorgekommen war? Wie oft hatte er das schon getan?

Wirst du auch uns einfach abknallen, León, wenn es darauf ankommt? Wie lange bleibst du unser Freund?

Kurz wanderten ihre Gedanken zu Loco. Warum war er nicht bei ihnen geblieben? Nun hatten ihn wahrscheinlich die Muerte negra erwischt. Sie würden ein Exempel an ihm statuieren und allen Hijos blutig vor Augen führen, was es bedeutete, in ihr Hoheitsgebiet einzudringen.

Diese Welt, diese Zeit war grausam und Jenna wollte inzwischen nichts anderes mehr, als einfach nur von hier verschwinden. Sie blickte auf das tanzende Licht der Taschenlampe in Jebs Hand vor ihr.

Es war still hier unten, aber dann …

… hustete jemand.

Jeb blieb sofort stehen und wandte sich um. »War das einer von euch?« Jenna konnte die zittrige Angst in seiner Stimme hören.

Keiner von ihnen antwortete. Sie alle hatten es gehört – und auch Jeb musste klar gewesen sein, dass dies jemand Fremdes war.

»Da ist jemand«, sagte Jenna.

»Wer soll da sein?«, fragte Mary.

»Vielleicht verstecken sich noch andere Menschen hier unten.« León trat nach vorn. In seiner Hand glänzte matt die Waffe, die er Loco abgenommen hatte. »Wir gehen nachsehen. Bleibt hier«, sagte er und schaute Jeb auffordernd an.

»Oh nein«, erwiderte Jenna sofort. »Wir bleiben zusammen. Ich habe keine Lust, hier in der Dunkelheit rumzustehen und mir vor Angst in die Hose zu machen. Außerdem gibt es nur diesen einen Weg und zurück können wir nicht.«

»Okay«, sagte Jeb. »Dann alle gemeinsam, aber leise.« Seine Stimme klang etwas gepresst, aber erleichtert. Und er konnte sprechen. Jenna ahnte, dass auch er froh war, dass sich die Gruppe nicht aufteilte.

Jeb schirmte die Taschenlampe mit seiner Hand ab und leuchtete direkt vor sich auf den Boden. »Besser, niemand sieht uns, bevor wir wissen, was hier unten los ist. Seid ihr bereit?«

»Was machen wir, wenn da vorn Muerte negra lauern?«, wollte Jenna wissen.

»Das weiß ich auch nicht, wir …«

»Wir kämpfen uns den Weg frei!« Hart, erbarmungslos wie stets, sprach León aus, was alle wussten. Es gab keine andere Möglichkeit. Sie folgten dem Gang bis zu einer Einmündung in das eigentliche Kanalsystem. Im Schatten des Tunnels kauerten sie sich zu Boden und blickten hoch in einen höhlenartigen Raum, der ein wenig an eine Bahnhofshalle erinnerte. Grob behauene Steinwände umschlossen einen Knotenpunkt, von dem mehrere Abwasserkanäle in alle Richtungen abzweigten.

Der Boden bestand aus rauem Stein, war aber eben angelegt. Rechts von ihnen führte eine Metallleiter nach oben, ähnlich der Leiter, die sie benutzt hatten, um hinabzusteigen.

Hier drin gab es Licht. Nach der Finsternis im Gang mussten sie die Augen zusammenkneifen und erst allmählich begriffen sie, was sie sahen. Es machte sie sprachlos.

Sie waren nicht allein.

Unzählige Kerzen brannten auf dem Steinboden oder an den Wänden. In ihrem flackernden Schein konnte Jenna Dutzende von Menschen ausmachen. Junge und Alte, Männer, Frauen, Kinder.

Sie hockten oder lagen auf dem Boden, hatten Decken oder aufgerissene Pappkartons unter sich ausgebreitet. Die Gesichter bleich, ausgemergelt, von Krankheiten gezeichnet, viele von ihnen mit Pusteln oder roten Flecken bedeckt. Sie schauderte. Es waren Weiße, Schwarze und Hispanics. Hier unten gab es keine Rassentrennung, nur die Flucht vor der Oberwelt.

Jeb gab den anderen ein Zeichen und sie zogen sich ein Stück in den Tunnel zurück, bis sie außer Hörweite waren.

»Das sind doch keine Flüchtlinge?«, wisperte Jenna leise.

»Mole People«, gab León ebenso leise zurück. »Ich erinnere mich. Das sind Menschen, die im Untergrund leben, sich von Abfall und Diebstählen an der Oberfläche ernähren. Sie kommen nur nachts raus, niemals am Tag. Ihre Augen sind die Helligkeit nicht mehr gewöhnt und außerdem würden sie sofort auffallen.«

»Das Maulwurf-Volk«, murmelte Jenna. »Sind sie gefährlich?«

»Nein, im Gegenteil, denke ich. Diese Leute haben Angst vor anderen Menschen und Fremden, wenn sie können, fliehen sie oder verstecken sich. Wir haben sie hier unten in ihrem Lager aufgestöbert, aber es werden noch weitere in den Tunneln hausen.«

»Haben sie Waffen?« Marys Stimme klang schwach, als sie das fragte.

»Unwahrscheinlich. Metall rostet hier unten schnell, schon nach kurzer Zeit wären die Dinger durch die hohe Luftfeuchtigkeit unbrauchbar.«

»Aber sicher bist du dir nicht.«

»Nein.«

»Okay.« Jeb stieß hörbar Luft aus. »Wie ich die Sache sehe, müssen wir da durch. Wie sollen wir es angehen?«

»Wir zeigen ihnen unsere Pistole, nehmen die Arme hoch und spazieren mitten zwischen ihnen hindurch. Niemand wird uns aufhalten.«

Jenna zuckte zusammen. Sie fürchtete sich vor diesen Menschen. Sie sahen so … seltsam aus. Stumpf und wie Schatten ihrer selbst.

León behauptete zwar, sie seien harmlos, aber so sahen sie nicht aus, fand Jenna. Im Gegenteil, viele der Männer, die sie gesehen hatte, wirkten gefährlich. So als hätten sie nichts zu verlieren. Dass diese Leute keine Waffen besitzen sollten, glaubte Jenna nicht. Irgendjemand hatte immer eine Waffe, so viel hatte sie die Erfahrung in dieser Welt gelehrt.

Trotzdem mussten sie an ihnen vorbei. Irgendwie.

»Wir bewegen uns langsam, machen keine bedrohlichen Bewegungen«, sagte León. »Niemand spricht mit niemandem. Wir müssen wie Geister sein, die unter ihnen wandeln, wie Nebel, der vorüberzieht. Wenn sie erkennen, dass wir nichts von ihnen wollen, werden sie uns in Ruhe lassen.«

»Und wenn nicht?«, fragte Jeb.

»Schlagen wir den Ersten nieder, der sich uns in den Weg stellt. Der Rest wird sich in die Tunnel verpissen.«

Jenna legte die Stirn in Falten, als sie den harten, erbarmungslosen Klang in Leóns Stimme hörte.

Sie wünschte, es gäbe einen anderen Weg außer dem der Gewalt. Schlimm genug, dass León den Muerte negra getötet hatte, auch wenn es ein Unfall und darüber hinaus Notwehr gewesen war, aber einfach auf Menschen einschlagen, nur weil sie ihnen im Weg standen? Jemanden, der das wenige schützen wollte, was er besaß, nämlich seine Zufluchtsstätte, stören, kam für sie nicht infrage.

»Wir schlagen niemanden nieder, sondern versuchen, mit ihnen zu reden«, widersprach sie bestimmt.

Einen Moment schwiegen die anderen verblüfft. Jenna hörte, wie Jeb den Atem anhielt, dann seufzte er, aber es war León, der antwortete.

»Reden, Jenna? Im Ernst? Es geht hier um unser Leben!« León stieß hörbar Luft aus. »Es gefällt mir auch nicht, glaub mir, aber … wenn wir hier lebend wieder rauskommen wollen, müssen wir uns den Weg womöglich mit Gewalt freiprügeln. Und zur Not freischießen.«

»Ich sage ja nur …«

»Für so was haben wir jetzt keine Zeit«, unterbrach sie Jeb. »Ich stimme Jenna zu, León. Lass es uns auf die ruhige Tour machen.«

León zog die Nase hoch. »Okay, Compadres, versuchen wir es.«

Den Rest ließ er unausgesprochen, aber Jenna wusste, dass León bereit war, ihre kleine Gruppe zu verteidigen. Gegen jeden Feind, um jeden Preis.

Sie schlichen zurück zur Tunnelmündung und traten hinaus in den großen Raum. León ging zuerst, danach Jenna und Mary, Jeb folgte zum Schluss.

Er war erstaunt, wie ruhig er im Kanalsystem blieb. Hier in dem großen Raum war es noch einmal besser als vorhin, klar. Aber auch sonst schaffte er es tatsächlich, dank der Begleitung der anderen, die Enge um sich herum zu vergessen, auszublenden. Allein dass Jenna bei ihm war, half ihm, einen klaren Kopf zu bewahren. Er atmete noch einmal tief durch, der Modergeruch kitzelte ihn in der Nase, dann leuchtete er auf seine Füße. Immer wieder redete er sich Mut zu, redete sich ein, dass er einen ganz normalen Spaziergang mit den anderen machte.

Lieber den Boden beleuchten als die Wände, die sich über mir zusammenschließ… nein. Die Gänge sind hoch, sie sind weit, sie sind so weit, die Finsternis um uns herum ist groß und weit.

Hinter dem Eingang richteten sich alle vier auf und blieben stehen. Es dauerte nur einen Moment, bis sie der Erste entdeckte.

Es war ein Mann in zerfetztem Armyparka, der den Kopf drehte und sich dann langsam erhob. Er zischte etwas zwischen den aufgesprungenen Lippen hindurch und neben ihm stand eine Frau in mittleren Jahren auf, deren schwarze Haare stumpf und matt auf die Schulter fielen.

In ihrer Hand hielt sie einen Rucksack, der in dieser Umgebung durch seine Sauberkeit unnatürlich aussah. Jeb erkannte den Gegenstand sofort.

Es war Leóns Rucksack.

León hatte ihn in der ersten Welt verloren und später war er merkwürdigerweise an einer anderen Stelle wieder aufgetaucht. Jenna und er hatte ihn auf ihrem Weg zu den Toren gefunden, aber da er leer war, zurückgelassen.

Nun hatte ihn eine Frau in der Hand, die sie nie zuvor gesehen hatten. Eine Frau mit seltsam spitzen Zähnen, die sie nun bleckte. Sie sah selbst aus … wie eine Kanalratte, dachte Jeb.

Jeb presste warnend Leóns Namen zwischen den Lippen hervor, berührte Jenna vor ihm am Ellenbogen und nickte in Richtung der Frau. Das Signal wurde bis nach vorn zu León durchgegeben. Kurz darauf hörte er León leise fluchen, aber gleich darauf verstummte er wieder.

Überall in der Halle schien man sie nun zu bemerken. Die Leute standen von ihren Lagern auf. Männer, Frauen, Greise und sogar Kinder. Schmutzige Gesichter mit tief in den Höhlen liegenden Augen wandten sich ihnen zu. Niemand sprach ein Wort, aber das Rascheln der Kleidung war wie ein bedrohliches Flüstern, als León den ersten Schritt nach vorn tat. Er hob seine leeren Hände an, um zu zeigen, dass er unbewaffnet war. Hinter ihm folgten die anderen seinem Beispiel.

Jeb versuchte, freundlich zu lächeln, aber seine angespannten Gesichtsmuskeln ließen das nicht zu. Um keinen falschen Eindruck zu erwecken, so als habe er etwas zu verbergen, bemühte er sich, den Menschen offen in die Augen zu blicken.

Zurück schauten Menschen, die alles verloren hatten und vom Nichts lebten. Leblose Blicke in leblosen Gesichtern. Dumpfe Hoffnungslosigkeit stand darin.

Jeb sah das Elend und konnte es nicht glauben. All der Schmutz, die Pusteln und die seltsam gebückte Haltung all dieser Menschen hier unten verwandelten die Kanalbewohner in Wesen, die nicht von dieser Welt zu sein schienen.

Vor sich hörte Jeb, wie Jenna die Luft einsog und gleich wieder ausstieß. Jeb bemerkte, dass er unbewusst genauso atmete; der Geruch nach altem Schweiß, Dreck und ungewaschenen Körpern in der modrigen Halle legte sich wie ein dicker Stoff auf seine Lunge. Er versuchte, flach zu atmen, aber dennoch war der Gestank unerträglich.

Jetzt bloß nicht husten oder niesen, redete er sich zu. Die Stille um sie herum war zerbrechlich und in dem Moment, wenn sie zerfiel, konnte alles Mögliche geschehen.

Sie hatten die Halle fast zur Hälfte durchquert, als eine alte Frau sich ihnen in den Weg stellte. Sie schien mindestens hundert Jahre alt zu sein, ihren Falten und ihrem zahnlosen Mund nach zu urteilen, aber Jeb vermutete, dass das Leben hier unten die Menschen schneller altern ließ.

Ihre Haare waren so schmutzig grau wie ihre abgewetzten Kleider. Sie hielt sich gebückt, sodass Jeb erst in ihr Gesicht schauen konnte, als sie direkt vor ihnen stand und den Kopf anhob. Jeb hielt den Atem an, denn die Alte lief langsam und schleppend an der Gruppe vorbei und machte vor ihm halt.

Tausende von Falten hatten tiefe Risse in ein Gesicht gesprengt, das einmal jung gewesen sein mochte, nun aber wie ausgebleichtes Leder wirkte.

Die Frau sah ihm tief in die Augen. Sie schwieg und ihrer Miene war nicht zu entnehmen, was sie dachte, ob sie ihnen freundlich oder feindlich gesinnt war. Jeb erwiderte ruhig ihren Blick, bewegte sich ansonsten aber nicht.

Als sie mit seiner Musterung fertig war, humpelte sie zu Jenna und Mary. Dann wandte sie sich León zu. Lange starrte sie auch ihn an. Im flackernden Licht der Kerzen wirkten seine Tätowierungen fast lebendig. Sie schienen über sein Gesicht zu tanzen, so als wollten sie eine Botschaft auf seine Haut schreiben.

Eine Minute verging, dann streckte die Alte eine knochige Hand aus und fuhr mit der Fingerspitze über die blauschwarzen Linien in Leóns Gesicht. Er rührte sich nicht.

»Bist du ein Engel?«, fragte die Frau in die Stille hinein. Jeb hob überrascht den Blick. Er hatte sich vorgestellt, dass eine krächzende Stimme aus der Kehle dieser kruzeligen Alten kommen müsste. Doch ihre Stimme klang klar und jung.

León sah sie offen an. »Nein, nur ein Junge, der nach Hause will.«

»Dann geh«, seufzte die Alte und trat zur Seite.

Jeb spürte, wie sich die angespannte Haltung der Menschen um ihn herum löste. Zwar bewegte sich niemand oder sagte etwas, aber er sah, wie Schultern herabsackten und Hände aus Jacken- und Hosentaschen gezogen wurden. Offensichtlich war die alte Frau so etwas wie die Anführerin der Gruppe. Da sie in der Gruppe keine Bedrohung sah, verhielten sich auch die anderen Mole People friedlich.

Als Jeb als Letzter an der Frau vorbeikam, nickte er ihr dankbar zu. Er konnte die Blicke der Menschen in seinem Rücken spüren, aber er fühlte auch, dass von ihnen keine Gefahr drohte. Unbehelligt erreicht sie den gegenüberliegenden Tunneleingang. Nach wenigen Metern blieben sie stehen, und als sich Mary, Jenna und León zu ihm umdrehten, leuchtete er ihnen nacheinander ins Gesicht.

»Alles okay?«

»Das war ein bisschen unheimlich«, sagte Mary.

León bleckte die Zähne. »Himmel, ich hatte eine Gänsehaut. Ein Wort von der alten Frau und wer weiß, was die mit uns gemacht hätten!«

»Ja, habt ihr die Zähne dieser einen Frau gesehen? Wie winzig kleine Nagezähne – die hätten uns in Stücke reißen können!« Jeb lief es kalt den Rücken hinunter. Und er bemerkte, dass er beim Anblick der seltsamen Gestalten sogar die Enge über sich vergessen hatte. Fast euphorisch fühlte er sich, so erleichtert war er über ihr glimpfliches Davonkommen.

»Na ja, sie hatten ja nicht alle so ein Angst einflößendes Gebiss. Und falls wir noch anderen wie ihnen begegnen, wissen wir nun, dass sie generell nicht feindselig sind.« Jenna war aschfahl im Gesicht, aber lächelte breit.

»Das mag für diese Leute gelten«, meinte León. »Wir sollten uns nicht darauf verlassen, dass uns alle Mole People unbehelligt durchlassen. Es ist ihr Reich.«

»Vorhin hast du etwas ganz anderes gesagt«, warf Jenna ein.

»Da habe ich ihnen noch nicht in die Augen gesehen.«

Jeb marschierte voraus. Sie waren noch nicht weit gegangen, als plötzlich ein Scheppern hinter ihnen erklang. Es klang, als würde jemand mit einem Metallbecher gegen die Steinwände schlagen.

»Was ist das?«, fragte Mary.

»Eine Botschaft vermutlich. Sie warnen andere Mole People vor uns, sagen, dass wir auf dem Weg zu ihnen sind«, meinte León.

»Ist das gut oder schlecht für uns?«

»Sie werden uns nichts tun. Wenn sie Böses vorhätten, würden sie Boten in die anderen Tunnel aussenden. Sie kennen sich hier unten aus. Es wäre ein Leichtes für sie, uns zu umgehen und irgendwo aufzulauern. Daher: Nein, ich denke, das Klopfen soll aufzeigen, dass von uns keine Gefahr droht.«

Kaum war das Klopfen verklungen, zerriss ein Schuss die Stille. Es war ohrenbetäubend und Jeb wusste sofort, was das zu bedeuten hatte: Jemand hatte eine Waffe abgefeuert.

Dann hörten sie Schreie. Aufgeregte Rufe, in denen Angst und Panik mitschwang.

Weitere Schüsse.

Eine Stimme brüllte Befehle auf Spanisch.

Die vier zuckten zusammen.

Rojo Rabán hatte sie gefunden.