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Schwiete wanderte in seinem Büro herum wie ein Tiger im Käfig. Diese verdammten Idioten. Er hatte ihnen ausdrücklich aufgetragen, sich aus Polizeiangelegenheiten herauszuhalten. Was sollte er tun? Vielleicht war die ganze Geschichte nur ein Hirngespinst von Winter und Künnemeier. Vielleicht! Aber was wäre, wenn sich da wirklich etwas zusammenbraute? Was, wenn Winter und Künnemeier mitten in einen Bandenkrieg hereinschlitterten, der zwischen rivalisierenden Gruppen des Bordellmilieus tobte?
Immerhin war Kloppenburg offiziell als vermisst gemeldet. Die Tatsache, dass in der Sandgrube ein Mann gesichtet worden war, den die Polizei seit Tagen suchte, war schon ein Grund, alle verfügbaren Polizeikräfte zu mobilisieren. Unter Umständen galt es hier und jetzt Menschenleben zu retten. Die hatten bei Schwiete einen höheren Stellenwert, als bei einem Fehlalarm ein paar tausend Euro in den Sand gesetzt zu haben. Und dann war da noch Schwietes untrügliches Gefühl, das ihm signalisierte, dass Winter und Künnemeier in Lebensgefahr schwebten.
Er entschloss sich, Alarm zu schlagen, rief Kükenhöner an und befahl ihm augenblicklich herzukommen. Dann setzte er sich mit der Leitzentrale der Kreispolizeibehörde in Verbindung und ordnete an, dass alle verfügbaren Streifenwagen zur Sandgrube fahren sollten. Er rief bei der Landespolizeischule Stukenbrock durch und forderte Verstärkung an. Als zentralen Treffpunkt für alle Einsatzkräfte gab Schwiete den Parkplatz an der Autobahnabfahrt Paderborn Schloss Neuhaus aus.
Linda Klocke hatte er noch vor ein paar Minuten auf dem Flur gesehen. Sie war also noch im Haus. Er beschloss, sie persönlich zu informieren, und ging zu ihr ins Büro.
»Die Fahndung nach Alicija Lebedew läuft auf Hochtouren«, berichtete sie ihm freudestrahlend. »Alle Internetzeitungsportale haben die Meldung aufgenommen. Die Regionalnachrichten von Radio und Fernsehen bringen unsere Suchmeldung, und morgen steht sie mit Bild in allen Zeitungen. Das war gar nicht so einfach. Eine Fahndung ist schließlich keine reißerische Story …«
»Gut gemacht, Frau Klocke, das höre ich mir später gern noch mal in Ruhe an. Ich habe gerade einen Großeinsatz eingeleitet. Genaueres erzähle ich Ihnen während der Fahrt. Kommen Sie mit!«