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Den Rest des Tages hatte Werner Hatzfeld damit verbracht, Pläne zu schmieden. Immer neue, immer verrücktere Ideen waren ihm durch den bandagierten Kopf geschossen. Dann, als die Kopfschmerzen zu stark wurden, legte er sich auf einen Plan fest. Er rief Rademacher auf dem Handy an und bestellte ihn für halb acht in ein Grillrestaurant in der Nähe des Nesthauser Sees. Anschließend versuchte er Mike zu erreichen. Bei dem sprang jedoch nur die Mailbox an, auf die er dieselbe Nachricht sprach.

Um sieben Uhr abends fuhr er auf den Parkplatz des Grillrestaurants am Altenginger Weg und stellte seinen Mercedes dort ab. Es regnete nicht an diesem Abend, und es war auch nicht so kalt wie an den Vortagen. Dafür waberte eine Nebelbank vom See über den Parkplatz und hüllte alles wie in Watte. Er holte einen schwarzen Aktenkoffer vom Rücksitz, schloss ab und betrat Brinkmanns Braterei.

Den Reflex, sich ein Bier zu bestellen, wischte er schnell beiseite. Alkohol hatte er an diesem Tag schon mehr als genug gehabt. Nun hieß es nüchtern bleiben, den Verstand geschärft halten, wach sein. Er krabbelte auf einen der mit rotem Kunstleder bezogenen Barhocker an der Theke und bestellte sich Burger und Cola. Erst jetzt merkte er, dass er den ganzen Tag über nichts gegessen hatte, und verzehrte den Burger mit Heißhunger. Während des Essens schaute er sich immer wieder um, aber von den anderen Gästen des Restaurants kannte er niemanden. Jedes Mal, wenn die Eingangstür aufsprang, zuckte Hatzfeld zusammen in der bangen Erwartung, Kloppenburg hereinkommen zu sehen.

Schon den ganzen Nachmittag über hatte seine überhitzte Fantasie mit ihm Katz und Maus gespielt. Wo blieben eigentlich Rademacher und Mike? Die Kerle wurden immer unzuverlässiger. Wenn alles vorbei war, würde er eine neue Mannschaft für den Club zusammenstellen müssen. Auch Irina konnte dann ihren Abschied nehmen. Hatzfeld haderte mit der ganzen Welt. Am liebsten hätte er sich irgendwo verschanzt und niemanden an sich herangelassen.

Endlich kam Patrick Rademacher. Er grüßte und setzte sich auf den Hocker neben seinem Chef. Gierig blickte er auf die Reste des Burgers.

»Wo bleibt Mike?«, wollte Hatzfeld wissen.

Rademacher bestellte sich ein Getränk. »Keine Ahnung. Er wollte die Wohnung dieses alten Mannes beschatten und ich die von diesem Taxifahrer. Wahrscheinlich kommt er jeden Moment.«

Hatzfeld hatte seine Zweifel, wechselte aber das Thema. Es war schon spät, auf Mike konnte er nicht mehr warten. Er schaute sich um, und als er feststellte, dass niemand in unmittelbarer Nähe saß, erklärte er Rademacher seinen Plan.

Dann zahlte er, zog den dicken, sündhaft teuren Mantel wieder an, nahm den schwarzen Koffer in die Hand und ging hinaus auf den nebelfeuchten Parkplatz. Eine halbe Minute später folgte ihm Rademacher.