32
„Wo warst du heute Morgen?“, fragte Néomi, nachdem sie das köstlichste Croissant genossen hatte, das in der Geschichte der Menschheit je gebacken wurde.
Nachdem sie sich zum zweiten Mal geliebt hatten, war er für die nächste Runde bereit gewesen – vielmehr hatte er es kaum erwarten können –, aber sie hatte nur gestöhnt: „Essen. Deine Sterbliche braucht etwas zu essen.“
Er hatte sie gefragt, was sie gerne hätte, wenn sie alles haben könnte, was sie wollte.
„Ein heißes, buttriges Croissant mit café au lait und frisch gepresstem Orangensaft.“
Also hatte sich Conrad nach Frankreich transloziert und ihr das Gewünschte serviert.
„Ich hatte noch was zu erledigen“, antwortete er.
Da erst bemerkte sie, dass sein Haar frisch geschnitten war, obwohl es immer noch ein bisschen zu lang war, so wie sie es mochte. Die Spitzen waren noch feucht, nachdem er kurz unter die Dusche gesprungen war. Und er trug nagelneue Kleidung, dezent, dunkel, aber zweifelsohne kostspielig. Er sah höllisch gut aus, und mit seinen feurigen Augen wirkte er durchaus ein wenig wie ein Teufel. Rot würde sie von nun an für immer an Feuer erinnern.
„Zu erledigen? Was denn?“
„Ich habe dir etwas mitgebracht.“ Er reichte ihr Einkaufstaschen, auf denen der Name Harrods stand. Eine ganze Menge Taschen. Offensichtlich war er auch in London gewesen. „Du brauchst etwas anzuziehen. Und dann sind da noch ein paar … Geschenke“, sagte er barsch und hustete hinter vorgehaltener Faust. Da wusste sie mit Gewissheit, dass er noch nie im Leben etwas für eine Frau gekauft hatte.
Es war einfach alles da: Schuhe, Kleider, Pullover, Hosen. Sie entdeckte auch eine Kulturtasche mit Shampoos, Parfums und Lotionen.
„Eine der Verkäuferinnen meinte, da ist alles drin, was du brauchst.“
Néomi erforschte die Taschen, genoss nach Herzenslust die unterschiedlichen Stoffe und teuren Designs. Und unter seinen Gaben war kein schwarzes Satinkleid!
„Vampir, du hast einen ausgezeichneten Geschmack!“, sagte sie entzückt.
Er zuckte mit den Schultern, doch sie sah, wie zufrieden er darüber war, ihr eine Freude bereitet zu haben.
Dann entdeckte sie eine kleine, mit Filz ausgelegte Schachtel, in der sich eine juwelenbesetzte Haarspange befand. „Conrad, wie wunderschön!“ Dann legte sie die Stirn in Falten und musterte prüfend die Reflexion des Lichts auf den Facetten der Steine. „Die sind doch nicht echt, oder?“
„Aber sicher.“
„Dann bist du reich?“
„Sehr reich.“ Er straffte die Schultern und richtete sich kerzengerade auf. „Ich sehe vielleicht nicht so aus, aber ich habe Geld.“
„Oh, das meine ich nicht. Es ist einfach so lieb von dir. Ich liebe solche Haarspangen.“
„Ich weiß. Du hast Murdoch eine gestohlen.“
Mit verlegenem Grinsen führte sie ihre Erkundung fort. Sie zog ein winziges schwarzes Tangahöschen – nur eines von vielen in diversen Farben und Stilrichtungen – hervor und hob eine Augenbraue. „Lass mich raten. Trägt man das heute in London?“
„Es hat mich einiges gekostet, sie dir zu kaufen.“
„Waren sie so teuer?“
Er wurde rot. „Eher weil ich kaum noch laufen konnte, nachdem ich mir deinen Körper darin vorgestellt hatte. Ich sehe weibliche Unterwäsche jetzt mit ganz anderen Augen, seit ich das, was darin verhüllt wird, berührt und geküsst habe.“
Sie knabberte an ihrer Unterlippe. „Du warst erregt in diesem Geschäft?“ Er blickte zur Seite und nickte. Das hätte sie zu gerne gesehen. „Das nächste Mal nimmst du mich mit, und ich werde sie dir vorführen.“
Sein Blick kehrte zu ihr zurück. „Néomi, sag mir, wie diese Transformation geschehen ist.“
Und da war sie, einfach so. Die Frage, die sie die ganze Zeit über gefürchtet hatte.
„Die Einzelheiten sind mein Geheimnis, Conrad. Ich habe geschworen, sie niemals zu verraten. Es tut mir leid, aber es muss so sein.“
„Du willst es mir nicht anvertrauen?“, fragte er in verwundertem Ton.
„Non“, sagte sie entschlossen. „Auch wenn du darauf bestehst, werde ich es dir nicht sagen, und dann streiten wir uns nur.“
„Ich soll also nichts darüber erfahren, wie sich meine Braut von einem Geist in eine Sterbliche verwandelt hat?“
„Ich bitte dich, mir zuliebe nicht weiter nach dem Warum zu fragen und einfach zu akzeptieren, dass uns einmal etwas Gutes zugestoßen ist.“
„Ich kann nicht so einfach darüber hinweggehen.“
Ihre Haltung war auf einmal ganz nüchtern und sachlich. „Dann werde ich es zu einer der Bedingungen machen, unter denen wir zusammen sein können.“
„Eine der Bedingungen? Es gibt noch mehr?“
„In der Tat. Du musst mir versprechen, dass das Töten aufhört, solange du mit mir zusammen bist. Es sei denn, es handelt sich um Selbstverteidigung.“
Er kniff die Augen zusammen. „Das kann ich dir versprechen.“
„Und dann noch eine letzte Sache.“ Als sie an diesem Morgen erwachte, war ihr klar geworden, wie kurz er in der letzten Nacht davor gestanden hatte, sie zu beißen. Wenn Conrad ihr Blut trank, würde es keine Rolle mehr spielen, wie gut sie alle ihr Geheimnis hüteten. Wenn er ihre Erinnerungen besaß, würde er alles wissen, er würde ihr Geheimnis kennen, und das würde für sie das Ende bedeuten.
Néomis neue Existenz sollte so lange wie nur möglich andauern, und Conrad durfte nicht erfahren, welch kurze Dauer ihr vom Schicksal beschieden war.
„Ich weiß, dass ich dir einmal gesagt habe, ich würde es dir nicht abschlagen, wenn du von mir trinken wolltest, aber ich habe meine Meinung geändert.“
„Einverstanden“, sagte er hastig. „Es wird nicht geschehen.“
Sie runzelte die Stirn. Das war genau die Antwort, die sie sich erhofft hatte, aber sein eiserner Tonfall verwirrte sie. „Ich dachte, du würdest dich danach sehnen. Hast du Angst davor, dir meine Erinnerungen einzuverleiben? Vielleicht solche an andere Männer?“
„Ein Vampir sieht niemals die Erinnerungen seiner Braut an andere Männer. So wie meine Spezies sich auf ihre Bräute fixiert, wäre es unmöglich, das zu verwinden. Ich werde nicht von dir trinken, weil ich dich umbringen könnte.“
„Aber trinken deine Brüder nicht auch von ihren Frauen?“
„Ihre Frauen sind unsterblich – sie können nicht einfach so sterben. Aber deinen Körper könnte ich innerhalb von Sekunden leeren.“
„Dann wird dir also kein Missgeschick unterlaufen?“
„Mir darf kein Missgeschick unterlaufen.“
Sie musterte sein Gesicht. „Heißt das, du stimmst meinen Bedingungen für unsere Liaison zu?“
„Hast du die Nutzung deines Körpers schon immer durch Vereinbarungen und Bedingungen geregelt?“
Sie presste die Lippen aufeinander. „Ja, das habe ich. Und da ich vorhabe, auch deinen Körper zu nutzen, würde ich jetzt sehr gerne deine Bedingungen hören.“
Er stand auf und begann auf und ab zu laufen. „Ich werde dich manchmal verlassen müssen, aber das werde ich tun, während du schläfst. Ich habe Elancourt mit einem Schutzzauber gegen Eindringlinge versehen, darum musst du mir versprechen, im Haus zu bleiben, wenn ich fort bin.“
„Na gut, aber viel schlafen werde ich nicht.“ Schlafen kann ich noch, wenn ich tot bin. „Und wieso musst du weggehen, wenn du doch nicht wieder deine Arbeit aufnimmst?“ Er zögerte. „Ich war Zeugin deiner Erholung, Conrad. Ich werde nicht zusehen, wie du wieder der Blutgier verfällst.“
„Ich muss den Dämon aufspüren, der meinen Arm verletzt hat, und ihn vernichten, bevor er mich tötet.“
„Dann handelt es sich um Selbstverteidigung?“, fragte sie. Er nickte einmal. „Wirst du von ihm trinken?“
„Ich werde alles tun, was ich kann, um das zu verhindern.“
„Und was ist mit Cade und Rydstrom? Sie haben nach dir gesucht.“
„Wenn Rydstrom seinen verlorenen Thron wiederhaben will, braucht er bestimmte Informationen, die ich … erworben habe. Sie werden vor nichts zurückschrecken, um an diese Informationen zu kommen.“
„Erworben? Du meinst die Erinnerungen des Hexenmeisters, den du ausgesaugt hast?“ Er zuckte die Achseln. „Kannst du sie ihnen nicht einfach geben?“
„Ich würde es ja tun, wenn ich könnte. Mein Geist ist inzwischen viel klarer, aber ich kann nach wie vor nicht nach Gutdünken über die Erinnerungen verfügen.“ Er setzte sich wieder auf die Bettkante neben sie. „Warum hast du letzte Nacht daran geglaubt, dass ich nicht von diesem Dämon trinken würde?“
„Weil du nicht so schlecht bist, wie alle denken“, wiederholte sie ihre Worte von vor ein paar Tagen. „Und weil du anfängst, nach vorne zu sehen statt zurück.“
Er atmete aus. „Du wirst doch wohl nicht ernsthaft erwarten, dass ich ignoriere, wie du vom Tod wiederauferstanden bist? Dass ich einfach darüber hinwegsehe?“
Sie zuckte mit den Schultern, und sein Blick senkte sich auf ihre bloßen Brüste. „Kommt drauf an, wie viel dir daran liegt, Zeit mit mir zu verbringen.“
„Du weißt, wie viel“, fuhr er sie mit harscher Stimme an.
„Dann hat dir unser Morgen gefallen?“ Seine Miene verfinsterte sich, als ob ihre Frage absurd wäre. „Denk immer dran, hier wartet eine sexy Frau auf dich, die du haben kannst, wann immer du willst.“ Ihre Stimme wurde zu einem Schnurren. „Du kannst mit mir jederzeit machen, was du willst. Das heißt, nachdem du jahrhundertelang gar keinen Sex hattest, kannst du ihn jetzt haben, wann immer dir danach ist. Wenn du diese Sache nur auf sich beruhen lässt.“ Dieses Angebot sollte reichen, um seiner Neugier ein Ende zu setzen. Aber falls nicht, war sie bereit, ihm eine weitere Demonstration dessen zu bieten, was ihm andernfalls entgehen würde.
Sie grinste. Es wäre ihr ein Vergnügen.
„Sag mir nur, mit wem du bei der Versammlung warst.“
„Noch einmal: Ich werde es dir nicht verraten.“ Sie erhob sich auf die Knie. „Vergiss es einfach, mon grand.“
„Das kann ich nicht“, sagte er geistesabwesend – abgelenkt von ihren harten Brustwarzen. Er fuhr sich mit der Hand über den Mund. Überraschenderweise empfand er es als sehr erotisch, vollständig angezogen zu sein, während sie nackt in ihrem Bett lag. Er schüttelte sich. „Néomi, das werde ich nicht.“
Als sie sich daraufhin langsam auf ihn zubewegte, trat ein gewisser Blick in ihre Augen. Er erkannte nicht genau, was er besagte, wurde aber auf der Stelle hart – und erregt. Sein Herz schlug wie wild.
Sie kniete sich neben ihn hin und legte ihren Mund an sein Ohr, sodass es von ihrem heißen Atem getroffen wurde. „Es gibt doch so viele andere Dinge, über die wir uns unterhalten können.“ Ihre Finger waren damit beschäftigt, sein Hemd aufzuknöpfen. „Beispielsweise die ein oder andere geheime erotische Fantasie, die du jetzt gerne in die Tat umsetzen möchtest.“ Sie schob ihm das Hemd von den Schultern. „Oder wir verzichten aufs Reden und gehen gleich zur Tat über. Würde dir das gefallen?“
So wie er es sich ausgemalt hatte, versuchte sie ihn mithilfe ihre Listen und Tücken zu verführen. Er hatte vor, ihr so lange wie möglich zu widerstehen. Wie … faszinierend …
Er sog lautstark Luft ein, als sie seinen Schwanz durch die Hose hindurch berührte.
„Die muss weg, Conrad.“
Er riss sich die Stiefel von den Füßen und streifte die Hose über den sich gegen den Stoff drückenden Schaft. Ihre Lider sanken ein Stück weit über ihre Augen, als ob sie diesen Teil von ihm wirklich liebte.
„Meinst du, ich sehe nicht, was du vorhast?“ Sobald er sich ausgezogen hatte, setzte er sich wieder neben sie. „Du hast vor, mich mithilfe von Sex zu manipulieren. Du willst mich nach deinem Willen lenken.“
Als sie Anstalten machte, sich auf den Boden zwischen seine Beine zu knien, vergaß er, Luft zu holen.
„Néomi?“ Seine Stimme brach, als er ihren Namen sagte.
Sie legte ihre Hände auf seine Knie, bog sie auseinander und beugte sich vor. „Ist es denn so schlecht, von mir manipuliert zu werden?“ Sie begann, ihm über die Brust zu lecken, ihr Ziel war unverkennbar. „Wenn dir doch gefällt, wohin die Reise geht?“
Seine Augen wurden groß. Sie wird doch nicht …? Soll ich das wirklich …?
Sobald sie seinen Nabel erreicht hatte, umfasste er mit beiden Händen ihren Hinterkopf. Dann kam die erste Berührung ihrer feuchten kleinen Zunge …
Während er sprachlos auf sie hinunterstarrte und seine Finger sich in ihr seidiges Haar verkrallten, leckte sie zärtlich über seine prall geschwollene Eichel und umkreiste die Spitze seines Penis mit der Zunge.
Mit einem Stöhnen spreizte er die Beine noch weiter. Seine Hände begannen unkontrolliert zu zittern, als sie ihn in den Mund nahm, der sich an seiner sensiblen Haut glühend heiß anfühlte. Sein Schaft begann unter ihrer Zunge zu pulsieren, und er konnte einfach nicht anders – er stieß nach vorne, zwischen ihre roten Lippen.
Ohne ihren Liebesdienst zu unterbrechen legte sie seine Hände auf ihre Brüste. Als er diese anhob und ihre Brustknospen mit dem Daumen rieb, saugte sie noch gieriger an seinem Schwanz.
Er wünschte sich, dies würde niemals enden, aber dann begann sie auch noch, die Wurzel seines Gliedes mit den Händen zu reiben, und der Druck, zu kommen, vervielfachte sich, bis es fast schmerzte. Als sie anfing zu stöhnen, seinen Schaft immer noch im Mund, wusste er, es war vorbei.
Muss sie warnen. Am Rand des Orgasmus, nur Sekunden bevor er seinen Samen verspritzen würde, stieß er hervor: „Ich … komme gleich!“
Ihm blieb der Mund offen stehen, als sie sich daraufhin nicht zurückzog, sondern seine Worte sie ganz im Gegenteil noch anzuspornen schienen.
„Néomi!“ Seine Hüften stießen nach vorn, und er ergoss sich in ihren erwartungsvollen Mund. „Unglaublich“, stöhnte er verzückt, als sein Samen auf ihre Zunge traf …
Danach zog er sie auf die Füße und drückte sie an seine Brust. Während Conrad seine Frau so festhielt, war er wieder einmal überwältigt von dem Genuss, der ihm auf eine Art und Weise zuteil wurde, von der er bislang nur hatte träumen können.
Musste er wirklich wissen, warum sie kein Geist mehr war? Sicher. Aber als sie seine Hand zwischen ihre Schenkel legte, damit er ihre feuchte Erregung fühlte, schwand sein Wissensdurst. Sie waren zusammen – das war alles, was im Moment zählte.
Alles Übrige waren nur unwichtige Einzelheiten.