30.
Marholt fuhr am nächsten Tag zurück, fest entschlossen, sich nicht mehr ablenken zu lassen und sein Manuskript endlich abzuschließen. Er hatte Debby und Hako versprochen, ihnen eine Kopie zu schicken, bevor er es beim Verlag ablieferte. Debby hatte auch einen Entschluss gefasst. Onkel Ralph – Lord Jim – hatte noch was gutzumachen. Er verfügte über ein Privatflugzeug und sollte sie und Hako nach Malaga bringen.
"Oder ist das zuviel verlangt?"
"Patenonkel sind dazu da, um ausgenutzt zu werden", antwortete er diplomatisch.
"Was ist mit dir? Wenn wir dir rechtzeitig Bescheid geben, kannst du es dann so einrichten, dass du in der Zeit auch in Laredo bist?"
"Ich will's versuchen, mehr kann ich nicht versprechen."
Alle seine guten Vorsätze waren schon beim Frühstück durch zwei Anrufe ins Wanken geraten. Karin Demus meldete sich aus der Klinik. Sie würde in zwei Tagen entlassen und bat ihn, doch bitte so rasch wie möglich bei ihr in Kettwig vorbeizukommen.
Freund Thielen wünschte ihn dienstlich zu sehen.
"In Sachen Glücksspalte?"
"Nicht nur." Das klang nicht so erfreulich.
Brigitte Landau lachte, als er die neuen Schlüssel abholte: "Das scheint zur Gewohnheit zu werden."
"Bloß nicht!"
"Aber der Schlosser würde mir Rabatt einräumen."
"Auf was man so alles verzichten muss!"
In der Nacht wurde er wach und konnte so rasch nicht wieder einschlafen. Also begann er zu grübeln: Wenn alle Einzelheiten, die man ihm erzählt hatte, auch stimmten, dann hatte Achim van Borgh durch den Einbruch vor dreizehn Jahren mehrfach verloren: Den Inhalt des Tresors und stattdessen zwei „Zahlungsverpflichungen" – einmal an Hans Konradin und Debby MacGregor, die ihn erpressten, und an Karin Demus, die Unterhalt verlangte und von ihm auch bekam, selbst in der Zeit, in der sie im Gefängnis saß. War er dazu gesetzlich verpflichtet oder war das eine zweite, verdeckte Erpressung? Debby hatte spekuliert, die Pistole aus Borghs Tresor sei für einen Mord benutzt worden. Wer war dann das Opfer? Die Wut darüber, wie rasch sich seine guten Vorsätze, nur noch an sein Buch zu denken, in Luft auflösten, hielt ihn noch lange wach.