28.

Staatsanwalt Helmut Thielen hatte sich in der Zwischenzeit gut informiert und sich sogar die Akte Demus besorgt. Und weil er von Marholts Buchprojekt wusste, kamen sie gleich zur Sache. Marholt begann mit der jungen Frau auf "seinem" Strand in Laredo und Thielen konnte sofort ergänzen, dass Karin Demus keinerlei finanzielle Sorgen hatte, als sie entlassen wurde. Noch vor dem Urteil und der Rechtskraft der Scheidung hatte sie mit Achim van Borgh einen Unterhaltsvertrag geschlossen, den der Ex auf Punkt und Komma eingehalten hatte; er hatte sogar in der Zeit ihrer Haft gelöhnt und das Geld war auf einem Konto zu einer beachtlichen Summe angewachsen, mit er sie die Eigentumswohnung in Kettwig zum großen Teil bezahlen konnte.

"Ungewöhnlich", murmelte Marholt, "findest du nicht auch?"

"Doch, ja."

"Sieht sehr nach Schweigegeld aus", urteilte er zögernd.

Thielen musterte ihn gespannt: "Aber wofür?"

"Nach Lage der Dinge doch wohl nur für eine Sache, die bei dem Einbruch im Tresor gelegen hatte."

"Okay. Aber das würde doch voraussetzen, dass Karin Demus den Inhalt des Tresors besitzt."

"Oder dass van Borgh eben das befürchtet, vermutet. Schließlich war sie mit dem Einbrecher liiert."

"Hast du eine Vermutung, wer die Demus niedergestochen hat und warum?"

"Nein. Gibt es deines Wissens einen Zusammenhang mit der Schießerei bei der Friese?"

Marholt erzählte, was recht lange dauerte, wie er an Sonja Friese geraten war, und Thielen konnte eine Neuigkeit beisteuern. Sie hatte einen schmerzhaften, aber nicht gefährlichen Streifschuss abbekommen und ihrer Wohnung hatten sie 55 000 Euro Bargeld in einem Schrank gefunden. "Ob die beiden Mädchen oder jungen Frauen identisch sind?" fragte Thielen zögernd; kein Zweifel, mit ihren Ermittlungen waren sie nicht weitergekommen. Daran hatte Marholt auch schon gedacht: "Frag sie doch, ob sie einmal Karin Demus niedergestochen und Sonja Friese mehrere tausend Euro Bargeld gebracht hat."

"Wen soll ich fragen?"

"Jessica Vogel. Sie ist die neueste Flamme des Salonlöwen Achim van Borgh."

"Woher weißt du das denn nun schon wieder?"

Also musste er auch beichten, was er gerne verschwiegen hätte. Thielen machte sich eifrig Notizen und sagte nachher zu Marholts Freude: "Dieser Borgh scheint ja in vielen Dingen seine Finger zu haben. Ich denke, ich werde mal eine längere Dienstreise nach Düsseldorf antreten."

"Wenn dein Leitender damit einverstanden ist. Borgh hat viele Freunde."

"Das wage ich zu bezweifeln. Freunde in der Not gehen tausend auf ein Lot. Sagt mein Leitender immer."

"Solche Chefs wünscht man sich."

"Der Leitende kommt aus Köln und freut sich über jede Chance, einen Düsseldorfer zu ärgern."

"Dann bist du als Mülheimer ja aus der Schusslinie. Viel Vergnügen am Rhein."

"Danke. Übrigens hattest du Recht. Ich wollte der Sonja mal an die Wäsche, aber sie hat mich grausam abblitzen lassen."

Also hatte Sonja wenigstens in einem Punkt die Wahrheit erzählt.



Niemand kommt so leicht davon: Thriller
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