Kapitel 17
 
 
 
Marian ging in der Küche umher. Sie fühlte sich mächtig und köstlich feminin. Sie hatte sich derart nach ihrem Mann verzehrt, und Lucivar war in der vergangenen Nacht wunderbar männlich gewesen. Und heute Morgen ebenfalls.
Es war so befriedigend gewesen, auf ihn zu gleiten, und so schmeichelhaft, dass seine einzige Reaktion zuerst darin bestanden hatte, dass er die Arme um sie schlang. Dass ein Mann mit Lucivars Vergangenheit einer Frau so sehr vertraute, dass er nicht aus dem Schlaf gerissen wurde, wenn ihr Körper den seinen bedeckte, verriet ihr, wie sehr er sie liebte. Als sie seinen morgendlich harten Schwanz in sich aufnahm, bewegte sie sich ruhig und kontrolliert. Sie genoss den leichten Ritt. Und dann steigerte sich ihre Erregung, als sie mit ansah, wie er langsam erwachte, nur wenige Augenblicke, bevor ihr Höhepunkt ihn kommen ließ.
Ihr Blick fiel auf den Stuhl, der vom Tisch zurückgeschoben war, und sie konnte spüren, wie sich ihr Körper erneut für ihren Mann bereit machte.
Dann hörte sie Daemonars kreischendes Gelächter, gefolgt von spielerischem »Papaknurren« von Lucivar.
Es war wieder an der Zeit, Mutter zu sein, nicht mehr Geliebte.
Sie versuchte, ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes als den Stuhl und das, was sie letzte Nacht mit Lucivar in der Küche getrieben hatte, zu richten, und ließ dabei den Blick zu dem Eckschrank gleiten. Vor Jahren, als sie noch Lucivars Haushälterin gewesen war, hatte Jaenelle entschieden, dass sie jenen Eckschrank brauchte – vor allem weil Jaenelle, die nicht einmal etwas so Einfaches wie ein Ei kochen konnte, keine Ahnung hatte, was in einer Küche benötigt wurde. Marian war sich nicht sicher gewesen, ob sie das Ding je benutzen würde, aber mittlerweile standen viele Kleinigkeiten auf den Regalen, die ihr das Herz wärmten: ein hübscher Stein, den Daemonar für sie gefunden hatte; eine Muschel, die Lucivar ihr von einer der seltenen Übernachtungen bei den Drachen auf den Fyreborn-Inseln mitgebracht hatte; und andere Dinge, die ihr täglich ins Gedächtnis riefen, dass sie mehr war, als sie sich je erträumt hatte.
Weil sie sich auf den Eckschrank konzentrierte, fiel ihr das weiße Dreieck auf, das darunter hervorsah. Als sie es hervorzog, errötete sie peinlich berührt, weil eine Einladung unter dem Schrank gelandet war. Lucivar achtete nie auf derlei Dinge und überließ ihr die Entscheidung, welche Anlässe sie besuchen wollte, und welche er besuchen musste.
Marian las die Einladung. Dann las sie sie noch einmal.
Sie blickte auf, als sie seine Gegenwart im Türrahmen spürte.
»Lucivar, was …?«
Er zuckte zusammen. Ihr starker, mächtiger, arroganter eyrischer Kriegerprinz-Ehemann zuckte zusammen!
»Marian … Ich kann es dir erklären.«
Sein Schmerz brachte sie aus der Fassung, zumal sie nicht wusste, warum er so heftig auf etwas reagierte, bei dem es sich letzten Endes lediglich um ein einfaches Missverständnis handelte.
»Es ist nett von dir gewesen, die Einladungen vorzubereiten«, sagte sie, wobei sie insgeheim hinzufügte: Auch wenn wir die Wortwahl ein wenig abmildern müssen. »Aber Lucivar, das Spukhaus ist noch gar nicht fertig. Wir arbeiten immer noch am letzten Zimmer und …«
»Dieser Hurensohn!«
Es war, als sähe man einen Gewittersturm auf sich zukommen. Sie konnte die Gewaltbereitschaft, die in der Luft lag, beinahe schmecken, als er ihr die Einladung abnahm.
»Es ist eine Falle«, sagte Lucivar leise. »Und er weiß, dass es sich um eine Falle handelt. Deshalb hat er die Botschaft letzte Nacht geschickt und mir befohlen, zu Hause zu bleiben.«
Marian sagte nichts. Beobachtete nur, wie seine Augen glasig wurden, als er in den Blutrausch geriet und sich von einem ungeschickten Ehemann in ein tödliches Raubtier verwandelte.
»Pack eine Tasche«, sagte Lucivar. »Mit ausreichend Kleidung für dich und Daemonar für ein paar Tage. Tu es gleich. Ich werde euch zum Bergfried bringen.«
»Und dann?«, fragte sie, da es den Anschein hatte, als würde er dem nichts mehr hinzufügen.
»Und dann begebe ich mich nach Dhemlan, um mich mit meinem Bruder zu unterhalten.«
»Wenn du fort musst, kann ich doch Daemonar zum Bergfried bringen, sobald wir …«
»Nein.«
Sie blickte ihm in die Augen und sah die Qualen, die ihm die Erinnerungen an die Geschehnisse des letzten Jahres in Terreille immer noch verursachten. Damals hatte sie auch zum Bergfried reisen sollen. Stattdessen waren sie und Daemonar entführt und als Geiseln nach Terreille gebracht worden. Daemon hatte es geschafft, sie zu retten, indem er ein grausames Spiel spielte, doch der Preis, den sowohl Daemon als auch Lucivar dafür bezahlt hatten, war brutal gewesen.
Sie würde das Leben ihres Sohnes nicht noch einmal aufs Spiel setzen, bloß weil sie sich weit genug von der Gefahrenzone entfernt wähnte. Und sie konnte weder das Herz des einen noch des anderen Mannes aufs Spiel setzen.
»Gib mir zehn Minuten«, sagte sie.
Lucivar wandte sich zur Seite, um sie vorbeizulassen. Er berührte sie nicht. Sie wagte nicht, ihn zu berühren. Er sah etwas in der Einladung, das ihr verborgen blieb. Was immer sich ihm entgegenstellte, was immer er tun musste – sie würde sich nicht mehr als das Messer benutzen lassen, welches man Lucivar an die Kehle hielt.
Nie wieder.
026
Surreal regte sich, zuckte zusammen und fluchte leise. Sie fauchte Rainier nicht an, als er ihr eine Hand auf die Schulter legte und sie nach oben schob, bis sie aufrecht dasaß.
»Wie fühlt sich deine Seite an?«, fragte er.
»Als hätte mich ein Miststück mit rasiermesserscharfen Nägeln gekratzt«, erwiderte sie.
Er ließ eine Hand unter ihr Hemd gleiten. Das brachte ihm nun doch ein Fauchen ein.
Er achtete nicht auf sie, was mutig war, denn selbst ohne Kunst anzuwenden, konnte sie ihm einigen Schaden zufügen, bevor er sich außer Reichweite bringen könnte.
Dann sog sie hörbar die Luft ein, als seine Finger behutsam die Haut um die Verletzung herum berührten.
»Fühlt sich heiß an«, sagte er. Sorge trat in seine grünen Augen. »Es könnte entzündet sein.«
»Ich habe die Wunden gereinigt«, entgegnete sie abwehrend.
»Du wirst eine Heilerin aufsuchen müssen, sobald du hier herauskommst.«
Das war einer jener schlichten Sätze, die die Angehörigen des Blutes in Kaeleer ausmachten. Hexen herrschten. Männer dienten. Und auf irgendeine Weise konnten diese beiden Tatsachen dazu führen, dass ein Begleiter eine Hexe zu einer Heilerin schleifte, bloß weil er der Meinung war, dass sie eine benötigte.
Und die betreffende Hexe konnte sich ihm noch nicht einmal widersetzen, ohne dass sich alle übrigen Männer gegen sie verbündeten!
Surreal konnte noch nicht einmal der anderen Hälfte seiner Aussage widersprechen: der Annahme, dass er bei dem Versuch, sie aus dem Haus zu schaffen, sterben würde.
»Schön«, meinte sie mürrisch. »Ich werde eine Heilerin aufsuchen.«
Rainier sah sich um. Sie hatten sämtliche Kerzen außer derjenigen mit dem Hexenfeuer gelöscht und hatten die Lampen heruntergedreht, um Öl zu sparen. Das Licht schien nicht mehr so hell, da es nun mit einem Zimmer voll grauer Schatten anstatt echter Dunkelheit wetteiferte.
»Wenn wir dem Licht, das durch die Fenster kommt, trauen können, dämmert es beinahe«, sagte Rainier.
»Ich frage mich, ob wir überhaupt so lange überleben sollten, wie es uns bislang gelungen ist.«
»Wahrscheinlich nicht, aber wir hatten einen Ansporn.«
»Ja, sicher.« Wenn es sich bei dem eigenen Onkel um den Höllenfürsten handelte, hatte man nicht unbedingt Lust, aus einem törichten Grund dämonentot zu werden. Die Strafpredigten würden Jahrzehnte andauern.
»Im Krug ist noch etwas Wasser übrig«, sagte er. »Wir sollten die Essensreste aufheben.«
»Und wir müssen eine Entscheidung treffen.« Surreal stand auf und fluchte insgeheim. Sie fühlte sich steifer, als es eigentlich der Fall sein sollte, und ihre Seite schmerzte mehr, als sie sich eingestehen mochte. Wenigstens schienen sich ihre Lungen wieder erholt zu haben. »Entweder müssen wir nach oben, um das Badezimmer zu benutzen, oder wir müssen uns für eine Ecke entscheiden und auf einen Teppich pinkeln.«
Die Kinder erwachten allmählich, also würden sie diese Entscheidung bald fällen müssen. Beim Feuer der Hölle, sie musste diese Entscheidung bald fällen!
»Könnte es sich bei dem Fenster um einen Ausgang handeln?«, fragte Rainier. Er griff nach einem Schürhaken und ging auf das Fenster zu. Dann schenkte er ihr einen nachdenklichen Blick. »Dein grauer Schild lässt Dinge hinaus, aber nicht herein?«
Sie nickte. »Was auch immer hinausgeht, bleibt draußen.«
Er wich zurück, legte den Schürhaken beiseite und suchte anschließend eine Gabel aus dem Picknickkorb aus.
»Damit hast du keine große Reichweite«, sagte Surreal.
»Nein, aber ich werde immer noch hinter dem Schild sein«, antwortete Rainier. »Außerdem können wir den Picknickkorb nicht mit uns herumschleppen. Also ist es egal, wenn wir eine Gabel verlieren.«
Nein, sie würden sich nicht der Kunst bedienen, um den Korb verschwinden zu lassen, und sie würden ihn nicht mit sich herumtragen. Während Rainier erneut auf das Fenster zuging, nahm sie das scharfe Messer und zwei Gabeln zur Hand. Jede Waffe war besser als keine.
Rainier spießte den Vorhang mit den Zinken der Gabel auf und zog ihn beiseite. »Surreal, sieh dir das an.«
Das Fenster hätte eigentlich auf die Vorderseite des Hauses hinausgehen sollen. Sie hätte den schmiedeeisernen Zaun und die Straße dahinter sehen sollen. Stattdessen befanden sich dort Steintafeln, und an drei Stellen frisch aufgehäufte Erde.
»Ein Friedhof«, sagte sie.
»Zeigen diese Tafeln an, wie viele Menschen in diesem Haus ums Leben gekommen und hier eingesperrt worden sind? Oder sind sechs der Tafeln für uns reserviert?«
Sie wusste es nicht, und es war ihr auch egal. »Wenn es sich um einen Illusionszauber handelt, könnten wir versuchen, durch das Fenster zu entkommen. Wenn nicht …«
»Vielleicht sind wir gar nicht mehr im selben Haus. Oder im selben Dorf.«
Sie blinzelte. »Du meinst, jemand könnte das ganze Haus versetzt haben, ohne dass wir etwas gemerkt hätten? Ohne dass auch nur eine dieser grässlichen kleinen Statuen von einem Tisch gefallen und zerbrochen wäre?«
Er zuckte mit den Achseln. »Jaenelle wäre dazu in der Lage. Sie könnte ein Haus dieser Größenordnung anheben und umdrehen, ohne auch nur ein Klappern zu verursachen. Sie könnte etwas von dieser Größe verschwinden lassen und es in einem anderen Dorf absetzen. Oder sie könnte die Lichter für den Bruchteil einer Sekunde ausgehen lassen und ein Zimmer direkt vor unserer Nase mit einem anderen vertauschen.«
»Du hast nie gesehen, wie sie so etwas getan hat!« Rainier ließ die Gabel sinken, und der Vorhang fiel wieder an seinen ursprünglichen Platz zurück. »Doch, das habe ich. In dem Augenblick, in dem das Licht ausgeht, hat man das merkwürdige Gefühl, als würde einem der Boden unter den Füßen weggezogen. Dann geht das Licht wieder an, und man steht in einem anderen Zimmer – oder sitzt auf einem anderen Sofa, was sogar noch nervenaufreibender ist. Wir sind nie dahintergekommen, ob sie die Menschen oder die Zimmer versetzt hat.«
Surreals Mund stand offen. Dann schüttelte sie den Kopf. Warum überraschte sie das? Bevor Jaenelle sich selbst und ihre Juwelen zerstört hatte, um Kaeleer zu retten, hatte es beinahe nichts gegeben, was sie nicht hätte tun können.
Abgesehen von den elementarsten Anwendungen der Kunst.
»Was probieren wir aus?«, fragte Rainier. »Tür oder Fenster?«
Hinter ihnen erklang Sages Stimme. »Lady Surreal? Ich muss aufs Klo.«
»Tja«, sagte Surreal zu Rainier, »wir sollten wohl herausfinden, was sich hinter der Tür verbirgt. Es sei denn, du möchtest die Kleine aus dem Fenster halten.«
027
»Er ist zusammengezuckt.« Marian warf einen Blick auf Daemonar um sicherzugehen, dass seine ganze Aufmerksamkeit immer noch dem Teller mit Essen galt, den Draca ihm gebracht hatte, und nicht den Erwachsenen in dem Zimmer. Dann sah sie den Höllenfürsten an. »Lucivar ist zusammengezuckt
Saetan wirkte düster und ernst – wenn man nicht auf das Lachen achtete, das in seinen goldenen Augen tanzte. »Meine Liebe, ich habe dich schon das erste Mal verstanden. Ich begreife nur die Bedeutung der Worte nicht.«
»Er ist zusammengezuckt!« Warum drang sie nicht bis zu ihm durch?
»Und das bringt dich aus der Fassung. Warum?«
»Weil …« Verwirrt schob sie sich das Haar aus dem Gesicht. Wie konnte sie es ihm erklären, wenn er es nicht begriff – oder nicht begreifen wollte?
Seine Lippen zuckten im Anflug eines Lächelns.
»Es ist ein wenig nervenaufreibend zu erkennen, dass du Macht über solch einen gewaltigen Mann besitzt, nicht wahr?«, fragte Saetan.
Der Dunkelheit sei Dank, er hatte doch begriffen! »Ja. Ich trage Purpur. Ich sollte nicht so viel Macht über ihn besitzen.
»Marian, du bist die Frau, die er liebt. Es gibt kaum etwas, das an diese Art von Macht herankommt. Noch nicht einmal das hier.« Er tippte mit dem Finger gegen das schwarze Juwel, das er über seiner Tunika trug.
»Hättest du so reagiert?«, fragte Marian. »Wenn du einen Termin verpasst hättest, zu dem deine Ehefrau dich gebeten hätte – wärst du dann zusammengezuckt?«
Sie biss sich auf die Lippe, als sie seinen Blick auffing, und wünschte, sie könnte die Worte zurücknehmen. Wenn man bedachte, wer seine Frau gewesen war, handelte es sich um eine schlechte Frage.
»Nein«, sagte er. »Das wäre ich nicht. Nicht für sie.« Er nahm ihr Gesicht in die Hände und küsste sie auf die Stirn; ein väterlicher Kuss, der dennoch von der Sinnlichkeit durchdrungen war, die dem Mann innewohnte. Dann fügte er hinzu: »Aber hätte ich Sylvia enttäuscht, indem ich eine Verabredung vergessen hätte, von der ich glaubte, dass sie ihr wichtig sei, dann ja, Marian, dann wäre ich zusammengezuckt.«
028
Draca,
Der Höllenfürst darf den Bergfried nicht verlassen. Setze alles daran, ihn dort zu behalten.
Sadi.
Saetan gab Draca die Botschaft zurück. Dann sah er aus dem Fenster und beobachtete, wie Marian mit Daemonar in einem der Innenhöfe des Bergfrieds spielte.
Nach einer Weile hob er die linke Hand. Meist dachte er nicht an den Finger, den er eingebüßt hatte, aber manchmal konnte er noch den Augenblick spüren, als Hekatah ihm die Klinge an die Haut setzte.
»Es ist eine Sache, wenn ein Mann erkennt, dass er alt geworden ist und ein Alter erreicht hat, in dem es an der Zeit ist, Platz für Jüngere zu machen, die besser in der Lage sind, auf einem Schlachtfeld zu bestehen. Aber es demütigt einen Mann doch, wenn er sieht, dass seine Söhne ihn für zu alt halten.«
»Du bist letztes … sss … Mal verletzt … sss … worden, Saetan«, sagte Draca.
»Ja.« Und Hekatahs Folter war nicht nur ein Finger zum Opfer gefallen. Oh, körperlich hatte er ansonsten nichts eingebüßt, doch der physische Schaden war dennoch nicht wiedergutzumachen gewesen – und hatte seine Entscheidung beeinflusst, sich aus den Reichen der Lebenden zurückzuziehen.
Doch nur weil er seinen Schwanz nicht mehr benutzen konnte, hieß das noch lange nicht, dass er ihn einziehen würde, wenn es darum ging, Temperament und Kunst einzusetzen.
»Ich kann noch immer so einiges«, knurrte er.
»Das wissen sie.«
Er schnaubte verächtlich. »Tatsächlich? Ein Sohn schickt dir eine Botschaft, in der er dich bittet, mich in den Bergfried zu sperren – und schickt die Botschaft durch Khardeen, der sich gestern Abend auf mich gestürzt hat wie ein Sceltie, der einen fleischigen, unbewachten Suppenknochen gefunden hat. Und der andere Sohn kreuzt heute Morgen hier auf und sagt mir ins Gesicht, dass er mir die Beine brechen wird, wenn ich ihm nicht verspreche, hier zu bleiben.«
Draca gab ein leises Geräusch von sich, bei dem es sich um Gelächter handeln mochte. »Lucivar ist … sss … schon immer recht direkt gewesen.«
Du findest das amüsant. Wie reizend!
Draca streckte die Hand aus und berührte ihn am Arm; eine Geste, die bei ihr selten vorkam. »Lucivar hat seine Ehefrau und seinen … sss … Sohn hergebracht, weil du hier bist. Er verlässt … sss … sich darauf, dass … sss … du schützt, was ihm lieb ist.«
»Und Daemon?«, fragte Saetan. »Was beschützt er?«
»Mehr noch als … sss … Lucivar braucht Daemon einen Vater, der ihn versteht. Indem er dich hier weiß … sss …, schützt er sein eigenes Herz … sss.«
029
Daemon räumte die Spinnenseide und seine übrigen Vorräte beiseite, dann ließ er den Abfall verschwinden, sodass keine Spur seiner nächtlichen Arbeit übrig blieb.
Auf einem Tisch befanden sich drei Verworrene Netze, von Schutzschilden umgeben. Diese Netze stellten keinerlei Visionen dar. Ebenso wenig handelte es sich bei ihnen um einfache Träume.
Es waren mit Schatten vermengte Albtraumillusionen. Sie waren verlockend und tödlich – und wunderbar brutal. Sie würden die Rechnung, welche die Familie SaDiablo offen hatte, bis auf den letzten Blutstropfen und den letzten angstvollen Herzschlag begleichen.
Jetzt musste er nur noch Jarvis Jenkell finden.
Er ließ die Verworrenen Netze verschwinden und ging nach unten. Sie konnten alle ein umfangreiches Frühstück gebrauchen, und es wäre besser für Yuli, wenn Jaenelle bei ihrer zweiten Tasse Kaffee angelangt war, bevor der Junge aufwachte.
Da spürte er das Donnern, das durch den Abgrund rollte.
Er sah Jaenelle an.
Sie sagte: »Lucivar ist hier.«
Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht
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