27
Die Mission »Zeit ohne Jungs« wurde sofort in die Tat umge- setzt. Ich glaube, Esther war richtig erleichtert, wieder sie selbst zu sein. Zwar wurde sie nun nicht mehr ständig von Jungen umschwärmt, lachte dafür aber mehr, und ich gewöhnte mich schnell wieder daran, jede freie Minute bei ihr auf dem Bett herumzuhängen. Ich war mir ziemlich sicher, dass sie für Trevor immer noch eine Schwäche hatte, mehrmals ertappte ich sie, wie sie in der Cafeteria sehnsüchtig zu ihm hinübersah, und wenn sie sich zufällig im Gang begegneten, brachte sie kein Wort heraus. Doch seit meiner Warnung hielt Trevor gebührenden Abstand. Noch immer starrte er sie an, aber längst nicht mehr so auffällig.
Hennie brachte die Mission nicht so viel Spaß wie uns. Sie wirkte nach wie vor traurig, und wenn sie nicht gerade mit uns zusammen war, hatte sie immer Stöpsel im Ohr. Yashir sah sie besorgt aus der Ferne an. Bislang hatte sie sich zwar noch nicht von ihm getrennt, aber von Cam inspiriert hatte sie Yashir um eine Pause gebeten. Ich hätte ihr gern geholfen, nur wusste ich nicht, wie. Hoffentlich brachte die vorübergehende Trennung von Yashir die Stimmen in ihrem Kopf ein wenig zum Schweigen.
Am Freitag um neun Uhr morgens fror dann die Hölle ein.
Catherine und ich saßen zusammen im Zimmer und lernten. Plötzlich stapfte sie zu mir herüber und knallte mir ein Formular aufs Physikbuch. »Ich könnte natürlich auch um ein Einzelzimmer bitten, aber wenn Esther und Hennie sich ein Zimmer teilen, stehst du ja sonst allein da.«
Oben auf dem Blatt stand: Zimmerpartnergesuch. Unsere Tutoren hatten die Formulare letzte Woche ausgeteilt, aber ich hatte meines unbesehen in den Rucksack gestopft. Mir graute immer noch vor dem nächsten Schuljahr.
»Ist das dein Ernst?«, fragte ich. Catherine zog ein Gesicht, als hätte sich mal wieder eine meiner Socken in ihre Schrankhälfte verirrt. »Du willst wieder mit mir zusammenwohnen?«
Vielleicht hätte ich es mir sogar denken können. Auch wenn sich Catherine mir nach wie vor haushoch überlegen fühlte, waren wir doch ganz gut miteinander ausgekommen. Wir waren beide ordentlich, mochten keine laute Musik und waren morgens die Ersten beim Frühstück. Außerdem unterhielten wir uns gern miteinander. Mit ihrer emotionslosen Art brachte Catherine die Dinge oft auf den Punkt. Und ich schenkte ihr Aufmerksamkeit und Verständnis, etwas, was sie bislang nie bekommen hatte.
»Wenn du andere Pläne hast, vergiss es.« Sie riss mir das Papier wieder weg. »Im Einzelzimmer kann ich ohnehin besser arbeiten.«
»Nun warte doch mal«, sagte ich. In ihrer hochgeschlossenen Bluse und dem dunkelblauen Rock wirkte sie auf einmal seltsam zerbrechlich, und das Papier zerknitterte, so fest hielt sie es in der Hand. In den vergangenen Wochen hatte ihre harte Schale Risse bekommen, zumindest kam es mir so vor. »Ich würde gern mit dir das Zimmer teilen. Aber dann darfst du mir nicht immer den Schreibtisch durcheinanderbringen und die besten Stifte klauen.«
Ich lächelte. Einen Moment lang sah sie mich nur an, dann breitete sich auch auf ihrem Gesicht ein Lächeln aus.
Im Laufe der nächsten Woche verbrachte ich viel Zeit mit Hennie, Esther und Catherine, und auf einmal hatte ich überhaupt nicht mehr das Gefühl, allein zu sein, ganz im Gegenteil. Mit Allie ging ich joggen, mit Hector und Alessandro hing ich nach dem Essen ab. Natürlich konnten auch die meine Probleme nicht lösen. Ich würde mich an ein Leben ohne Cam gewöhnen müssen. Auch wenn mir die Trennung – oder was immer wir da veranstalteten – sehr wehtat, wusste ich, dass sie nötig war. Denn solange wir zusammen waren, konnte ich mir kein eigenes Urteil über die Night Academy bilden, immer hatte ich Angst, ihm in den Rücken zu fallen. Ohne ihn sah ich viel klarer. Irgendetwas war faul am Programm. Womöglich waren die Irin wirklich gefährlich, aber wenn Jack die Wahrheit sagte, dann versuchte irgendjemand, sie noch schlimmer darzustellen, als sie tatsächlich waren – jemand, der mit jedem Anschlag der Irin und dem darauffolgenden Ratsbeschluss, die Zahl der Wächter noch weiter zu erhöhen, immer mächtiger wurde.
Und ich musste nicht groß überlegen, um zu ahnen, wer dieser Jemand sein könnte.
Montagmorgen fuhr Oma mich zur Schule. Sie sah nicht gut aus – ihre Augen tränten noch mehr als sonst, und ständig musste sie sie mit einem Taschentuch trocken tupfen. Nicht einmal Make-up hatte sie aufgelegt, und auf ihren Ton-in-Ton-Trainingsanzug hatte sie auch verzichtet, doch wie immer bestand sie darauf, auszusteigen und mich zum Abschied zu drücken.
»Geht es dir nicht gut, Oma?«, fragte ich besorgt. »Du bist doch nicht krank, oder?«
»Nein.« Sie hielt mein Gesicht in den Händen und sah mir tief in die Augen. Dann nahm sie mich fest in den Arm. »Du bist stark«, sagte sie an meinem Brustkorb. »Du schaffst das schon.«
Ich rückte etwas von ihr ab. »Oma, wovon redest du überhaupt? Natürlich schaffe ich das. Wir wollen ja nicht den Mount Everest besteigen, sondern nur ein bisschen Kajak fahren.«
Sie lachte und wischte sich eine Träne aus dem Gesicht. »Ich bin stolz auf dich«, sagte sie. »Vergiss das nicht.«
Esther rief quer über den Parkplatz nach mir. Ich schaute zu ihr und dann wieder zu Oma. »Bist du wirklich nicht krank? Wenn es dir nicht gut geht, bleibe ich zu Hause. Macht mir gar nichts aus.«
Oma schob mich von sich. »Natürlich bin ich krank, ich bin schließlich achtundsiebzig. Aber diese Woche werde ich noch nicht abnibbeln, und bilde dir ja nicht ein, dass du dich vor dem Ausflug drücken kannst, nur weil ich auf meine alten Tage etwas rührselig geworden bin. Jetzt ab mit dir in den Bus.«
Daraufhin watschelte sie in ihren orthopädischen Schuhen zurück zum Wagen und brauste davon. Ich sah ihr nach, bis sie verschwunden war. Mit einem unguten Gefühl schulterte ich meinen Rucksack und lief über den Parkplatz.
Wir fuhren mit der Silberkugel und einem gemieteten gelben Bus nach Anacortes. Hennie, Esther und ich hatten hinten im Bus unseren Spaß, sangen dämliche Lieder wie »Ninety-nine Bottles of Beer on the Wall« und bewarfen Hector und Alessandro mit Kräckern. Fürs Zelten waren wir alle zünftig gekleidet. Esther hatte sich ein Stirnband um den Kopf gebunden, Hennie trug säuberlich gebügelte Khaki-Shorts, und ich hatte meine widerspenstigen Locken zu zwei Zöpfen geflochten. Catherine saß eine Reihe vor uns, und hin und wieder stimmte sie zu meiner Überraschung in unseren albernen Gesang ein. Cam fuhr mit Anna und Trevor im anderen Bus. Am Morgen hatte er mich nur mit einem kurzen Nicken zur Kenntnis genommen. Wahrscheinlich konnte ich im Moment nicht mehr von ihm erwarten.
In Anacortes fuhren die Busse auf die Fähre nach Lopez Island. Die Fähre sah aus wie ein Kreuzfahrtschiff, jedenfalls für mich: riesig, weiß, mit großen Bullaugen und breiten Seitendecks. Doch im Gegensatz zu einem Kreuzfahrtschiff gab es hier ein geräumiges Parkdeck, auf dem die Fahrzeuge Stoßstange an Stoßstange standen, und von dem aus man über Metalltreppen auf die vier Aussichtsdecks gelangte. Von der Abfahrt bekamen wir nicht viel mit, da wir im Bus bleiben mussten, aber ich spürte den Ruck und hörte das Schiffshorn. Danach drängten wir hinaus. Die ersten beiden Decks waren überdacht, und die meisten Schüler strömten dorthin. Ich kletterte bis ganz nach oben. Es war kalt und nieselte, doch ich war noch nie so weit von zu Hause fort gewesen und wollte die Zeit nicht drinnen vertrödeln.
Ich stieg die letzten Stufen hinauf und atmete die frische, salzige Luft tief ein. Flach und grau erstreckte sich die See ringsum, in der Ferne ragten die Inseln wie große, grüne Schildkröten aus dem Wasser. Eine Weile überlegte ich, wo Mount Baker wohl lag, doch vor lauter Wolken war nichts zu sehen, dann hielt ich nach Walen Ausschau. Wenn Tara dagewesen wäre, hätte sie mit einem Schwertwal kommunizieren und ihn bitten können, mir mit seiner Flosse zuzuwinken. Kaum zu glauben, dass sie, Barrett und die anderen Zwölftklässler in ein paar Wochen schon fort sein würden.
Ich zog den Reißverschluss meines Anoraks zu und entspannte mich, während unter mir die Fähre brummte. In der Schule war man selten allein, und so genoss ich die Einsamkeit. Unterwegs passierten wir ein paar Fischkutter. Am Horizont tauchte eine weitere Fähre auf, doch abgesehen davon war alles ruhig und still. Sanfter Regen fiel, und ich zog die Kapuze über.
»Ist das nicht schön?«
Wegen meiner Kapuze konnte ich nur schlecht zur Seite schauen, aber ich wusste auch so, dass es Cam war. Ein vertrautes, warmes Gefühl schlich sich in meinen Bauch. »Ich sehe so was zum ersten Mal.«
Cam musste in letzter Zeit ziemlich beschäftigt gewesen sein, die Haare hatte er offensichtlich länger nicht geschnitten, sie fielen ihm in die Augen und kringelten sich über den Ohren. Er stützte sich mit den Unterarmen auf die Reling, und gemeinsam blickten wir aufs Meer.
»Ich mag es, wenn es regnet, dann ist auf dem Wasser nicht so viel Betrieb.«
»Wie kalt ist das Wasser wohl?«
Er lachte. »Im Sund? Eisig. Warum? Willst du baden gehen?«
Ich schüttelte den Kopf, wollte nicht wie ein Trottel dastehen. »Nein! Aber wäre ganz nett, erzählen zu können, ich hätte es getan.«
»Hast du noch nie im Meer gebadet?«, fragte er erstaunt. »Aber du wohnst doch nur ein paar Stunden entfernt. Wie ist das möglich?«
»Hat sich nie ergeben«, sagte ich leichthin.
Cam runzelte die Stirn. »Ach, na klar, daran habe ich gar nicht gedacht. Deine Oma fährt nicht gern weite Strecken, und wie hättest du sonst hinkommen sollen.«
»Macht ja nichts. Dafür bin ich jetzt hier.«
Schweigend standen wir nebeneinander.
»Ich habe dich vermisst«, sagte er schließlich.
Ich hielt die Luft an, als er seine Hände auf meine Hand legte.
»Ich dich auch«, sagte ich. Ich schob die Kapuze zurück, um ihn ansehen zu können. Hauchzarte Tropfen legten sich sofort auf mein Gesicht und mein Haar. Seine Berührung war schmerzlich fremd und vertraut zugleich.
»Ich habe viel nachgedacht. Über dich und Jack und …«
»Du warst mit Recht sauer«, unterbrach ich ihn. »Ich hätte dir sagen sollen, dass ich zwischendurch mit ihm gesprochen habe.«
»Warte«, sagte er sanft. »Lass mich ausreden.«
Ich brachte ein kleines Lächeln zustande und nickte.
»Ich habe ja gewusst, dass ihr euch nahegestanden habt, und war immer ein wenig eifersüchtig auf Jack. So ungern ich das auch zugebe, aber das war mit ein Grund, warum ich ihn habe laufen lassen. Ich dachte, wenn er weg ist, habe ich bessere Chancen bei dir.«
Mich traf das völlig unerwartet. Ich hatte mir viele Gründe überlegt, warum Cam Jack hatte entkommen lassen, doch dieser war mir nie in den Sinn gekommen.
»Jack und ich waren nur befreundet«, sagte ich bestimmt. »Er wollte mehr, aber ich nicht.«
»In diesem Punkt muss ich dir wohl vertrauen«, sagte Cam. »Und das tu ich auch. Aber es fällt mir nicht leicht. Du bist ein erstaunliches Mädchen, und ich muss ständig Konkurrenz fürchten. Es wundert mich nicht, dass Jack immer noch hofft, dass du deine Meinung änderst.«
Verlegen sah ich zu Boden, aber insgeheim freute ich mich. »Was ist mit Annas Vorwürfen? Von wegen ich würde Jack schützen und mit den Irin gemeinsame Sache machen? Das glaubst du doch nicht, oder?«
»Nein«, sagte Cam. »Habe ich auch nie. Aber es hat mich schon überrascht, dass du mit ihm Kontakt hattest. Ehrlich gesagt, musste ich immer wieder daran denken, was du gesagt hast. Ich müsste es eigentlich Mr Judan melden, aber …«
»Aber was?«
»Ich habe Angst«, räumte er ein. »Ich weiß nicht, wie er darauf reagieren würde.«
»Das weiß ich auch nicht.« Mehr wollte ich nicht sagen, auf den Rest würde er von selbst kommen müssen.
Blinzelnd sah er in den Himmel. »Eigentlich sollte ich es ihm sagen, falls eine der Informationen für das Programm nützlich sein könnte. Aber wenn ich es Mr Judan erzähle, und er hält dich … Wenn er ihnen nun sagt, dass du … Na, du weißt schon, was ich meine.«
»Ja.« Ich spielte an meiner Armbanduhr, um ihn nicht ansehen zu müssen. Einerseits wollte ich ihm gern alles sagen, was mir seit unserer Trennung durch den Kopf gegangen war, andererseits wusste ich, dass es besser war, Distanz zu wahren.
Die Stille zwischen uns wog schwer.
»Falls es dich tröstet: Seit der Sache mit den Paintballs habe ich nicht mehr mit Jack geredet«, sagte ich. »Ich dachte, früher oder später würde er wieder zur Besinnung kommen, aber jetzt weiß ich, dass das nie passieren wird.«
»Ich kann nicht gerade behaupten, dass es mir leid tut.«
»Ja, das habe ich mir schon gedacht.«
Wir lächelten uns halbherzig an.
Die See wurde unruhiger, und Cam musste sich festhalten. Je weiter wir aufs Meer hinausfuhren, desto mehr frischte der Wind auf, und der Regen stach mir wie feine Nadeln ins Gesicht. Cam verschränkte seine Finger mit meinen.
»Vielleicht können wir das Ganze eine Zeit lang einfach vergessen«, sagte Cam. »Ich weiß, dass das Problem damit nicht gelöst ist, aber könnten wir die nächsten paar Tage nicht einfach so tun, als wäre nichts geschehen?«
»Als wäre was nicht geschehen?«, fragte ich leise. »Als hätte ich Jack nicht angerufen? Oder als hätte ich das Programm nicht infrage gestellt?«
Cam sah aufs Wasser hinaus, die Muskeln in seinen Wangen zuckten, als würde er sehr mit sich ringen. »Ich weiß, dass wir unterschiedlich sind und dir nicht immer gefällt, was ich tue. Aber was ich für dich empfinde, habe ich nie zuvor für jemanden empfunden. Ich liebe dich und will dich nicht aufgeben.«
Mir wurde ganz heiß. Ich schloss die Augen und drückte Cams Hand. »Was sollen wir nur tun?«, fragte ich. »Auch wenn ich am liebsten alles vergessen würde, können wir die Dinge nicht ungeschehen machen.«
»Du hast ja recht. Perfekt ist das nicht gerade, und das wird es auch nicht werden. Aber davon will ich unsere Beziehung nicht kaputt machen lassen.« Sanft drehte er mich zu sich und hob mein Kinn mit einem Finger. Regen rann von meinen Augenlidern an den Wangen herunter.
Ich spürte Cams warmen Atem und dann seine Lippen auf meinem Mund. Und es war um mich geschehen.
»He, seht euch das an«, hörten wir jemanden vom Deck unter uns rufen. Ein paar Leute hatten sich am Bug versammelt und zeigten vor sich aufs Meer.
Kaum hatten wir uns aus der Umarmung gelöst, sahen wir erst eine und dann noch eine schwarze Flosse in den Wellen auftauchen. Eine weiße Fontäne schoss aus dem Wasser, und schon sah man die charakteristischen schwarz-weißen Körper. Die Schwertwale durchbrachen die Wasseroberfläche, tauchten tief unter und kamen auf der anderen Seite der Fähre wieder zum Vorschein. Über Lautsprecher wurde durchgegeben, dass Wale gesichtet worden seien, und immer mehr Menschen strömten an Deck.
Cam drückte mich wieder an sich. »Wenn das kein gutes Zeichen ist, weiß ich auch nicht.«
Er beugte sich zu mir, um mich erneut zu küssen, doch ich schob ihn weg und sah ihn ernst an. »Warte. Eine Sache muss ich dir noch sagen.«
Er boxte mich in die Rippen. »Gut«, sagte er, »aber beeil dich.«
Ich schloss die Augen, und nach einer Kunstpause sagte ich: »Deine Musik ist furchtbar. Ich kriege davon Kopfschmerzen.«
Eine Weile lang sagte er nichts, dann brach er in Gelächter aus. »Das war’s schon? Mann, du hast mir echt Angst gemacht. Das mit der Musik weiß ich doch längst. Bei der letzten CD, die ich dir gebrannt habe, ist was schiefgelaufen. Und als du nicht mal gemerkt hast, dass da nur zwei Lieder drauf waren, habe ich mir schon gedacht, dass du nicht drauf stehst.«
»Du hast mich erwischt und trotzdem nie was gesagt?«, fragte ich lächelnd.
Cam kitzelte mich. »Ja. Erwischt. Und nun musst du es wiedergutmachen!«
Wir blieben an Deck, bis der Anleger in Sicht kam und wir per Lautsprecher zurück zum Bus beordert wurden. Verschwörerisch sahen wir uns an und drückten uns noch einmal die Hand, dann stieg Cam zu Trevor in den Bus, und ich kehrte zu Hennie und Esther zurück.
Natürlich roch Hennie den Braten sofort. »Ihr seid wieder zusammen«, kreischte sie.
»Schsch!«, machte ich und legte den Finger auf die Lippen. »Muss ja nicht gleich der ganze Bus erfahren.«
Catherine fuhr in ihrem Sitz herum. »Dancia und Cam sind wieder zusammen?«, fragte sie Hennie.
Ich wurde knallrot. Und bevor ich sie aufhalten konnte, sagte Hennie auch schon: »Na, klar. War doch nur eine Frage der Zeit.«
Esther zerrte mich auf den Sitz neben sich. »Nun erzähl schon«, kommandierte sie.
Mir blieb die Antwort erspart, da sich Mrs Callias erhoben hatte, um mit uns den Ablauf der Fahrt zu besprechen. Sobald wir Odlin County Park erreicht hatten, sollten wir die Zelte aufschlagen, während eine kleinere Gruppe die Kajaks holen würde. Mrs Callias teilte ein paar von der Zeltgruppe zur Essensvorbereitung ein, andere sollten sich anschließend um den Abwasch kümmern.
Kaum hatte Mrs Callias die kleine Ansprache beendet, richteten sich auch schon drei Augenpaare erwartungsvoll auf mich. Ich zuckte die Achseln. »Wir haben uns versöhnt. Was soll ich noch sagen?«
»Nun tu mal nicht so lässig«, sagte Catherine gedehnt. »Wir wollen Einzelheiten! Hat er sich zuerst entschuldigt oder du?«
»Es war beidseitig.«
»Das ist es nie«, sagte Catherine. »Bestimmt war Cam der Erste.«
Hennie nickte. »Sie hat recht. Er hat es nicht mehr ausgehalten, von dir getrennt zu sein.«
»Ist doch egal, Hauptsache, wir sind wieder zusammen.«
»Hmm … das war’s wohl jetzt mit der Zeit ohne Jungs, oder etwa nicht?«, fragte Esther traurig.
»Nein, ich bin immer noch dabei«, sagte ich.
»Sei doch nicht albern«, sagte Hennie. »Du möchtest doch in den nächsten vier Tagen bestimmt auch Zeit mit Cam verbringen.«
»Na gut«, räumte ich ein. »Möchte ich auch. Vielleicht können wir uns ja abwechseln? Ein wenig Zeit mit euch, ein wenig Zeit mit ihm?«
Esther lehnte sich entspannt im Sitz zurück. »Meinetwegen!«, sagte sie. »Zeit ohne Jungs wird ohnehin überbewertet.«
»Wird es nicht«, sagte Hennie. »Aber meinen Segen hast du, Dancia. Du darfst Zeit mit uns allen verbringen, auch mit Cam.«
»Vergiss dabei aber ja nicht, wer deine besten Freundinnen sind«, sagte Esther mit erhobenem Zeigefinger.
Kichernd schnappte ich mir ihre Hände. »Als könnte ich das je vergessen.«