20. Kapitel
Was hatte Robert Selm mit der Bemerkung über seine Vergangenheit gemeint? Eine familiäre Bindung? Eine alte Freundschaft? Möglich. Ferrari wurde jedoch den Verdacht nicht los, dass der Besuch beim Ermordeten negative Gefühle ausgelöst hatte. War es ein ehemaliger Gegenspieler gewesen? Etwa Bernhard Meister? Auf ihn würde die rudimentäre Beschreibung passen. Älterer Herr besucht auserwähltes Opfer, um die Möglichkeiten zu sondieren, oder, und dieser Gedanke liess den Kommissär erschaudern, um den nahen Tod anzukünden. Aber noch immer weigerte sich Ferrari, seinen Vorgänger als Mörder in Betracht zu ziehen. Andererseits spukte der Film «Ein Richter sieht rot» in seinem Gedächtnis. Bernhard Meister, der Rächer im Namen der Gerechtigkeit, das konnte er sich hingegen gut vorstellen. Vielleicht war es ein innerer Drang, ein unbändiger Zwang, das Urteil eines seiner wenigen verlorenen Fälle im Nachhinein zu korrigieren. Eben, der vermeintlichen Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen, die von den anderen so sträflich mit Füssen getreten worden war. Allen voran von Staatsanwalt Streck, zu dem Bernhard Meister ein Leben lang aufgesehen hatte. Ferrari blickte aus dem Fenster in den leeren Hof des Kommissariats hinunter. Wenn es hart auf hart kommt, wenn Meister tatsächlich der Mörder war, wie würde ich reagieren? Ihn pflichtbewusst verhaften oder versuchen, den Fall als ungelöst zu den Akten zu legen? Es wäre nicht der erste und auch nicht der letzte. Noch war es nicht so weit. Vieles, allzu vieles war unklar. Wer war etwa Meisters Komplizin? Wirklich Elisabeth Fahrner? Ferrari trommelte gegen den Fensterrahmen. Und wieso erst jetzt? Das war die alles entscheidende Frage.
«Wie heisst der Marsch?»
«Was meinst du, Nadine?»
«Der Trommelmarsch?»
«Ach so. Eine Eigenkomposition. Nur für den Hausgebrauch. Meine Art, mich zu konzentrieren.»
«Du wolltest doch wissen, wo Anita Brogli steckt.»
«Spann mich nicht auf die Folter.»
«Euer Stiefelchen stiefelt wieder durch Basel. Als Chefin bei der Sicuris.»
«Dem privaten Sicherheitsdienst?»
«Exakt dem.»
«Seit wann?»
«Seit fast zwei Monaten. Es war gar nicht so leicht, sie aufzutreiben. Sie ist nach ihrem Abgang in Chur ins Ausland verschwunden. Weiss der Teufel, wohin. Bernhard Meister hat ja gesagt, sie sei wieder in der Gegend. Eine ähnliche Aussage machte der Polizeidirektor in Chur. Er meinte, Anita Brogli sei sicher wieder zurück in die Nordwestschweiz gezogen. Hier habe sie sich nie wohl gefühlt. Ich habe mir dann so meine Gedanken gemacht. Zur Polizei kann sie nicht mehr. In Basel rausgeflogen, ebenso in Chur. Das spricht sich rum. Wobei es mich erstaunt, dass die Bündner Polizei sie damals überhaupt genommen hat.»
«Bernies Werk. Er hat ihr eine super Referenz gegeben.»
«Dein lieber Herr Vorgänger taucht immer wieder auf, wie ein roter Faden.»
«Bevor du gekommen bist, habe ich mir überlegt, ob er wirklich etwas mit unseren Morden zu tun hat. Der Gedanke gefällt mir zwar nicht, aber er reift in mir … Wo waren wir stehen geblieben?»
«Beim Umstand, dass Anita Brogli nicht mehr zur Polizei zurückkehren konnte. Also blieben die privaten Sicherheitsdienste. Ich habe rumgefragt und erfahren, dass die Sicuris kürzlich einen neuen Chef suchte. Ich habe unter falschem Namen angerufen und gefragt, ob die Stelle noch frei ist. Die Dame am Telefon war sehr freundlich und teilte mir sogar den Namen der neuen Chefin mit. Es war ganz einfach.»
«Super! Wo finden wir die Sicuris?»
«In Kleinhüningen, ganz in der Nähe vom Tramdepot. Soll ich Anita Brogli anrufen?»
«Wir machen einen Überraschungsbesuch. Vielleicht haben wir ja Glück und sie ist da.»
Die Fahrt nach Kleinhüningen dauerte knapp zwanzig Minuten. Nadine sass die ganze Zeit schweigend neben Ferrari im Tram.
«Hat es dir die Sprache verschlagen? Morgen kriegst du deine Rakete zurück, dann ist auf den Strassen niemand mehr sicher.»
«Ich mag die Gegend nicht so. Du weisst schon …»
Es war ihr erster gemeinsamer Fall gewesen, der sie in die Hafengegend geführt hatte. Der Kommissär erinnerte sich an jede Einzelheit, so, als wäre es gestern gewesen. Nadine liess sich damals bei einer Befragung provozieren und wurde prompt geohrfeigt. Den zweiten Übergriff konnte Ferrari gerade noch mit einem sauberen Handkantenschlag verhindern. Das wäre alles nicht so schlimm gewesen, doch dieser Vorfall rüttelte traumatische Erinnerungen wach. Bei einer Routinekontrolle in Bern war Nadines Partner erschossen worden.
«Ja, ich weiss. Es war nicht deine Schuld, du hast alles richtig gemacht. Gewisse Dinge können wir einfach nicht beeinflussen. Wir müssen das Schicksal annehmen, es zumindest versuchen. Nur so gibt es ein Morgen. Stell dir vor, du wärst nicht nach Basel gekommen. Wir wären uns nie begegnet und ich hätte nie und nimmer einen perfekten Partner gefunden. Weisst du noch, was ich dir vor drei Jahren gesagt habe?»
«Ich sei ein Schnäppchen.»
«Genau. Seit damals sind wir ein echt gutes Team. Das Erlebte hat uns zusammengeschweisst. Ich gebe dich nicht mehr her», flüsterte Ferrari und legte seinen Arm um Nadines Schultern.
An der übernächsten Tramhaltestelle stiegen sie aus und erreichten nach fünf Minuten den Sitz von Sicuris. Am Eingang blickte ihnen ein Drache, dem Basler Basilisken ähnlich, mit feurigen Augen entgegen, der das Haus vor Eindringlingen zu beschützen schien. Sie meldeten sich beim Empfang an und wurden sofort ins Büro der neuen Chefin geführt.
«Francesco, schön dich zu sehen. Wie lange ist es her? Sicher mehr als zehn Jahre.»
Ferrari küsste Anita Brogli auf beide Wangen.
«Eher vierzehn oder fünfzehn. Darf ich dir meine Partnerin Nadine Kupfer vorstellen?»
«Freut mich.»
«Guten Tag, Frau Brogli.»
Wie geht es dir, Anita?»
«Schlecht.»
Ferrari hatte vieles erwartet, nur nicht diese Antwort.
«Setzt euch. Was trinkt ihr?»
«Danke, nichts. Wir kommen eben vom Kaffee. Weshalb geht es dir schlecht?»
«Überrascht dich meine Ehrlichkeit?»
«Etwas anderes zu behaupten, wäre gelogen.»
Anita Brogli schmunzelte.
«Es bringt doch nichts, wenn ich bei dir eine Show abziehe. Die Polizei fehlt mir … ich bin heimatlos.»
Der Kommissär konnte das sehr gut verstehen. Einmal Polizist, immer Polizist. Stets auf der Jagd nach Verbrechern, einer Gratwanderung gleich.
«Polizistin zu sein, ist für mich das Einzige, was zählt. Und das hat man mir genommen.»
«Glauben Sie nicht, dass Sie selbst ein wenig daran schuld sind?»
«Nicht nur ein wenig. Ich bin ganz entschieden daran schuld. Aber wo gehobelt wird, fallen Späne. Sie wissen genauso gut wie ich, Frau Kupfer, dass uns die Verbrecher immer einen Schritt voraus sind. Wenn wir dann einmal einen erwischen, dürfen wir ihn nicht mehr loslassen. Wir müssen ihn ausquetschen, bis er gesteht, und knallhart bestrafen.»
Nadine sah Ferrari an. Anita Brogli glaubte an das eben Gesagte. Aus ihren Augen leuchtete glühender Fanatismus.
«Auch wenn es ab und zu einen falschen erwischt?», wandte Nadine fragend ein.
«Das gehört dazu. Berufsrisiko. Wenn wir uns blind an die Verhaltensregeln halten, wenn wir einen Verbrecher mit Samthandschuhen anfassen, gesteht er nie. Innert kürzester Zeit läuft er wieder frei herum und lacht uns aus. Gehen Sie doch einmal abends durch Basel. Die Leute trauen sich schon nicht mehr auf die Strasse, weil sie sich vor der steigenden Kriminalität fürchten. Das ist das Ergebnis falscher Politik. Dieser Sumpf muss unbedingt trockengelegt werden.»
«Am besten durch Internierungslager!»
«Nur nicht so zynisch, Frau Kupfer. Aber ja, wieso nicht. Wir müssten dann neue Gefängnisse bauen, keine Luxuspaläste mit allem Komfort, sondern Arbeitslager, in denen die Verbrecher für ihre Tat büssen und gleichzeitig mit ihrer Arbeit zum Allgemeinwohl beitragen.»
«Und wer nicht pariert, wird eliminiert! Hatten wir diese Parolen nicht schon vor siebzig Jahren?», zündete Nadine.
Die beiden Streithennen standen sich kampfbereit gegenüber. Wer von den zwei wohl als Siegerin vom Platz gehen würde, überlegte Ferrari kurz, bevor er sich einmischte.
«Ganz so ist es natürlich nicht, Anita.»
«Ich hätte der Polizei viel geben können. Das wusste Bernie, aber ihr habt mich ausgestossen.»
«Du hast dich selbst ausgeschlossen. Hast du nicht eben zugegeben, selbst schuld zu sein?»
«Ihr wolltet mich loswerden. Weil ich euch Männern zu gut war.»
«Also, bitte Anita …»
«Doch. Ich wurde für euch zu einer Gefahr. Ich bin der bessere Polizist, als du es je sein wirst. Und das weisst du.»
«Ich habe nie behauptet, dass ich ein Superstar bin.»
«Aber die Medien machen aus dir einen. Ferrari hier, Ferrari da. Es ist zum Kotzen. Und Stephan, Philippe und dieser junge Toni himmeln dich an. Du hättest Stephan hören sollen, wie ehrfürchtig er von dir spricht.»
«Dummes Zeug. Hör auf damit, Anita.»
«Ich beneide dich, Francesco. Du sitzt auf dem Thron, der für mich bestimmt war.»
Sie ist krank!, schoss es Ferrari durch den Kopf. Sie glaubt den Unsinn, den sie erzählt. Es wird wohl besser sein, das Gespräch zu beenden. Wir würden sowieso nichts aus ihr rauskriegen.
«Ich bin keineswegs verrückt, Francesco.»
«Das habe ich nicht behauptet.»
«Man sieht es dir an. Dein Gesicht sagt mehr als tausend Worte. Ich begreife nicht, wie du überhaupt je einen Fall lösen konntest.» Anita Brogli schüttelte den Kopf. «Du bist ein Glückspilz und weisst gar nicht, was du hast. Lassen wir das.»
«Wie ist dein neuer Job», versuchte Ferrari das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.
«Ich bilde hier Idioten aus, die in der Nacht ihre Schlüssel in irgendwelche idiotischen Kästchen stecken, um noch idiotischeren Firmenbesitzern Sicherheit vorzugaukeln. Dass ich nicht lache.»
«Das ist ja bestimmt nicht das Schlechteste.»
«Sie haben gut reden. Sie sitzen auf der anderen Seite. Sobald es spannend wird, haben wir unsere Pflicht getan. Dann kommt ihr daher und übernehmt den Fall. Gib mir deine Waffe, Francesco.»
«Ich trage keine.»
«Sehr witzig. Komm schon, gib mir deine Waffe.»
«Ehrlich, Anita, ich habe keine.»
«Du spinnst, Francesco. Waffen sind heilige Insignien, sie verleihen ungeheure Macht. Schau mich an, ich darf keine tragen, was ich zutiefst bedaure.»
«Können wir das Thema wechseln. Ich glaube nicht, dass wir auf dieser Ebene weiterkommen. Du hast deine Ansichten über eine gute Polizeiarbeit und ich meine.»
«Du bist immer schon ein arrogantes Arschloch gewesen, Francesco. Aber seit du Erfolg hat, bist du echt unausstehlich. Ich habe deine Karriere minutiös verfolgt, mir sogar einen Ordner mit Zeitungsausschnitten angelegt. Nach deinem Fall Frank Brehm hat es dich raufkatapultiert. Alles auf meine Kosten!»
«Seit wann sind Sie wieder in Basel?», unternahm Nadine einen weiteren Versuch, der Unterhaltung eine Wende zu geben.
«Seit sie mich in Chur rausgeworfen haben.»
«Dir wurde nahegelegt, zu gehen.»
«Das ist doch das Gleiche. Abserviert, weil ich meinen Beruf ernst genommen habe.»
«Seither bist du wieder in Basel?»
«Ja.»
«Keine Ferien?»
«Was soll diese Frage? Ich war einige Wochen in Afrika.»
«Du weisst bestimmt, wieso wir hier sind. Wir ermitteln in zwei Mordfällen.»
«Gissler und Selm. Eigentlich gibt es keinen Grund, zu ermitteln. Die haben nur ihre gerechte Strafe erhalten.»
«Du bist nicht die Einzige, die so denkt.»
«Ich weiss», schmunzelte sie.
«Du warst doch Bernies Assistentin in diesem Fall vor fünfzehn Jahren.»
«Exakt. Ein klarer Fall. Doch dank einem dreckigen Komplott sind die vier mit einem blauen Auge davongekommen, aber nicht für immer.»
«Ich überlege mir die ganze Zeit, weshalb die beiden gerade jetzt ermordet worden sind.»
«Und was denkst du?»
«Das wollte ich dich fragen.»
«Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.»
«Hast du noch Kontakt zu Bernie?»
«Nein, überhaupt nicht. Ich habe ihn … warte mal … es ist sicher drei Jahre her, seit wir uns getroffen haben.»
«Telefoniert?»
«Nein. Was soll diese Fragerei? Glaubst du, dass ich etwas mit den Morden zu tun habe?»
«Ich bin sicher, dass du nicht nur etwas damit zu tun hast, sondern dass du ganz tief in der Scheisse steckst.»
«Danke für das Kompliment, Francesco.»
Eines war klar, wenn sie auch eine gute Lügnerin war, sie stand in Kontakt mit ehemaligen Kollegen, allen voran mit Bernhard Meister, was dieser ja bereits bestätigt hatte.
«Elisabeth Fahrner hat mir gesagt, dass ihr euch ab und zu über Afrika unterhaltet», sagte er einer Eingebung folgend.
«Netter Versuch! Aber ich habe keinen Kontakt zu Frau Fahrner, weshalb auch? Die Frau hat zu wenig Format. Grosse Klappe, doch sobald Taten angesagt sind, kneift sie.»
«Dafür, dass Sie sie nicht kennen, kennen Sie sie ziemlich gut.»
«Ich habe sie beim Prozess beobachtet. Alles nur Show. Weltmeisterin im sich selbst belügen. Spielt die liebende Schwester, die ihren Bruder rächen will. Und wenns drauf ankommt, klopft sie die Finken.»
«Da habe ich eine ganz andere Vorstellung von ihr.»
«Was mich überhaupt nicht erstaunt. Sie sind eben auch nur eine kleine Polizistin ohne Weitblick, ohne Ehrgeiz und ohne Selbstachtung.»
«Soso. Wie äussert sich das Ihrer Meinung nach?»
«Wenn Sie nur ein wenig Pfeffer im Arsch hätten, würden Sie mir nicht so geduldig zuhören. Seit einer halben Stunde beleidige ich euch. Ohne Reaktion. Ihr nehmt das alles vollkommen gelassen hin. Ihr seid zwei armselige Kreaturen!»
«Du bringst uns nicht auf die Palme, Anita. Du warst einmal eine gute Polizistin. Bis zu dem Tag, an dem du mit Gewalt und ohne Verstand das Recht erzwingen wolltest. Du hast eine Dienstaufsichtsbeschwerde an den Hals gekriegt, aber nichts daraus gelernt. Du redest dir ein, dass wir dich loswerden wollten. Keine Spur von Einsicht. Es sind immer die anderen gewesen, die Fehler gemacht haben. Hier in Basel, dort in Chur. Es zieht sich wie ein roter Faden durch dein Leben. Karriere um jeden Preis. Fanatiker wie du braucht die Polizei nicht. Ich hoffe, dass ich nie so werde wie du.»
Sie sass mit hochrotem Kopf und geballten Fäusten am Tisch.
«Du wirst noch staunen, Francesco. Es kommt eine andere Zeit. Dann unterhalten wir uns noch einmal. Nur wir zwei.»
«Ich freue mich schon darauf, Anita. Falls du uns noch etwas sagen willst, dann ruf uns im Kommissariat an. Es ist sicher besser, wenn wir jetzt gehen, bevor mir der Kragen platzt und ich dir noch ganz andere Dinge sage.»
Schweigend gingen Nadine und Ferrari zur Wiese hinunter und setzten sich an das Flussufer. Es tat gut, dem unablässigen Fliessen zuzusehen. Wie sich die Menschen doch im Laufe der Zeit veränderten. Aus einer jungen talentierten Frau, der eine grosse Zukunft bevorstand, war eine gescheiterte verbissene Fanatikerin geworden. Die Schuld daran traf natürlich die anderen, im Fall Brogli die Männer. Dabei hätte sie es in Chur weit bringen können. Doch wiederum wurde sie vom Thron gestossen, wie sie es selbst formulieren würde. Was meinte sie bloss mit der Bemerkung, dass eine andere Zeit kommt?
«Starker Auftritt!»
«Von wem? Von Anita oder von uns?»
«Von beiden Parteien. Die Alte ist vollkommen durchgeknallt. Eine explosive Mischung – Meister, Fahrner und Brogli.»
«Mit dem, was sie über Elisabeth Fahrner gesagt hat, könnte sie recht haben.»
«Die Einsicht des Herrn Kommissärs nach einem durchzechten Spätnachmittag. Normalerweise wechseln Männer doch erst nach einer gemeinsamen Nacht die Fronten.»
«Elisabeth Fahrner ist keine Mörderin.»
«Aber ihr Hass ist gross genug, um die Fäden zu ziehen, gemeinsam mit Bernhard Meister. Und dein Stiefelchen ist das Werkzeug. Vollkommen durchgedreht und leicht zu manipulieren. So extrem habe ich mir das nicht vorgestellt. Jetzt müssen wir das Ganze nur noch beweisen. Übrigens dachte ich einen Augenblick lang, dass das Stiefelchen auf mich losgeht.»
«Wie hättest du reagiert?»
«Ihr mit deiner Hilfe das Genick gebrochen!»
Ferrari erhob sich mühsam und wischte imaginäre Gräser von der Hose. Nadines Theorie hatte etwas für sich, ja, ganz entschieden. Anita Brogli stand in engem Kontakt zu Bernhard Meister und ihr vernichtendes Urteil über Elisabeth Fahrner hatte den Kommissär genau vom Gegenteil überzeugt. Es existierte sehr wohl eine Beziehung zu der erfolgreichen Architektin. Sie haben es gemeinsam getan, ohne je zusammen gesehen worden zu sein. Die Lösung des Falls war in greifbarer Nähe, dessen war sich Ferrari sicher. Aber wie liess sich ihre Vermutung beweisen? Schwierig. Ein Geständnis musste her, doch es gab keinerlei Anzeichen der Schwäche. Bernhard Meister und Anita Brogli waren Profis, kaum zu knacken. Blieb nur noch Elisabeth Fahrner. Wir werden sie ins Kommissariat bestellen und in die Mangel nehmen. Vielleicht bricht sie zusammen. Und wenn nicht? Dann haben wir verloren, gestand sich Ferrari ein. Und mit uns die Gerechtigkeit.