18. Kapitel
«Wieso belügt uns Elisabeth Fahrner? Es gibt gar keinen Grund dafür. Peter konnte ja die Todeszeit nicht schlüssig feststellen. Gissler wurde am Freitagabend oder am Samstagvormittag ermordet. Also, was soll das?»
«Das weiss Elisabeth Fahrner offensichtlich nicht. So gut scheint der Informant doch nicht zu sein oder er beliefert nur Meister, der ganz gezielt einzelne Details streut. Ich gehe davon aus, dass sie weiss, wann Gissler ermordet worden ist. Daher die Lüge.»
«Hm.»
«Die Lösung ist mit Elisabeth Fahrner verwoben. Irgendwie. Mein Bauchgefühl täuscht mich selten, Nadine. Wir sollten uns eingehend mit ihr beschäftigen, alle Informationen zusammentragen, die wir finden können. Wir brauchen ein möglichst vollständiges Bild. Danach reden wir nochmals mit ihr. Ich möchte zu gern wissen, wo sie am Mittwochabend war.»
In den folgenden Stunden beschäftigten sie sich intensiv mit der Biografie von Elisabeth Fahrner, trugen alles zusammen, was für die Ermittlungen relevant war. Die anfänglich schattenhaften Umrisse gewannen mit jedem weiteren Puzzleteil an Klarheit. Nach dem dramatischen Tod ihres Bruders hatte Elisabeth Fahrner vom Jurastudium zur Architektur gewechselt. Ihre Karriere begann sie zunächst in einem kleinen Architekturbüro, wo sie im Rahmen der Möglichkeiten bereits mit achtundzwanzig Furore machte. Sie gewann für ihre modernen, der Natur angepassten Landschaftsbauten jede Menge Preise. Nachdem sie in einem Wettbewerb die ganze Konkurrenz ausgestochen hatte, wurde sie vom renommierten Architekturbüro Zech & Zech abgeworben.
Ein Privatleben existierte anscheinend nicht. Keine Liebschaften, keine Affären, kein Klatsch und Tratsch. Einfach nichts. Einzig das Gerücht ging um, Elisabeth Fahrner habe eine lesbische Beziehung hinter sich. Zurzeit wurde sie jedoch regelmässig von Ständerat Markus Schneider begleitet. Unklar war, ob es sich um eine rein freundschaftliche Verbindung oder um eine Liebesbeziehung handelte. Gut möglich, dass sich Elisabeth Fahrner zu älteren Männern hingezogen fühlte.
Immer wieder tauchte Madagaskar in ihrer Biografie auf. Nicht nur, dass sie diese Insel mehrfach bereist hatte, sie gehörte auch zu den Initiatoren einer Stiftung, die sich für die Rettung des Masoala-Regenwaldes einsetzte. Einen weiteren beruflichen Ausgleich fand die Architektin beim Joggen, wie die Interneteinträge von Datasport verrieten. Zehn Kilometer in 50.08,3 – das war echt gut.
Nadine liess sich für den späteren Nachmittag einen Termin bei der erfolgreichen Architektin geben.
Das Büro im St. Alban-Tal war karg und streng geometrisch eingerichtet. Alles aufs Notwendigste reduziert. Kühl wie in einem Badezimmer, dachte Ferrari. Eine Fotografie hing ganz hinten im Büro an der Wand, ansonsten befand sich kein einziger persönlicher Gegenstand im Raum. Damit ja niemand sieht, was ich privat mache, wie ich denke, was mir gefällt und wie ich fühle! Die drei grossen Arbeitstische waren hingegen von Architekturplänen und Modellen übersäht.
«Danke, dass Sie Zeit für uns haben, Frau Fahrner», begann der Kommissär das Gespräch.
«Besser so. Sonst ergeht es mir doch nur wie dem armen Markus. Setzen Sie sich. Einen Drink?»
Ferrari blickte auf die Uhr.
«Es ist bald Feierabend. Da würde ich doch sagen, einen Martini mit viel Eis, aber ohne Wasser.»
«Und für Sie, Frau Kupfer?»
«Ein Mineralwasser.»
Elisabeth Fahrner reichte dem Kommissär ein Glas Martini, schob Nadine eine Flasche Mineralwasser mitsamt Glas über den Tisch und goss sich selbst einen Whisky ein.
«Das erinnert mich an einen meiner früheren Fälle.»
«Ah ja?»
«Einer meiner düstersten Fälle, in dem auch ein berühmter Architekt eine Rolle spielte.»
«Der alte Bauer?»
«Genau. Kannten Sie ihn?»
«Er ist immer mein Vorbild gewesen. Ich habe ihn sogar einmal persönlich kennengelernt. Als Anfängerin nahm ich meinen ganzen Mut zusammen, pilgerte nach Bottmingen und klopfte an seine Haustür. Wir haben uns einen ganzen Nachmittag unterhalten. Er hat sogar meine Arbeiten angeschaut. Als ich mich verabschiedete, sagte er mir, dass ich eine grosse Zukunft vor mir hätte. Das habe ich nie vergessen.»
«Er scheint sich nicht getäuscht zu haben.»
«Halb so wild. Einiges ist schlicht gestohlen. Bauer gab mir damals den Wink …»
«… sich mit der Natur auseinanderzusetzen. Im Einklang mit der Natur zu arbeiten. Auf sie zu hören. Die Natur baut die grössten und besten Werke.»
«Genau! Woher wissen Sie das?»
«Ich hatte ebenfalls das Vergnügen, mich mit ihm unterhalten zu dürfen. Leider war der Anlass nicht besonders erfreulich. Aber der alte Mann hinterliess bei mir einen unvergesslichen Eindruck.»
«Stimmt, ein äusserst beeindruckender Mensch. Genial und charismatisch. Dieser Besuch damals war ein Schlüsselerlebnis, meine Initialzündung sozusagen. All meine Werke tragen sein Gedankengut in sich, sie sind eine Hommage an ihn. Sein Tod hat mich sehr getroffen.»
«Woran arbeiten Sie im Augenblick?»
«Kommen Sie. Ich zeige es Ihnen.»
Sie enthüllte das Modell eines monumentalen Bauwerks im Massstab 1:100.
«Das neue Kunsthaus von Moskau, vom russischen Präsidenten persönlich in Auftrag gegeben.»
«Wow! Sehr imposant.»
«Vielen Dank. Ich bin auch recht stolz darauf. Im Frühling beginnen die Bauarbeiten. Wir hoffen, dass wir in zwei Jahren die Eröffnung feiern können, wenn nichts dazwischen kommt. Man weiss ja nie, wie sich die politischen Verhältnisse entwickeln. Das nächste Bauwerk werde ich dann in China realisieren, allerdings existiert das Modell erst in meinem Kopf.»
«Sie sind sehr erfolgreich.»
«Danke. Ich hatte auch Glück. Noch einen Martini?»
Ferrari wusste, dass er eigentlich Nein sagen müsste.
«Noch einen kleinen.»
«Sie wollten doch ursprünglich Juristin werden. Wieso haben Sie zur Architektur gewechselt?»
«Ah, die Kommissärin hat sich auf unser heutiges Gespräch vorbereitet. Meine Biografie gelesen, soweit diese bekannt ist.»
«Ein wenig. Weshalb brachen Sie Ihr Jurastudium ab?»
«Meinem Vater zuliebe. Es war sein sehnlichster Wunsch, dass eines seiner Kinder Architektur studiert. Beat war dazu auserkoren. Nach … nach seinem Tod war die Reihe an mir und so habe ich gewechselt. Keine schlechte Entscheidung, das muss ich im Nachhinein sagen.»
«Ist das Foto dort hinten an der Wand von Madagaskar?»
Sie drehte sich um.
«Der Masoala-Regenwald, um es genau zu sagen. Meine grosse Liebe. Ich fliege jedes Jahr dorthin. Es ist eines der letzten Paradiese dieser Welt. Waren Sie schon einmal auf Madagaskar?»
«Nein.»
«Dann haben Sie etwas verpasst, Frau Kupfer. Der Regenwald auf der Halbinsel Masoala ist einer der weltweit artenreichsten Lebensräume. Viele einzigartige Pflanzen- und Tierarten befinden sich dort und es werden laufend neue entdeckt. Leider sind nur noch vier Prozent des ursprünglichen Regenwaldes intakt. Der Zoo Zürich hat vor sechs Jahren ein Stück dieser einzigartigen Landschaft künstlich nachempfunden. Fantastisch, ein Besuch lohnt sich. Dort bekommen Sie eine kleine Vorstellung von der unendlichen Schönheit, die Sie auf Madagaskar erwartet. Ich engagiere mich für die Erhaltung dieser ungeheuren Natur. Aber das wissen Sie vermutlich schon.»
«Ja, so viel konnten wir über Sie herausfinden. Wir würden uns gern mit Ihnen über Arnold Gissler und Robert Selm unterhalten. Sie wissen, dass wir mit Markus Schneider gesprochen haben?»
«Ja, er rief mich gestern Abend an, um sich bei mir zu entschuldigen.»
«Wofür?»
«Dass er mir für den 3. Juli kein Alibi geben konnte. Mein Fehler, Herr Kommissär. Ein Mann, der in der Öffentlichkeit steht, ist wohl nicht die beste Wahl für ein Alibi.»
Damit hatte sie Ferrari bereits den Wind aus den Segeln genommen.
«Wieso haben Sie gelogen?»
«Eine Kurzschlusshandlung. Ich wurde von der Todesnachricht überrascht. Um nicht als Tatverdächtige dazustehen, habe ich mir das Alibi aus den Fingern gesogen. War ziemlich dumm.»
«Wo waren Sie denn wirklich an diesem Abend?»
«Zu Hause.»
«Was Ihre Eltern bestimmt bezeugen können.»
«Mit absoluter Sicherheit, Frau Kupfer.»
«Was fühlen Sie, wenn Sie daran denken, dass Gissler und Selm tot sind?»
«Genugtuung! Mehr noch. Es befriedigt mich! Ich bedaure nur eines – dass ich nicht weiss, wem ich die Teilerfüllung meines grössten Wunsches zu verdanken habe. Zudem hoffe ich von ganzem Herzen, es erwischt die beiden anderen auch noch und dass Sie den Täter nie zu fassen kriegen.»
Aus ihren Augen blitzte unbändiger Hass.
«Haben Sie überhaupt kein Mitleid, Frau Fahrner? Wir reden hier ebenfalls von Mord, und zwar von vorsätzlichem Mord.»
«Mitleid?! Wer hatte damals mit meinem Bruder Mitleid?»
«Ihre Wut ist verständlich, sogar Ihr Hass. Doch Selbstjustiz ist keine Lösung. Sollte es dem Mörder gelingen, alle vier damaligen Angeklagten zu töten, sind nicht nur vier Menschen tot. Drei unschuldige Kinder verlieren ihre Väter, zwei Frauen würden zu Witwen. Vergessen Sie nicht, dass alle in den vergangenen Jahren bitter für ihre Tat gebüsst haben. Vielleicht mehr, als Sie es sich vorstellen können. Und alle versuchten auf ihre Weise, Gutes zu tun in der verzweifelten Hoffnung, den Tod an Ihrem Bruder ungeschehen zu machen.»
Sie schaute den Kommissär irritiert an.
«Gissler lebte spartanisch, völlig zurückgezogen, gönnte sich nichts und setzte sich im Geschäft für seine Kollegen ein. Selm entwickelte sich zu einem Börsencrack, der ein Vermögen anhäufte. All das Geld spendete er irgendwelchen wohltätigen Stiftungen. In seinen Häusern, er besass zwölf Mehrfamilienhäuser, leben ältere Menschen, ohne Miete zu zahlen oder nur einen symbolischen Beitrag. Richter kämpft für die alten Menschen, damit sie ein besseres Leben führen können, und Stähli hat Hunderten von Frauen medizinisch geholfen. Er hat sein Leben in den Dienst der Krebsbekämpfung gestellt. Zählt das alles nichts in Ihren Augen?»
«Noch einen Martini?»
«Was? Nein … ja, doch einen kleinen.»
Elisabeth Fahrner schenkte sich ebenfalls einen weiteren Whisky ein.
«Sie haben meinen Bruder brutal ermordet! Nur das zählt. Dafür gibt es keine Vergebung. Und als wäre unser Leid nicht schon gross genug gewesen, sind sie jeglicher Bestrafung entgangen.»
«Mit einem guten Anwalt, und Hartmann ist ein Staranwalt, hätten sie auf Totschlag plädieren können. In fünf oder spätestens sieben Jahren wären sie wieder auf freiem Fuss gewesen. In Tat und Wahrheit büssen sie mittlerweile seit fünfzehn Jahren. Keiner von ihnen hat auch nur eine Minute seines Lebens wirklich genossen. Das Damoklesschwert hängt die ganze Zeit über ihnen. Der Mord an Ihrem Bruder verfolgt sie, treibt sie unbarmherzig an, Gutes zu tun. Was haben Sie in der Zwischenzeit getan, Frau Fahrner?»
«Ich glaube nicht, dass ich mich Ihnen gegenüber rechtfertigen muss. Mir scheint, dass Sie auf Seiten der vier Mörder sind.»
«Dummes Zeug! Ich kann nur Ihre Selbstgerechtheit nicht ausstehen.» Ferrari merkte, dass ihm der Alkohol langsam zu Kopf stieg. «Ihr Leben besteht anscheinend nur aus Rache.»
«Ich würde es ausgleichende Gerechtigkeit nennen. Ja, sie ist ein Bestandteil meines Lebens, das gebe ich zu.» Elisabeth Fahrner sprach konzentriert, der Whisky zeigte Wirkung. «Habe ich denn kein Recht dazu?»
«Das Recht ist klar definiert. Dafür haben wir eine Gesetzgebung. Sie aber spielen Rachegöttin.»
«Einer muss es doch tun, verdammt noch mal. Wollen Sie noch einen Martini?»
Ferrari wollte die Frage mit Nein beantworten, hörte sich aber sagen, «noch einen, dann ist Schluss.»
Nadine verfolgte das Gespräch aufmerksam. Es verlief in eigenartigen Bahnen, aber wer weiss, vielleicht konnte Ferrari auf diesem Weg ihren harten Panzer knacken. Abwarten und Mineralwasser trinken. Der Kommissär und Elisabeth Fahrner schienen ihre Anwesenheit ohnehin vollkommen vergessen zu haben. Die Architektin schwankte leicht, als sie mit zwei gefüllten Gläsern zurückkam.
«Wow! Das ist aber kein Kleiner. Wo waren wir stehen geblieben?»
«Sie werfen mir vor, dass ich ein Racheengel bin. Wer soll es denn sonst tun, wenn die Justiz versagt? Und die ganze Scheisspolizei!»
«Niemand», provozierte Ferrari mit Absicht.
«Niemand?», schrie sie. «Die Schweine einfach laufen lassen? Sie sollen ihrer Strafe entgehen?»
«Sie sind genug bestraft worden und werden sich wohl ihr ganzes Leben lang auch weiterhin selbst bestrafen. Zumindest die zwei Übriggebliebenen, um es genau zu nehmen.»
«Sie werden nicht übrig bleiben, da bin ich mir sicher.»
«Es reicht Ihnen also noch nicht, zwei umgebracht zu haben. Sie wollen Ihr Werk vollenden?»
Sie lachte bitter.
«Sie kriegen mich nicht, Herr Kommissär. Mein Gewissen ist rein. Ich habe nichts mit der Sache zu tun.»
«Darüber denke ich anders. Wenn Sie auch nicht zugestochen haben, dann sind Sie doch der Kopf des Ganzen.»
«Es ehrt mich, dass Sie mir das zutrauen.»
«Wo waren Sie am 3. Juli?»
Nadine verdrehte die Augen. Das hatten wir doch bereits, Francesco. Hör auf zu trinken!
«Zu Hause. Wie bereits gesagt.»
«Und am … am …?», er sah Nadine an.
«Am 8. Juli!»
«Genau! Wo waren Sie am 8. Juli zwischen …?»
«Elf und Mitternacht», stöhnte Nadine.
«Ebenfalls zu Hause.»
«Das stimmt nicht. Sie wurden von einer Zeugin gesehen.»
«Ach, die kleine Türkin aus der Hammerstrasse.»
Jetzt habe ich sie, frohlockte Ferrari.
«Sie geben also zu, dass Sie sich in der Nacht vom 8. Juli in der Hammerstrasse aufgehalten haben?»
«Nichts gebe ich zu.»
«Woher kennen Sie Iris Okaz?»
«Ich kenne sie nicht.»
«Sind Sie mit einer Gegenüberstellung einverstanden?»
«Machen Sie sich nicht lächerlich, Herr Kommissär. Sie wissen genauso gut wie ich, dass diese … diese …», es fiel ihr sichtlich schwer, ihre Gedanken zu ordnen.
«Iris Okaz», half Nadine.
«… diese Okaz mich nicht identifizieren kann.»
«Aber Sie haben an diesem Abend Iris Okaz gesehen», insistierte Ferrari.
«Ich war zu Hause.»
«Woher wissen Sie, dass Iris Okaz in der Hammerstrasse wohnt und Sie gesehen hat?»
«Markus sagte mir, dass diese … diese …»
«Okaz, Iris Okaz», sprang Nadine erneut ein.
«… diese Okaz eine Frau am Steuer eines schwarzen Wagens gesehen hat.»
«Diese Frau, das waren Sie!»
«War ich nicht!»
«Waren Sie doch!»
«Nein!»
«Doch!»
Die Befragung geriet allmählich zur Farce. Reiss dich zusammen, Francesco, sonst ist die ganze Übung umsonst, dachte Nadine, die nervös auf ihrem Stuhl hin und her rutschte.
«Wollen Sie noch einen Martini?»
«Doch … ich meine nein … ich meine ja!»
Elisabeth Fahrner schwankte zur Bar, schenkte nochmals zwei Getränke ein und reichte eines dem Kommissär. Schweigend nippten sie an ihren Gläsern und fixierten sich. Die Ruhe tat gut, wenngleich sie jener vor dem Sturm ähnelte …
«Was Sie da gesagt haben …»
«Was?»
«Mit den Familien. Das habe ich mir so noch nie überlegt. Stimmt es? Ich meine, dass sie gute Menschen geworden sind?»
«Bessere als Sie und ich wahrscheinlich», lallte der Kommissär.
«Mein Gott ist das ein Scheissleben!»
«Scheissleben!», wiederholte Ferrari. Er nahm Elisabeth Fahrner das leere Glas aus der Hand, schwankte zur Bar und füllte beide Gläser nach.
«Hier, trinken Sie!»
«Aber das Versprechen muss doch eingehalten werden.»
«Versprechen müssen immer eingehalten werden», bestätigte der Kommissär monoton.
«Man muss es zu Ende bringen.»
«Alles hat einmal ein Ende», murmelte Ferrari leise.
«Verhaften Sie mich jetzt?»
«Sie verhaften? Wieso? Haben Sie etwas verbrochen?»
Wortlos erhob sich der Kommissär und verliess, auf Nadine gestützt, das Büro. Zurück blieb eine betrunkene Elisabeth Fahrner, die in ihre eigene Welt abgetaucht war. Wie in Trance torkelte die Architektin erneut zur Bar, füllte das Glas randvoll mit Whisky, wischte mit einer energischen Bewegung alle Blätter vom Zeichnungstisch, um sich im nächsten Augenblick weinend über den Tisch zu werfen.
Währenddessen führte Nadine den torkelnden Kommissär am Rheinbord entlang zum nächsten Taxistand.
«Bravo, gute Befragung!»
«Hm!»
Ferrari war übel, kotzübel. Und die Welt, die drehte sich in nicht enden wollenden Kreisen. Nadine setzte sich im Taxi neben den Kommissär, der seinen Kopf an ihre Schulter lehnte. Der Taxifahrer blickte mehrmals in den Rückspiegel, vermutlich in Sorge um seinen sauberen Rücksitz. In Birsfelden angekommen, benötigte Nadine eine Viertelstunde, bis Ferrari endlich in der oberen Etage auf seinem Bett lag. Kaum hatte sich Nadine abgewandt, ertönte ein dumpfes Schnarchen. Ballast abgeladen. Schlaf gut, Chef. Monika wird bald nach Hause kommen und sich um dich kümmern! Und so war es auch. Monika fand ihren Francesco tief schlafend und mit einer starken Alkoholfahne auf dem Bett liegend. Das rechte Bein baumelte über die Bettkante.