3
»Ja, alles in Ordnung«, erwiderte Meena automatisch.
Sie öffnete die Tür und stieg aus – mit zitternden Knien, aber so würdevoll wie möglich. Lucien hielt ihr die Tür auf, weil er der Typ Mann war, der einer Frau prinzipiell die Tür aufhielt.
Er war allerdings auch der Typ Mann, der einmal vor Meenas Augen eine Kirche zerstört und sie dabei mit einigen ihrer Freunde beinahe getötet hätte. Daran musste sie auch immer denken.
»Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?«, fragte er.
Ehrlich gesagt hatte sie das Gefühl, ohnmächtig zu werden, doch sie log und wiederholte: »Es geht mir gut.« Außerdem war es nicht komplett gelogen. Die Nachtluft roch köstlich frisch nach dem Gestank in Davids Volvo – trotz der Müllhaufen in einer Nebenstraße –, und sie fühlte sich neu belebt.
»Ist er …?« Sie sah zu David, der immer noch über seiner Motorhaube lag, den Kopf unnatürlich verrenkt. Rasch blickte sie wieder weg. »Ist er …?«
Lucien runzelte die Stirn. »Theoretisch war er schon tot, bevor er hierhergekommen ist. Aber im Moment erholt er sich nur von einem gebrochenen Genick. Hier. Du blutest.«
Er reichte ihr ein Taschentuch. Meena schaute erschreckt an sich herunter. Vorne auf ihrem Kleid waren Blutspritzer.
»Ach, du lieber Himmel!«, sagte sie. »Wo …?«
Lucien deutete vage auf seinen Hals.
»Er hat mich gebissen?« Zu spät fiel ihr ein, wie David seine Lippen an ihren Hals gepresst hatte und wie erleichtert sie gewesen war, dass sie seinen fauligen Atem nicht mehr hatte riechen müssen. »Aber ich habe nichts gespürt …«
Sie brach ab. Sie hatte auch nichts gespürt, wenn sie in der Vergangenheit gebissen worden war.
Von dem Mann, der neben ihr stand.
»Nein. Du sollst es auch nicht spüren.« Offensichtlich erinnerte sich Lucien auch an diese Zeiten. Doch er wandte diskret den Blick ab und betrachtete David. »Wer ist das? Ein Freund von dir?«
Er sprach das Wort Freund voller Abscheu aus, auch wenn er sich bemühte, sich nichts anmerken zu lassen.
»Nur jemand, mit dem ich mal zusammen war«, erwiderte Meena. Sie drückte das Taschentuch an ihre Kehle und blickte Lucien an. Auf ihn traf genau das Gleiche zu.
Allerdings war er im Moment in wesentlich besserer Verfassung als David. Sehr groß, mit breiten Schultern und dicken, glänzenden, dunklen Haaren. In seinem dunklen Brioni-Anzug und dem frischen weißen Hemd wirkte er so attraktiv und beherrscht wie immer. Es war so, als hätten sie sich gestern erst gesehen.
Aber tatsächlich war es schon sechs Monate her.
Sechs Monate, in denen die Leute, für die sie arbeitete – vor allem Alaric Wulf – jeden Quadratmillimeter der Stadt und der näheren Umgebung durchkämmt hatten, um – ohne Erfolg – nach ihm zu suchen.
Und nun stand er hier, als sei er nie weg gewesen.
»Ich habe von ihm geträumt«, fuhr Meena langsam fort. Sie fühlte sich immer noch ein bisschen benommen. »Ich wollte ihm sagen, dass er in Gefahr war …«
»Ja, natürlich«, unterbrach Lucien sie und zog amüsiert die Mundwinkel hoch. »Ich nehme an, er hat den Ort eures Treffens ausgesucht?«
»Nein, ich. Aber …« Ihre Handgelenke pochten, weil David sie so fest umklammert hatte. »Wie konnte das nur passieren?«
»Anscheinend ist er in schlechte Gesellschaft geraten, seit du das letzte Mal mit ihm zusammen warst«, sagte Lucien. Er lächelte jetzt nicht mehr. »Nur sehr wenige Menschen können dem Angebot, unsterblich zu werden, widerstehen. Vampirismus ist ein verlockender, aufregender Lebensstil.«
Meena blickte zu Boden. Sie gehörte zu den »sehr wenigen Menschen«, die der Verlockung, Vampir zu werden, widerstanden hatten. Deshalb waren Lucien und sie auch nicht mehr zusammen.
Na ja, das war zumindest einer der Gründe.
»Ich kann es nicht fassen, dass er ein Vampir ist«, sagte sie. »Er hatte eine Frau. Und ein Baby.«
»Nun, jetzt hat er gar nichts mehr«, antwortete Lucien. »Außer einem unstillbaren Appetit nach Blut. Oh, und offensichtlich auch nach Alkohol. Er stinkt wie eine Schnapsbrennerei.«
»Ich habe ihm die Schlüssel weggenommen.« Meena hielt die Schlüssel hoch. »Ich dachte, wenn er so betrunken ist, sollte er besser nicht Auto fahren. In seinem Zustand hielt ich es für ihn auf der Straße für zu gefährlich.«
»Es ist in seinem Zustand tatsächlich gefährlich für ihn auf der Straße«, stimmte Lucien ihr zu. »Aber nicht wegen seiner Fahrsicherheit.«
Deprimiert dachte Meena, dass sie sich so ihre erneute Begegnung mit Lucien nicht vorgestellt hatte.
Dass sie ihm wiederbegegnen würde, hatte sie sich nämlich häufiger vorgestellt, als sie sich eingestehen wollte.
Doch sie wusste, dass es falsch war, und zwar nicht nur, weil er der meistgesuchte Mann in der gesamten Dämonen bekämpfenden Welt war – fast an jeder Wand im Hauptquartier der Geheimen Garde hingen Schwarzweißfotos von ihm. Jeden Tag ging sie auf dem Weg zur Arbeit in den Fluren daran vorbei –, sondern auch wegen der anderen Träume, die sie hatte. Seit Lucien und sie sich getrennt hatten, träumte sie von ihm.
Diese Träume hatten sie dazu bewogen, eine unorthodoxe Anfrage an eine hoch geheime Abteilung ihres Arbeitgebers zu richten.
Meena war sich noch nicht einmal sicher, dass das, was sie wollte, dort war. Aber wenn, dann konnte es der Schlüssel zu allem sein.
Bislang war die Antwort jedoch nur ein entschiedenes »Kein Kommentar« gewesen.
»Wieso habe ich nicht gleich gemerkt, dass er schon tot ist?«, fragte sie niedergeschlagen und blickte auf Davids Körper. Wenn das jetzt so weiterging, dann konnte sie auch gleich kündigen. Möglicherweise arbeitete sie besser wieder als Drehbuchautorin.
Andererseits fand niemand, den sie kannte, in dieser Branche noch einen Job, weil zurzeit Reality-Shows, wie zum Beispiel die über Hausfrauen in New York City, so erfolgreich waren.
»Sei nicht so streng mit dir«, sagte Lucien lächelnd. »Er ist höchstens erst seit einem oder zwei Tagen verwandelt. Und er scheint nicht besonders gut damit klarzukommen, seinem Alkoholkonsum nach zu urteilen. Und wenn er nach Hause gegangen wäre, hätte er natürlich die Mutter und das Baby umgebracht. Deshalb hast du heute Abend zwei Menschenleben gerettet.«
»Du hast zwei Menschenleben gerettet«, verbesserte sie ihn und sah ihn an. Das musste sie unbedingt Alaric Wulf erzählen, der so oft fluchte, dass Lucien Antonescu die Verkörperung des Bösen sei. Warum sollte jemand Böses daran interessiert sein, Menschenleben zu retten? Aber sie konnte es Alaric natürlich doch nicht erzählen, weil er sonst Lucien aufspüren und enthaupten würde. »Drei, wenn du mich dazu rechnest.«
»Das glaube ich nicht«, erwiderte Lucien kühl. »Er wollte dich sicher nicht töten.« Er zeigte auf ihren Hals. »Würde es dir etwas ausmachen? Ich finde das ein bisschen … ablenkend.«
»Oh.« Errötend drückte sie das Taschentuch gegen die Wunde an ihrem Hals. »Entschuldigung.«
Das untermauerte nicht gerade die Theorie, dass Lucien nicht so war wie andere Vampire, dachte sie grimmig. Offensichtlich war er gegen den Anblick von Blut nicht immun.
Noch nicht einmal, wenn es sich um ihr Blut handelte.
»Darf ich fragen«, sagte Lucien, während er über die Straße auf einen Haufen alter Möbel zusteuerte, die neben den Mülltonnen vor einer Vordertreppe aufgestapelt waren, »warum du dich mit ihm in seinem Auto getroffen hast? Ich hätte dich für vorsichtiger gehalten.«
Meena band sich das Taschentuch um den Hals. Er drehte einen Lehnstuhl um und trat heftig gegen eins der Beine.
»Vor allem …« Er reichte ihr das zersplitterte Stück Holz, dann trat er zu David, der trotz seines grässlich verdrehten Halses bereits wieder zu sich kam. »… wenn man bedenkt, wo du jetzt arbeitest. Oder haben sie es dir nicht besser beigebracht?«
Empört reckte sie das Kinn.
»Doch, ganz gewiss«, antwortete sie. »Aber das hier war etwas anderes. Ich kenne ihn doch.«
»Du kanntest ihn«, korrigierte Lucien sie.
»Ich habe gemeint, dass wir alte Freunde waren«, sagte Meena. »Wir haben zusammengelebt. Aber trotzdem war ich vorsichtig, schließlich habe ich ihm ja nicht gesagt, wo ich wohne oder so.«
Er warf ihr einen spöttischen Blick zu. »Nein. Diese Information hältst du erfolgreich geheim.«
Meena blickte ihn scharf an. Wie meinte er das? Hatte er sie ebenfalls gesucht, so wie die Geheime Garde ihn suchte?
Nun, anscheinend hatte er sie ja gefunden. Wahrscheinlich sogar schon seit einiger Zeit. Warum mochte er wohl gewartet haben, bis sie angegriffen wurde, bevor er den Versuch machte, mit ihr zu sprechen?
»Vermutlich ist mir einfach nicht in den Sinn gekommen«, sagte sie niedergeschlagen, »dass jemand, den ich einmal geliebt habe, mich umbringen wollte.«
Obwohl Lucien genau dasselbe versucht hatte … wenn auch aus anderen Gründen.
»Aber er wollte dich doch gar nicht töten, oder?«, entgegnete Lucien. »Ich dachte, du wüsstest das. Was hast du mir noch mal über die Tochter des trojanischen Königs erzählt?«
Meena traten plötzlich Tränen in die Augen … nicht aus Zorn, sondern weil er sich daran erinnerte. Es war ein Gespräch in glücklicheren Zeiten gewesen. Sie war sich mittlerweile ziemlich sicher, dass sie ein solches Glück nie wieder erleben würde. Es sei denn, sie konnte allen beweisen – einschließlich Lucien selbst –, dass er nicht das Monster war, für das ihn alle hielten.
»Dass sie die Gabe besaß, Dinge vorauszusehen«, sagte sie und schlug die Augen nieder, damit Lucien ihre Tränen nicht sah. »Und weil sie die Liebe eines Gottes verschmähte, verwandelte der Gott diese Gabe in einen Fluch, so dass niemand ihre Prophezeiungen glaubte, obwohl sie wahr waren.«
»Nun«, erwiderte Lucien, »deine Prophezeiungen werden geglaubt. Von ihnen.« Seine Stimme klang bitter, als er mit dem Kinn in Davids Richtung wies. »Wie du weißt, besitzt jeder Dämon, der dein Blut trinkt, zumindest eine Zeitlang deine prophetische Gabe. Das ist für die meisten eine unwiderstehliche Verlockung. Und anscheinend schrecken sie nicht davor zurück, deine Freunde und Verwandten zu verwandeln, um dich aus deinem Versteck zu locken. Ich habe dir ja einmal Schutz davor angeboten, aber du hast ihn abgelehnt.«
Meena wischte sich mit dem Handrücken die Tränen ab.
»Du hast recht«, sagte sie und warf David einen Blick zu, der auf der Motorhaube versuchte, seinen Kopf wieder in eine normale Position zu drehen. »Ich habe dein Angebot abgelehnt, weil mir der Preis dafür zu hoch war. Und ich hätte mich nie mit ihm treffen sollen. Ich hätte nie meine Wohnung verlassen sollen, außer um zur Arbeit zu gehen. Warum sollte ich erwarten, ein normales Leben zu führen?«
Lucien warf ihr einen zerknirschten Blick zu. Anscheinend bedauerte er seine harten Worte.
»Meena«, sagte er, »ich wollte nicht …«
»Nein«, unterbrach sie ihn. Sie zuckte mit den Schultern. »Es stimmt ja alles. Bis auf eines.« Sie sah ihn an. »Du bist kein Gott, Lucien.«
»Nein.« Seine Lippen zuckten schmerzlich. »Ich weiß. Wenn ich einer wäre, würde ich …«
Aber er kam nicht dazu, seinen Satz zu beenden, weil David sich aufgesetzt hatte und sie anschaute. »Wer bist du?«, fragte er Lucien.
Der Himmel, der bisher wolkenlos gewesen war, wurde dunkel. Der Mond verschwand hinter dichten Sturmwolken. Die Musik aus dem Fenster in der Nähe ertönte schon lange nicht mehr. Ein kühler Wind war aufgekommen, wirbelte welke Blätter und leere Plastiktüten auf und fuhr durch Meenas Haare und unter den Saum ihres Rockes.
»Du solltest mich kennen.« Luciens Stimme war so tief und herrisch, dass sie durch Meenas Brust zu schallen schien. Sie bekam Gänsehaut. »Ich bin der Unheilige, Herrscher aller Dämonen auf der sterblichen Seite der Hölle, das Böse in menschlicher Gestalt. Ich bin der dunkle Prinz, Sohn von Vlad dem Pfähler, auch bekannt unter dem Namen Dracula.«
Als er den Namen Dracula aussprach, wehte erneut Wind durch die Straße, dieses Mal aus einer anderen Richtung, und alle Blätter und Plastiktüten wurden wieder aufgewirbelt. Meena erschauerte und hielt ihre Strickjacke mit einer Hand zusammen. David schien sie zum ersten Mal zu bemerken, seit er aufgewacht war.
»Oh«, sagte er etwas weniger störrisch. Er wandte sich ihr zu. »Ja, ich erinnere mich. Ich glaube, jemand hat dich erwähnt. Aber sie haben gesagt, du wärst tot.«
»Wie du sehen kannst« – Lucien packte David am Hemd und zog ihn näher zu sich heran –, »war das eine Fehlinformation. Und wer sind Sie?«
Davids Blick glitt wieder zu Meena. »Hey«, bat er sie, »willst du mir nicht hier heraushelfen?«
Mit dem Stück Holz, das Lucien ihr gegeben hatte, zeigte sie auf das Taschentuch um ihren Hals.
»Entschuldigung«, sagte sie. »Erinnerst du dich nicht mehr? Das warst du. Und du hast noch andere Dinge gemacht, die ich aber jetzt nicht erwähnen will.«
Zu ihrer Überraschung brach David in Tränen aus.
»Es tut mir leid«, schluchzte er. »Ich wollte das nicht. Ich schwöre, ich wollte das nicht. Es überkam mich einfach. Ich weiß auch nicht, was in der letzten Zeit mit mir los ist. Ich glaube, ich bin krank oder so. Meena, kannst du mal meine Stirn fühlen? Ich glaube, ich habe Fieber.«
Meena zog die Augenbrauen hoch. »Oh«, sagte sie, »du hast ganz bestimmt kein Fieber.«
Lucien hatte für Davids theatralischen Auftritt gar nichts übrig. Er hob den kleineren Mann einfach an seiner Hemdbrust von der Motorhaube.
»Sag mir, wer dich verwandelt hat und wer dich zu diesem Mädchen geschickt hat, oder ich reiße dir den Kopf ab«, schrie er.
»Ich weiß nicht«, schluchzte David. »Ich weiß nicht, wovon du redest. Bitte lass mich wieder herunter. Es tut mir leid, was ich Meena angetan habe. Ich habe doch gesagt, ich konnte nichts dagegen …«
Lucien drückte David den Hals zu, so dass er seinen Satz nicht zu Ende bringen konnte. Zwar brauchten Vampire nicht zu atmen, aber die Laute, die David von sich gab, waren unerträglich für Meena. Offensichtlich litt er furchtbar.
»Lucien«, sagte sie, »hör auf. Du tust ihm weh. Er hat doch gesagt, dass er nichts weiß.«
»Er lügt«, erwiderte Lucien emotionslos. Er sah sie nicht an. »Er ist böse und verdorben.«
»Manche Leute würden von dir dasselbe behaupten«, entgegnete sie. »Wie soll ich sie davon überzeugen, dass sie sich irren und dir eine zweite Chance geben müssen, wenn du mir nicht dabei hilfst?«
Lucien warf ihr einen erschreckten Blick zu. »Wie meinst du das?«
»Ich weiß, dass Gutes in dir steckt, Lucien«, sagte sie. »Und ich versuche, die Leute, für die ich arbeite, davon zu überzeugen, dass ich recht habe. Aber du machst es mir wirklich schwer, wenn du herumgehst und Leute quälst. Auch wenn sie es verdient haben.«
Er starrte sie an, als sei sie wahnsinnig.
»Wieso bittest gerade du mich, ihm Gnade zu erweisen?« , fragte er. »Nach allem, was er versucht hat, dir anzutun? Wie kannst du bloß Mitleid mit ihm haben? In ihm steckt keine Spur Menschlichkeit mehr.«
»Für David mag das zutreffen«, antwortete Meena. »Aber ich weigere mich, das auch von dir zu glauben. Wie kann ich das, nach allem, was wir zusammen erlebt haben? Aber wenn du das wirklich glaubst«, fuhr sie fort und griff in ihre Tasche, um ihr Handy herauszuziehen, »bitte.«
»Was tust du da?«, wollte er erstaunt wissen.
»Meinen Job«, erwiderte sie. Irgendwie musste sie es ihm doch begreiflich machen. »Du bist böse und verdorben. Er auch. Also informiere ich die Geheime Garde, dass ich euch beide gesichtet habe.«
Ihre Blicke trafen sich, als sie das Handy ans Ohr hielt.
Und einen Augenblick lang schien alles zu verschwinden … die dunkle, verlassene Straße, der schluchzende Vampir, die zersplitterte Windschutzscheibe, das kaputte Auto. Alles. Es gab nur noch sie beide, so wie früher – bevor sie entdeckt hatte, dass er ein Vampir war; bevor er ihre schreckliche Gabe erkannt hatte – als sie sich ineinander verliebt hatten und voller Hoffnung für die Zukunft gewesen waren.
Eine Zukunft, die zerstört worden war, als Alaric Wulf bei Meena aufgetaucht war und ihr Luciens wahre Identität enthüllt hatte.
Und genau in diesem Moment – als Lucien und sie sich ineinander verloren – bewies David, dass tatsächlich keine Spur von Menschlichkeit mehr in ihm steckte und der Dämon in ihm ihn völlig beherrschte. Er schlug Lucien so heftig gegen die Brust, dass dieser überrascht ein paar Schritte zurücktaumelte und ihn losließ.
David nutzte die Gelegenheit jedoch nicht, um zu fliehen, wie jeder andere Dämon es getan hätte, sondern stürzte sich auf Meena, das Gesicht zu einer Maske voller Wut und Hass verzerrt, den Mund weit aufgerissen, um seine messerscharfen Fangzähne in die zarte Haut ihres Halses zu schlagen.
Lucien machte einen Satz auf ihn zu, aber es war zu spät. Pech für David.
Denn dieses Mal war Meena auf ihn vorbereitet. Sie hielt nur das gezackte Stuhlbein hoch, das Lucien ihr gegeben hatte. Durch die Wucht des Aufpralls wurde es tief in seine Brust getrieben.
Er blickte sie verwundert an.
»Meena«, sagte er verletzt.
Eine Sekunde später war er in einer Wolke aus Knochen und Staub zerplatzt.