Neuntes Kapitel

Ich habe es getan, Maman. Ich habe mein Schicksal besiegelt – auf immer.

»Ich halte es nach wie vor für einen schrecklichen Fehler, Madeline«, jammerte Freddie, als sein offener Zweispänner durch die frühmorgendliche Dunkelheit gen London rumpelte.

Madeline klammerte sich an die Kutschenseite, während sie durch Schlaglöcher und rutschigen Matsch fuhren. »Ja, ich habe begriffen, was Sie von der Sache halten, Freddie. Sie haben es mir ja ungefähr ein Dutzend Mal erklärt.«

Auch wenn es nicht unbedingt dem Anstand entsprach, hatten sie sich darauf geeinigt, einander beim Vornamen zu nennen. Drohende Gefahr schmiedete rasch enge Freundschaftsbande.

Allerdings war die Gefahr, dass sie mit dem Zweispänner vom Weg abkamen, momentan die größte. Und sie wurde nicht geringer dadurch, dass die beiden Grauen, die Freddies Kutsche zogen, einige Mühe hatten, Halt im Schlamm zu finden. Nicht zu vergessen, dass ihre Hufe mit jedem Tritt Matsch aufnahmen, um ihn sodann auf die Passagiere hinter ihnen zu schleudern.

Zu Madelines Erstaunen erwies sich Freddie, der gemeinhin recht zerstreut und gedankenlos wirkte, als begnadeter Lenker. Die Chancen standen gut, dass er Madeline rechtzeitig nach Rudley Commons brachte.

Sie hatten Chiswick weit vorm Morgengrauen im dichten Nieselregen verlassen, der seither zugenommen hatte. Inzwischen waren Madelines Hut und Umhang durchnässt und schlammverkrustet, wie auch der Schleier, den sie trug, um ihr Gesicht zu verbergen.

Aber Madeline ignorierte ihr Elend und konzentrierte sich auf den Weg vor ihnen.

Freddie hingegen konnte sie nicht so leicht ignorieren. War er einerseits liebenswert, erwies er sich andererseits als ebenso stur, wenn er seinen Willen durchsetzen wollte.

»Ehrlich, Sie sollten sich keine Sorgen um Rayne machen«, wiederholte Freddie zum dritten Mal innerhalb drei Minuten. »Er ist nicht in Gefahr, denn er ist ein tödlicher Schütze.«

»Angesichts seiner früheren Tätigkeit hätte ich nichts anderes erwartet. Doch Ackerby gilt gleichfalls als ein recht guter Schütze, und falls einer von ihnen verletzt oder getötet wird …« Madeline erschauderte. »Ich könnte nicht damit leben.«

Sie zog ihren Umhang enger um sich, was nichts gegen die Kälte auszurichten vermochte, die von ihrer Furcht rührte.

»Könnten wir doch nur schneller fahren«, murmelte sie unglücklich.

Freddie schnaubte. »Wir können, aber dann landen wir in einem Graben, und ich mag meine Pferde zu sehr, als dass ich sie verkrüppeln möchte. Außerdem haben wir reichlich Zeit. Das Duell beginnt erst, wenn es richtig hell ist. Man muss seinen Gegner nämlich sehen können.«

Seinem Tonfall nach vermutete Madeline, dass sie ihn beleidigt hatte.

»Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie mich fahren, Freddie«, sagte sie zerknirscht, ergänzte aber in einem leisen Murmeln: »Teufel noch eins, ich glaube nicht, dass all dies wahrlich geschieht.«

»Ich auch nicht«, pflichtete Freddie ihr bei. »Rayne ist der vernünftigste Mann, den ich kenne, auch wenn er zu übertriebener Galanterie neigt. Ich schwöre, ich verstehe nicht, was über ihn gekommen ist!«

Madeline verstand Raynes Unerbittlichkeit genauso wenig. »Ich weiß. Selbst wenn er unversehrt davonkommt, könnte ihm ein Skandal drohen.«

Freddie überlegte einen Moment, dann schüttelte er den Kopf. »Daran hätte ich denken müssen. Rayne wird das Duell diskret behandeln wollen – allein um seiner Großmutter willen. Lady Haviland tobt, sollte er den Familiennamen noch mehr beflecken, als er es ohnedies schon tat.«

»Das ist ein schwacher Trost«, entgegnete Madeline.

»Vielleicht nicht. Aber, bitte, lenken Sie mich nicht weiter ab, wenn Sie wollen, dass wir London in einem Stück erreichen.«

Sie ersparte sich den Hinweis, dass es Freddie war, der unentwegt redete, seit er sie in Danvers Hall abholte.

Der Nebel hatte sich endlich ein wenig aufgeklart, als Freddie seine beiden Grauen am Rande einer Wiese zum Stehen brachte.

Sorgenvoll blickte Madeline durch den Nieselregen. Es war eben hell genug, dass sie die Kutschen erkannte, die vor ihnen angekommen waren, und die Gruppe Herren, die in der Mitte der Wiese zusammenstanden.

»Hatten Sie nicht gesagt, sie fangen erst an, wenn es richtig hell ist?«, rief sie verzweifelt aus.

Ohne abzuwarten, bis Freddie ihr antwortete oder beim Aussteigen half, sprang sie aus dem Wagen und lief über die Wiese. Ihre Rocksäume wurden sofort vom hohen Gras durchnässt, was sie verlangsamte.

Wie sie erwartete, wurde ihr Erscheinen mit eisernem Schweigen quittiert. Madeline wusste, dass sie mit ihrem dunklen Umhang, dem schwarzen Hut und gleichfarbigen Schleier wie eine trauernde Witwe aussah, aber Rayne erkannte sie, seiner finsteren Miene nach zu urteilen, sofort – wie auch Lord Ackerby.

Ehe die beiden etwas sagen konnten, sprach Madeline. »Guten Morgen, Gentlemen. Ich fürchte, Sie sind vergebens frühzeitig aufgestanden, denn ich muss darauf bestehen, dass dieses ungesetzliche Vorhaben augenblicklich abgesagt wird.«

Die Herren hatten zwei Kisten mit meisterlich gefertigten Pistolen inspiziert. Gleich neben Rayne stand ein drahtiger, strenggesichtiger Mann in schlichter schwarzer Kleidung, von dem Madeline vermutete, dass er Raynes Sekundant war, während der äußerst vornehm gewandte ältere Gentleman neben Ackerby für den Baron hier sein dürfte.

Raynes Lippen wurden zu zwei schmalen Linien, wohingegen sein Sekundant in unverhohlener Neugier und fraglos amüsiert die Brauen hochzog.

Madeline fand nichts amüsant daran, dass erwachsene Männer aufeinander schießen wollten, und sie war fest entschlossen, es zu unterbinden, selbst wenn sie sich in die Schusslinie der Duellierenden stellen musste.

Aber als Erstes musste sie mit Rayne sprechen, der alles andere als glücklich schien, sie zu sehen.

»Was zum Teufel tun Sie hier?«, fragte er mürrisch. »Sie wissen, dass Sie hier nichts verloren haben.«

»Dem möchte ich widersprechen«, sagte Madeline angestrengt ruhig. »Die beiden Herren streiten meinetwegen, und da würde ich meinen, dass mir ein gewisses Mitspracherecht zukommt.«

»Ihnen kommt nicht das geringste Mitspracherecht zu«, konterte Rayne in einem Tonfall, den sie noch nie zuvor bei ihm gehört hatte.

»Und ob es das tut«, erwiderte sie. »Ich wünsche nicht, die Ursache eines Skandals zu sein. Sollten Sie sich gegenseitig töten, wird zwangsläufig bekanntwerden, dass es bei Ihrem Duell um mich ging, und mein guter Name wäre auf immer ruiniert. Das erlaube ich nicht.«

Rayne blickte an ihr vorbei zu Freddie, der sehr viel langsamer über die Wiese gestakst war und nun mit gesenktem Haupt hinter ihr stand. »Lunsford, bring sie sofort hier weg, wenn ich bitten darf.«

»Sie dürfen nicht, Lord Haviland«, antwortete Madeline für Freddie. »Und ich gehe nicht, bis Sie diese lächerliche Herausforderung beenden!« Sie stellte sich zwischen die beiden Duellanten. »Ich warne Sie, falls Sie dieses unsägliche Schauspiel fortsetzen, werden Sie durch mich hindurchschießen müssen.«

Raynes Züge verhärteten sich noch mehr, was Madeline gar nicht für möglich gehalten hätte. »Ich lasse Sie notfalls auch mit Gewalt entfernen, meine Liebe.«

»Versuchen Sie es.« Sie zog ihre eigene geladene Pistole aus dem Beutel, den sie am Handgelenk trug. »Ihre Diener werden mich nicht herausfordern wollen, Mylord.« Sie schwenkte die Pistole übers Feld. »Nur zu, schreiten Sie die Distanz ab, meine Herren. Ich verspreche Ihnen, ich werde den Ersten von Ihnen erschießen, der feuert.«

Das nun eintretende Schweigen war ohrenbetäubend. Zweifellos überlegten sie, ob sie ihr glauben sollten oder nicht.

Ein wenig hoffnungsvoller wandte Madeline sich an den Baron. »Sie und ich wissen, Lord Ackerby, dass der gestrige Zwist auf ein simples Missverständnis gründete. Ich bin gewiss, dass Sie nicht ganz so … innig werden wollten. Aber nachdem Sie Zeit hatten, alles in Ruhe zu bedenken, frage ich mich, ob Sie nicht doch bereit wären, sich bei Haviland so zu entschuldigen, wie er es wünschte?«

Es war offensichtlich, dass Ackerby nicht mehr von der Kampfeslust erfüllt war, die ihn gestern Morgen in den Gärten von Danvers Hall packte, und Madeline hoffte inständig, dass sie ihm überzeugend den Weg geebnet hatte, sich elegant aus der Affäre zu ziehen.

Sie hielt den Atem an, während sie beobachtete, wie Ackerby zu Rayne sah und sich räusperte. »Vielleicht war ich gestern etwas zu innig. Falls ja, bitte ich um Verzeihung, meine Teure.«

»Na dann«, mischte sich Freddie hastig ein. »Der Ehre ist Genüge getan.«

Bedauerlicherweise konnte Madeline seine Erleichterung nicht teilen.

Sie hob ihren Schleier gerade weit genug, dass Ackerby ihren Mund sehen konnte, als sie stumm Ich danke Ihnen sagte und sogleich laut hinzufügte, »Natürlich vergebe ich Ihnen, Mylord. Ich bin sehr dankbar, dass wir diesen kleinen Disput friedvoll klären konnten.«

Madeline ließ ihren Schleier wieder fallen und wandte sich zurück zu Rayne. »Sie werden sich damit zufriedengeben müssen, Lord Haviland. Sollte Ihr verletzter Stolz jedoch insistieren, bleibt Ihnen immer noch die ›Delope‹. Wird es nicht so gehalten, wenn ein Konflikt zur Satisfaktion beider Seiten beigelegt wird?«

Sie sprach eine Praxis an, bei der harmlos in die Luft gefeuert wurde, um auf sichere Art Duelle zu beenden, so dass keiner der Gegner Schaden erlitt.

Rayne schwieg beharrlich weiter und sah sie dabei mit einem Blick an, der ihren Schleier zu durchschneiden drohte. Madelines Herz pochte wild, bis er endlich in einem bitterbösen Ton antwortete: »Warum eine gute Kugel vergeuden?«

Ihre Knie wurden weich vor Erleichterung. Aber dann verdarb Rayne den Moment, indem er eine neue Drohung aussprach: »Seien Sie dessen gewiss, Ackerby, das nächste Mal, dass Sie es wagen, sich Miss Ellis zu nähern, gibt es kein Entrinnen.«

Als der Baron einen Schritt vorwärtstrat, drängte Madeline sich eilig zwischen beide Herren und legte eine Hand auf Ackerbys Arm. »Ich danke Ihnen für Ihre Rücksicht, Mylord. Sie möchten nun gewiss in Ihre Stadtresidenz zurückkehren, zumal die Naturelemente sich so sehr unfreundlich zeigen.«

Ackerby knirschte sichtlich mit den Zähnen, ehe er seinen Sekundanten herbeirief. »Kommen Sie, Richardson, wir sind hier fertig.« Dann machte er auf dem Absatz kehrt und marschierte auf seine Kutsche zu, so dass sein Gefährte ihm nacheilen musste.

Sobald der Baron außer Hörweite war, sprach erstmals Raynes Freund, der eindeutig amüsiert klang. »Ich bin sehr froh, dass du mich doch nicht brauchtest, Rayne, dank dieser furchtlosen Dame. Wäre es zu forsch von mir, würde ich darum bitten, mit ihr bekanntgemacht zu werden?«

»Ich würde deinem Wunsch mit Freuden entsprechen, Will«, antwortete Rayne trocken. »Doch wie du hörst, möchte die furchtlose Dame ihren Namen nicht enthüllen. Vielleicht könnten wir es unter weniger widrigen Umständen …«

Der Mann, von dem Madeline vermutete, dass er Will Stokes war, nahm Raynes Weigerung gelassen auf. »Nun, dann darf ich mich verabschieden. Solltest du meine Dienste bei irgendwelchen anderen Unternehmen brauchen können, scheue dich nicht, zu fragen. «

»Ich danke dir, dass du heute gekommen bist.«

Mit einer Verneigung zog sich Raynes Sekundant zu seiner Kutsche zurück und ließ Madeline allein mit Rayne und Freddie.

»Mr Lunsford und ich sollten ebenfalls fahren«, murmelte sie, denn ihr gefiel die Art nicht, wie Rayne sie immer noch ansah. »Mr Lunsford musste heute weit vor seiner üblichen Zeit aufstehen und will sich gewiss ausruhen.«

Rayne schien diese Begründung nicht gelten zu lassen. »Nicht so rasch, mein Liebling«, erwiderte er streng.

Unweigerlich trat Madeline einen Schritt zurück. »Freddie fährt mich heim.«

»Nein, wird er nicht. Du und ich müssen uns unterhalten. Und Freddie wird sich nicht einmischen, sofern er weiß, was gut für ihn ist«, fügte Rayne mit einem vernichtenden Blick zu seinem Cousin hinzu.

Gleichzeitig nahm er Madelines Ellbogen und führte sie auf seine Kutsche zu.

»Ich werde nicht allein mit Ihnen nach Hause fahren, Rayne«, protestierte Madeline. »Ich traue Ihnen nicht!«

»Was das betrifft, müssen Sie sich nicht sorgen. Ich möchte lediglich hinreichend Zeit mit Ihnen allein, um Ihnen den Hals umzudrehen.«

Sie hatte Angst, Rayne eine Chance zu geben, die sinnliche Attacke von vor zwei Tagen zu wiederholen. Aber zum Glück war er gegenwärtig nicht im Mindesten amouröser Stimmung, wie Madeline feststellte. Rayne sah gefährlich aus, und mit seinem Zorn könnte sie weit besser umgehen als mit seinem Charme.

»Ihre Bediensteten wüssten es, wenn Sie mich umbringen«, bemerkte sie. »Und Freddie ebenso.«

»Ich beabsichtige, mich später um Freddie zu kümmern. «

Die Kutsche des Barons fuhr ab, ehe sie den Rand der Wiese erreichten, und Will Stokes‘ Einspänner folgte ihr.

Rayne indes ging gar nicht auf seine Kutsche zu. Stattdessen führte er Madeline unter ein paar Ulmen am Wiesenrand, wo sie von seiner Kutsche aus nicht zu sehen waren.

Erst dort ließ er ihren Arm los, stellte sich vor sie und zog ihren Schleier hoch, so dass er ihr Gesicht sah.

»Was in Teufels Namen hast du dir gedacht, auf dem Duellierfeld zu erscheinen?«, fragte er.

»Was in Teufels Namen hast du dir gedacht, dich zu duellieren?«, konterte sie.

Seine Augen wurden noch dunkler. »Deine Sorge war, dass ich Ackerby erschießen könnte, nicht wahr?« Das war keine Frage.

»Natürlich war ich besorgt! Ich wollte nicht, dass du die Folgen zu tragen hast, wenn es dir gelingt, ein Mitglied des Hochadels zu töten!«

Falls sie gehofft hatte, seinen Zorn mit vernünftigen Argumenten zu beschwichtigen, hatte sie sich geirrt. »Warum bist du so verdammt erpicht darauf, Ackerby zu schützen?«, fragte er.

»Ich beschütze Ackerby nicht!«, rief Madeline empört aus, zwang sich jedoch gleich, ruhig durchzuatmen. Rayne anzuschreien war keine Lösung.

»Statt mich zu schelten, Mylord, solltest du mir danken, dass ich dich vor einem Skandal bewahrt habe. Und vor dem Zorn deiner Großmutter. Was würde Lady Haviland sagen, wenn du dein Versprechen, bald zu heiraten, brichst, weil du im Gefängnis darbst oder Schlimmeres?«

»Meine Großmutter hat mit all dem nichts zu tun!«

»Nun, ich würde sagen, du hättest an sie denken sollen, ehe du Ackerby zum Pistolenduell fordertest! «

»Ich möchte wissen, warum du entschlossen bist, Ackerby zu verteidigen.«

»Bin ich nicht.«

»Und warum hast du ihm gestern geschrieben?«

Erschrocken starrte Madeline ihn an. Wie konnte er davon wissen? Dann fiel es ihr ein.

»Hast du Simpkins beauftragt, mich auszuspionieren? «, fragte sie ungläubig.

»Ich bat ihn, ein Auge auf dich zu haben, falls Ackerby wiederkommt, und er hielt deine Korrespondenz mit dem Baron für hinreichend besorgniserregend, dass er mich informierte.«

Madeline kochte vor Wut. Selbstverständlich galt Simpkins Loyalität eher Rayne als ihr – was sie künftig bedenken sollte. Aber es wäre Irrsinn, Rayne von Ackerbys Erpressung zu erzählen. Nicht auszudenken, was er dann täte!

»Ich schrieb Ackerby mit der Bitte, das Duell abzusagen, weil ich bezweifelte, dass du deine Forderung zurückziehst«, sagte sie leise.

Dieser Teil entsprach der Wahrheit, und alles andere auszulassen, war nur klug.

»Und dein Bruder? Warum hast du zur gleichen Zeit an ihn geschrieben?«

Madeline zögerte einen Moment, ehe ihr die perfekte Ausrede in den Sinn kam. »Ich wollte ihm das Geld schicken, das Freddie mir als Belohnung gab. Gerard kann es gegenwärtig gut gebrauchen.«

Ihre lückenhaften Erklärungen schienen Raynes Zorn nicht zu mildern, also schluckte Madeline und sagte ernst: »Ich hatte Angst um dich, Rayne, nicht um Ackerby – obwohl mich dein Ableben im Augenblick eher erfreuen würde.«

Sie hielt den Atem an, und als sie bemerkte, dass seine Züge ein klein wenig weicher wurden, war sie maßlos erleichtert.

»Du bist zweifelsohne die sturköpfigste Dame, die mir jemals begegnet ist«, bemerkte er schließlich.

Madeline lächelte verhalten. »Und du bist der sturköpfigste Mann. Ich sagte dir gestern, dass ich keiner Rettung bedarf, doch du hörst einfach nicht auf mich.«

Sie wollte schwören, dass Raynes Mundwinkel zuckten. »Du hast dich schon Dutzende Male geweigert, auf mich zu hören, meine Süße, muss ich dich daran erinnern? Es ist schwierig, dich zu beschützen, wenn du dich fortwährend in Gefahr begibst.«

Madeline lächelte ein bisschen mehr. »Du hast mich gestern recht gut beschützt, als du Ackerby in die Rosenbüsche warfst. Allerdings war es gänzlich unnötig, ihn zum Duell zu fordern.«

»Dem wage ich zu widersprechen.«

Sie seufzte. »Ich werde es zusehends müde, Mylord, dass du mich aus einem ausgeprägten Sinn für Ritterlichkeit heraus wie ein zerbrechliches Geschöpf behandelst. Zwar vermute ich, dass du nicht umhin kannst, doch ich muss nicht umhegt werden.«

»Nein, offenbar nicht.« Nun funkelten seine Augen amüsiert. »Nur wie soll ich meine Männlichkeit wiederherstellen, nachdem ich zuließ, dass ein ungehöriges Weibsbild sich in eine Ehrensache einmischte?«

»Ich bezweifle, dass deine Männlichkeit ernsthaft Schaden nahm«, entgegnete Madeline.

»Oh, das tat sie durchaus. Und es ist an dir, ihn zu beheben.«

»Was meinst du?«

»Ich will eine Antwort auf meinen Heiratsantrag.«

»Dies ist wohl kaum der geeignete Zeitpunkt, deinen Antrag zu besprechen.« Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück.

»Ich würde sagen, er ist es sehr wohl, mein Liebes. Ja, es ist sogar der ideale Moment, unsere Verhandlungen wiederaufzunehmen, vor allem da du mir etwas schuldig bist, weil du das Duell störtest.«

Raynes sanfter Tonfall machte Madeline höchst misstrauisch. Sie wich weiter zurück, bis sie mit dem Rücken an einer Ulme stand. Ihr Herz pochte, als Rayne vor ihr stand und zu ihr hinabsah.

»Es sollte hinlänglich erkennbar sein, dass Ackerbys Nachstellungen allein es zwingend notwendig machen, dass du mich heiratest. Er würde nicht wagen, dir zu nahe zu kommen, wenn du meine Countess bist.«

»Er wird auch nicht wagen, mir zu nahe zu treten, nachdem du ihm angedroht hast, ihn zu erschießen. «

Rayne hob ihr Kinn mit einem Finger an, worauf Madelines Mund sehr trocken wurde. »Dessen kannst du dir nicht sicher sein. Ich beabsichtige, dir den Schutz meines Namens und Titels zu geben, Madeline. «

»Ich will deinen Schutz nicht«, erwiderte sie. »Und ich weiß, dass du nicht mit mir verheiratet sein willst.«

»Du irrst. Falls überhaupt irgendetwas, hat dieser Zwischenfall nur bestätigt, was ich bereits über dich annahm. Du bist unerschrocken, mutig, jemand, den man ernst nehmen sollte. Und du bist die Frau, die ich als Mutter meines Erben will.«

Madeline wurde warm ums Herz, als sie in seine leuchtend blauen Augen blickte. Sie entsann sich, wie er sie angesehen hatte, als er sie erstmals fragte, ob sie sich Kinder wünschte. Die Antwort schien ihm sehr wichtig zu sein. Kinder wollte er dringender als eine Ehefrau.

Gewiss würde Rayne ein guter Vater sein. Ja, er würde ihre Kinder vermutlich mehr lieben als sie. Und das wiederum war das Problem.

Rayne unterbrach ihre verdrießlichen Gedanken. »Am Montag habe ich uns in London eine Heiratslizenz ausstellen lassen.«

»Wie voreilig von dir.«

»Ganz und gar nicht. Ich sagte dir, dass ich ein Nein nicht akzeptiere.«

Madelines Unbehagen mehrte sich, je näher er kam. Sie war so tief in Gedanken, dass sie beinahe versäumte, was er als Nächstes sagte. »… die Zeremonie kann heute Nachmittag stattfinden.«

»Heute Nachmittag! Du scherzt.«

»Du müsstest mich gut genug kennen, um zu wissen, dass ich nicht zu solchen Scherzen neige.«

Trotzig reckte Madeline ihr Kinn. »Nur weil du beschlossen hast, mich zu heiraten, muss ich mich dem fügen?«

Er grinste. »Nein. Du wirst dich fügen, weil es die beste Zukunft für dich ist. Am Montag sprach ich außerdem mit meinen Anwälten und wies sie an, dir im Ehevertrag ein beträchtliches Vermögen zuzuteilen. «

Natürlich gab es einige vernünftige Gründe, weshalb sie seinen Antrag annehmen sollte. Als Raynes Gemahlin wäre sie finanziell abgesichert. Und sie könnte das Vermögen, das er ihr überschrieb, nutzen, um ihrem Bruder zu helfen …

Nein, es war absurd, eine Heirat allein des Geldes wegen zu erwägen.

Andererseits wäre ihr Raynes Schutz sehr willkommen. Ihre gegenwärtige Situation – Ackerby, der sie mit dem Diebstahl ihres Bruders erpresste – hatte ihr abermals vor Augen geführt, wie wehrlos sie gegen jemanden vom Stand und Vermögen Ackerbys war. Als Countess wäre sie ihm gegenüber nicht annähernd so machtlos.

Die Aussicht auf eine einsame Zukunft flößte ihr Furcht ein, wie Madeline freimütig zugab. Sie wollte nicht als traurige alte Frau enden, die ihre leere Existenz bedauerte. Stattdessen wünschte sie sich das Glück, Kinder zu haben, eine Familie, einen geliebten Mann …

Während sie noch mit sich rang, legte Rayne eine Hand an ihre Wange und strich ihr sanft mit dem Daumen über die Unterlippe. Noch ehe Madeline ihre wirren Gedanken ordnen konnte, beugte Rayne sich zu ihr und küsste sie.

Dieser Kuss war genauso überwältigend wie alle vorherigen. Seine Lippen nahmen ihre vollständig ein und erinnerten Madeline daran, wie sehr sie sich nach seinen Berührungen sehnte. Auch wenn sie begriff, dass er ihre Schwäche für sich benutzen wollte, um sie zu einem Ja zu drängen, konnte sie den Kuss nicht lösen.

Je länger er andauerte, umso schwächer wurde Madelines Wille. Im Geiste verfluchte sie Rayne, wovon in dem Wonneseufzer, der ihr entfuhr, nichts zu hören war. Ohne Frage waren seine Küsse überwältigend, seine Verführung äußerst wirksam. Doch er verließ sich auf physische Fertigkeiten. Sein Herz war nicht bei der Sache und würde es wohl nie sein.

Dennoch schwächelte ihr Widerstand. Die Wahrheit war, dass sie sich danach sehnte, Raynes Frau zu werden …

Als sie begriff, was sie soeben gestanden hatte, stöhnte Madeline. Dachte sie ernsthaft darüber nach, seinen Antrag anzunehmen?

Rayne wich ein wenig zurück und murmelte: »Was hast du gesagt?«

»Nichts. Ich verfluchte dich lediglich.«

Sie fühlte sein Lächeln. »Das tust du in letzter Zeit häufiger.«

»Du gibst mir auch weidlich Grund dazu.« Sie stemmte eine Hand gegen seine Brust. »Du musst aufhören, mich zu küssen, Rayne. Ich kann keinen klaren Gedanken fassen, wenn du meine Sinne auf diese Weise betäubst.«

»Was meine Absicht war, meine Süße.« Da Madeline nicht amüsiert war, schien Rayne aufzugeben. »Wie du wünschst.«

Er ließ sie indes nicht los. Vielmehr stand er da, hielt sie in den Armen, seine Stirn an ihre gelehnt, und ermunterte sie mit sanfter Stimme. »Also, Liebes, du hast es lange genug herausgezögert. Nun sag Ja.«

Madeline schloss die Augen. Die Sehnsucht in ihr war stärker als alles, was sie bisher empfunden hatte. Egal wie sehr sie sich wehrte, wie streng sie sich ermahnte, sie wollte Rayne heiraten.

Wagte sie es, der Sehnsucht ihres Herzens nachzugeben? Es hieße das Ende ihres Traums von einer Liebesheirat. Aber Raynes Gemahlin zu sein und riskieren, dass ihr das Herz gebrochen wurde, wäre immer noch besser als zuzusehen, wie er eine andere heiratete.

»Falls ich dich heirate«, sagte sie langsam, »würde ich weiterhin an der Akademie unterrichten wollen.«

Diese Antwort hatte er anscheinend nicht erwartet. Madeline übrigens auch nicht. Bin ich vollkommen von Sinnen, Maman?

Zu ihrer Verwunderung nickte er nur. »Dagegen hätte ich keine Einwände. Es wäre allerdings etwas Neues, eine Countess, die als Lehrerin arbeitet.«

»Arabella und ihre Schwestern unterrichten ebenfalls, und ich habe vor, mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen.«

»Wozu du keinen Grund hast. Du bist nicht für ein Leben als unterwürfige Dienerin geschaffen.«

»Ich habe allen Grund, denn ich will nicht von dir ausgehalten werden.«

»Wirst du auch nicht. Du schenkst mir einen Erben als Gegenleistung für die Ehe.«

Madeline fuhr ein stechender Schmerz durch die Brust. Sie wollte aus Liebe heiraten, aber für Rayne war es ein Tauschhandel. »Ja, ich erinnere mich. Du sagtest, eine Vernunftehe wäre alles, was du willst«, murmelte sie.

»Du müsstest die Vorzüge einer solchen Verbindung verstehen, Madeline. Du bist eine vernünftige Frau – wenn du dich gerade nicht in Gefahr begibst. Und du weißt, dass ich kein Romantiker bin.«

Fürwahr wusste sie das. Liebe wäre nie Teil ihres Handels, wie Rayne ihr mehrfach deutlich gemacht hatte. Falls Madeline sich auf seine Bedingungen einließ, dürfte sie ihn niemals wissen lassen, dass sie ihr Herz längst an ihn verloren hatte. Könnte sie ein solches Geheimnis vor Rayne wahren?

»Nun gut.«

»Nun gut, was?«

»Ich heirate dich.«

Er wirkte etwas überrascht – und hochzufrieden. »Schön. Ich arrangiere alles für heute Nachmittag.«

Panik regte sich in Madeline. »Heute Nachmittag ist viel zu früh.«

»Warum? Die Lizenz erlaubt uns, jederzeit und überall zu heiraten. Und der Vikar in Chiswick hat schon zugesagt, die Zeremonie abzuhalten, wann immer es mir recht ist.«

Madeline verzog das Gesicht. »Du warst dir sehr sicher, nicht wahr, Lord Haviland?«

Er schmunzelte. »Natürlich. Du warst es, bei der ich unsicher war.«

»Würde deine Großmutter die Hochzeit nicht miterleben wollen?«

Rayne winkte ab. »Meine Großmutter ist derzeit in Brighton. Ich möchte weder warten, bis sie nach London zurückkehrt, noch ihr das Vergnügen bei der Hausgesellschaft ihrer Freundin nehmen.«

»Lady Haviland wird nicht erfreut sein, im Nachhinein zu erfahren, dass du mich geheiratet hast.«

»Erlaube mir, das mit ihr zu klären.«

»Was ist mit deinen Schwestern?«

»Meine Schwestern sind beide in Kent, mithin zu weit entfernt, als dass sie es rechtzeitig schaffen könnten. «

Madeline fragte sich, ob Rayne seine Schwestern aus demselben Grund ausschloss wie seine Großmutter: Weil sie mit der Heirat nicht einverstanden wären.

Dann schien ihm ein Gedanke zu kommen. »Vielleicht wäre es dir lieber, deinen Bruder dabei zu haben.«

Es wäre ihr gewiss lieber, nur könnte er nicht kommen. Und sie konnte nicht sagen, warum seine Anwesenheit sich verbot.

»Die Anwesenheit meines Bruders ist nicht nötig«, antwortete sie. »Aber wozu die Eile?«

»Ich möchte dir keine Zeit geben, deinen Entschluss rückgängig zu machen.«

»Ich werde es mir nicht anders überlegen«, versprach sie, obwohl sie bereits ernste Bedenken hegte.

»Dann halten wir die Zeremonie um fünf Uhr in Riverwood ab. Ich spreche mit dem Vikar, sobald ich wieder in Chiswick bin.«

Plötzlich fielen Madeline ihre eigenen Verpflichtungen wieder ein. »Ich sollte jetzt zurückfahren. Um zehn Uhr gebe ich eine Stunde, und ich muss mich für eine Hochzeit vorbereiten …«

Sie hielt eine Hand an ihre Schläfe. Ihr war ganz schwindlig davon, wie sich die Ereignisse überschlugen. Sie war hergekommen, um ein Duell zu verhindern, und es endete mit ihrem Versprechen, Rayne zu heiraten. Gütiger Himmel, ich bin wahnsinnig, Maman!

»Komm«, sagte Rayne, der ihren Schleier herunterzog und ihren Arm nahm. »Ich lasse dich von Freddie heimfahren, denn ich muss noch bei meinem Stadthaus haltmachen.«

Sie ließ sich von ihm zu Freddies Zweispänner geleiten, in dem Freddie mit den Zügeln in der Hand hockte.

Als Rayne ihr in den Wagen half, musste er ihre Unsicherheit gespürt haben, denn er sagte munter: »Ich sehe dich um fünf, meine Liebe. Meine Kutsche holt dich um Viertel vor in Danvers Hall ab, und falls du nicht bereit bist, komme ich dich persönlich holen. «

Madeline wusste, dass Rayne es tun würde, also erwiderte sie nichts. Sie glättete ihre Röcke, ignorierte Freddies fragenden Blick und bat ihn, sie umgehend nach Hause zu bringen.

Auf der Fahrt könnte sie ihm alles erklären, aber jetzt war sie zu sehr mit der Frage beschäftigt, ob sie einen schrecklichen Fehler gemacht hatte.

Rayne verließ das Duellierfeld mit einem Gefühl großer Zufriedenheit. Madelines Erscheinen hier hatte ihm sehr missfallen, aber das Ergebnis machte ihre ärgerliche Störung wieder wett.

Heute Abend wäre sie mit ihm verheiratet und heute Nacht in seinem Bett.

Die Aussicht erfüllte ihn mit Triumph und Vorfreude, während seine Kutsche durch die nebligen Straßen von Mayfair fuhr. Und als Rayne an Madelines wütende Reaktion auf seine Befragung dachte, fühlte er sich erleichtert.

Sie hatte ihm eine vernünftige Erklärung für ihren Brief an Ackerby gegeben. Ihre Sorge galt ihm, nicht dem Baron.

Er musste zugeben, dass er übertrieben misstrauisch gewesen war. Und ihre Korrespondenz mit ihrem Bruder war nichts weiter als die Unterstützung einer liebenden Schwester, keine dunkle Verschwörung.

Die Heirat war der richtige Schritt. Auf die Weise konnte er die Schuld gegenüber Madelines verstorbenem Vater begleichen, ihr den Schutz seines Namens geben und sie vor Ackerby retten.

Was seine Großmutter betraf, nun … Rayne ahnte, dass ihm ein Kampf bevorstand. Zweifellos wäre Lady Haviland entsetzt von seiner Brautwahl. Daher hielt er es für angeraten, sie vor vollendete Tatsachen zu stellen, statt eine unerquickliche Szene zu riskieren.

Madeline hatte nichts mit den Debütantinnen gemein, aus deren Schar er eine Braut hätte aussuchen sollen. Und so ärgerlich er ihr Betragen auch fand, hatte er sie nie mehr bewundert als heute Morgen, als sie über das Duellierfeld gestapft kam, sich zwischen die beiden Kontrahenten drängte und drohte, sie beide zu erschießen, sollten sie die Sache nicht auf der Stelle abbrechen. Bei der Erinnerung musste Rayne lächeln.

Hatte er sie vorher schon für mutig gehalten, tat er es nun erst recht. Und obwohl sie in ihrem schlammbespritzten Umhang und dem tropfnassen Hut ziemlich mitgenommen ausgesehen hatte, bewies sie doch exakt die Haltung, die eine wahre Countess ausmachte.

Als Mutter seiner Kinder wünschte Rayne sich eine Frau, die so mutig und kühn war wie Madeline.

Allerdings hatte er auch dafür gesorgt, dass sie keinerlei Illusionen bezüglich der Grundlage ihrer Ehe hegte. Sie durfte keine Liebe erwarten. Ansonsten sah er für sie beide eine sehr harmonische Verbindung voraus.

 

Raynes Vorfreude erlitt einen Dämpfer, als er bei seinem Haus in der Bedford Avenue eintraf und dort die Kutsche mit dem Wappen von Drew Moncrief, dem Duke of Arden, sah. Arden selbst kam soeben die Stufen von Raynes Eingang hinunter.

Neugierig schritt Rayne dem großen eleganten Duke entgegen.

»Ich würde Sie gern sprechen, falls es möglich ist, Haviland«, begrüßte Arden ihn.

Sein Tonfall gab keinerlei Hinweis auf den Zweck seines äußerst frühen Besuchs. Rayne bat ihn herein. Nachdem er ihre Mäntel und Hüte Walters übergeben hatte, führte Rayne den Duke in sein Studierzimmer, wo sie sich auf die bequemen Ledersofas setzten.

»In meiner jüngsten Tätigkeit für die Regierung«, begann Arden, »erhielt ich Kenntnis von Ihren Bemühungen im Kampf gegen Napoleon. Über Jahre haben Sie die nationalen Interessen vor zahlreichen Bedrohungen geschützt. Mir ist bekannt, dass das Außenministerium keine Nachrichtenabteilung mehr finanziert, aber ich meine, dass Ihre Fähigkeiten sich bei innerstaatlichen Angelegenheiten als sehr wertvoll erweisen können, Haviland. Sie wissen, dass Prinny im letzten Januar einen Attentatsversuch überlebte?«

»Ja, ich hörte davon«, antwortete Rayne.

George, der britische Prinzregent, wäre beinahe erschossen worden, und seine Unbeliebtheit war bis heute immer wieder Auslöser von Unruhen.

»Wie kann ich von Nutzen sein?«, fragte er Arden.

»Es gehen verstörende Gerüchte um, dass ein neuerliches Attentat auf den Regenten geplant wird. Ich würde Sie gern mit der Ermittlung beauftragen. Sollten Sie herausfinden, dass die Geschichten stimmen, möchte ich, dass Sie möglichst den Plan vereiteln.«

Rayne unterdrückte ein Lächeln. Erst letzte Woche hatte er sich beklagt, wie öde sein Leben war, und sich mehr Aufregung gewünscht. Eine Erpressung zu verhindern, zum Duell zu fordern, eine Heirat arrangieren und eine politische Intrige aufzudecken, dürften Raynes Rastlosigkeit und Langeweile kurieren.

Wie günstig, dass Ardens Bitte ausgerechnet jetzt kam. Rayne würde es genießen, seinen Verstand gegen einen neuen Feind einzusetzen.

Zuerst musste er allerdings seine Hochzeit und die Hochzeitsnacht hinter sich bringen. Nicht, dass es ihm eine leidige Pflicht wäre, Madeline in die Wonnen des Ehebettes einzuführen … und das Verlangen zu stillen, das sich in ihm aufbaute, seit er sie in dem Gasthof geküsst und einen Vorgeschmack auf die leidenschaftliche Frau bekommen hatte, die in ihr schlummerte.

Trotzdem freute er sich über die Zerstreuung. Eine neue Aufgabe lieferte ihm einen exzellenten Vorwand, Abstand zu Madeline zu halten.

»Es wäre mir ein Vergnügen zu helfen«, sagte Rayne. »Fangen wir am besten damit an, dass Sie mir alles erzählen, was Sie wissen und gehört haben. Dann kann ich beurteilen, was zu tun ist.«