Siebtes Kapitel
Es ist schwierig, einer Naturgewalt zu widerstehen, Maman. Seine Verführung ist, als würden all meine Sinne von Blitz und Donner getroffen.
Nach dem wunderbaren Nachmittag, den sie mit Haviland verbracht hatte, fragte Madeline sich, ob sie seine Haltung zu Liebe und Ehe falsch gedeutet hatte – bis seine verächtliche Bemerkung über seinen Cousin ihr bestätigte, dass sie sich nicht irrte.
Auf der Fahrt zur Soiree hatte Madeline jedoch wenig Gelegenheit, über seinen Antrag nachzudenken, denn sie war viel zu aufgeregt. Haviland hingegen saß ihr vollkommen ruhig und gelassen gegenüber.
Warum sollte er auch nicht gelassen sein? Er war wagemutig und es gewohnt, sich Gefahren, sogar Lebensgefahren, zu stellen. Das Gefährlichste, was Madeline in ihrem bisherigen Leben begegnet war, war eine freche Kuh gewesen, die den Zaun niedergetrampelt hatte, um im Kräutergarten zu grasen. Nun ja, sofern man Baron Ackerby nicht mitzählte …
»Sie sorgen sich grundlos«, unterbrach Haviland ihre Gedanken.
Es war verstörend, dass er immerfort zu wissen schien, was in ihr vorging.
»Sind Sie denn gar nicht nervös?«, fragte Madeline.
Bei seinem halben Lächeln flatterte ihr das Herz, und das hatte nichts mit ihrer Sorge wegen des bevorstehenden Abends zu tun. »Hinreichend Erfahrung mit Gefahr kann einen unempfänglich für Angst machen. «
»Dann haben Sie niemals Angst?«
»Doch, gewiss habe ich Angst, aber ich lernte, sie zu beherrschen. Es ist eine Frage von Übung und Willenskraft. Atmen Sie tief ein, meine Liebe, und versuchen Sie, sich zu entspannen. Sie wollen die Witwe Sauville ja nicht misstrauisch machen, indem Sie beunruhigt wirken.«
Selbstverständlich hatte er Recht. Sie hatten eine klare Strategie, wie sie die Witwe überlisten wollten, und mehrere Ersatzpläne, sollte der erste fehlschlagen – einschließlich des Satinbeutels an Madelines Strumpfband.
Dennoch konnte Madeline nichts dagegen tun, dass ihr Herz sehr schnell pochte, als die Kutsche fünf Minuten später anhielt.
Zumindest der erste Teil ihres Plans verlief ohne Störungen. Als sie eingelassen wurden, zählte Madeline über dreißig vornehme Gäste im Salon. Die meisten waren Männer, aber es waren auch einige Frauen dort. Wie Rayne sagte, lebte Mrs Sauville am Rande der feinen Gesellschaft, und Salons für Künstler und Politiker abzuhalten, war ihre Art, sich ein wenig wichtiger zu machen als sie eigentlich war.
Die Witwe war eine exotische Schönheit, wenn auch ein wenig unterkühlt. Sie hatte rabenschwarzes Haar und einen milchweißen Teint, den sie vor allem ihrem dezenten, geschickt aufgetragenen Puder verdanken dürfte. Ihre kurvenreiche Gestalt war in ein tief ausgeschnittenes Kleid gehüllt, das wohl gedämpft wurde, damit es sich besonders eng an ihren Leib anlegte und ihren üppigen Busen zur Geltung brachte.
Kein Wunder, dass Freddie Lunsford sich in solch eine Femme fatale verliebte, dachte Madeline, als Rayne sie ihrer Gastgeberin vorstellte und sich für den unangekündigten Besuch entschuldigte.
Mrs Sauville schien überrascht, aber erfreut, dass Lord Haviland ihr die Ehre gab.
»Mais non, es bedarf überhaupt keiner Entschuldigung«, rief sie ein wenig atemlos und mit einem starken französischen Akzent aus. »Ich fühle mich sehr geehrt, dass Sie hier sind, Mylord.«
Die Begrüßung Madelines fiel ungleich kühler aus. Die Witwe musterte sie mit einem kritischen Blick, so dass Madeline prompt unsicher wurde. Auch ihr bestes Kleid und die eleganten Accessoires, die Rayne ihr gegeben hatte, halfen nicht.
Zum Glück schien Madame Sauville den Grund ihres Besuchs zu glauben: dass Miss Ellis einige Landsleute ihrer verstorbenen Mutter kennenzulernen wünschte und hoffte, ein paar Dinge zu erfahren, die sie in ihrem Unterricht verwenden könnte.
»Aber natürlich, Mylord«, murmelte Mrs Sauville. »Es ist mir ein Vergnügen, Ihre kleine Freundin gleich nach der Poesielesung mit meinen Gästen bekanntzumachen. Und während des Vortrags müssen Sie neben mir sitzen. Ich bestehe darauf!«
Mit diesen Worten hakte sie sich bei Haviland ein und führte ihn, alle anderen ignorierend, in die vorderste Stuhlreihe. Madeline folgte den beiden und setzte sich auf die andere Seite neben Rayne. So absurd es sein mochte, verletzte es sie, dass die wunderschöne Französin sie so offensichtlich nicht als Rivalin wahrnahm. Dabei war Madeline doch lediglich hier, um eine Nebenrolle zu spielen.
Seine Rolle spielte Haviland hervorragend, wie Madeline feststellte. Er genoss die ungeteilte Aufmerksamkeit der Französin und fesselte sie mit jenem Lächeln, das alle Frauenherzen höher schlagen ließ.
Bei dem Anblick biss Madeline die Zähne zusammen. Sie war nicht eifersüchtig, ermahnte sie sich streng. Sie hatte einzig Bedenken, die Witwe könnte sich während der gesamten Lesung allein auf Rayne konzentrieren, weil es gegen ihren Plan ginge.
Entschlossen, jedwedes Misstrauen ihrer Gastgeberin im Keim zu ersticken, verbarg Rayne seine Langeweile und umschmeichelte die Witwe Sauville. Er hatte reichlich Übung darin, seine Verführungskünste taktisch einzusetzen, war es doch ein wichtiges Hilfsmittel während seiner Zeit als Spion gewesen.
Die schöne Madame Sauville allerdings war nicht minder talentiert, wie Rayne zugeben musste, als sie ihren zarten Seidenschal »versehentlich« zwischen ihren beiden Stühlen zu Boden rutschen ließ. Sie griff sich erschrocken an ihr Herz und lenkte so Raynes Aufmerksamkeit auf ihren weitestgehend entblößten Busen.
»C’est si gauche de moi! Wären Sie so freundlich, Mylord? «, bat sie ihn und blickte ihn kokett mit halbgesenktem Haupt an, so dass er ihre langen schwarzen Wimpern bewundern durfte.
Rayne antwortete galant: »Es wäre mir eine Freude, Madame.«
Als er ihr den Schal wieder umhängte, lehnte sie sich so zu ihm, dass er beinahe freien Blick in ihr Dekolleté hatte. Sie schaffte es sogar, ihre Finger auf seine zu legen und etwas näher an ihren Busen zu führen.
Rayne waren die Regeln dieses Spiels nur allzu vertraut. Er neigte sich ein wenig vor und ließ seinen Atem über ihren Nacken streichen, worauf sie zart erschauerte.
»Es ist eine Schande, solche Schönheit zu verbergen«, raunte er, obwohl er bei ihrem schweren Parfum fast die Nase gerümpft hätte.
Die Witwe lachte trällernd und sah gekünstelt verschämt zu ihm auf. Diese Geste sollte ihn erregen, stieß ihn jedoch eher ab, was er geschickt überspielte.
Er misstraute schönen, verführerischen Frauen grundsätzlich, denn das hatte ihn Camille Juzet vor vielen Jahren gelehrt.
Andererseits konnte er ebenso gut die Herausforderung des Spiels und die Chance genießen, gegen eine würdige Gegnerin anzutreten.
Also gab er sich charmant interessiert und bat Madame Sauville, ihm von den Poeten zu erzählen, die sie für heute Abend geladen hatte.
Eine Stunde später endete der Vortrag, und alle Gäste erhoben sich. Die Witwe indes klammerte sich weiter an Rayne. Er überlegte, wie er sich am geschicktesten ihrer Belagerung entzog, als Madeline ihm den idealen Vorwand bot.
»Ich bin sehr durstig, Lord Haviland. Wären Sie wohl so gütig, mir eine Erfrischung zu holen?«
Er wollte ihr am liebsten gratulieren, weil sie die Bitte vollkommen unschuldig vorbrachte. »Mit Freuden, Miss Ellis.«
Die Witwe widersprach sofort. »Ich habe Bedienstete für derlei Aufgaben, Miss Ellis. Zudem wird das Buffet in Bälde bereit sein.«
»Oh, aber Lord Haviland macht es sicher nichts aus«, sagte Madeline freundlich, »und ich würde mich gern einen Moment mit Ihnen allein unterhalten, Madame Sauville. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, würden Sie mir verraten, bei welchem Modisten Sie schneidern lassen, damit ich meinen Schülerinnen den Namen sagen kann. Ihr Kleid ist reizend und mit solch einem überragenden Gespür für Mode gearbeitet. Ach ja, und Sie versprachen, mich Ihren Gästen vorzustellen, nicht wahr?«
Madeline hakte sich bei ihrer Gastgeberin ein und lenkte sie fort von Rayne. »Ich würde mich überdies freuen, die Dichter kennenzulernen. Mein Bruder hat sich früher das eine oder andere Mal an der Poesie versucht, doch ich muss gestehen, dass seine Erfolge leider sehr dürftig waren …«
Rayne war beinahe enttäuscht, musste aber dennoch schmunzeln, als Madelines Stimme in der Menge der Gäste unterging. Ihre Aufgabe war, die Witwe abzulenken, und er sollte sich nun auf die Suche nach den Briefen begeben.
Je mehr Zeit verstrich, desto ärgerlicher schien Madame Sauville ob der unerwünschten Aufmerksamkeit, wie Madeline feststellte. Doch sie weigerte sich, der intriganten Französin von der Seite zu weichen. Unterdes linste sie immer wieder zur Uhr auf dem Kaminsims und mühte sich, ihre Sorge zu überspielen, während sie inständig wünschte, Rayne möge sich eilen.
Als er endlich in den Salon zurückkehrte, mit zwei Gläsern Wein für sie und Madame Sauville, atmete Madeline ein klein wenig auf. Doch erst als er ihr auf ihren fragenden Blick hin kaum merklich zunickte, entspannte sie sich.
»Verzeihen Sie, dass ich mich verspäte, Madame«, sagte Rayne zur Witwe Sauville. »Ich traf einen alten Bekannten, mit dem ich mich eine Weile unterhielt.«
Madeline war unsagbar erleichtert, und so kümmerte sie fast nicht, dass er sich abermals einzig der Witwe zuwandte.
Anschließend gingen sie zu dritt zum Buffet und aßen gemeinsam, doch als Rayne erwähnte, dass sie danach die Soiree verlassen wollten, gab sich Madame Sauville äußerst enttäuscht. »Müssen Sie so früh schon gehen, Mylord?«
»Ich fürchte ja. Da Miss Ellis morgen früh unterrichtet, bringe ich sie noch heute Abend nach Chiswick, und das ist eine recht weite Fahrt.«
Mrs Sauville bedachte Madeline mit einem bitterbösen Blick, ehe sie den Earl anlächelte. »Ich hoffe, Sie kommen mich bei Gelegenheit besuchen, Lord Haviland. Sie sind jederzeit herzlich willkommen.«
Rayne verneigte sich und küsste ihr die dargebotene Hand. »Ich danke Ihnen, Madame. Und ich freue mich auf künftige Begegnungen.«
Dann nahm er Madelines Arm und führte sie hinaus zu seiner Kutsche.
Madeline wartete, bis Rayne sich ihr gegenüber in die Kutsche gesetzt hatte. »Ich nehme an, Sie fanden die Briefe?«
»Ja, aber ich brauchte länger als erwartet«, antwortete er, als die Kutsche losfuhr. »Sie waren tatsächlich in dem Schmuckkasten, der wiederum unter ihrer Lingerie verborgen war.« Madeline deutete seine Miene im gedämpften Lampenschein der Innenlaterne als zustimmend. »Sie haben Ihre Aufgabe, die Witwe zu beschäftigen, während ich meine Suche durchführte, außerordentlich gut gemacht.«
Sein Lob brachte sie zum Erröten. »Ich bin nur erleichtert, dass es vorbei ist. Leider fürchte ich, dass ich mich für das Spionieren nicht eigne. Meine Nerven waren in einem veritablen Aufruhr, solange Sie fort waren.«
Sie sah, dass Rayne lächelte. »Ich habe größtes Zutrauen in Sie, meine Liebe.«
»Nun, das ist eine Übertreibung«, erwiderte Madeline. »Sie hatten nie geglaubt, dass ich Ihnen helfen könnte. Sie wollten nicht einmal, dass ich Sie heute Abend begleite.«
»Richtig, aber nicht, weil ich jemals an Ihrer Courage zweifelte. Ich sorgte mich um Sie, was nicht dasselbe ist wie Zweifel«, erklärte er lächelnd.
Sie konnte nicht umhin, ebenfalls zu lächeln. »Ich würde sehr gern Madame Sauville sehen, wenn sie den Tausch entdeckt.«
»Vertrauen Sie mir«, sagte Rayne ernst. »Sie wollen den Moment nicht aus der Nähe erleben. Sie würde Ihnen fraglos die Augen auskratzen.«
»Ja, vermutlich haben Sie Recht.«
»Hoffen wir, dass wir alle Briefe haben«, sagte er, während er die Vorhänge der Kutschenfenster zuzog.
Madeline beobachtete, wie Rayne seinen Gehrock auszog und vorsichtig die Briefe aus den Innentaschen holte. Er sah sich jeden einzelnen flüchtig an.
»Freddie wird sie selbst lesen müssen, aber nach dem, was er mir sagte, müssten dies alle sein.«
Er beugte sich vor und klappte eine große Ledertasche zu seinen Füßen auf. Nachdem er den Briefestapel sicher darin verstaut hatte, nahm er Madelines braunen Umhang heraus, den Walters vorher dort hineingelegt hatte.
»Sie sollten sich wieder so herrichten, wie Sie bei der Abfahrt aussahen, ehe wir zu Hause sind.«
Seltsamerweise wollte Madeline nicht, dass der Abend schon vorbei war, und noch viel weniger wollte sie den zauberhaften Silberschal und die passenden Accessoires ablegen und stattdessen wieder ihren alten Umhang überziehen. Aber natürlich konnte sie nicht mit Raynes Federbandeau und Silberkämmen in Danvers Hall erscheinen.
Als sie allerdings nach oben griff, um das Bandeau abzunehmen, hatte sie Mühe, die Haarnadeln zu finden, mit denen es befestigt war.
Rayne entging es nicht. »Kommen Sie und setzen Sie sich neben mich, meine Liebe. Ich helfe Ihnen.«
Nach kurzem Zögern tat sie es.
»Ich bin zugegebenermaßen froh, dass Sie noch nicht angefangen haben, Hauben zu tragen«, murmelte er, während er nach den Nadeln tastete. »Ihr Haar ist viel zu schön, um unter Stoff verborgen zu werden.«
Madeline war sicher, dass es nichts als falsche Schmeichelei war. Und Hauben waren nicht unbedingt das Thema, bei dem sie sich behaglich fühlte. Nein, sie hatte noch nicht begonnen, mittels Spitzenhäubchen jedermann zu zeigen, dass sie eine alte Jungfer war. Ihre Hoffnungen auf Liebe und Ehe schwanden, ohne Frage, doch Madeline hatte sie nicht endgültig aufgegeben.
Umso dankbarer war sie, dass Rayne nichts mehr sagte. Leider war sie sich überdies allzu sehr seiner sanften Berührungen gewahr. Daher machte sie sich besonders gerade und versuchte, sich nicht zu rühren, was in Anbetracht der schwankenden Kutschenbewegungen alles andere als einfach war.
Mehrere Minuten vergingen, bis Rayne das Bandeau und die Kämme aus ihrem Haar entfernt hatte und erklärte, sie wäre nunmehr bereit, von den Danvers-Bediensteten gesehen zu werden.
»So wird es gehen«, sagte Rayne.
»Ich danke Ihnen«, murmelte Madeline und rutschte ein Stück von ihm weg.
Er lächelte, als wüsste er, warum sie Abstand wollte. »Wir sind noch nicht ganz fertig, meine Liebe. Lassen Sie mich Ihren Schal abnehmen.«
Als sie die Arme ausstreckte, hob er die Stola von ihren Schultern und steckte sie zusammen mit dem Bandeau und den Kämmen in die Ledertasche.
Ohne dass Madeline erklären könnte, warum, war ihr plötzlich viel zu warm.
Als sie sich wieder auf ihren Platz setzen wollte, hielt er sie sanft zurück. »Sie haben noch den Beutel an ihrem Strumpfband.«
»Den kann ich allein abnehmen«, entgegnete sie atemlos.
»Schade.«
Madeline griff unter ihre Röcke und löste die Klammer, die den Beutel an ihrem Strumpf hielt. Dann legte sie beides in die Ledertasche und strich sich das Kleid wieder glatt. Doch immer noch wollte Rayne sie nicht auf ihren Platz zurücklassen.
Stattdessen zog er sie gegen die Polster, so dass sie ihn ansehen musste.
Madeline hörte auf zu atmen und fragte sich, ob er ihre erzwungene Vertraulichkeit ausnutzen wollte.
Ihr Verdacht bestätigte sich. »Wir sind noch nicht fertig, meine Süße«, raunte er. »Ich möchte Ihnen zeigen, warum Sie meinen Antrag ernstlich überdenken sollten.«
Madeline nickte matt. »Ich versprach Ihnen bereits, darüber nachzudenken.«
»Dennoch bezweifle ich, dass Sie es tun werden.«
Er strich mit einem Finger über ihre Lippen, sinnlich zart, und Madeline hatte das Gefühl, unzählige Hitzefunken würden in ihrem Inneren aufscheinen. Dann lehnte Rayne sich vor, bis er nahe genug war, dass sie seinen Atem spürte.
Auf einmal lag ein Knistern in der Luft, und Madeline begriff, dass Rayne sie küssen würde. Sie ermahnte ihr pochendes Herz, sich zu beruhigen, und wollte zur Seite weichen, konnte sich nicht bewegen.
Ohne Eile neckte er ihre Unterlippe, bis sie sich ihm öffnete, und glitt mit seiner Zunge in ihren Mund. Es war ein warmes, langsames Streicheln, das Madelines Willenskraft weiter schrumpfen ließ. Mit geruhsamer Gründlichkeit bewegten sich seine Lippen auf ihren, was bewirkte, dass es eine Weile brauchte, bis Madeline die Kraft fand, ihre Hände gegen seine Brust zu stemmen.
»Ich ahne, was Sie beabsichtigen«, sagte sie mit zittriger Stimme. »Sie wollen meinen Widerstand schwächen. «
Er schenkte ihr jenes Lächeln, bei dem jede Frau schwach wurde. »Natürlich will ich. Und ich werde fair sein und Sie warnen, liebreizende Madeline. Ich bin kein Mann, der leicht aufgibt.«
Einer Warnung bedurfte es wahrlich nicht! Sie wusste längst, wie gefährlich Rayne war. Und die Gefahr war umso größer, als ihr Leib noch unter den Nachwirkungen seines Kusses bebte und ihre verräterischen Sinne sie aufforderten, ihm nachzugeben.
Trotzdem unternahm sie einen neuen Versuch, seine Absichten zu vereiteln. »Ich glaubte, dass Sie großen Wert auf Ritterlichkeit legen. Es ist hingegen nicht im Mindesten ritterlich, mich verführen zu wollen. «
»Ah, aber ich handle nur zu Ihrem Besten, meine Liebe, denn ich beabsichtige, die verborgene Leidenschaft in Ihnen ans Licht zu bringen.«
Madeline schluckte. »Welche verborgene Leidenschaft? «
»Sie wissen sehr wohl, wovon ich spreche. Das Verlangen in Ihnen brennt darauf, freigesetzt zu werden. Was nicht anders zu erwarten war, kann Gefahr doch ein Aphrodisiakum sein.«
Leider konnte Madeline es nicht leugnen. Seine Küsse und die Aufregung des Abends hatten ein ungekanntes Verlangen in ihr entfacht. »Lassen Sie mich Ihnen einen Vorgeschmack auf das geben, was Sie als meine Gemahlin erwartet, meine Liebe.«
Sie war nicht »seine Liebe«! Aber das war lediglich eine Floskel, mit der er sie gefügig machen wollte. Leider ließ die Art, wie er sie ansah, ihr Herz noch schneller schlagen. Und sie konnte nicht abstreiten, dass sie sich nach seinen Küssen sehnte – fiebrig.
Als er ihrem unausgesprochenen Wunsch entsprach, erstarrte Madeline. Zu ihrem Unglück waren seine Zärtlichkeiten nun noch betörender als zuvor. Sein Mund nahm ihren energischer, fordernder ein.
Ihr Atem stockte, während Raynes sinnliche Attacke andauerte und ihr beständig heißer wurde. Sie merkte nicht mehr, wie die Zeit verging, bis sie Raynes Fingerspitzen innen an ihrem Schenkel spürte …
Ein erstickter Laut entfuhr ihr, sobald sie begriff, dass Rayne ihre Röcke gelüpft hatte.
Erschrocken packte sie seine Hand und löste ihren Mund von seinem.
»Was tun Sie?«, hauchte sie.
Seine Augen hielten ihre im Bann. »Ich möchte fortfahren, wo wir in der Ballnacht aufhörten, Madeline, denn ich kann Sie noch manches über Vergnügen lehren.«
Sie brachte keinen Ton heraus, als Rayne sich vor sie kniete und ihre Strumpfbänder mitsamt den Strümpfen herunterzog. Es war unglaublich, dass sie ihm solche Freiheiten erlaubte, und dennoch gebot sie ihm keinen Einhalt, als er sich vorbeugte und die empfindliche Haut an der Innenseite ihres rechten Knies küsste oder als seine Lippen liebkosend weiter hinauf wanderten.
Er verharrte, wo die Befestigung des Satinbeutels einen Abdruck hinterlassen hatte, und streichelte sie dort sacht mit der Zunge. Die erotische Geste entlockte Madeline ein Stöhnen, aber Rayne fuhr fort. Es war empörend, skandalös, schamlos, was er tat. Und Madeline sank wehrlos gegen die Sitzlehne, zu schwach, um sich zu sträuben.
Sowie Rayne ihre Röcke höher schob, bis all ihre weiblichen Geheimnisse entblößt waren, spreizten sich Madelines Schenkel von allein.
Rayne murmelte etwas, bevor er sich tiefer neigte und das Aroma ihrer Erregung in sich aufsog.
Beinahe könnte man glauben, er kannte ihren Körper besser als sie, so sicher wie er ihre empfindsamsten Stellen unter den dunklen Locken ihres Venushügels fand und sie mit zarten Strichen seiner Zunge zu necken begann.
Vor Schock war Madeline wie versteinert. Seufzend vergrub sie die Finger in seinem schwarzen Haar, wusste jedoch nicht, ob sie Rayne fortstoßen oder seinen magischen Mund dort festhalten wollte.
Die Entscheidung nahm er ihr ab, indem er weit genug zurückwich, um in einem heiseren Flüstern zu befehlen: »Halt still, Liebes. Lass mich genießen, dir Vergnügen zu bereiten.«
Bebend gehorchte sie ihm und sank hilflos in die Polster, als er aufs Neue die feste Knospe ihres Geschlechts mit federleichten Zungenstrichen verwöhnte, die er im Rhythmus der Kutschenbewegungen vollführte. Madeline schrie leise, kaum dass seine Zunge tiefer drang und sich eine unvorstellbare Hitze in ihrem Schoß ausbreitete, die bald ihren gesamten Leib erfasste.
Behutsam drückte Rayne ihre Schenkel weiter auseinander und umfing ihren nackten Po mit beiden Händen. Dann hob er sie leicht an und intensivierte seine Liebkosungen, indem er sie abwechselnd rieb und streichelte.
Madeline schluchzte und bog sich ihm entgegen. Sie sehnte sich danach, dass er jenes seltsame, stetig größer werdende Verlangen in ihr stillte. Schließlich gipfelte es in einer Explosion, die Madeline mit Hitze überflutete und sie heftig durchschüttelte.
Unter der Wucht ihres Höhepunkts ging Madelines Atem in kurzen Stößen, während ihre Gliedmaßen vor Schwäche zitterten.
Wortlos zog Rayne ihre Strümpfe wieder nach oben und ihre Röcke hinunter, so dass sie vollständig bedeckt war. Dann setzte er sich gelassen auf seinen Platz zurück, als hätte er ihr nicht soeben die verblüffendste Wonne ihres Lebens bereitet.
Eine Weile blieb Madeline entkräftet zurückgelehnt, schockiert von der Vehemenz, mit der ihr Körper auf Raynes Zärtlichkeiten reagiert hatte.
»Hast du nichts zu sagen?«, fragte Rayne gleichermaßen neugierig wie zärtlich.
Sie kniff die Augen zu und stöhnte unglücklich.
»Gibt es ein Problem, Süße?«
Oh, ja! Wieder einmal hatte er sie alle Vernunft vergessen lassen.
»Sie sind mein Problem«, antwortete sie leise und setzte sich mühsam auf.
Sein Lächeln war unsagbar sinnlich. »Und im Moment bist du meines. Ich begehre dich über alle Maßen, Madeline.«
»Sie wollen lediglich gerade Ihren Willen durchsetzen. «
»Das auch. Aber du hast große Wirkung auf mich.« Er nahm ihre Hand und führte sie vorn an seine Kniebundhose, über die Wölbung seiner Männlichkeit. »Es ist erstaunlich, wie sehr es mich erregt, dich nur zu küssen. Und deine Wonneschreie zu hören, steigert mein Verlangen noch.«
Das Wissen, dass sie ihn in diesen Zustand versetzt hatte, war aufregend und beängstigend zugleich.
Madeline zog ihre zitternde Hand zurück. »Erstaunlich ist, dass Sie sich weigern, mir zuzuhören. Ich wünsche nicht, Sie zu heiraten.«
»Ungeachtet deines Wunsches, würde ich meinen, dass du mich verleitet hast, mich weit über die Grenzen des Anstands hinwegzusetzen; also kannst du ebenso gut meinen Antrag annehmen.«
»Ich … habe Sie verleitet?« Sie stieß ein ersticktes Lachen aus. »Ich lasse mich nicht zwingen, Lord Haviland. «
»Selbstverständlich nicht.« Er stützte ihr Kinn mit einem Finger, so dass sie in seine strahlend blauen Augen sehen musste. »Aber ich bin fest entschlossen, dich zu meiner Gemahlin zu machen, meine Liebe. Also solltest du überlegen, ob du nicht in Würde annimmst und uns die Mühen eines ausgedehnten Werbens ersparst.«
Sie fröstelte. Rayne war ein Mann, der sich nahm, was er wollte, und in diesem Fall wollte er sie. Was nicht bedeutete, dass sie ihm nachgeben musste.
Als hätte er wieder einmal ihre Gedanken gelesen, schüttelte er den Kopf. »Noch gestatte ich nicht, dass du mich abweist. Ich habe meinen Teil unserer Vereinbarung eingehalten und erlaubt, dass du mich heute Abend begleitest. Folglich schuldest du mir mindestens eine Woche, deine Antwort zu überdenken.«
Madeline blieb zunächst stumm und fragte sich, wie in aller Welt sie ihm so lange widerstehen wollte. Trotzdem war es nur fair, dass sie ihren Teil der Vereinbarung erfüllte. »Nun gut, eine Woche.«
Danach wäre ihre Antwort immer noch nein, schwor Madeline sich, egal wie bedauerlich und traurig sie es fand. Sie hegte zu tiefe Gefühle für Rayne. Sollten sie heiraten, würde sie ihr Herz an ihn verlieren, ohne dass er ihre Zuneigung jemals erwiderte.
Mit gesenktem Blick nahm sie ihren Umhang auf und setzte sich auf die Bank ihm gegenüber.
»Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie auf Ihrer Seite blieben, Lord Haviland«, murmelte sie, während sie sich mit ihrem Umhang abmühte.
»Wie du wünschst, Liebes«, sagte er unbekümmert. »Mir genügt, dass ich dir demonstrieren konnte, was ich meine.«
Das hatte er fürwahr, dachte Madeline. Nun, da sie eine Kostprobe der Leidenschaft und Sinnlichkeit bekommen hatte, die Rayne ihr bieten konnte, wollte sie nur noch mehr.
Und obwohl sie ihm fortan weiträumig aus dem Weg gehen würde, hatte sie das beklemmende Gefühl, dass sie nach heute Abend niemals wieder dieselbe sein würde.