Kapitel 44
Die nächtliche Brise raschelte in den Baumwipfeln über ihm. Er hockte in der Dunkelheit, vollkommen unsichtbar und reglos im Schutz der Büsche, während er wartete und beobachtete. Er verhielt sich so still und lautlos wie die wilden Raubtiere, die im dunklen Wald ringsum lebten. Sein Verstand war abgeschottet von den Schmerzen der erlittenen Schnitte und Schrammen, der Platzwunde auf seiner Wange und der Abschürfungen an den Händen – alles nur kleine Verletzungen, die er sich zugezogen hatte, als er am Rankgerüst des Hauses heruntergerutscht war. Er fühlte kaum etwas von alldem. Nur seine Wut brannte ihm im Hals, gallig und heiß wie geschmolzener Stahl.
Es gab nichts auf der Welt, was Franco Bozza mehr hasste als Fehlschläge. Und als übertölpelt zu werden, erst recht, als der Erfolg so greifbar nah und sicher gewesen war. Seine Belohnung war ihm vor der Nase weggeschnappt worden, und er hatte nicht die Mittel, irgendetwas dagegen zu unternehmen. Er hatte verloren.
Für den Augenblick.
Er wartete noch eine Weile länger, während seine heiße Wut langsam kälter wurde und sein Atem sich beruhigte. Er neigte den Kopf, als er in der Ferne eine Sirene vernahm. Das Heulen des Krankenwagens wurde immer lauter auf der leeren Landstraße, und dann raste das Auto an Bozzas Versteck vorbei und tauchte die Bäume und Büsche eine Sekunde in blaues blitzendes Licht.
Bozza beobachtete, wie sich der Krankenwagen der Zufahrt zum Haus näherte, das ein Stück weit von der Straße entfernt war, und immer langsamer wurde. Ein alter Renault mit abgeblendetem Licht kam der Ambulanz auf dem schmalen Weg entgegen. Er schien kurz langsamer zu werden, als der Rettungswagen in die Auffahrt einbog, dann beschleunigte er wieder.
Bozza hörte das Klappern der Ventile, als er näher kam, und sprang auf. Er rannte im Schutz der Büsche zu seinem abseits der Straße versteckten Porsche, noch bevor der Renault an ihm vorbei war.
Er holte die alte Limousine mühelos ein. Bei einer Abzweigung in einer Kurve schaltete er seine Scheinwerfer aus. Falls der Renaultfahrer ihn im Rückspiegel beobachtet hatte, würde es so aussehen, als wäre der Wagen hinter ihm in eine andere Richtung abgebogen.
Jetzt saß er hochkonzentriert in dem dunklen, unsichtbaren Porsche. Nur die schwachen roten Rücklichter des Renault wiesen ihm den Weg über die verschlungenen Straßen. Nach einigen Kilometern verlangsamte der Renault seine Fahrt und bog in die Einfahrt eines kleinen Landhotels ein. Bozza lenkte den Porsche an den Straßenrand, stieg aus und schlich auf das Gelände.
Hope und die amerikanische Frau bemerkten ihn nicht, als sie das Hotel betraten. Er wartete fünfzig Meter vom Haus entfernt zwischen den Bäumen. Dann flammte in einem Fenster die Beleuchtung auf. Mittleres Fenster, erste Etage.
Die Zeit verging. Bozza wartete. Gegen Mitternacht sah er zwei Silhouetten am Fenster. Sie tanzten. Tanzten. Dann verschwanden sie wieder, und das Licht ging aus.
Bozza wartete noch eine Weile länger, während er methodisch ermittelte, welchen Grundriss das Hotel hatte. Schließlich umrundete er das Haus, bis er den unverschlossenen Eingang zur Küche fand. Er schlich lautlos durch die leeren Korridore, bis er die Tür gefunden hatte, die er suchte. In seinem Gürtel steckte ein Reservemesser.
Bozza wollte gerade seinen Dietrich aus Draht in das Schlüsselloch schieben, als unter der Tür der Honeymoon Suite ein gelber Lichtstreif sichtbar wurde. Er fluchte leise, steckte den Dietrich wieder ein und zog sich in die Dunkelheit des Korridors zurück. Hope war viel zu gefährlich, als dass er ihm ohne das Überraschungsmoment gegenüberzutreten wagte. Er musste noch länger warten, bis sich eine Chance bot.
Doch sie würde kommen. Sie würde kommen.