Weltraum-Großnation auf dem Langen Marsch
Die chinesische Raumfahrt
Der 15. Oktober 2003 ist für die Volksrepublik China ein historisches Datum: An diesem Tag schaffte sie es erstmals, aus eigener Kraft Menschen ins All zu transportieren. An Bord des Raumschiffs Shenzhou 5, „Gottesschiff“, befand sich Yang Liwei, der einen 21-stündigen Flug absolvierte. Am 12. Oktober 2005 erfolgte der zweite bemannte Raumflug mit Shenzhou 6 und diesmal mit zwei „Taikonauten“, wie die chinesischen Raumfahrer genannt werden. Der Flug machte der Weltöffentlichkeit eines deutlich: China ist auf dem Weg zur Weltraum-Großmacht.
Bruch der Freundschaft
Eigene Trägerraketen entwickelt die VR China schon seit den 1960er-Jahren. Die meisten sind unter dem Namen Changzheng (CZ, dt.: „Langer Marsch“) bekannt. Sie werden außer zum Transport von Satelliten auch im bemannten Raumfahrtprogramm eingesetzt. Der Grund für diesen eigenen Weg war der Bruch zwischen der VR China und den UdSSR durch Mao Zedong. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte China seine Raketen von der Sowjetunion erhalten.
Ein ehrgeiziges Programm
Wie sehr die VR China gewillt ist, sich als vierte Weltraum-Großmacht zu etablieren, zeigt sich auch in ihrem ambitionierten Mondforschungsprogramm, das vier Phasen umfasst:
• Phase 1: Entsendung einer unbemannten Sonde in den Mondorbit, geschehen am 24. Oktober 2007
• Phase 2: Landung eines unbemannten Mondfahrzeugs mit automatischem Untersuchungsgerät für Experimente auf der Mondoberfläche: geplant 2009–2015
• Phase 3: automatisches Einsammeln von Gesteinsproben und deren Rückführung zur Erde um 2020
• Phase 4: bemannte Mondlandung um 2024
Als Geburtsstunde der chinesischen Raumforschung gilt der 8. Oktober 1956. An diesem Tag wurde das „Raketenforschungsinstitut Nr. 5“ gegründet. Hierbei konnte auch auf einige Wissenschaftler zurückgegriffen werden, die in den 1940er-Jahren im Jet Propulsion Laboratory in Pasadena, USA, gearbeitet hatten. Am 19. Februar 1960 startete die erste chinesische Flüssigkeits-Höhenforschungsrakete; am 24. April 1970 folgte der erste Satellitenstart, und 1975 gelang es erstmals, eine Nutzlast wieder auf die Erde zurückzuholen.
1993 wurde die chinesische Raumfahrtagentur CNSA gegründet, nachdem ein Jahr zuvor der Startschuss für das Projekt „921-1“ gefallen war, dessen Ziel im Start eines bemannten Raumschiffes bestand. Daraus resultierten die Raumschiffe der Shenzhou-Reihe, mit denen sich China seit dem 15. Oktober 2003 auf den Langen Marsch zur vierten Weltraum-Großmacht begeben hat.
Shenzhou
Shenzhou ähnelt dem russischen Sojus-Raumschiff stark, ist jedoch in fast allen Abmessungen größer und kann bis zu vier Personen transportieren. Es besteht aus drei Modulen: dem oberen Modul im vorderen Teil, der Rückkehrkapsel in der Mitte und dem Servicemodul als hinteren Teil. Das Orbitalmodul kann nach Abtrennung von der Rückkehrkapsel noch ein halbes Jahr in der Umlaufbahn operieren. An seiner Vorderseite kann entweder eine Plattform als Instrumententräger oder ein Kopplungssystem installiert werden, wodurch zwei Orbitalmodule auch eine kleine Raumstation bilden können. Die Masse des Shenzhou-Raumschiffs beträgt etwa 7,8 t, die Länge 8,65 m.