Lauschen ins All
Die Radioastronomie
Ohne die Radiotechnik wäre es um die globale Kommunikation schlecht bestellt, ohne Radar eine Flugzeuglandung im Nebel ein lebensgefährliches Risiko und anfliegende Gegner könnten nicht im Voraus entdeckt werden. Radiowellen sind in der Lage, Unsichtbares sichtbar zu machen – es ist kein Zufall, dass im Zweiten Weltkrieg das Radar entwickelt und die Funktechnik verbessert wurde, wovon auch die Astronomen profitierten. Sie etablierten nach 1945 in ihrer Wissenschaft einen neuen Forschungszweig: die Radioastronomie.
Große Schüsseln
Die Radioastronomie begann 1932, als der Ingenieur Karl Jansky „Funkstörungen“ entdeckte, die aus der Milchstraße stammten. Die 1942 von Stanley Hey gemachte Entdeckung starker Strahlungsausbrüche auf der Sonne wurde nicht gleich weltweit bekannt, weil im Krieg Forschungen auf dem Radiosektor der Geheimhaltung unterlagen. Umso stürmischer war der Fortschritt nach dem Zweiten Weltkrieg: Es entstanden immer ausgedehntere Empfangsanlagen, vor allem schüsselförmige Antennen mit immer größeren Durchmessern. Wie bei den Fernsehsatellitenschüsseln werden die Strahlen von den Wänden der Schüsseln reflektiert und auf eine Antenne fokussiert.
Diese Entwicklung gipfelte mit dem Bau des 305m durchmessenden Radioteleskops von Arecibo auf Puerto Rico 1963. Diesem fest stehenden Beobachtungsinstrument folgte 1972 der Radioparabolspiegel von Effelsberg in der Eifel. Bis zum Jahr 2000 war er das größte frei bewegliche Radioteleskop der Erde, musste diesen Rang dann aber an das 10m größere in Green Bank, West Virginia (USA) abtreten. Dass Radioteleskope im Gegensatz zu optischen so große Durchmesser haben (müssen), liegt an ihrer geringeren Auflösung. Radiowellen sind viel länger als Lichtwellen; sie reichen weit in den Meterbereich.
Radioteleskope im Verbund
Um die Auflösung und damit die Abbildungsqualität zu erhöhen, schalten die Astronomen mehrere kleinere Teleskope zusammen. So können die 27 Parabolantennen (jede mit 25m Durchmesser) des Very Large Array in New Mexico entlang dreier Eisenbahnschienen so verschoben werden, dass sie scheinbar ein 36km durchmessendes Teleskop bilden. Eine weitere Steigerung ist durch das Zusammenschalten aller auf einem Kontinent stehenden Radioteleskope zu einem Very Long Baseline Array (VLBA) möglich. Das VLBA der USA hat ein höheres Auflösungsvermögen als das Hubble-Weltraumteleskop! Da aber auch so noch Lücken im Radiobild bleiben, schließt man die Teleskope mehrerer Kontinente zusammen und lässt sie infolge der Erddrehung das zu untersuchende Objekt Stück für Stück abtasten.
Kosmisches Rauschen
Mit dem Empfang von Radiowellen konnten die Astronomen den Himmel nun auch bei schlechtem Wetter beobachten und das auf der Wellenlänge von 21cm strahlende Wasserstoffgas in den Spiralarmen der Milchstraße untersuchen und so deren Struktur entschlüsseln. Sie drangen auch in das von dichten Staubwolken verborgene Zentrum unserer Galaxis vor und entschleierten dessen Aufbau sowie die sich dort abspielenden Vorgänge.
Die Radioastronomen entdeckten sehr viele energiereiche Objekte (Quasare, Radiogalaxien) und hochexplosive Vorgänge wie Supernova-Überreste, magnetische „Strudel“ in der Umgebung supermassiver Schwarzer Löcher und sogar die Reststrahlung (Hintergrundstrahlung) des Urknalls, mit dem das Universum entstand. Darüber hinaus lassen sich mit Radioteleskopen Moleküle im Weltall nachweisen – die Bausteine für neue Planeten und Lebewesen.