Trockene Meere auf dem Mond?
Von der wahren Natur der Maria
Dass die großen dunklen Gebiete auf dem Mond, die Maria (Singular: das Mare), nicht windbewegte oder gar sturmgepeitschte Wasserflächen sind, sondern viel mehr ausgedehnte trockene Ebenen, zeigt sich schon in einem Fernglas. Denn wären sie es, müsste sich in ihnen das Sonnenlicht spiegeln. Aber es sind auch keine „Meere“ aus meterhohen Staubschichten, denn sonst wären die Apollo- XI-Astronauten mit ihrer Landefähre Eagle im Mondstaub versunken. So aber konnten sie stolz am 20. Juli 1969 aus dem Mare Tranquillitatis vermelden: „Tranquility Base here, the Eagle has landed!“. Das Meer der Ruhe, eine dieser insgesamt 17 Großtiefebenen, war damit zum historischen Boden geworden.
Romantische Namen
Da die frühen Beobachter die dunklen Regionen des Mondes für ausgedehnte Wasserflächen hielten, nämlich für Ozeane, Meere und Seen, gaben sie ihnen die entsprechenden lateinischen Bezeichnungen: Oceanus, Mare, Lacus, Palus sowie „Sinus“ für Einbuchtungen. Diesen Bezeichnungen wurden dann Eigennamen hinzugefügt, die bei den Maria überwiegend aus der Meteorologie stammen. So gibt es beispielsweise einen Oceanus Procellarum – den Ozean der Stürme (den einzigen Ozean auf dem Mond), ein Mare Imbrium (Regenmeer), einen Lacus Mortis (See des Todes), einen Palus Somnii (Sumpf der Träume) und einen Sinus Aestuum (Bucht der Fluten).
Ozeane vergangener Zeiten?
Die Mondmeere gehören unbestritten zu den größten und damit auffälligsten Oberflächenmerkmalen des Erdbegleiters. Sie bedecken immerhin 16,9% seiner Oberfläche, davon 31,2% der Vorderseite und nur 2,6% der Rückseite. Dass sie dunkler als die kraterübersäten Hochländer, die Terrae, sind, liegt daran, dass sie nur 4% des Sonnenlichtes zurückstrahlen, die Hochländer dagegen 11%.
Sehr bald erkannten die Mondbeobachter, dass es sich bei diesen gewaltigen Becken nicht um Wasserflächen handeln konnte. Nicht nur, weil sich in ihnen kein Sonnenlicht spiegelte; es hätten sich auch Nebel und Wolkenformationen zeigen müssen, die ja durch Verdunstung des Wassers entstehen. So blieb eben nur noch die Möglichkeit ausgetrockneter Wasserbecken oder großflächiger Lavaüberflutungen – Letzteres erwies sich später als die richtige Erklärung für die Maria und ihnen ähnliche Oberflächenformationen.
Spuren gewaltiger Einschlagsüberflutungen
Die Maria sind – genau wie die Mondkrater – Spuren gewaltiger Meteoriteneinschläge, wie sie sich in der Frühzeit des Sonnensystems auf allen bereits entstandenen Planeten und Monden ereigneten. Auf dem Mond wurden dadurch zwei unterschiedliche Maria-Arten geschaffen: zum einen die kreisförmigen Maria. Ihnen stehen zum anderen die unregelmäßig geformten Strukturen ohne klare Begrenzungen gegenüber. Zu den kreisförmigen Maria gehören das Mare Imbrium im Nordwesten oder das Mare Crisium im Osten. Ihre Durchmesser reichen von einigen 100km bis 2000km.
Das Alter des Mondes beträgt nach neuesten Ergebnissen 4,527 Mrd. Jahre. Die großen Tiefebenen wurden in der Frühphase des Mondes geformt, und zwar vor etwa 3,8 bis 3,2 Mrd. Jahren. Da in diesem Entwicklungsstadium der Mondmantel noch flüssig war und die Kruste noch frisch, und damit auch dünn, wurde sie bei großen Einschlägen immer wieder durchschlagen, sodass aus dem Mantel neue Lava nachfließen konnte, die die regelmäßigen und unregelmäßigen Becken flutete. Erst einige Hundert Mio. Jahre später erkalteten dann die Maria ganz.