Die Astronomie begann in Babylon
Die himmelskundlichen Zentren des Altertums
Zwar ist der Turm zu Babel durch die Bibel als Sinnbild menschlicher Vermessenheit berühmt geworden, aber dieser wolkenkratzerartige Stufenturm war im Land zwischen Euphrat und Tigris nicht allein. Archäologen haben etwa 25 derartige Bauwerke entdeckt, die sich perlschnurartig über das ganze Zweistromland verteilen. „Zikkurat“ oder „Schiggorat“ werden die typischen pyramidenartigen Stufenbauwerke im Babylonischen genannt, was so viel heißt wie „hoch aufragend“, „aufgetürmt“, „Himmelshügel“ oder „Götterberg“. Und damit ist die hauptsächliche Funktion schon klar: Die Zikkurate waren abgestufte Tempel, Höhenheiligtümer, errichtet von Menschen, die ihre Götter ursprünglich von Bergen aus anbeteten, dann aber, nachdem sie in die fruchtbaren Schwemmlandebenen gesiedelt waren, sich einen künstlichen Ersatz schaffen mussten.
Die drei Weisen
Wenn man die biblische Geschichte vom Weihnachtsstern als wahr nimmt, kamen die drei Weisen aus Babylon. Es lag östlich von Bethlehem und hatte die am höchsten entwickelten himmelskundlichen Kenntnisse. Seine Priesterastronomen hatten im Jahr 7 v. Chr. möglicherweise ein dreifaches, äußerst seltenes enges Zusammentreffen der beiden Planeten Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische beobachtet und das als Hinweis für die Geburt eines neuen Königs im Lande der Juden gedeutet.
Ein frühes Observatorium?
Darüber hinaus gab es noch eine weitere Bedeutung, die zumindest beim Zikkurat von Borsippa nachgewiesen ist: Jede Stufe war einem der damals sieben bekannten Planeten (Wandelsterne) geweiht, zu denen auch Sonne und Mond gezählt wurden. Vom Dach des Gebäudes aus wurden wahrscheinlich auch Sternbeobachtungen vorgenommen. Die Sternkunde kontrollierte den Kalender und untermauerte astrologische Zukunftsprognosen, die sich einzig und allein auf das Herrscherhaus und das Reich bezogen und nicht auf den Einzelnen. Astronomie und Astrologie waren für die Bewohner Mesopotamiens untrennbar miteinander verbunden und nur die Priester durften diese Geheimwissenschaft studieren.
Verblüffende Erkenntnisse
Und die Priester der beiden in dieser Region rivalisierenden Mächte Assyrien und Babylonien – nennen wir sie der Einfachheit halber „Chaldäer“ – kamen zu Erkenntnissen, die seit 700v. Chr. noch in unsere moderne Astronomie hineinragen: Die Chaldäer bestimmten nicht nur den scheinbaren Lauf von Sonne und Mond sowie der sichtbaren Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn, beobachteten ihre Begegnungen am Himmel (Konjunktionen); sie schufen auch die noch heute gültigen Sternbilder des Tierkreises; und sie entdeckten, dass sich Sonnen- und Mondfinsternisse in einem bestimmten Zyklus wiederholen. Diese Erkenntnisse gelangten zu den Griechen und von diesen an die Römer. Daher die enorme Bedeutung der chaldäischen Himmelskunde für uns, obwohl sich Inder, Chinesen und Maya ebenfalls fundierte astronomische Kenntnisse erarbeitet hatten.
Die alten Ägypter, die, wenn auch nicht so stark, die Griechen und später die Römer ebenfalls auf diesem Gebiet beeinflussten, hatten eigene Sternbilder und einen eigenen Kalender. Bei ihnen stand vor allem ein Stern im Mittelpunkt: Sirius. Das Erscheinen dieses hellen Sternes (Hauptstern des Sternbildes Großer Hund) in der Morgendämmerung kurz vor Sonnenaufgang fiel ungefähr mit der Nilschwelle zusammen, jener Flut, die den fruchtbaren Schlamm auf die Felder brachte. In unserem Begriff „Hundstage“ lebt diese Erkenntnis fort.