Kugeln und Kapseln
Die ersten Raumschiffe
Der Vorstoß der Menschen in den Weltraum wurde nicht, wie es sich Visionäre wie Wernher von Braun vorstellten, mit geflügelten pfeilförmigen Raumschiffen durchgeführt. Stattdessen setzte man kugelförmige oder kegelförmige enge Raumkapseln ein. Der Grund: Es herrschte der Kalte Krieg, und die USA und die UdSSR befanden sich in einem Wettlauf zum Mond. Der aber ließ keine Zeit für eine langwierige Entwicklung vom Düsenjet über das Raketenflugzeug zum Raumschiff.
Der kleine, aber feine Raumfahrtunterschied
Genauer betrachtet waren die ersten Raumkapseln nichts weiter als modifizierte Geschosse oder bemannte Satelliten. Gestartet wurden sie auf Interkontinentalraketen. Es galt, so pragmatisch wie möglich vorzugehen und dabei den größtmöglichen technischen und auch propagandistischen Erfolg zu erzielen, wenn auch um den Preis einer kostspieligen Parallelentwicklung. Auf beiden Seiten wurde der Weg ins All in denselben Schritten in Angriff genommen: erfolgreiche Ein- und Zwei-Mann-Flüge um die Erde, Gruppenflüge und Rendezvous im All.
Späte Bergung
Virgil „Gus“ Grissoms 1961 verloren gegangene Mercury-Kapsel konnte erst 1999 aus dem Atlantik geborgen werden. Es war die bisher teuerste kommerzielle Bergung aus der Tiefsee, da die Kapsel fast 6000 m tief auf dem Grund des Atlantiks lag. Schon die Entdeckung der Kapsel grenzt an ein Wunder, wenn man bedenkt, wie lange nach der 1912 gesunkenen „Titanic“ gesucht wurde. Sie ist um ein vielfaches größer als die Kapsel und liegt zudem noch fast 2000m weniger tief auf dem Meeresboden.
Doch bei allen Parallelen zeigten sich auch gewisse Unterschiede, z.B. in der Form der Raumkapseln: Sowjetische waren kugelförmig und mit einer stromlinienförmigen Hülle verkleidet, US-Raumkapseln dagegen besaßen die Form eines Kegels oder einer Glocke und bildeten so gleichzeitig die Raketenspitze. Dieses Verfahren sparte nämlich erhebliches Gewicht, worauf die sowjetischen Konkurrenten nicht so große Rücksicht nehmen mussten. Da nämlich ihre A- und H-Bomben schwerer und die ganze Technik robuster gebaut waren, mussten sie für deren Transport schubstärkere Raketen entwickeln, wobei sie so vorgingen, dass mehrere Einzelraketen gebündelt wurden.
Kugel gegen Glocke
Es gab aber noch einen anderen Grund für die robustere Konstruktionsweise, die – wenn es um sowjetische Raumfahrzeuge ging – manch einen damaligen Kabarettisten von „Weltraumtraktoren“ sprechen ließ: Die Sowjetrussen als klassische Landmacht legten die Flugbahnen ihrer Raumschiffe so, dass sie zum großen Teil über ihr Staatsgebiet führten. Sie ließen dann ihre Kosmonauten im wörtlichen Sinne „landen“, und zwar an einem Fallschirm getrennt von ihrer Kapsel, aus der sie sich zuvor mit einem Schleudersitz katapultiert hatten. Diese Form der Rückkehr zum Boden geschah nicht gerade sanft: Knochenbrüche waren manchmal die Folge.
Die USA dagegen – als Seemacht und zu beiden Seiten vom Meer umgeben –, ließen ihre Astronauten wassern, um sie dann mit ihrer Kapsel von Hubschraubern aufzufischen und zum Bergungsschiff zu bringen. Dass auch diese Methode nicht risikolos war, zeigte sich bei Gus Grissoms Flug am 21. Juli 1961 (Mercury-Redstone 4), bei der der Astronaut nach der Landung fast ertrunken wäre.