Insel-Crash
Wenn Galaxien kollidieren
Mit Galaxien ist es wie mit Menschen: Sie begegnen sich, kommen sich näher, um dann zu verschmelzen. Zwar scheinen im Fernrohr einer Sternwarte die Galaxien wie riesige Lampen eines Saales fest verankert unbeweglich im Raum zu hängen. Aber: Zwischen den Welteninseln gibt es vielfältige gegenseitige Beeinflussungen, selbst wenn es wegen der Milliarden Lichtjahre weiten Entfernungen nicht so scheinen mag. Die einzelnen Galaxien entwickeln sich nicht isoliert von ihrer Umgebung. Vielmehr stehen sie mit ihr in Wechselwirkung, und zwar mit den benachbarten Galaxien, dem diffusen interstellaren Medium sowie einem Halo aus dunkler Materie. Unsere Galaxis tauscht beispielsweise Gas mit ihrer Umgebung aus, nämlich durch galaktische Winde sowie die sogenannte Gasakkretion.
Wie alles begann…
Kurz nach dem Urknall muss die Verschmelzung von Galaxien an der Tagesordnung gewesen sein, der Raum zwischen ihnen war noch mit sehr viel freiem Wasserstoff angefüllt. In dieser ersten Zeit waren die Galaxien klein, irregulär oder elliptisch. Nachdem sie mehr Material angesogen und bisweilen miteinander verschmolzen waren, entstanden die ersten Spiralgalaxien. Verschmelzen diese miteinander, ist das Ergebnis eine elliptische Galaxie, die selbst wiederum eigene Spiralarme entwickeln kann.
Kollision – das größte und spektakulärste Ereignis
Von diesen Ereignissen ist zweifellos der Zusammenstoß zweier Galaxien das größte und spektakulärste, sind doch daran jeweils mindestens 100Mrd. Sterne sowie ungeheure Gas- und Staubmengen beteiligt. In den Tiefen des Kosmos kommt es dabei zu einem leuchtenden Feuerwerk und es entstehen Tausende heißer und neuer Sterne. Sie sind für die Astronomen ein wichtiger Hinweis, dass eine heute „normal“ erscheinende Galaxie früher in ein Zusammentreffen mit einer anderen verwickelt war. Dauer des Rendezvous: mehrere 100Mio. bis 1,5 Mrd. Jahre!
Auch wenn oft von Kollision oder gar Crash die Rede ist, darf man sich das Zusammentreffen zweier Galaxien aber nicht wie das Aufeinanderprallen zweier Billardkugeln vorstellen. Es ist eher mit dem Eindringen einer farbigen Flüssigkeit in klares Wasser zu vergleichen, wo es ja zu einer langsamen Durchmischung kommt. Der Raum zwischen den einzelnen Sternen ist einfach zu groß, als dass es zu Sternkollisionen käme. Anders ist es mit den Gaswolken: Sie prallen tatsächlich zusammen, verlieren dadurch erheblich an Bewegungsenergie und viele Kugelsternhaufen entstehen. Die Astronomen bezeichnen solche Galaxien daher als „wechselwirkende Galaxien“, bei denen es neben der Verschmelzung auch zur besonderen Formation und Neukonstellation der beteiligten Sterninseln kommen kann.
Tanz der Galaxien
Zahlreiche vom Hubble-Weltraumteleskop oder von modernen erdgebundenen Großteleskopen wie dem VLT der ESO aufgenommene Bilder zeigen, dass die galaktischen Partner eine Art Hochzeitstanz aufführen. So nähern sich die Galaxien zunächst einander an, wobei sich ihre inneren Strukturen verändern sowie Gas- und Sternbrücken zwischen ihnen entstehen. Als nächstes durchstreifen sie sich an ihren Rändern, verformen sich dabei und tauschen Material aus. Dann entfernen sie sich wieder voneinander, um nach immer engeren Umkreisungen zu verschmelzen, gefolgt von einer Beruhigungsphase. Da kollidierende Galaxien oft zu einer gemeinsamen größeren Galaxie verschmelzen, wird es letztlich weniger, aber größere Galaxien geben.