11. Kapitel

Nadine Kupfer stöberte das Polizeiarchiv nach Akten über Heinz Werner durch. Negativ. Nicht einmal eine Verzeigung wegen falschem Parkieren. Ein absoluter Saubermann. Bei ihren Erkundigungen auf dem Steueramt stiess sie auf Granit. Die ziemlich bissige Beamtin verkroch sich hinter ihrem Steuergeheimnis. Das Internet durchforstete sie ebenfalls vergebens. Keine Homepage. Lediglich unter den Sammeladressen im vierzehntäglich erscheinenden Veranstaltungskalender von Basel fand sich ein karger Hinweis auf den «Anker» mit seiner währschaften Küche. Nadine rief ihren Vater an.

«Paps, wie geht es dir?»

«Hallo, Töchterchen. Gut und dir? So in der fremden Stadt?»

«Alle okay hier. Mein Chef ist zwar ein komischer Kauz, aber wir verstehen uns. Ich brauche deine Hilfe, Paps.»

«Dachte ich mir. Wenn die Tochter den Vater anruft, will sie etwas von ihm.»

Ein dröhnendes Lachen erklang. Nadine hielt den Hörer für ein paar Sekunden in die Luft.

«Wir ermitteln in einem eigenartigen Fall. Und vielleicht ist ein Heinz Werner darin verwickelt. Kannst du deine Beziehungen spielen lassen und rauskriegen, ob er Schulden hat?», fragte sie, als es am anderen Ende still wurde.

«Bei welcher Bank?»

«Wenn ich das wüsste.»

Nadine setzte sich mit übereinander geschlagenen Beinen auf den Bürotisch.

«Das wird nicht einfach sein. Dein Chef ist doch dieser Ferrari.»

«Ja, und? Was hat das damit zu tun?»

«Für ihn ist es ein Leichtes, an die Informationen zu kommen. Er hat doch Beziehungen.»

«Das will ich aber nicht. Ich will ihm die Infos servieren.»

«Bockig wie immer. Ich melde mich.»

Nadine Kupfer legte auf, drehte sich auf dem Tisch und schaute in die Augen eines wütenden Staatsanwalts.

«Was machen Sie da?»

«Ich? Mann Borer, haben Sie mich erschreckt», wetterte Nadine, nachdem sich ihr Puls etwas normalisiert hatte.

«Ist sonst noch jemand hier? Also, was machen Sie da?»

«Ich hole Erkundigungen über einen gewissen Heinz Werner ein», gestand sie kleinlaut.

So ein verdammter Mist! Wieso kommt der ausgerechnet im falschen Moment rein. Nadines erster Schreck wich einer aufsteigenden Wut.

«Ich höre wohl nicht richtig, Erkundigungen? Habe ich Ihnen beim Antrittsgespräch nicht in aller Deutlichkeit untersagt, zu ermitteln? Und Ihrem werten Herrn Chef habe ich heute Vormittag das Gleiche unmissverständlich mitgeteilt. Und jetzt spielen Sie frischfröhlich die Polizistin, als wäre das die natürlichste Sache der Welt. Was glauben Sie denn eigentlich, wer …»

«Nur, weil …»

«Keine Ausreden! Und zu allem Übel scheint es Ihnen auch noch Spass zu machen. Das hat ein Nachspiel. Sagen Sie Ferrari, dass ich ihn sofort sprechen will. Sofort!»

Die Tür krachte ins Schloss, der Staatsanwalt war verschwunden. Zurück blieb eine nachdenkliche Nadine, die lustlos und mit finsterer Miene auf einem Bleistift kaute, als Ferrari reinschaute.

«Schlecht gelaunt?»

«Es geht.»

«Quatsch mit Sauce. Ich sehe es dir doch an. Also, was ist dir über die Leber gelaufen?»

«Der Saftsack von Staatsanwalt will dich sofort sprechen.»

Ferrari konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Daher wehte der Wind. Er klopfte an die Tür zum Allerheiligsten und trat ein, ohne eine Antwort abzuwarten.

«Sie wollten mich sprechen, Herr Staatsanwalt?» Ferraris Stimme klang überhöflich.

«Ich habe mich anscheinend nicht klar ausgedrückt.»

«In welcher Beziehung?»

«Ich verbiete Ihnen, Frau Kupfer für Ihre Pseudoermittlungen einzusetzen.»

«Ich habe lediglich …»

«Sie haben sehr wohl Frau Kupfer in die Ermittlungen einbezogen!»

«Sie sollte nur …»

«Keine weiteren Diskussionen! Wenn sie nochmals in einen Fall einbezogen wird, ist sie weg. Und Sie werden Ihr Dasein ohne Sekretärin fristen, bis in alle Ewigkeit. Das garantiere ich Ihnen.»

«Also, das …»

«Es gibt nichts Weiteres zu besprechen. Das ist mein letztes Wort.»

Ferrari setzte sich dem Staatsanwalt gegenüber auf einen Stuhl.

«Sie wagen es ….»

«Ich wage gar nichts, Herr Staatsanwalt, ich höre Ihnen zu. Meine Eltern haben mir beigebracht, dass ich den Menschen zuhören und sie ausreden lassen soll. Ohne sie zu unterbrechen. Das ist nichts anderes als eine Frage des Respekts.»

«Raus hier, Ferrari!»

«Wenn ich fertig bin», Ferraris Ton klang scharf. «Ich lasse mir von Ihnen nicht drohen, Borer! Sie haben mir Nadine Kupfer zugeteilt. Für zwei Jahre, falls Sie das vergessen haben. Als meine Sekretärin. Also setze ich sie so ein, wie sie mir am meisten nutzt. Nicht zu irgendwelchen Ermittlungen ausser Haus. Aber für telefonische Abklärungen und dergleichen. Und dabei bleibt es, damit wir uns verstanden haben.»

Ohne eine Antwort abzuwarten, verliess Ferrari das Büro des Staatsanwalts. Innerhalb von zwanzig Minuten wurde bereits zum zweiten Mal eine Tür so zugeschlagen, dass die gesamte Etage bebte.

«Komm mit in mein Büro, Nadine. Wir müssen uns unterhalten.»

Ferrari setzte sich mit hochrotem Kopf an seinen Klubtisch. Nadine brachte zwei Tassen Kaffee.

«Danke!»

Nadine lächelte.

«Wofür?»

«Dass du dich für mich mit dem Staatsanwalt anlegst.»

«Ist nicht das erste und wird nicht das letzte Mal sein. Wie hast du ihn genannt?»

«Saftsack!»

Ferrari musste erneut lachen.

«Das wird ihm nicht gefallen. Was ist bloss los mit ihm? Hast du ihn abblitzen lassen?»

«Wo denkst du hin. Er kann mich nicht ausstehen.»

«Weshalb hat er dich dann eingestellt?»

«Wohl auf höheren Befehl hin.»

«Hm.»

«Wenn du willst, breche ich meine Zelte ab. Es gibt noch andere Jobs im Land.»

«Spinnst du?!»

Ferrari starrte Nadine entgeistert an.

«Ich fasse es als Kompliment auf, Francesco. Übrigens, ich habe etwas über Heinz Werner rausgekriegt. Seine Finanzen gleichen einer Achterbahn. Rauf und runter. Mal kurz vor dem Konkurs, dann rettet er sich auf wundersame Weise wieder. Und plötzlich scheint alles wieder verloren.»

«Sehr gut. Ich habe auch einige Neuigkeiten.»

Ferrari erzählte Nadine von der unverhältnismässig hohen Lebensversicherung. Und vom äusserst interessanten Aspekt, dass Rosts Frau und vermutlich auch die Tochter nichts davon gewusst hatten.

«Ich werde mich mit Edith Rost unterhalten. Wir sehen uns morgen. He, Kopf hoch, Nadine. Borer kocht auch nur mit Wasser.»

Ferrari zwinkerte ihr aufmunternd zu.

«Wenn du meinst. Und nochmals Danke, Francesco.»

Nadine stellte die beiden Kaffeetassen ineinander. Es war gut, einen Ferrari zur Seite zu haben. Ja, das war es.

Edith Rost lebte mit ihrem Freund Hansruedi Pfirter in Reinach. Da sich der Kommissär nicht mehr auf dem Kantonsgebiet aufhielt, sondern dem Baselbiet einen Besuch abstattete, informierte er eine befreundete Kommissarin bei der basel-landschaftlichen Polizei, damit die Unterhaltung offiziellen Charakter erhielt. Nur zur Sicherheit, falls das Gespräch später protokolliert werden müsste. Da sprechen wir andauernd vom vereinten Europa, dabei gelingt es uns nicht einmal, unsere Kantonsgrenzen zu überschreiten, ohne um Amtshilfe bitten zu müssen. Die Schweiz ist anders. Definitiv. Und bald eine Insel in Europa. Dies war ihm gestern wieder einmal so richtig bewusst geworden, als er mit Nikki Geografie büffelte. Eingeschlossen von den Staaten der Europäischen Union bildete die Schweiz eine exotische Insel. Oder war es eher eine verheissungsvolle Oase? Die Antwort würden die nächsten Jahre liefern, wenn die letzten Ostblockländer und die Türkei in die EU aufgenommen worden waren. Blieb die Frage nach der Finanzierung. Ferrari schüttelte unwillkürlich den Kopf. Wahrscheinlich würde in erster Linie Deutschland zur Kasse gebeten, dessen Bevölkerung bereits unter der enormen Steuerlast litt und zusehends mit finanziellen Problemen kämpfte. Wohin führte dieser Weg? In der Vergangenheit war der letzte Ausweg immer ein Krieg gewesen, wodurch die Wirtschaft wieder angekurbelt wurde. Vor dem Krieg durch die Rüstung, danach durch den Wiederaufbau. Nur das Dazwischen, das unendliche Leid der Bevölkerung in den Kriegsjahren, Tod und Verwüstung, musste man als notwendiges Opfer für den Fortschritt aus dem Gedächtnis streichen. Ein grausamer und perverser Fortschritt, zum Wohle der Menschheit. Ferrari lief es kalt den Rücken rauf und runter. Damit nicht genug. Mit der Aufnahme von weiteren zehn Staaten in die EU waren nochmals sechzig Millionen Menschen dazugekommen, die sich vom Beitritt einen grösseren Wohlstand erwarteten. So, wie damals vor rund zwanzig Jahren die Ostdeutschen, dachte Ferrari. Sie glaubten den Sprüchen der Politiker, meinten innerhalb einiger Jahre das Niveau der westlichen Bundesländer erreichen zu können. Es blieb eine Hoffnung. Ob sich die Ostdeutschen mit dem heutigen Wissen noch einmal in dieses Abenteuer stürzen würden? Und wie denken die Neumitglieder der EU in zehn Jahren über ihren Entscheid? Der Kommissär war froh, dass sich die Schweiz bisher nicht zu einem Beitritt hatte durchringen können. Andererseits befürwortete er die bilateralen Verträge, die zwischen dem Moloch und dem Zwerg ausgehandelt worden waren. Irgendwelche Konzessionen müssen wir eingehen. Die Bazzen-und-Weggli-Mentalität greift nicht. Aber immer noch besser, einzelne Abkommen zu ratifizieren, als einem Riesen beizutreten, der langsam aber sicher nicht mehr zu steuern war. Was geschieht an dem Tag, an dem die reichen Länder der EU nicht mehr zahlen wollen oder nicht mehr können? Daran war gar nicht zu denken, Ferrari verdrängte seine düsteren Gedanken.

Edith Rost konnte die Verwandtschaft mit ihrer Mutter nicht leugnen. Erstaunt nahm der Kommissär zur Kenntnis, dass Hansruedi Pfirter auch an dem Gespräch teilnahm.

«Es stört Sie doch nicht, wenn Hansruedi zuhört.»

«Ganz und gar nicht.»

Nach einigen Minuten gegenseitigen Abtastens kam Ferrari auf den Punkt.

«Wussten Sie, dass Ihr Vater eine Lebensversicherung für Sie abgeschlossen hat?»

«Was für eine Versicherung?»

Entweder war sie eine gute Schauspielerin oder tatsächlich vollkommen unwissend. Sie blätterte die Unterlagen durch, die der Kommissär mitgebracht hatte.

«Wusstest du davon, Hansruedi?», fragte sie mit zitternder Stimme.

Ihr Freund, der sich bisher nicht am Gespräch beteiligt hatte, rutschte nervös hin und her.

«Sie werden es sowieso rauskriegen. Ich bin Versicherungsmakler. Und Hans schloss die Versicherung bei mir ab. Es ist aber keine eigentliche Lebensversicherung, sondern eine Risiko-Todesfallversicherung», gestand er.

«Was? Bist du verrückt? Und das hinter meinem Rücken, ohne mir etwas davon zu erzählen?»

«Bitte, Edith! Hans wollte nicht, dass du und Christina davon erfahren.»

«Ich glaube es nicht! Wie lange sind wir schon zusammen? Zwei, nein, beinahe drei Jahre! Und wie viel Zeit haben wir damit verbracht, über Mamis Selbstmordtheorien zu diskutieren? Und dann gehst du hin und unterstützt meinen Vater noch dabei.»

«Aber Edith, er wollte es so. Und wenn ich die Versicherung nicht abgeschlossen hätte, wäre er zu einem anderen Makler gegangen.»

«Dann wäre es das Normalste auf der Welt gewesen, mich darüber zu informieren.»

«Und was hätte das geändert?»

«Ich … ach, ich weiss auch nicht. Ich bin … so enttäuscht von dir, Hansruedi, und fühle mich hintergangen. Ich dachte, wir vertrauen uns bedingungslos. Und jetzt das. Ganz abgesehen davon, dass es absolut verantwortungslos war.»

«Bitte, Liebling, betrachte es doch auch aus meiner Sicht. Hans nahm mir das Versprechen ab, dass ich nichts ausplaudere. Er erklärte mir, weshalb er die Versicherung abschliessen wolle. Christina sei über die Pensionskasse abgesichert. Nun wolle er, falls ihm etwas zustosse, auch dich absichern. Ich habe mir nichts dabei gedacht.»

«Auch nicht nach all den Diskussionen über seine Selbstmordabsichten?»

«Die habe ich schlicht nicht ernst genommen», gab er kleinlaut zu.

«Nicht ernst genommen!», explodierte Edith Rost. «Du willst mich heiraten und gleichzeitig nimmst du mich und meine Familie nicht ernst? Das ist ungeheuerlich.»

Ferrari wollte eigentlich nicht am Familienstreit teilnehmen und versuchte, das Gespräch auf eine sachlichere Ebene zu lenken.

«Wenn ich kurz das bisher Gesagte zusammenfassen darf. Sie sind also Versicherungsmakler und haben diese Police abgeschlossen, richtig?»

«Ja. Auf ausdrücklichen Wunsch von Herrn Rost.»

«Und Sie, Frau Rost, wussten nichts davon?»

«Nein, sonst hätte ich den Blödsinn sofort rückgängig gemacht!»

Edith Rost zündete sich nervös eine Zigarette an.

«Die Police wurde vor einem Jahr abgeschlossen. Gab es einen besonderen Grund für diesen Zeitpunkt?»

Pfirter dachte angestrengt nach.

«Ich glaube nicht. Aber ich verstehe nicht ganz, auf was Sie hinaus wollen.»

«Mich interessiert, ob Hans Rost erklärte, weshalb er gerade zu diesem Zeitpunkt die Police abschliessen wollte.»

«Ach so. Ja, er erzählte mir von einem Arbeitskollegen, der von einem Tag auf den anderen gestorben sei. Das gab ihm zu denken und er wollte auch für Edith vorsorgen. Das klang plausibel. Und Hans war fest entschlossen. Ich wollte ihm lediglich einen Gefallen tun.»

«Und die Provision kassieren!», ergänzte Edith bitter.

«Bitte, Edith, so ist es nicht!»

«Dann hast du die Police aus reiner Nächstenliebe abgeschlossen?»

Ihre Stimme überschlug sich.

«Edith, hör bitte auf. Ich sagte bereits, wenn ich sie nicht abgeschlossen hätte, wäre er zu einem anderen Makler gegangen.»

«Entschuldigen Sie, noch eine Frage, Herr Pfirter. Ist es üblich, in einer Zusatzklausel Selbstmord mitzuversichern?»

«Nein. Hans verlangte es so.»

«Und das liess Sie wirklich nicht aufhorchen?»

Ferrari versuchte, ihn in die Enge zu treiben.

«Nein! Und nochmals nein! Wir haben lange und intensiv über das Thema gesprochen. Hans gestand, dass er zwar mit Selbstmordgedanken gespielt habe, jetzt aber gefestigt sei und sich des Lebens freue. Diese Versicherung mit allen Eventualitäten wolle er einzig und allein für den Fall der Fälle abschliessen. Man könne ja nie wissen. In diesem Zusammenhang erwähnte er eben seinen verstorbenen Kollegen. Aber das habe ich Ihnen ja schon erzählt.»

«Haben Sie ihm von der Zusatzklausel abgeraten?»

«Zunächst schon, denn die Versicherungsprämie ist ja sehr hoch. Als er sich nicht davon abbringen liess, dachte ich, dass es niemandem nutzt, wenn ich es nicht tue.»

«Sie meinen, falls er wider Erwarten doch Selbstmord begeht, was nun eingetreten ist, dann bekommt Ihre Freundin wenigstens die Million.»

«Das ist so was von daneben, Hansruedi!», schrie Edith.

«Was sollte ich tun, Herr Ferrari?», entschuldigte sich ihr Freund. «Wenn Sie Hans gekannt hätten, wüssten Sie, dass er sich nie und nimmer davon hätte abbringen lassen. Und … ich habe die Selbstmordabsichten als leeres Geschwafel abgetan. Leider. Edith, es tut mir so leid», Pfirter verstummte und griff nach ihrer Hand.

«Wie hoch war die Prämie?», wollte der Kommissär wissen.

«Sehr hoch. Das hängt mit der Suizidklausel zusammen und mit dem Alter von Hans. Sie ist auch auf eine bestimmte Laufzeit beschränkt, bei Hans galt sie bis zu seiner Pensionierung. Ich musste fünf verschiedene Versicherungen anfragen, bis ich die Police bei einer ausländischen unterbringen konnte, die erst noch ein ärztliches Attest von Hans verlangte. Die anderen lehnten dankend ab.»

Edith unterbrach das Gespräch, indem sie ihren Freund mit weiteren Vorwürfen zuschüttete.

Ferrari verliess nachdenklich die beiden Streithähne. Er war zwar für den Disput verantwortlich, aber es berührte ihn nicht im Geringsten. Die hohe Versicherungsprämie gab dem Kommissär hingegen zu denken. Hans Rost verdiente als Angestellter im öffentlichen Dienst in seiner Position bestimmt weniger als er. Und für Ferrari wären zusätzliche hohe Kosten zu den allgemeinen praktisch nicht zu finanzieren gewesen. Woher also stammte das Geld? Bestand ein Zusammenhang zu seinem Job als Zollinspektor? Wurde er von irgendwelchen Importeuren bestochen, die Waren falsch deklariert hatten? Also Schweigegeld? Oder hatte er sich diesen Betrag bewusst zusammengespart, um eine Police abschliessen zu können? Im Bewusstsein, dass er nur für einige Monate die Prämie bezahlen konnte und auch wollte. Welche Rolle spielte Hansruedi Pfirter in der ganzen Geschichte? Er hinterliess beim Kommissär einen zwiespältigen Eindruck. Hinter seinem Verhalten steckte eine gehörige Portion Egoismus, denn Nutzniesser war letztendlich nicht nur Edith, sondern auch er selbst als zukünftiger Ehemann. Trotz allen Vorbehalten und Ungereimtheiten, die zutage getreten waren, nichts, absolut nichts deutete auf einen Mord hin. Alles sprach eindeutig für einen von langer Hand geplanten Selbstmord. So wird es gewesen sein. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr kam er zum Schluss, dass diese Geschichte als Fall, der keiner war, in seine Biografie eingehen würde. Und dass es ein verdammt langer Tag gewesen war.