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16

Jasto, der Zwölfte Graf von Arlen, war ein stolzer Mann, der begriffen hatte, welchen Preis man manchmal zahlen musste, wenn man den Bogen überspannte. Eine Folge davon war, dass er sich nun der festen, gerechten, aber unerschütterlichen Herrschaft von Baron Blackthorne unterordnen musste.

Selbst in den Tagen nach der Zerstörung seiner Stadt, kurz vor dem Ende des Kriegs gegen die Wesmen, als Blackthorne geschwächt war, hatte Arlen sich nicht für stark genug gehalten, um den jüngeren Mann mit einigermaßen guten Erfolgsaussichten herauszufordern. Dabei war er keineswegs ein Feigling und Schwächling, wie zwei seiner ortsansässigen Handelsherren angedeutet hatten. Er war vielmehr aus Erfahrung klug und in letzter Zeit auch wieder sehr reich geworden.

Er konnte sich noch gut erinnern, wie sich seine Handels- und Reederfamilien vor sechs Jahren an ihn gewandt und ihn gedrängt hatten, sich aus Blackthornes Fesseln zu befreien. Sie seien es leid, unter der Knute des Barons zu leben, hatten sie gesagt, und es gebe keine bessere Gelegenheit als diese, die Unabhängigkeit zu erklären und zu erlangen.

Er hatte ihre Beweggründe verstanden. Nirgends in Balaia gab es noch Söldner, die man anheuern konnte, und Blackthornes eigene Männer waren tot oder des Kämpfens müde. Doch durch einen Angriff hätte Arlen an einem Mann Verrat begangen, der viel geopfert hatte, um Balaia von der Vorherrschaft der Wesmen zu befreien. Statt Bewaffnete mit Schwert und Speer zu schicken, hatte er die Leute mit Hacke, Schaufel, Säge und Hammer ausgerüstet. Statt zu reiten und die Freiheit zu verlangen und eigene Bedingungen zu stellen, hatte er Hilfe und Unterstützung angeboten.

Arlen hatte Steinhauer und Steinmetze rekrutiert, um zu erneuern oder in Stand zu setzen, was die Wesmen zerstört hatten. Tischler und Schreiner erledigten die Holzarbeiten, und er hatte seine Vasallen ermuntert zu helfen, wo sie nur konnten.

Der Graf lächelte leicht, als ihm dies alles noch einmal durch den Kopf ging. Sein grau durchsetzter, buschiger Schnurrbart folgte der Bewegung der Oberlippe, und die ledrige, auf See gegerbte Haut legte sich auf Wangen und Stirn in Falten. Er hatte geholfen, als Hilfe gebraucht wurde, auch wenn er keineswegs ein Mann war, der immer nur selbstlos handelte. Blackthorne hatte dies durchaus erkannt. Es war ein Geschäft.

Handwerker waren nicht billig. Holz, Stein, Eisen und Stahl hatten ihren Preis, und da sie überall gebraucht wurden, waren die Preise hoch. Auch Lebensmittel waren gelegentlich sehr teuer. Alle Kaufleute, Schiffseigner und Besitzer von Fischerbooten hatten davon profitiert. Blackthorne hatte mit keiner Wimper gezuckt. Er hatte vielmehr gelacht, dem Grafen die Hand geschüttelt und eine Flasche hervorragenden Wein aus dem Keller geholt, den die Wesmen gefunden, aber nicht zerstört hatten. Sogar die Wilden wussten einen guten Tropfen zu schätzen.

Arlen erinnerte sich, wie er unter einer Markise saß, die aus seiner Stadt geliefert worden war, und mit dem schlauen Baron angestoßen hatte. Die Worte, die Blackthorne damals gesagt hatte, waren eine eindrucksvolle Bestätigung dafür gewesen, dass Arlens Entscheidung richtig gewesen war.

Blackthorne hatte einen großen Schluck getrunken und sich zurückgelehnt, um achselzuckend zu verkünden: »So hätte ich es auch selbst gemacht.«

Er hatte die Wegezölle für seine Ländereien gesenkt, die Arlens Kaufleute so hart getroffen hatten. Als Zeichen der Dankbarkeit, hatte er gesagt.

Als Arlen an diesem Tag von Blackthorne nach Hause ritt, hatte er sich gefragt, wie lange die Dankbarkeit halten würde. Fast sechs Jahre später fürchtete er immer noch, es könne jederzeit ein Brief eintreffen, der ihm die Gunst wieder entzog. Eigentlich hätte er sich solche Sorgen nicht machen müssen. Blackthornes Ehre stand außer Frage.

So hatte Arlen in Frieden über eine aufblühende Stadt herrschen können. Handelsschiffe aus Calaius und Korina legten bei ihm an, und immer mehr Bauern wurden aufs fruchtbare Land nördlich der Stadt gelockt, da sie wussten, dass die Preise für ihre Produkte dort nicht von Händlern gedrückt wurden, die sich darauf verstanden, Blackthornes Zölle für sicheres Geleit auf die Bauern abzuwälzen.

Jetzt aber war ein übler Geruch in seiner Stadt entstanden. Der üble Geruch von Magie hatte sich im Süden am Fluss Arl eingenistet. Zuerst waren die Dordovaner gekommen. Ein paar Magier mit Eskorte. Nichts Ungewöhnliches. Zehn Tage später hatten sich vierzig Schwarze Schwingen mit ihnen vereint – vereint! –, und danach hatten die Zahlen der dordovanischen Soldaten und Magier zugenommen, bis mehr als dreihundertfünfzig von ihnen flussabwärts kampierten.

Seine Gastwirte und Huren hatten nichts zu klagen. Auch nicht die Marktstände, an denen frische Lebensmittel verkauft wurden. Sogar seine Tuch- und Seidenhändler hatten gute Geschäfte gemacht, doch die Zunahme an Diebstählen war mehr als unwillkommen, so sehr man sich auch bemühte, die Halunken in den Griff zu bekommen.

Es gab Grenzen für das, was im Namen guter Geschäfte hinnehmbar war, und diese Grenzen waren heute Morgen überschritten worden.

Es hieß, man habe auf aggressive Weise Vorräte eingekauft und versucht, seetüchtige Schiffe zu requirieren. Die Schwarzen Schwingen hatten Druck ausgeübt, und sie waren offenbar nicht bereit, ein Nein als Antwort hinzunehmen.

Die ausverkauften Vorräte störten ihn nicht, denn die ließen sich leicht ersetzen. Aber Schiffe? Bei den Schiffen, die fähig waren, die weite Reise nach Calaius zu bewältigen, gab es ein sorgfältig ausbalanciertes Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. Seine Schiffseigner trachteten danach, dieses Gleichgewicht nicht zu stören, weil sie auf diese Weise ihren verschwenderischen Lebenswandel finanzierten.

An diesem Punkt machte er sich jedoch nicht über die Reichen Gedanken. Der Handel mit Pökelfleisch, Wein, Rüstungen und Waffen war Gewinn bringend, beruhte aber auf regelmäßigen Transporten. Ebenso kritisch war der Zustrom an Kaffee, Kleidung, Schmuck und anderen Waren. Arlen konnte es sich nicht erlauben, auf unbestimmte Zeit Transportraum für diese wichtigen Handelsgüter zu verlieren.

Er hatte bereits die Stadtwächter geschickt, um einen Streit um ein Schiff zu schlichten, das von einer Gruppe von Händlern gemietet worden war. Anscheinend hatten die Schwarzen Schwingen die doppelte Bezahlung für den Transport ihrer Truppen nach Ornouth geboten. Als der Schiffsmakler sich geweigert hatte, weil er lieber den Vertrag mit seinen Stammkunden erfüllen wollte, war er bedroht worden, und einer seiner Schreiber hatte Prügel einstecken müssen, weil er einzugreifen versucht hatte.

Das war gestern gewesen.

An diesem Morgen hatte Arlen seinen schmächtigen Körper zu einer ungemütlich frühen Stunde aus dem Bett heben müssen, als die Sonne gerade eben erst über den Horizont zu klimmen begann. Eine Abordnung erwartete ihn im Sprechzimmer der Burg. Es waren ein Kaufmann, ein Bauer und ein Schiffseigner. Der Graf zog ein weißes Seidenhemd, schlichte dunkelblaue Wollhosen und einen schwarzen, dreiviertellangen Mantel an. Die silbernen Ringe steckte er sich auf drei lange, knochige Finger jeder Hand, und die schwere, ehrfurchtgebietende Goldkette, die von den jeweiligen Herrschern an ihre Nachfolger vererbt wurde, legte er sich um den Hals.

Er trank seinen Tee aus, vervollständigte seine Garderobe mit weißen Socken und einfachen schwarzen, kniehohen Stiefeln mit Doppelschnallen und verließ sein Schlafgemach. Dann lief er mit langen, federnden Schritten rasch den Flur und die Treppe hinunter. Es versprach eine schwierige Besprechung zu werden. Am Eingang des Raums bürstete ein Diener den Rücken seines Mantels ab, um Schuppen und vereinzelte Haare zu entfernen, die von seinem rasch kahl werdenden Kopf gefallen waren, ehe er die Tür öffnete.

»Guten Morgen, meine Herren«, sagte er, als er den Raum betrat. Die drei Männer begrüßten ihn murmelnd. Zwei hatten sich gesetzt, einer stand am Kamin. Alle waren gut gekleidet, nur der Bauer, ein mürrischer Mann von mittleren Jahren namens Alpar, trug derbe Kleidung, weil er zweifellos schon seit zwei oder drei Stunden bei der Arbeit war. Die Männer, die sich gesetzt hatten, wollten sich erheben, doch Arlen hinderte sie mit erhobener Hand daran.

»Bitte, wir wollen uns nicht mit Förmlichkeiten aufhalten. Ich denke, wir haben keine Zeit zu vergeuden.« Er setzte sich in seinen vergoldeten, gepolsterten Lehnstuhl hinter den Schreibtisch und wartete, bis ein Diener ihm eine Tasse Tee eingeschenkt und sich wieder zurückgezogen hatte. Dann forderte er seinen alten Freund, den Seidenhändler Hancross, mit einer Geste auf, sein Anliegen vorzutragen.

»Im Hafen wird es immer schlimmer, Jasto. Die Schwarzen Schwingen sind Strolche, die sich um jeden Preis durchsetzen wollen und dabei unser Geschäft ruinieren. Die Diebstähle auf den entlegenen Gehöften werden mit jedem Tag schlimmer, und jetzt haben sie sich sogar noch etwas Neues einfallen lassen. Erik?« Hancross winkte dem Sohn von Arlens erfolgreichstem Schiffsmakler. Der junge Mann sollte eines Tages den Familienbetrieb übernehmen.

Erik Paulsen nickte. Er hatte Mühe, seine Emotionen unter Kontrolle zu halten. In seinen Augen schimmerten die Tränen. »Ich denke, dies ist auch der Grund, warum wir dachten, es sei besser, wenn wir uns direkt an Euch wenden, mein Lord. Solange die Einschüchterungen nur uns selbst trafen, war es noch etwas anderes. Aber jetzt trifft es unsere Familien, und das ist nicht hinnehmbar. Es muss etwas geschehen.« Er hielt inne und holte tief Luft, sein Kinn bebte. Er sammelte sich und sprach weiter. »Gestern Abend sind meine Frau und meine Tochter vom Markt nach Hause zurückgekehrt. Drei dieser Bastarde haben meine Frau zu Boden geworfen. Einer hielt meiner Tochter einen Dolch an die Kehle, während die anderen beiden meine Frau begrabscht und ihr mit Vergewaltigung und meiner Tochter mit Mord gedroht haben. Ich kann es selbst kaum glauben, wenn ich es jetzt erzähle.« Er schluckte schwer. »Nicht hier, nicht mit meiner Familie.« Er schüttelte den Kopf, und eine Träne rollte über seine Wange. »Ihr solltet sie sehen. Sie sitzen beide verschreckt in meinem Haus und haben Angst, sich vor die Tür zu wagen. Aber wir sind doch hier in Arlen. Was, zum Teufel, ist hier los?« Er sah den Grafen flehend an. »Dies ist eine friedliche Stadt, mein Lord, aber wenn Ihr nichts unternehmt, dann ist zu befürchten, dass die Leute das Gesetz in die eigenen Hände nehmen.«

»Das versprechen wir sogar«, knirschte Alpar heiser. »Paulson hat es am schlimmsten getroffen, aber wir verlieren alle dabei. Jeden Morgen ist meine Herde ein wenig kleiner, obwohl ich Wachen aufstelle. Hancross wollte es Euch nicht sagen, aber in einem seiner Läden hat es gebrannt, und wir wissen, wer das Feuer gelegt hat.«

Arlen nickte und hob die Hände, um seine Gäste zu beruhigen. Er wurde wütend. Er hatte hart gearbeitet, um die Stadt nach den Entbehrungen des Krieges gegen die Wesmen wieder aufzubauen. Er hatte Frieden und Wohlstand nach Arlen gebracht, nicht nur in die Stadt, sondern in die ganze Grafschaft. Und er verdiente Respekt. Die Schwarzen Schwingen sollten lernen, ihm den nötigen Respekt zu erweisen.

»Meine Herren, dies ist meine Stadt, und ich hasse jede Art von Gewalt in der Stadt oder in den Ländereien, die mir unterstehen. Ich bitte Euch deshalb, nicht zu den Waffen zu greifen. Ich werde ohne Ansehen der Person mit aller Härte gegen jeden vorgehen, der in diesem Streit gewalttätig wird.

Euer Besuch sagt mir aber alles, was ich über Eure Aufrichtigkeit und Euer Vertrauen in meine Herrschaft wissen muss, und dafür danke ich Euch. Ich werde heute Morgen so bald wie möglich den Hafengasthof aufsuchen, wo meines Wissens der Anführer der Schwarzen Schwingen Quartier genommen hat. Er wird die Anweisung bekommen, die Stadt zu verlassen und nicht zurückzukehren. Was er an Geld für Waren bezahlt hat, die bisher nicht geliefert worden sind, soll ihm erstattet werden, abzüglich der Kosten für Schäden, gestohlene Waren und sonstige Auslagen.«

»Jasto …«

»Nein, Hancross, sagt es nicht«, unterbrach Arlen ihn. Zum dritten Mal hob er die Hand. »Der Ruf dieser Stadt beruht auf Ehrlichkeit, besonders wenn es um den Handel geht. Geld, das in gutem Glauben vorgestreckt wurde, soll zurückgegeben werden. Außerdem wollen wir nicht unser Gefängnis mit kleinen Dieben füllen. Wenn aber Eure Frau, Erik, die Angreifer identifizieren will, dann sollen sie Arlen nicht verlassen, bevor sie für ihre Verbrechen bestraft worden sind.«

Arlen sah Paulson an und erkannte die Wut, die in den verhangenen Augen des Mannes loderte. Er rang die Hände, und seine gebräunte Haut hatte eine ungesunde graue Farbe angenommen. Er saß nicht auf dem Stuhl, er hockte da wie ein Raubtier, das jederzeit zuschlagen konnte.

»Erik?«

»Sie haben sie angefasst. Sie haben sie angefasst«, sagte er, und wieder rollte eine Träne aus dem Mundwinkel. Seine Selbstbeherrschung, so bewundernswert sie war, drohte zu versagen. »Das ist ein Verbrechen. Sie müssen zahlen.«

»Dann sollen sie dafür büßen«, sagte Arlen. »Vertraut mir.«

Erik sah ihm in die Augen, und es war klar, dass er dem Grafen nicht glaubte. »Ja«, sagte er. »Ich will nur, dass sie wieder durch die Straßen ihrer Heimatstadt laufen können, ohne Angst zu haben.«

Arlen stand auf und ging zu Paulson. Er legte ihm eine Hand auf die Schulter und drückte leicht. »Ich weiß, Erik. Überlasst es mir. Sie werden meinem Urteilsspruch nicht entkommen.« Er wandte sich an Hancross. »Bringt ihn nach Hause und behaltet sie alle im Auge. Gebt bekannt, dass der Hafen geräumt wird. Niemand soll mir in den Weg kommen. Außerdem soll eine Nachricht zum Hafengasthof geschickt werden, dass Selik warten soll, falls es nötig ist. Ich werde binnen einer Stunde dort sein. Gibt es sonst noch etwas, das ich wissen sollte?«

 

Der Unbekannte Krieger starrte sein Schwert an, als sei es eine Schlange, die ihn gleich beißen wollte. Es lag da, wo er es während des Wolkenbruchs hingeworfen hatte. Es schimmerte im sterbenden Schein des Feuers, das nicht mehr versorgt wurde, weil die Dämmerung nahte. Es war ein Symbol. Ein Symbol für den Tod des Raben. Das Ende des Vertrauens, das sie ineinander gesetzt hatten, er und Hirad. Das hatte ihm alles bedeutet. Auch wenn sie sich in den letzten Jahren kaum gesehen und erst recht nicht miteinander geredet oder zusammen gekämpft hatten. Hirads bedingungsloses Vertrauen war immer da gewesen. Letzte Nacht hatte er es verraten.

Noch schlimmer war, dass Hirad sogar Recht hatte. Wenn man es richtig betrachtete, dann hatte er sich bei Hirads Angriff gezwungen gesehen, Denser zu beschützen wie ein Protektor. Ihn beschützen – wie hohl dieses Wort jetzt klang. Er hatte den Mann vertrieben, der sie beisammenhalten konnte, um nicht nur Denser und seine Familie, sondern ganz Balaia zu retten.

Hinter seiner Reaktion hatte mehr als nur sein Bedürfnis gestanden, Densers Familie zu retten. Dies verstörte ihn tief in seiner Seele. Er hätte dankbar sein müssen, dass er überhaupt eine Seele besaß, die sich sorgen konnte, doch er war es nicht. Zu viel in ihm war immer noch an die Protektoren gebunden, und trotz der relativ kurzen Zeit, die er in ihrer Mitte gelebt hatte, bedauerte er den Verlust der Bruderschaft. Auch nach mehr als sechs Jahren empfand er es noch als Verlust. Er wusste auch, dass sich dies nie ändern würde, und damit hatte er sich bisher noch nicht recht abfinden können.

Außerdem kamen sie. Sie waren nahe. Er konnte sie fühlen, und er hatte es Ilkar am vergangenen Tag gesagt. Die widerstreitenden Gefühle, die dies in ihm auslöste, konnte er allerdings nicht beschreiben. Die Freude, ihnen nahe zu sein, die Tragödie ihrer Existenz, das Gefühl, ausgeschlossen zu sein, weil er seine Seele wieder selbst besaß. Das war der größte Schmerz für ihn. Er würde sie immer fühlen können, doch er würde nie mehr die Ganzheit spüren, die der Seelenverband trotz der schrecklichen Begleitumstände all seinen Angehörigen schenkte. Er fragte sich, ob sie auch ihn fühlen konnten.

Er blickte zu Ilkar und Denser, die unter einem eilig gebauten, unzureichenden Dach aus Zweigen, Ästen und Leder schliefen. Er war froh, dass Ilkar am vergangenen Abend eingegriffen hatte. Damit hatte der Elf eine Katastrophe verhindert. Um ein Haar wäre der Unbekannte auf Hirad losgegangen, doch Ilkar hatte ihn aufgehalten. Der Elf glaubte, Hirad werde in der Morgendämmerung ins Lager zurückkehren. Der Unbekannte war nicht so sicher.

Der Regen hatte endlich aufgehört, doch der Wind fegte kalt durch die Bäume und kühlte ihn aus, als er am Feuer saß. Wie sehr sie jetzt Hirad brauchten, mehr denn je. Als er wieder ruhiger war, hatte Denser eingewilligt, mit einem Kontaktmann in Korina Kommunion zu halten und eine Botschaft an Diera zu übermitteln. Von dort hatten sie weitere schlechte Nachrichten erhalten.

Der Kontaktmann war, wie anscheinend viele tausende anderer Menschen, dabei, die Stadt zu verlassen und ins Landesinnere zu fliehen. Zwei Tage vorher hatte es nach unablässigen Regenfällen eine Überschwemmung in der Flussmündung gegeben. Von den Bächen in den Hügeln und Bergen gespeist und von Sturmwinden aufgepeitscht, war das Wasser immer weiter gestiegen.

Der Hafen und alle tief liegenden Bereiche um die Flussmündung waren überflutet. Im Zentrum Korinas sah es besser aus, doch auch dort stieg das Wasser. Das Haus des Unbekannten hatte jedoch im Überflutungsbereich gestanden. Der Kontaktmann konnte nicht sagen, wie viele Tote es in der Stadt gegeben hatte, doch er wusste, dass der Krähenhorst noch stand und nach wie vor seine Gäste bediente. Er hatte versprochen, die Botschaft des Unbekannten zu überbringen.

Nun konnte der Unbekannte nur noch beten, dass seine Frau und sein Sohn noch lebten und bei Tomas Aufnahme gefunden hatten.

Am liebsten hätte er sein Pferd gesattelt und wäre nach Korina geritten, doch das war nicht möglich. Wenn er seine Familie und seine Freunde retten wollte, dann musste er Denser zu Lyanna bringen. Hirad war ein entscheidender Faktor dabei. Der große Krieger strich sich mit den Händen übers Gesicht. Er schüttelte den Kopf und verfluchte sich für das, was er getan hatte.

Erst als der Mann ins Lager marschierte, wurde ihm bewusst, dass er nicht etwa Wache gehalten, sondern auf dem kalten, feuchten Boden gehockt und sich vor allem mit sich selbst beschäftigt hatte.

»Drückt dich ein Problem, Unbekannter?«

»Das kann man wohl sagen.« Der Unbekannte schaute zu Darrick auf, der mit dem Schwert an der Hüfte und mit einem Lederumhang auf den Schultern das Lager betrat. Der General hatte dunkle Ringe unter den Augen. Wahrscheinlich war er den größten Teil der Nacht über geritten. »Setz dich. Ich mache Wasser für Kaffee heiß.« Aber Darrick war nicht gekommen, um Kaffee zu trinken.

»Ich glaube, dafür haben wir keine Zeit«, sagte er.

»Nein«, antwortete der Unbekannte. Er starrte angestrengt zum Wald, konnte aber nichts erkennen außer den Schatten der Bäume, die sich im Wind wiegten, während die Sonne allmählich die Wolken durchdrang, die noch mehr Regen versprachen. »Wie viele hast du mitgebracht?«

»Ein paar hundert.«

»Ihr wart leise.« Der Unbekannte lächelte.

Darrick nickte und hätte beinahe gekichert. »Nun ja, wir sind nicht in vollem Galopp hierher geritten, wenn du das meinst.«

»Zweihundert, was?« Der Unbekannte schaute wieder zu seinem Schwert, das auf dem Waldboden im Schlamm lag. »Das reicht wahrscheinlich.«

»Das dachte ich mir.« Darrick ging um den Unbekannten herum und baute sich auf der anderen Seite des Feuers vor ihm auf. »Ich dachte, ihr braucht eine überwältigende Überzahl als Entscheidungshilfe.«

Der Unbekannte blickte dem General in die Augen und sah den schuldbewussten Ausdruck.

»Was willst du denn eigentlich?«

»Ich will verhindern, dass der Rabe sinnlos getötet wird.«

»Wirklich?« Der Unbekannte zog die Augenbrauen hoch.

»Ja, wirklich.« Darrick kratzte sich mit dem Lederhandschuh an der Stirn. »Hör mal, ihr seid da in eine üble Sache hineingeraten, und ich glaube, ihr versteht nicht ganz, wie Dordover die Sache sieht.«

Der Unbekannte wurde wütend. »Ich kann dir versichern, dass wir ganz genau wissen, wie Dordover die Sache sieht. Deshalb sind wir bei ihm und versuchen, seine Tochter zu erreichen, bevor es sonst jemand tun kann.« Er deutete mit dem Daumen auf Denser.

»Ganz so einfach ist das nicht.«

»Das sagt Ilkar auch immer. Allerdings ist es tatsächlich ganz einfach. Denser hat uns um Hilfe gebeten. Wir sind der Rabe, also helfen wir ihm. Er ist einer von uns, und er sagt, er kann sie retten und Balaia dazu, und das reicht uns.« Sie schwiegen. Der Unbekannte wusste, dass Darrick es verstanden hatte, aber nichts ändern konnte. Seine Loyalität galt Lystern und damit indirekt auch Dordover. »Wohin wollt ihr uns denn bringen?«

»Nach Arlen.«

»Das trifft sich. Da wollten wir sowieso hin.«

»Ich weiß. Aber ihr werdet nichts unternehmen, wenn wir dort sind.«

»Dann sind wir Gefangene?«

»In gewisser Weise.« Darrick wandte den Blick ab.

»Seltsam, wie sich die Dinge ändern, was?«, sagte der Unbekannte.

»Eigentlich nicht«, antwortete Darrick. »Willst du sie wecken, oder mache ich das?«

Der Unbekannte lächelte. »Ich mache das. Du weißt ja, wie reizbar Magier sind, wenn sie unversehens geweckt werden. Hast du Hirad schon geschnappt?« Er sah keinen Grund, die Abwesenheit des Barbaren zu verheimlichen. Darrick war kein Narr.

Doch Darrick biss sich nur auf die Unterlippe und senkte den Blick. »Nein«, sagte er. »Ich fürchte, wir sind zu spät gekommen.«

»Der gute alte Hirad.« Hoffnung flackerte auf, doch Darrick zerstörte sie wieder.

»Unbekannter, du verstehst es nicht. Wir haben ihn gefunden, aber wir sind zu spät gekommen.« Er fuhr sich mit dem Handschuh durch die verfilzten Locken. »Bei den Göttern, wie soll ich es ausdrücken? Die Wölfe hatten ihn schon umstellt, als die Späher eingetroffen sind. Es tut mir Leid.«

 

Arlen verzichtete auf sein Pferd und zog es vor, in Begleitung von zwanzig Stadtwächtern eine unübersehbare Demonstration seiner Stärke zu geben und mitten durch die Stadt zu marschieren. Es hätte schnellere Wege zum Hafengasthof gegeben, doch Arlen wollte, dass so viele wie möglich, Freunde wie Feinde, seinen Auftritt sahen.

Als die Sonne versuchte, den bewölkten Tag zu erwärmen und die Straßen zu trocknen, die wieder einmal von für die Jahreszeit ungewöhnlich heftigen Regenfällen überflutet worden waren, schritt Jasto Arlen aus dem Tor der Burg von Arlen. Er lief rasch den breiten, mit Kies bestreuten Weg zwischen seinem privaten Garten und der Kaserne hinauf, bog auf dem Marktweg nach rechts ab und folgte der kurvenreichen Straße, die den Ort mit den nach Norden führenden Straßen verband. Vom Marktweg zweigten auf ganzer Länge Seitenstraßen ab, während im Osten bis zum Garten der Märtyrer die teuren Häuser der Kaufleute und Reeder standen. Im Westen und südlich der Kaserne grenzten der Markt für Seide und Luxusgüter und das Theater an ein weniger wohlhabendes Viertel. Dort standen auch die Hütten und Häuser der Arbeiter, von denen einige auf Arlens Burg beschäftigt waren, und dort befanden sich auch die Stallungen und der schlichte, aber höchst wichtige Meerestempel.

Arlen schritt geradewegs den Marktweg hinunter, eine leicht abschüssige Pflasterstraße, die bis zum Jahrhundertplatz führte, auf dem sich der Hauptmarkt befand. Dort wurde von Lebensmitteln über Waffen bis zu kostbaren, geschnitzten Möbeln so gut wie alles verkauft. Umgeben war der Markt von Restaurants, Gasthöfen und einer Galerie. Zu so früher Stunde waren noch nicht viele Käufer auf dem Markt, doch die Kunde würde sich rasch verbreiten, und Arlens Zorn war keineswegs verraucht. Seine Stadt war wohlhabend und schön, durch harte Arbeit und strenge geschäftliche Ethik aufgebaut. Das durfte niemand infrage stellen.

Er winkte den Stadtbewohnern zu, grüßte alle, die er kannte, und bog schließlich am Platz nach rechts ab, um ein ärmeres Wohnviertel zu durchqueren, wo früher die Matrosen der Fischkutter gelebt hatten, und wo jetzt der Fang in Kühlhäusern gelagert wurde, bevor er am Vormittag auf dem Fischmarkt im Hafen verkauft wurde. Arlen ging an der Eisenschmelze und dem Fischmarkt vorbei zum Hafen und betrachtete die leeren Becken, in denen sonst die Fischereiflotte ankerte, und die Anlegeplätze mit tiefem Wasser für seetüchtige Schiffe, bevor er wieder nach links abbog und an einem hübschen, schlanken Elfenschiff, das offenbar gerade erst angelegt hatte, vorbeikam. Dann endlich stand er vor der Tür des Hafengasthofs.

Wenn er sich auf der Mole umschaute, konnte er vom Salzviertel bis zum Holzplatz nur wenige Menschen sehen, darunter einige Schwarze Schwingen, die an den Pollern lümmelten. Wie die Stadtbewohner und die Besucher richteten auch sie sich auf, und kaum dass sein Wachtmeister an die Tür des Gasthofs geklopft und Einlass begehrt hatte, sammelte sich schon eine Menschenmenge. Aufgeregte Stimmen erfüllten die Luft, und immer mehr Männer und Frauen verließen ihre Arbeitsplätze und sahen neugierig zu.

Riegel wurden zurückgezogen, und der linke Flügel einer schwarz lackierten Doppeltür wurde quietschend geöffnet. Der Sohn des Wirts, ein dürrer Bursche von etwa zwölf Jahren, lugte heraus. Das sommersprossige Gesicht unter den wuchernden hellroten Haaren erbleichte, als er die Besucher erkannte.

»Keine Sorge, Petren«, sagte Arlen. »Wecke doch bitte deinen Vater. Ich muss mit ihm über einen eurer Gäste reden. Nun geh.«

Der erschreckte Junge brachte kein Wort heraus, sondern nickte nur und verschwand im Halbdunkel hinter der Tür. Gleich darauf konnten sie seine dünne, schrille Stimme durch den Gasthof hallen hören.

»Vater, Papa! Der Graf ist an der Tür, der Graf ist an der Tür.«

Arlen gestattete sich ein Lächeln, als er den Blick seines Wachtmeisters bemerkte.

»Immerhin weiß er, wer ich bin«, sagte der Graf.

»Ja, Sir.«

Während der kurzen Wartezeit schwoll die Menge der Zuschauer weiter an, und unter ihnen zählte Arlen mehr als ein Dutzend Schwarze Schwingen. Im Augenblick waren die Leute noch ruhig und neugierig, doch es brauchte nicht viel, damit es unangenehm wurde.

Er beugte sich zum Wachtmeister und befahl ihm, seine Männer in der Nähe der Schwarzen Schwingen zu postieren.

»Mein Lord?« Denat, der Wirt, erschien in der Tür.

»Es tut mir Leid, dass ich Euch wecken musste«, sagte Arlen.

»Aber keineswegs, mein Lord. Ich bin schon eine Weile auf und bereite das Frühstück vor.«

»Dann habt Ihr viel zu tun?«

»Ich bin ausgebucht«, bestätigte Denat.

»Hmm.« Arlen nickte. »Ich fürchte, Ihr werdet leider einen großen Teil Eurer derzeitigen Gäste verlieren.«

»Bitte, mein Lord?« Denat runzelte die Stirn und fummelte nervös an der Türklinke herum. Er war eine wuchtigere Version seines Sohns mit schütterem Haar.

»Ich will Selik sprechen, versteht Ihr? Selik soll sofort hierher zur Tür kommen.«

»Oh.« Denat zögerte. »Aber natürlich. Ich hole ihn her.«

»Danke.« Arlens Lächeln war humorlos. Er bedauerte, dass es Männer wie Denat gab, musste aber zugeben, dass diese Sorte gut für die Wirtschaft der Stadt war.

»Ich bin durchaus fähig, mich selbst zu bewegen«, leierte eine neue Stimme. Sie klang irgendwie entstellt, und als die missgestaltete Person in der Tür auftauchte und sich am zurückweichenden Denat vorbei nach draußen schob, konnte der Graf auch sehen warum.

»Ihr seid Graf Arlen, nehme ich an?« Der Mann reichte ihm die Hand, die Arlen ignorierte.

»Genau. Und Ihr seid in dieser Stadt unerwünscht.«

Selik zog eine Augenbraue hoch. »Wirklich? Und von wem?«

Arlen sah ihn unverwandt an. »Von mir. Und das ist genug. Ich habe Eure Aktivitäten länger beobachtet und geduldet, als es eigentlich nötig gewesen wäre.«

»Ich …«

»Schweigt.« Arlen hob einen Finger, aber nicht die Stimme. Er war nicht daran gewöhnt, unterbrochen zu werden. »Schweigt und hört zu. Der Handel in dieser Stadt wird durch Handschlag, Lieferung und Bezahlung geregelt, aber nicht durch Drohung, Faust und Einschüchterung. Gestohlene Güter werden nur dann als Verlust abgeschrieben, wenn der Missetäter nicht gefasst werden kann. Verletzungen von Personen, besonders von Frauen, werden unter keinen Umständen geduldet.

Diese wichtigen und zahlreiche andere Regeln wurden von Euch oder Euren Männern gebrochen. Deshalb wird jetzt Folgendes geschehen: Mit zwei Ausnahmen werden alle Eure Männer bis zur Mittagsstunde die Stadt verlassen haben. Wer danach noch hier gefunden wird, macht sich des Bruchs der Handelsgesetze schuldig und wird entsprechend bestraft.

Die Waren, die Ihr rechtmäßig erworben, aber noch nicht erhalten habt, werden Euch bis hinter die Grenze von Arlen nachgeliefert. Falls Ihr Schiffe unter Vertrag genommen habt, ob einwandfrei oder durch Ausübung von Druck, so werden die Verträge für ungültig erklärt, und Ihr werdet, falls es Euch zusteht, das Geld zurückbekommen.

Ihr, Selik, werdet hier bleiben, bis Eure Männer die Stadt verlassen haben. Außerdem werdet ihr die beiden Verbrecher identifizieren und ausliefern, die auf meinen friedlichen Straßen eine Frau und ihr kleines Kind belästigt und bedroht haben. Habe ich mich deutlich ausgedrückt?«

Arlens Worte hatten die Menge, die inzwischen auf mehr als hundert Köpfe angewachsen war, zum Schweigen gebracht. Die Leute verrenkten die Hälse, um ja kein Wort zu verpassen. Selbst aus der Nähe war nicht alles zu verstehen, weil der böige Seewind dem Grafen die Worte von den Lippen riss, doch was er wollte, war deutlich genug, und die Versammelten begannen leise zu applaudieren. Arlen reagierte nicht darauf.

Selik hatte Arlens Blick erwidert und höhnisch gelächelt. Er hatte ihn nicht unterbrochen, und nun brach der Applaus rasch ab, weil die Leute Seliks Antwort hören wollten.

»Ich dachte, dies sei eine freie Stadt. Ich habe mich wohl getäuscht.«

»Nein, Ihr habt Euch nicht geirrt«, erwiderte Arlen. »Aber die Freiheit wird durch Regeln begrenzt, damit aus Freiheit keine Anarchie wird. Ihr habt die Regeln gebrochen, und dies werden wir nicht dulden.«

Selik nickte, und das höhnische Lächeln schien ein wenig konzilianter zu werden.

»Wir haben um Zusammenarbeit gebeten, die uns versagt wurde«, gab er leise zurück. »Doch wir müssen bekommen, was wir brauchen, und ich fürchte, einige Eurer Händler scheinen das nicht zu verstehen. Ihr müsst wissen, Graf, dass ein Krieg bevorsteht, auch wenn Ihr es nicht als Krieg seht. Ich kämpfe auf Seiten der Gerechten, ich kämpfe gegen die zunehmende Gefahr, dass Balaia von einer einzigen magischen Kraft beherrscht wird.«

Arlen schnaufte. »Krieg. Selik, hier ist jeder über die Probleme mit dem Mana-Spektrum im Bilde. Ich rede schließlich mit meinen Magiern. Aber diese Probleme werden vorübergehen, und mit ihnen auch dieser lästige Wind und der kalte Regen. Versucht ja nicht, Eure perversen Vorhaben mit einem Aufstand der Magier zu rechtfertigen.« Arlen machte einen kleinen Schritt und spürte, wie die Abscheu der Leute vor dem Mann, den er zur Rede stellte, wuchs.

»Ich kenne Eure Überzeugungen, und Ihr habt die Freiheit, sie zu vertreten. Ihr habt aber nicht das Recht, sie meinem Volk aufzuzwingen oder meine Leute zu benutzen, um Eure primitiven Gewalttaten zu rechtfertigen. Habt Ihr nun verstanden, was Ihr zu tun habt, oder soll ich Euch ins Gefängnis werfen, damit Ihr in Ruhe darüber nachdenken könnt?«

Selik richtete sich auf und hob die Stimme.

»Ihr sollt diesen kleinen und kurzsichtigen Sieg für Euch verbuchen, einfach weil es eine Zeitverschwendung wäre, wenn ich mich in diesem Moment gegen Euch stelle. Aber merkt Euch meine Worte, Arlen. Ein Krieg wird kommen. Wir werden erhalten, was wir brauchen, um ihn zu führen. Unschuldige werden sterben, und ihr Blut wird auf Euren Straßen fließen und an Euren Händen kleben, wenn Ihr mir nicht helft. Merkt Euch meine Worte. Und lasst es auch Eure Leute hören.« Er tippte Arlen mit dem Zeigefinger auf die Brust.

Der Graf packte Seliks Hand und schob sie weg.

»Es wird keinen Krieg in Arlen geben«, knurrte er. »Es sei denn, Ihr begeht den schweren Fehler, hierher zurückzukehren. Glaubt mir, wenn Ihr es versucht, dann bekommt Ihr meinen Stahl zu schmecken. Und jetzt ruft Eure Männer, liefert mir die Schuldigen aus und verschwindet aus meiner Stadt.«

Selik lachte. »Glaubt doch, was Ihr wollt, Arlen. Aber die Gerechtigkeit wird über Unwissenheit und Dummheit triumphieren.«

Der Blick, den Selik ihm zuwarf, ließ Arlen kalt.