134 DAVLIN LOTZE

Als die Musik viel eher als erwartet verklang, wusste Davlin, dass er in Schwierigkeiten war. Statisches Knistern kam aus den Lautsprechern, und dann herrschte Stille. Die Käfer mussten die Synthesizerstreifen gefunden und zerrissen haben.

Er hatte gehofft, die Klikiss-Stadt verlassen zu können, bevor das geschah. Davlin schlich durch die düsteren Tunnel und blieb dabei im Schatten, aber auf Dauer konnte er sich nicht verstecken. Mit ihren Fühlern konnten die Insektenwesen Vibrationen entdecken, und vielleicht waren sie sogar in der Lage, ihn zu wittern und seiner Spur zu folgen, als hätte er sie mit Farbe auf den Boden gemalt. Wenn die Brüterin nach ihm zu suchen begann, würden ihn die Klikiss finden.

Er lief los.

Davlin hatte eine Lichtgranate und ein kleines Metallrohr aus dem TVF- Ausrüstungsschuppen für den Notfall behalten. Als Waffen gaben sie nicht viel her, aber sie waren besser als gar nichts.

Er erreichte eine kleine, nur wenige Zentimeter breite Belüftungsöffnung und blickte nach draußen. Auf dem Schlachtfeld fraßen die Llaro-Domate tote Klikiss und nahmen die DNS des bezwungenen Subschwarms für die nächste Teilung auf. Die Brüterin würde sich erneut fortpflanzen, die im Kampf gefallenen Krieger ersetzen und ihren Subschwarm vergrößern.

Ein ganzes Stück hinter den Domaten floh eine Gruppe von Menschen mit einem Bodenwagen der Klikiss. Davlin seufzte erleichtert, und ein Teil der Anspannung wich von ihm. Jetzt wusste er, dass die anderen entkommen waren, dass sie das startbereite Raumschiff erreichen, die Überlebenden bei den Sandsteinklippen retten und Llaro verlassen konnten.

Als er ihnen hinterherblickte, begriff Davlin, dass er keine Möglichkeit hatte, zu ihnen aufzuschließen. In gewisser Weise war es eine befreiende Erkenntnis. Es gab ihm die Freiheit, einen eigenen Weg ins All zu suchen. Immerhin war er Spezialist für solche Dinge.

Das Transportal in der alten Stadt bot die beste Möglichkeit für ihn, den Planeten zu verlassen. Jede andere Welt war besser als Llaro - vorausgesetzt, dort gab es keine Klikiss.

Davlin drang weiter in die alte Schwarmstadt vor. Er wusste, wo sich das Transportal befand, denn immerhin hatte es ihn zusammen mit den Crenna- Kolonisten hierhergebracht. Doch als er sich der entsprechenden Höhle näherte, sah er beunruhigend viele Arbeiter und Scouts in den Tunneln. Das Transportal war nahe, aber vielleicht musste er sich das letzte Stück des Weges dorthin freikämpfen.

Zwei dornige Krieger drehten ihre gepanzerten Köpfe in seine Richtung. Davlin wurde klar, dass die Brüterin seine Präsenz nicht länger ignorieren würde.

Er zögerte nicht, sprang vor, zielte genau und rammte das Metallrohr in den Thorax des nächsten Kriegers. Das Geschöpf klackte mit den Scheren, zischte, pfiff und fiel zur Seite - seine Masse genügte, Davlin das Rohr aus der Hand zu ziehen. Der zweite Krieger schlug nach ihm, und eine gezackte Gliedmaße traf ihn an Schultern und Rücken, riss eine tiefe Wunde.

Jäher Schmerz ließ Davlin zur Seite taumeln, und er wankte an dem Klikiss vorbei. Zwar blutete er stark, aber er lief erneut los. Der Krieger nahm die Verfolgung auf, und im engen Tunnel kratzte sein massiger Leib an den Wänden entlang. Davlins Beine schienen immer schwerer zu werden, und er hörte das käferartige Wesen direkt hinter sich. Mit zitternder Hand holte er die Lichtgranate hervor, warf sie aber nicht sofort. Er brachte eine Ecke hinter sich, taumelte durch eine torbogenartige Öffnung und fand sich plötzlich in der Höhle mit dem Transportal wieder.

Zehn weitere kampfbereite Klikiss warteten dort auf ihn. Mehrere tote Angehörige des gegnerischen Subschwarms lagen auf dem Boden, und einige Arbeiter waren damit beschäftigt, die Leichen zu zerlegen und fortzutragen. Hinter Davlin näherte sich zischend und klackend der Krieger. Als sich ihm auch die Klikiss in der Höhle zuwandten, aktivierte er die Lichtgranate, stellte sie auf drei Sekunden ein und warf sie in die Höhle.

Davlin prägte sich den Weg ein und kniff die Augen zu. Er musste unbedingt die Portalwand erreichen. Blutend taumelte er nach vorn, zählte bis drei und wartete nicht einmal den Blitz ab. Das grelle Licht trieb die Insektenwesen zurück, und als er die Augen wieder öffnete, sah er blitzende Punkte. Eine Art schwarzes Rauschen füllte die Augenwinkel. Der Schmerz im Rücken wurde fast unerträglich. War irgendeine Art von Klikiss-Gift in die Wunde geraten? Deutlich spürte er, wie ihm Blut über Rücken und Beine rann.

Schließlich erreichte er die Felswand mit dem Transportal -das glatte Trapez befand sich direkt vor ihm. Davlin schlug mit der Hand darauf, doch das Portal blieb fest und undurchlässig. Als er sich anschickte, eine Koordinatenkachel auszuwählen -irgendeine -, hörte er, wie die Klikiss zischten und sich wieder in Bewegung setzten. Das grelle Licht hatte sie nur vorübergehend gelähmt.

Davlin drückte auf eine Koordinatenkachel, und daraufhin erschimmerte das Transportal. Er wusste nicht, welche Welt er ausgewählt hatte, und es war ihm gleich. Ihm ging es nur darum, Llaro zu verlassen. Er warf sich nach vorn, in das, was eben noch fester Stein gewesen war.

Ein Klikiss hielt ihn am Bein fest. Krallen bohrten sich ihm in den Oberschenkel und zogen ihn zurück. Davlin schob die Hände durchs Transportal und versuchte verzweifelt, sich am Rand festzuhalten. Ein weiterer Krieger kam heran, packte seinen Arm und riss ihn von der trapezförmigen Wand zurück.

Davlin schrie und wehrte sich, aber es hatte keinen Zweck. Klikiss-Klauen schnitten ihm in die Arme, und er spürte ein Stechen in der linken Seite, zwischen den Rippen. Er verlor immer mehr Blut und damit auch Kraft, konnte nicht mehr kämpfen.

Die Krieger drehten Davlin um und zogen ihn mit sich; eine breite Blutspur blieb auf dem Boden zurück. Davlin hob den Kopf und sah, wie vor ihm zwei Domate erschienen. Sie blockierten den Höhlenzugang, und damit gab es für Davlin keine Fluchtmöglichkeit mehr.