Der vergessene Vorläufer
Als George Gamow erstmals von den beiden Artikeln der Teams hörte (der eine über die Entdeckung, der andere über deren Bedeutung), war er vermutlich erfreut, denn hier wurde ja seine Vorstellung untermauert. Die Leute würden endlich erkennen, welch großartiges Konzept er formuliert hatte. Als er jedoch die Artikel las, war er entsetzt, dass seine Arbeit weder erwähnt, noch aus seinen Abhandlungen zitiert wurde. Ähnlich wie Gamow unbeabsichtigterweise Alpher und Hermann aus dem Rampenlicht gedrängt hatte, war er jetzt selbst vergessen worden.
Sogar heute, wo wissenschaftliche Veröffentlichungen viel leichter in elektronischer Form zugänglich sind, gibt es noch immer die Möglichkeit, nichts von früheren Arbeiten zu wissen. Obwohl Forscher eigentlich recherchieren, um ältere Quellen zu finden, und die Literatur kennen sollten, gerät alte Forschung, die zu ihrer Zeit als Sackgasse galt, leicht in Vergessenheit. Es war damals also kein Wunder, dass Gamows Ideen, die ins Abseits geraten waren, als man ihm nachgewiesen hatte, fälschlicherweise zu glauben, schwere Atome seien im Urknall erzeugt worden, Penzias und Wilson oder der Gruppe von Dicke nicht unbedingt geläufig waren.
Ein Teil des Problems ist die Tendenz von Wissenschaftlern, sich auf etwas zu spezialisieren. Die Radioastronomen beschäftigten sich nur mit Mikrowellen und lasen nur Zeitschriften für Forscher, die in diesem bestimmten Bereich arbeiteten. Gamow hatte sowohl für ein Laienpublikum als auch für Physikzeitschriften geschrieben. Es gibt keinen Grund, Dicke der Lüge zu bezichtigen, als er sagte, er habe nie zuvor von Gamows Ideen gehört, auch wenn dieser Physiker berühmt war.
Ein weiteres Beispiel für diese fehlende Fähigkeit, Fakten aus allen möglichen Disziplinen zusammenzutragen, ist die überraschende Tatsache, dass die Hintergrundstrahlung bereits indirekt beobachtet worden war, als Gamows Team sie erstmals vorhersagte. Aber niemand erkannte, dass es passiert war, und verknüpfte die Beobachtung mit Gamows Theorie.
Es war eine Beobachtung, die älter war als Radioteleskope und die der Astronom W. S. Adams 1938 auf der Mount-Wilson-Sternwarte machte, wo auch Hubble seine Entdeckungen gelangen. Adams beobachtete einen Stern und fand heraus, dass sein Spektrum fast unmerklich verändert war, als hätte ein Gas aus Cyan, einer Kohlenstoff-Stickstoff-Verbindung (bekannt als Bestandteil der tödlichen Substanzen, die in den Gaskammern benutzt wurden), auf ihn eingewirkt. Adams’ Beobachtungen machten nur Sinn, falls die Cyanmoleküle mit einer Energie umherwirbelten, die einer Temperatur von ungefähr 3 Grad Kelvin entsprach.
Adams wusste jedoch, dass im leeren Raum die Energie nahe null sein musste. Obwohl es ganz und gar möglich war, dass Gaswolken erheblich mehr Energie besaßen, die sie vom Sternenlicht absorbieren, rechnete man hierbei nicht damit. Was Adams offenbar entdeckt hatte, war die Auswirkung der Hintergrundstrahlung auf diese Gasmoleküle. Dadurch wurden sie in Bewegung versetzt. Dies allein wäre nie eine ausreichende Bestätigung für Gamows Theorie gewesen: Es gab noch zu viele andere Ursachen für die Energie. Wäre allerdings die Verbindung hergestellt worden, hätte sich ein guter erster Anhaltspunkt ergeben, der wesentlich früher weitere Fahndungen nach der Hintergrundstrahlung angeregt hätte.
Die ursprünglichen Daten von Penzias’ und Wilsons Teleskop reichten aus, um Gamows Theorie zu verifizieren, und das war dann auch der letzte Nagel für den Sarg der Steady-State-Theorie, die damals keine Erklärung für die Existenz dieser Mikrowellen-Hintergrundstrahlung bot. (Wie wir gesehen haben, sollte Hoyle später argumentieren, die erweiterte Steady-State-Theorie liefere eine sinnvolle Erklärung für die Hintergrundstrahlung, aber es war zu spät, um das Konzept zu retten.)