Erleben Sie das Qubit

Quantencomputer sind Geräte, die Quantenteilchen benutzen – zum Beispiel Photonen – statt Bits auf Siliziumchips, um ihre Berechnungen durchzuführen. Im Prinzip kann ein Quantenbit (kurz Qubit genannt, Kjuhbit ausgesprochen) unendlich lange Zahlen verarbeiten. Während ein gewöhnliches Bit nur mit 0 oder 1 umgehen kann, sind die Anordnungen des Qubits seine Quanteneigenschaften, wie sein Spin oder seine Polarisation. Die Polarisation eines Photons kann in jeder beliebigen Richtung entlang der Achse seiner Bewegung stattfinden. Um sie exakt als Zahl darzustellen, bedürfte es einer unendlich großen Dezimalzahl. Es ist ziemlich offensichtlich, dass Quantencomputer ein paar erstaunliche Dinge vollbringen sollten. Um sie zum Laufen zu bringen, muss man allerdings ein enormes Problem lösen.

Obwohl die Information in einem Qubit vorliegt, ist es äußerst schwierig, irgendetwas hinein- oder herauszubekommen. Misst man die Polarisation, erhält man nur einen von zwei Werten, parallel zur gemessenen Richtung oder im rechten Winkel dazu. Es ist, als erhielte man eine 0 oder eine 1 aus etwas, das 0,739012891… sein könnte. Die Wahrscheinlichkeit, mit der man parallel oder im rechten Winkel dazu gerät, ist das, was wir als die Richtung der Polarisation bezeichnen. Sie hat einen unendlich großen Dezimalwert. Aber wir können das nicht messen. Alles, was wir erreichen können, ist die Parallele oder der rechte Winkel.

Es erinnert ein wenig an ein Poolbillardspiel (mit farbigen Kugeln), das man sich auf einem Schwarz-Weiß-Fernsehgerät anschaut. Die Informationen gibt es nur in der Spielhalle in der wirklichen Welt, man kann nicht über den Fernsehschirm an sie herankommen. Man sieht lediglich die ununterscheidbaren grauen Kugeln. Außerdem sind Quantencomputer extrem kompliziert und schwer zu handhaben, weil jede Wechselwirkung mit den Bits die Werte verdirbt. Sollte sich jedoch ein Quantencomputer in großem Stil konstruieren lassen, kennen wir bereits einige Dinge, die er vollbringen kann, weil erstaunlicherweise einige Programme, die auf solchen Computern laufen werden, bereits geschrieben worden sind. Nur ein paar Beispiele sollen zeigen, wie viel mehr ein Quantencomputer leisten kann als ein alltäglicher Rechner von heute.

Das erste brillante Beispiel für einen Quantencomputer ist die Quantenversion der Suche nach der Nadel im Heuhaufen (die Originalarbeit mit der Beschreibung dieser Methode hieß: «Quantenmechanik hilft bei der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen»). Der Algorithmus (eine Reihe mathematischer Regeln, die in diesem Fall nur auf einem Quantencomputer genutzt werden können) wurde von Lov Grover in den Bell Labs entwickelt und liefert eine Möglichkeit, nicht strukturiertes Suchen enorm zu beschleunigen.

Wer einmal ein Telefonbuch benutzt hat, weiß, wie einfach es ist, eine Nummer zu finden, wenn man den Namen des Anschlussinhabers kennt. Das ist eine strukturierte Suche, weil das Telefonbuch Namenslisten in alphabetischer Reihenfolge enthält. Aber versuchen Sie mal, herauszufinden, zu wem eine bestimmte Telefonnummer gehört. Dann wird die Aufgabe viel schwieriger. Nehmen wir an, Sie haben ein Telefonbuch mit 1000000 aufgelisteter Namen. Womöglich müssen sie 999999 Einträge überprüfen, bevor Sie zu der Nummer kommen, die Sie haben wollen. Im Durchschnitt müssten Sie 500000 Nummern überprüfen, bevor Sie die richtige finden.

Mit Lov Grovers Quantenalgorithmus muss man nur noch die Quadratzahl der Einträge ansehen (in diesem Fall 1000), um das Gesuchte mit Sicherheit zu finden. Diese phantastische Beschleunigung der Suche wird immer bedeutsamer beim Umgang mit dem komplexen Informationschaos, mit dem wir in unserer zunehmend vernetzten Welt konfrontiert sind. Es kommt einmal der Punkt, an dem jeder konventionelle Computer zu viel Zeit benötigt, um eine Suche in unstrukturierten Daten durchzuführen. Ein Quantencomputer jedoch könnte es in der Quadratwurzel der geschätzten Zeit erledigen.

Eine weitere Anwendung des Quantenrechnens, deren Algorithmus bereits auf die Hardware wartet, die ihn zum Leben erweckt, lässt die Computersicherheitsexperten zittern. Es handelt sich um die Fähigkeit, eine große Zahl in zwei Primzahlen zu zerlegen, die multipliziert worden sind, um sie zu erzeugen. Mit ausreichend großen Zahlen liegt dieses Problem jenseits der Kapazität jedes herkömmlichen Computers, den wir uns vorstellen können. Aber es existiert bereits ein Quantenalgorithmus, der das Problem lösen kann, wenn es nur einen Quantencomputer gäbe, auf dem er laufen könnte.

Warum sollten wir uns Sorgen machen? Weil die Standardverschlüsselung für Computer – wenn Sie zum Beispiel das Icon eines kleinen Vorhängeschlosses sehen, das Ihnen Schutz bei der Eingabe Ihrer Kreditkartennummer in den Webbrowser signalisiert – auf einer Technik basiert, die sich auf die Schwierigkeit stützt, große Zahlen in ein Paar von Primzahlen zu zerlegen. Gelingt es jemandem, diese Primzahlen dennoch zu errechnen, kann er den Code knacken. Der größte Teil der derzeitigen Computersicherheitstechnik wäre dann erledigt.

Das ist noch nicht die einzige Anwendung dieser Fähigkeit, mit Primzahlen umzugehen, aber dieses Beispiel verdeutlicht das erschreckende Potenzial des Quantencomputers. Wenn es gelänge, ihn zu bauen, würde er auf einen Schlag ein Problem lösen, von dem die ganze IT-Industrie annimmt, es sei unlösbar.

Weil Quantencomputer in der Tat mit unendlich großen Werten umgehen können, ließe sich mit ihnen im Prinzip ein echtes Universum auf einem so hohen Detailniveau modellieren, dass wir nicht mehr zwischen Modell und Realität unterscheiden könnten.

Vor dem Urknall
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