Quantengravitation
Sollte das Universum tatsächlich so einen Zyklus von Expansion und Schrumpfung durchlaufen, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass die ungleiche Verteilung im frühen Universum nach dem Urknall, die zur Bildung der Galaxien führte, Reste des Vorläufer-Universums waren. Ein Kontrahent der String- und M-Theorie beim Versuch, Relativität und Quantentheorie, die eigentlich inkompatibel sind, zu vereinen, wird Schleifenquantengravitation genannt. Sie stellt ein Modell dar, wie ein solches Universum, das gewisse Ähnlichkeiten mit dem Modell der kollidierenden Branen hat, aber von einem radikal anderen Ansatz ausgeht, funktionieren könnte.
Die Schleifenquantengravitation hat überhaupt nichts mit String- und M-Theorie zu tun. Sie läuft auf eine Möglichkeit hinaus, die allgemeine Relativität mit einem Raum zu verbinden, der in Quanteneinheiten aufgeteilt ist. Im Großen und Ganzen funktioniert die Mathematik ganz gut, aber wie bei der Stringtheorie kommt auch hier ein gewisser Grad an Willkürlichkeit bei der Methode zum Vorschein, die Mathematik auf die Wirklichkeit anzuwenden. Dennoch glauben einige Physiker, dass die Schleifenquantengravitation eine größere Chance hat, die Gravitation mit den anderen Kräften zu vereinen, als jede andere existierende Theorie.
Aus der Perspektive der Schleifenquantengravitation ist das Gewebe der Raumzeit ein Durcheinander lokaler Verbindungen auf der Quantenebene. Es ähnelt ein wenig dem Blick auf ein Stück Materie durch ein äußerst leistungsstarkes Mikroskop. (Tatsächlich können wir im Rahmen der Schleifenquantengravitation den Begriff «Gewebe» fast wörtlich nehmen.) In unserer normalen, makrokosmischen Weltansicht lässt sich dieses Gewirr von Vernetzungen nicht erkennen. Wir sehen lediglich einen glatten Stoff.
Die Befürworter der Schleifenquantengravitation behaupten, sie könne aufgrund dieser elastischen kleinen Verbindungen voraussagen, dass ein schrumpfendes Universum eine Reihe sehr elastischer Verbindungen ähnlich wirkungsvoll zerschmettern könne: Wenn der Druck nachlässt, springt alles wieder an Ort und Stelle zurück, ein Rückprall, der eine Art von Urknall erzeugen könnte, ohne das Universum dabei jemals einer lästigen Singularität auszusetzen.
Frühe Versuche, ein Universum auf der Basis von Quantengravitationsschleifen zu entwerfen, das nach dem Kollaps einen Rückprall durchläuft, kamen zu dem Ergebnis, dass nichts vom vorausgegangenen Universum übrig bliebe. Martin Bojowald von der Pennsylvania University glaubt jedoch, die Raumzeit selbst würde Abstoßungskräfte entwickeln, während sie zusammensackt. In dieser Version eines Urknalls auf der Grundlage der Schleifenquantengravitation käme allerdings etwas ins Spiel, was Bojowald «kosmische Vergesslichkeit» nennt. Hierbei werden die Eigenschaften, die das Universum vor dem Urknall hatte, zum größten Teil ausgelöscht und durch neue ersetzt. Doch Bojowald hat vorgeschlagen, dass detaillierte astronomische Messungen uns zu einem Einblick in die Beschaffenheit des Universums vor dem Urknall verhelfen könnten.
Was nicht bedeutet, dass wir viel von dem sehen könnten, was «davor» gewesen ist. Bojowald hat gesagt: «Ein paar Eigenschaften des Universums vor dem Urknall haben womöglich nur einen derart schwachen Einfluss auf unsere derzeitigen Beobachtungen, dass sie praktisch unbestimmt sind.» Bojowald stellt sich kein Szenario vor, in dem das vorausgegangene Universum unserem eigenen allzu sehr ähnelt, eben weil so viel verlorenging. «Es scheint, als habe das Universum einige seiner Eigenschaften vergessen und dafür neue erworben, unabhängig davon, was vorher war.»