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Tuppence ging den Gartenweg entlang, als Albert mit raschen Schritten aus dem Haus kam.

»Eine Dame möchte Sie sprechen.«

»Eine Dame? Wer ist es?«

»Sie hat sich als Miss Mullins vorgestellt. Eine der Damen aus dem Dorf hat sie an Sie empfohlen.«

»Ach, natürlich«, rief Tuppence. »Es geht um den Garten, nicht?«

»Ja, sie hat ihn erwähnt.«

»Vielleicht holen Sie sie am besten her.«

»Jawohl, Madam«, sagte Albert, nun wieder ganz der allwissende Butler.

Er kehrte ins Haus zurück und erschien gleich darauf mit einer großen, männlich wirkenden Frau in Tweedhosen und einem grob gestrickten Fischerpullover.

»Ein kalter Wind heute Morgen«, sagte sie. Die Stimme war tief und ein wenig heiser. »Ich bin Iris Mullins. Mrs Griffin hat vorgeschlagen, mich mal bei Ihnen zu melden. Sie brauchen jemand für den Garten. Stimmt das?«

»Guten Morgen«, sagte Tuppence und reichte ihr die Hand. »Ich freue mich, Sie kennen zu lernen. Ja, wir suchen jemand, der uns hilft.«

»Sind Sie gerade erst eingezogen?«

»Mir kommt es schon wie Jahre vor. Es sind nämlich erst jetzt alle Handwerker aus dem Haus.«

»Ach ja!« Miss Mullins lachte tief und rau. »Ich kenne das! Es war klug von Ihnen, sofort einzuziehen und ihnen nicht das Feld zu überlassen. Es wird nie etwas fertig, wenn der Besitzer nicht im Haus wohnt. Selbst dann muss man sie meistens noch einmal holen, damit sie etwas reparieren, das sie vergessen haben. Übrigens haben Sie einen schönen Garten, nur etwas verwildert, nicht wahr?«

»Ja, die letzten Bewohner haben sich anscheinend wenig aus ihm gemacht.«

»Hießen sie nicht Jones? Ich glaube nicht, dass ich sie gekannt habe. Wissen Sie, ich bin die meiste Zeit auf der anderen Seite vom Dorf, auf der Moorseite. Ich habe dort zwei Kunden, beim einen arbeite ich zwei Tage, beim anderen einen Tag in der Woche. Im Grund reicht ein Tag nicht aus, alles in Ordnung zu halten. War bei Ihnen nicht der alte Isaac? So ein netter alter Mann. Ein Jammer, dass er von diesen jungen Rowdys erschlagen wurde, die jetzt überall Unruhe stiften. Die Untersuchung war schon vor einer Woche, nicht wahr? Die Täter sollen noch nicht gefunden worden sein. Sie sind immer zu mehreren, wenn sie die Leute überfallen. Ein unangenehmer Haufen. Je jünger, umso brutaler. Was für eine hübsche Magnolie Sie haben. Eine Soulangeana, nicht wahr? Das ist die schönste Sorte. Die Leute lieben mehr die exotischeren Arten, aber wenn es um Magnolien geht, sollte man sich meiner Meinung nach an die alten Freunde halten.«

»Eigentlich brauchen wir jemand fürs Gemüse.«

»Ja, Sie wollen einen schönen Küchengarten haben, nicht wahr? Da scheint bisher nicht viel geschehen zu sein. Häufig verlieren die Leute den Mut und kaufen das Gemüse lieber, statt es selber zu ziehen.«

»Ich wollte immer schon Kartoffeln und Erbsen anbauen«, sagte Tuppence. »Und grüne Bohnen auch, dann hätten wir endlich mal junges Gemüse!«

»Da haben Sie Recht. Die meisten Gärtner sind so stolz auf ihre Bohnen, dass sie sie viel zu lange dranlassen. Sie meinen, eine Bohne muss einen Fuß groß sein, wenn sie bei der Gartenbauausstellung einen Preis erhalten soll. Wirklich gut schmeckt nur ganz junges Gemüse.«

In diesem Augenblick tauchte Albert aus dem Haus auf.

»Mrs Redcliffe ist am Telefon, Madam«, sagte er. »Sie möchte wissen, ob Sie morgen Mittag zusammen essen?«

»Ach, bestellen Sie ihr, dass es mir sehr leid tut. Wahrscheinlich müssen wir nach London fahren. Oh – Albert, warten Sie einen Augenblick. Ich schreibe Ihnen ein paar Worte auf.«

Tuppence holte einen kleinen Block aus der Tasche, schrieb etwas darauf und reichte ihn Albert.

»Sagen Sie meinem Mann, dass Miss Mullins hier ist und wir im Garten sind. Ich habe vergessen, dass er mich um diese Adresse gebeten hatte, die er für den Brief braucht, den er gerade schreibt. Geben Sie sie ihm, bitte.«

»Gewiss, Madam«, sagte Albert und zog sich zurück.

Tuppence widmete sich wieder ihrer Besucherin.

»Sie sind sicher sehr eingespannt«, sagte sie fragend, »da Sie schon drei Tage in der Woche arbeiten.«

»Ja. Und wie ich schon sagte, ist es auf der anderen Seite des Orts. Ich wohne da auch, in einem kleinen alten Haus.«

In diesem Moment trat Tommy aus der Haustür. Hannibal begleitete ihn. Er rannte in großen Kreisen um ihn herum und erreichte Tuppence als Erster. Er verharrte einen Augenblick und stürzte sich wütend bellend auf Miss Mullins. Sie trat erschrocken ein paar Schritte zurück.

»Das ist unser überall gefürchteter Hund«, stellte Tuppence Hannibal vor. »Er beißt aber nicht oder nur sehr selten. Im Allgemeinen nur den Postboten.«

»Alle Hunde beißen die Postboten oder versuchen es wenigstens«, sagte Miss Mullins.

»Er ist ein ausgezeichneter Wachhund. Ein Manchester-Terrier, die sind besonders wachsam. Er beschützt unser Haus großartig. Er lässt niemand näher herankommen und passt sehr genau auf mich auf. Offenbar betrachtet er sich als meinen Leibwächter.«

»Heutzutage scheint mir das sehr wichtig zu sein.«

»Ja, nicht wahr? Wo so viele Einbrüche geschehen. Bei einigen Freunden von uns ist schon eingebrochen worden. Manche Diebe sind sogar am hellen Tag eingedrungen. Sie stellen Leitern auf und heben Fensterrahmen aus oder sie spielen den Fensterputzer – lauter solche Tricks. Darum finde ich es gut, wenn man weiß, dass ein bissiger Hund im Haus ist.«

»Ja, das leuchtet mir sehr ein.«

»Und dies ist mein Mann«, sagte Tuppence. »Darf ich dich mit Miss Mullins bekannt machen, Tommy? Mrs Griffin hat ihr freundlicherweise gesagt, dass wir jemand für den Garten suchen.«

»Wird Ihnen die Arbeit nicht zu schwer sein, Miss Mullins?«

»Aber nein!«, rief Miss Mullins mit ihrer tiefen Stimme. »Ich nehme es beim Umgraben mit jedem auf! Und richtiges Umgraben ist sehr wichtig. Man kann zum Beispiel die Erbsen nicht einfach nur anhäufeln, alles muss gut umgestochen und gedüngt sein. Der Boden braucht die richtige Vorbereitung. Sie ahnen gar nicht, was das für eine Rolle spielt!«

Hannibal hörte nicht auf zu bellen.

»Ich glaube, Tommy«, sagte Tuppence, »du solltest Hannibal lieber ins Haus bringen. Heute Vormittag scheint er in einer etwas zu beschützerischen Laune zu sein.«

»Ja. Los, Hannibal!«

»Wollen Sie nicht hereinkommen?«, sagte Tuppence zu Miss Mullins. »Möchten Sie was trinken? Es tut uns sicher gut und wir können dabei besser planen.«

Hannibal wurde in die Küche gesperrt und Miss Mullins nahm dankbar ein Glas Bristol Cream an. Nach einigen Vorschlägen und Gegenvorschlägen sah sie auf die Uhr und erklärte, sie müsste leider aufbrechen.

»Ich habe eine Verabredung, zu der ich nicht zu spät kommen darf«, sagte sie. Sie verabschiedete sich etwas überstürzt und eilte davon.

»Sie scheint in Ordnung zu sein«, meinte Tuppence.

»Offenbar!«, antwortete Tommy. »Aber völlig sicher ist man nie.«

»Wir könnten uns über sie näher erkundigen«, schlug Tuppence zweifelnd vor.

»Du musst nach dieser Tour durch den Garten müde sein. Wir verschieben unseren Ausflug von heute Nachmittag besser auf ein andermal – der Arzt hat dir Ruhe verordnet.«