NEUNTES KAPITEL
KORUPHÉ
Erzähle uns, o Sauros, von der Schlacht, in der die Armeen des Fürsten Arthû denjenigen der Monster des Alls gegenüberstanden.
SAUROS
Noch immer denke ich mit Entsetzen an diesen Kampf. Nicht ohne zu zittern, kann ich davon sprechen, obwohl ich oft meine Kühnheit auf dem Schlachtfeld bewiesen habe. Versenkte ich nicht mein Schwert in der Brust Abertausender feindlicher Soldaten? Habe ich nicht an Bord einer einfachen Rakete die magnetischen Schutzwälle überwunden und allein die stolzen Städte Narophs zerstört?
KARUDIS
Jener, der deinen Mut bezweifeln würde, o Sauros, verdiente einen tausendfachen Tod. Du hast stets loyal dem Fürsten Arthû gedient, dem legitimen Herrscher Gardahyas. Sprich, denn dein Bericht wird uns umso wertvoller sein.
SAUROS
Die Monster, die aus dem All gekommen waren, hatten bereits die kleineren Städte Flaêrs und Udots zerstört, die Streitkräfte des Ordens des Landvogts besiegt und unzählige Greise, Frauen und Kinder dahingemetzelt. Fürst Arthû erteilte mir den Auftrag, an der Spitze eines Bataillons mit allen nur erdenklichen Mitteln das Treiben dieser drei Kreaturen zu unterbinden. Wir waren Hunderte gegen drei, o Karudis. Und noch heute treibt es mir die Schamröte ins Gesicht, wenn ich darüber rede.
KARUDIS
Du brauchst dich nicht zu schämen, o Sauros. Waren es nicht unbesiegbare himmlische Harpyien, diese Kreaturen, die aus dem All kamen?
SAUROS
Du sprichst die Wahrheit, o Karudis. Sie waren dämonisch, diese drei Wesen. Aus der Ferne ähnelten sie Menschen, aus der Nähe jedoch glichen sie jenen Monstern des Bestiariums der barbarischen Kirche, die man Kroz nennt. Kahl und voller Beulen waren ihre Schädel, rau und rissig war ihre Haut, voller böser Energie waren ihre hervorquellenden Augen. Obwohl sie nackt waren, konnten wir ihr Geschlecht nicht feststellen, denn sie besaßen weder ein männliches Glied noch eine weibliche Muschel.
KORUPHÉ
Bedienten sie sich irgendeiner Form der Sprache, o Sauros?
SAUROS
Sie sprachen einige Worte interplanetarisches Nafle, o Koruphé. Aber ihre Stimmen waren so unangenehm wie die kreischender Vögel. Anfangs bombardierten wir sie mit Hochspannungslichtwellen, doch ohne jede Wirkung. Dann versuchten wir, sie mit Flammenwerfern zu zerstören, aber sie widerstanden dem Feuer und blieben unversehrt.
KARUDIS
Wenn weder Licht noch Feuer ihnen etwas anhaben konnte, was fügte ihnen dann Schaden zu, o Sauros?
SAUROS
Nichts, wie ich fürchte, o Karudis. Wir versuchten, sie mit Lanzen, Schwertern, Dolchen oder Säbeln anzugreifen, aber ebenso wie für Licht und Feuer war ihre Haut auch für Eisen undurchdringlich. Sie richteten ein wahres Blutbad unter den Soldaten an, packten sie am Hals, brachen ihnen mit ihren abscheulichen Fingern das Genick; schlitzten sie mit bloßen Händen auf, rissen ihnen Arme, Beine, Köpfe und ihre Geschlechtsteile ab.
KARUDIS
Und du, o Sauros, was tatest du, während deine Männer massakriert wurden?
SAUROS
Beschuldigst du mich der Feigheit wie die Männer vom Volk der Gardahya, o Karudis? Obwohl du öffentlich meinen Mut gepriesen hast?
KARUDIS
Erzürne dich nicht, o Sauros. Dein Bericht wird die Wahrheit enthüllen.
SAUROS
Ich nahm an der Schlacht teil, o Karudis. Hast du daran gezweifelt? Mit gezücktem Sch wert stach ich mehr als dreißigmal auf die Monster des Alls ein, aber ich hatte das Gefühl, die Spitze meiner Waffe träfe auf eine Materie härter noch als Stein. Trotzdem konnte ich mich ihres Zugriffs mehrmals erwehren und sie erneut attackieren. Doch es geschah, dass alle meine Männer niedergemäht wurden, o Karudis, und dass ich allein unseren Gegnern gegenüberstand.
KORUPHÉ
Was geschah dann?
SAUROS
Meine Worte werden in euren Ohren unglaublich klingen, in deinen, o, Koruphé, und in deinen, o Karudis. Aber sie sind nichts als die reine Wahrheit. Die Kreaturen des Alls verschwanden auf dieselbe mysteriöse Weise, wie sie gekommen waren, so als hätte ein hasserfüllter Gott seine Untertanen zu sich gerufen, nachdem sie ihre Schandtaten begangen hatten.
KARUDIS
Unglaublich ist das richtige Wort, o Sauros.
KORUPHÉ
Wie lautet dein Urteilsspruch, o Karudis?
KARUDIS
General Sauros wird sich einem Gottesurteil unterziehen. Sollte er schuldig gesprochen werden, weil er seine Männer verlassen hat, wird er am Großen Stadttor Gardahyas gekreuzigt.
Die Palinodie des Generals Sauros aus dem Jahr 7356 nach dem Naflinischen Kalender, traditionelles issigorisches Theater, Übersetzung des syracusischen Dichters Messaodyne Jhû-Piet der ersten Periode nach dem Ang-Imperium.
Anmerkung: Einige Gelehrte sehen einen Zusammenhang zwischen den von General Sauros – einer umstrittenen Persönlichkeit in der Geschichte Issigors – beschriebenen Monstern und den Scaythen von Hyponeros. Das Wort »Scaythe« könnte von dem Begriff »Scaütê« oder »Scaïtê«, was Suizid-Soldat bedeutet, stammen. Diese Wesen hätten sich unter die feindlichen Reihen gemischt, um dort Tod und Verderben zu säen. Erinnern wir uns, dass das Ethische Gesetz H. M. im Jahr 7034 auf Issigor in Kraft trat.
Tixu hatte jedes Raumgefühl verloren, aber das Antra – dieser wachsame Beschützer seines ureigensten Wesens – bewahrte ihn noch vor dem Zerfall. Zwar hatte sich sein Körper in dem Matrix-Bottich aufgelöst, doch seine Fähigkeit zu denken und zu fühlen war trotz verschiedener energetischer Einwirkungen nicht beeinträchtigt worden. Er wusste nicht, wie lange dieser flüchtige Seinszustand noch andauern würde, denn die Meister-Creatoren – die sowohl Scaythen erschufen als auslöschten – hatten ein Programm zur Neutralisation des Antras entwickelt. Und Tixu merkte, dass die Vibrationen des Klangs des Lebens in ihm immer schwächer wurden.
Alle möglichen Wellen umgaben Tixu, vereinigten sich und bildeten Wellenbündel gleicher Länge, eine nicht in Worte gefasste Sprache, dem menschlichen Geist ähnlich; ein Kommunikationsmittel, das die Meister-Creatoren Wahrscheinlickeitsmaximierung nannten. Die Creatoren sandten weder Geräusche noch Sprache, sondern Frequenzen, die sich stets ihrem Konzept anpassten. Dieses Konzept, der PLAN, war die Basis ihres Tuns und kosmischen Handelns. Das interne Funktionieren von Hyponeros – seine Impulsionen, Stimulationen und Reaktionen wurden durch zentrale, in den Matrix-Bottichen integrierte Memodisketten nach Wahrscheinlichkeitsberechnungen gesteuert.
Als die Meister-Creatoren Tixu von seiner körperlichen Hülle getrennt hatten, hofften sie, die okkulten und kreativen Fähigkeiten des Menschen studieren zu können, aber sie hatten nicht vorhergesehen – auf welcher Basis hätten sie ihr Vorhersehen gründen können? –, dass das Antra ihren Destruktionsdaten derart heftigen Widerstand entgegensetzen würde. Auch war ihnen entgangen, dass der menschliche Geist wesentlich flexibler und kommunikativer war als die Übertragung ihrer Daten. Er bewegte sich völlig frei in allen Kreisläufen des Hyponeriarchats. Der menschliche Geist hatte es nicht nötig, sich auf Hypothesen der Wahrscheinlichkeit zu stützen, weil er aus der Quelle seines Selbst schöpfte. Solange das Antra in Tixu stabil blieb, war er ein Störfaktor im System von Hyponeros und eröffnete den Urmenschen eine Chance – wenn auch eine sehr geringe –, sich wieder zu vereinen und zum Gegenangriff überzugehen.
Vor einigen Tagen, kurz nach ihrer Translokation, waren Loter Pakullaï und Tixu lange durch die überaus große Schwerkraft zu Boden gedrückt worden. Als Erstes hatten sie zwei riesige quadratische Becken mit etwa tausend Meter Seitenlänge gesehen, die mit einer dunklen zähflüssigen Masse gefüllt waren. Tixu wunderte sich über die trotz der Schwerkraft und der Windstille schwachen Wellenbewegungen auf der Oberfläche. Hätten die Becken nicht diese perfekte geometrische Form gehabt, man hätte sie für natürliche Seen halten können. Eine gigantische Spirale erhob sich über diesem Doppelreservoir wie ein Rauch der Leere und verschwand inmitten eines Schwarzen Lochs. Von dieser Spirale ging eine fürchterliche Leblosigkeit aus, eine Antikraft, der scheinbar keine Materie widerstehen konnte. Das Schwarze Loch befand sich im Zenit des Himmels und wurde zusehends größer – es dehnte sich gleich einer toxischen Korolla aus und verschlang alle Sterne um sich herum.
Yelles Kinderstimme hallte in Tixu wider: »Der Blouf gewinnt … Millionen Sterne sind heute Nacht verschwunden … Der Blouf will uns verschlingen …«
Mit einfachen Worten hatte sie treffend den ärgsten Feind der Menschheit beschrieben. Und Tixu sah dieses grässliche Maul, das bereits Milliarden Kilometer groß war. Es verschlang jedes Licht, alles Leben, jeden kreativen Akt. Die graue flache Landschaft Arratans und das ständig anwachsende Brausen auf diesem Planeten waren Zeugnis dafür, dass die Dunkelheit immer mehr Raum gewann – ein faszinierendes Bild von abstoßender Schönheit.
»Das ist das Ende … das Ende der Via Lactea … das Ende des Universums …«, hatte Loter Pakullaï geflüstert.
Nur unter größter Anstrengung war es Tixu gelungen, sich zu seinem Gefährten umzudrehen.
»Für Sie ist der Zeitpunkt gekommen, in die Welten der Menschen zurückzukehren, Loter«, hatte Tixu mühsam hervorgebracht. »Lehren Sie so vielen wie möglich das Antra. Das wird Ihr Beitrag zum ewigen Kampf der Menschheit sein.«
»Und Sie?«
»Mein Beitrag ist ein anderer …«
»Man muss schon ein verrückter Inddikischer Zauberer sein, wenn man glaubt, aus diesem Dreckloch wieder rauszukommen«, hatte er traurig gesagt und auf die Becken gedeutet.
»Ich habe nie behautet, ungeschoren davonzukommen.«
»Und warum fühlen Sie sich dann verpflichtet, es zu tun?«
Tixu hatte mit der Antwort kurz gezögert. Er wusste selbst nicht genau, warum er so handelte. Er gehorchte nur einer Intuition. Aber wie sollte er das einem Professor erklären, der an die Wissenschaft glaubte? Nur Yelle, die auch über ein außersinnliches Wahrnehmungsvermögen verfügte, hätte die richtigen Worte gefunden.
»Machen Sie sich auf den Weg, Loter, sonst sind die zivilisierten Welten verschwunden, ehe Sie dort ankommen.«
»Ich werde den Ihren Grüße von Ihnen ausrichten, großer Zauberer«, hatte Loter Pakullaï voller Wärme gesagt, die Augen geschlossen, das Antra gerufen und sich dematerialisiert.
Als Tixu allein war, hatte er seiner Verzweiflung freien Lauf gelassen und endlich geweint. Auf den Knien sitzend, hatte er mit der Stirn auf den harten Boden geschlagen, bis eine Braue aufgeplatzt und Blut über seine Wange gelaufen war. »Dein Schicksal vollenden«, hatte Kacho Marum, der sadumbische Schamane vom Planeten Zwei-Jahreszeiten, zu ihm gesagt. Doch Tixu hatte nicht geahnt, dass das Schicksal so grausam sein und ihn von seiner Familie trennen würde. Die sechzehn glücklichen Jahre mit Aphykit und später auch mit Yelle waren nur eine kurze Zeit in einem beschwerlichen Leben, ein unverhofftes Glück während einer quälend langen Reise gewesen.
Er war aufgestanden und langsam zum Rand des einen Beckens gegangen. Die Masse strömte aus der Nähe einen schwach säuerlichen Geruch aus, und die äußeren Rundungen der Spirale waren so tiefschwarz, dass sie wie kompakte Materie wirkte. Durch die ungeheure Kraftanstrengung war er in Schweiß gebadet. Trotzdem durchdrang ihn eine kaum zu ertragende Kälte. Unbeweglich, starr hatte er am Ufer dieses unheimlichen Sees gestanden und den Blick über die leicht gekräuselte Oberfläche gleiten lassen, während Erinnerungen in ihm aufstiegen.
Das Antra glich einem sanften Summen in seinem Körper, wie das leise Murmeln einer Quelle, durch das er langsam einen Zustand der Gelassenheit erreichte, mehr noch ein Gefühl, das ihn für immer mit Aphykit, Yelle, Shari, Kacho Marum, Stanislav Nolustrist und allen Menschen verband. Nun hatte er das geheime Gesetz des Universums verstanden und somit seine Aufgabe: Sein Verzicht war der Preis für das Überleben der Menschheit.
Ohne sich auszuziehen, war er bis zur Taille in die zähflüssige Masse des Matrix-Bottichs gegangen, er fühlte entsetzliche Schmerzen in den Beinen. Bei vollem Bewusstsein hatte er das Sichauflösen seines Körpers gespürt. Doch dieser Schmerz hatte sich nicht auf das Physische beschränkt, sondern war eine Form des Auslöschens gewesen. Hellsichtig hatte Tixu erkannt, dass er seine Qualen abkürzen könnte, wenn er ganz in die Flüssigkeit eintauchte. Er hatte einen letzten Schrei ausgestoßen und sich in die Tiefe gleiten lassen. Sein Körper hatte sich im Bruchteil einer Sekunde aufgelöst; der Schmerz jedoch hatte länger gedauert, als ob diese Masse seine Zelldaten für den Fall seiner eventuellen Rekonstruktion speicherte.
Anfangs hatte Tixu es als angenehm empfunden, nicht mehr Gefangener seines Körpers zu sein. Eine Leichtigkeit gleich jener während seiner psychokinetischen Reisen hatte ihn erfüllt. In diesem Stadium hatte er begonnen, die Strukturen seiner Umgebung zu erforschen, vor allem diese Emulsion, die sowohl als Fixativ als auch als Dissolvens agieren konnte. Er hatte begriffen, dass sein Körper noch nicht endgültig zerstört war, sondern dass jede einzelne seiner Zellen mit den Molekülen dieser Lösung eine Verbindung eingegangen war, um bei Bedarf einem anderen Zweck zu dienen. Und dieses ständige Zerrissensein löste seine Schmerzen aus, die ihn ohne das schützende Antra um den Verstand gebracht hätten.
In dem Matrix-Bottich herrschte eine ungeheure Aktivität – ähnlich wie ein Teich mit fauligem Schlamm noch vielfältigste Formen des Lebens birgt. An einer Seite des Beckens hatte er einen metallenen Kasten entdeckt, ein mit Sensoren und Filtern ausgestattetes Gerät, das im Umkreis von etwa hundert Metern von verschiedenen Strömungen umgeben war.
Plötzlich hatte Tixu das Gefühl, eine dieser Strömungen greife nach seinem Gehirn und versuche, es einem Sensor zuzuführen, der ihn an einen Analysator des Intergalaktischen Transportunternehmens erinnerte. Mein Gott! Wie lange das her war, sein Leben als Angestellter des bedeutendsten Transportunternehmens des bekannten und unbekannten Universums. Erinnerungen an ein anderes Leben … Körperlos geworden war er nichts anderes als ein Urgrund der Kreativität, Gefangener einer Maschinerie, der keinerlei Einfluss mehr auf die Materie hatte. Der Gravitation von Hyponeros hatte er sich nicht erwehren können und nun befand er sich im Inneren des zentralen Hauptspeichers, der alle Basisdaten miteinander kombinierte und neue generierte – der Matrix der Meister-Creatoren. Sofort hatten sie versucht, die Mechanismen von Tixus Gehirnströmen zu isolieren, um sie analysieren zu können – denn sie beinhalteten – ihrem Verständnis nach – die universellen Mechanismen des Schöpfungsaktes. Aber die Meister-Creatoren hatten dank des Antras, das ihn noch immer schützte, seinen Geist nicht erforschen können. Der Klang des Lebens hatte ihr Eindringen verhindert, so wie das Licht die Dunkelheit vertreibt.
Sie bildeten einen der stabilen Kerne des Systems von Hyponeros, das Erste Konglomerat, dessen Aufgabe darin bestand, die Keimlinge aufzulösen und neu zu verteilen. Tixus Geist hatten sie nicht zerstören können, weil er vom Antra geschützt wurde und zudem sein Cerebrum über eine weitaus größere Kapazität verfügte, als sich die Meister-Creatoren vorstellten, um es funktionsunfähig machen zu können.
Also war der Oranger mühelos in das Zweite Konglomerat eingedrungen, den zweiten Hauptspeicher, in das Bassin der Rekonstruktion. Doch wusste er, dass er ohne den entsprechenden Befehl der Meister-Creatoren seine körperliche Gestalt nicht wiedererlangen und somit Gefangener im Bottich der Auflösung bleiben würde.
Im Laufe der Zeit war Tixu zu einem beträchtlichen Störfaktor im Getriebe der ausgeklügelten Machenschaften von Hyponeros geworden. Noch war er nicht in der Lage, alle geheimen Daten aufzuspüren, aber er verfügte bereits über eine beträchtliche Menge an Daten, die er integriert hatte. Er konnte sich frei auf allen Datenautobahnen bewegen, wie ein Elementarteilchen, und jede seinen Gegnern nützliche Information sammeln und speichern.
Auf diese Weise hatte er im Wesentlichen die Geschichte von Hyponeros und ihrer Kreaturen, den Scaythen, rekonstruieren können, und das in ihrer gesamten Vielschichtigkeit, die ständig verfeinert und effizienter gestaltet wurde.
Kurzer Abriss der Geschichte von Hyponeros. Gegliedert in: Geschichte, Ethnologie, Enzyklopädie, Etymologie, Diverses … Das Ethische Gesetz H. M. im Jahr 7034 des Naflinischen Kalenders. Die Menschen-Götter fürchteten sich vor der Macht ihrer Kreaturen und stimmten für das Gesetz der Hegemonie der Maschinen. Diese Wahl fand auf dem Planeten Issigor im Jahr 2701 des lokalen Kalenders statt, am 7. Tag des Monats Marcaros.
Etymologie: Hyponeros, aus griech. Hypo, »unter« und neros, Monat im issigorischen Kalender, der auf den Monat Marcaros folgt. Hyponeros bedeutet also nach Neros, bzw. hat den Neros nie erreicht.
Die beiden ursprünglichen Hauptspeicher – der eine enthielt Dateien zur Rekonstruktion menschlichen Zellgewebes auf der Basis synthetischen Materials, der andere diente der Erforschung des menschlichen Gehirns und seines Potenzials – wurden vom Netz genommen und zusammen mit peripheren Speichern, Androiden und Robotern an Bord eines Raumschiffs gebracht und ins All expediert. Eine mächtige energetische Strömung ergriff dieses Raumschiff und andere aus den Welten der Konföderation von Naflin stammende Raumfahrzeuge und lenkte sie zum zentralen Punkt der Via Lactea …
Die Raumschiffe landeten auf einem toten Planeten. Doch da die Hauptspeicher vom Netz genommen worden waren, konnten weder Maschinen, Roboter noch Androiden funktionieren. Sie waren ohne Leben. Die Menschen hatten sich von den von ihnen erschaffenen Kreaturen losgesagt …
In diesem Moment griff unerwartet der Gesandte des Nichts, der Feind der Menschheit in das Geschehen ein – die In-Creatur und der Re-Creator von Hyponeros. Seit ewigen Zeiten schon wollte er seinen Einfluss im gesamten Universum geltend machen. Doch dazu besaß er nicht die Mittel, denn er ist nichs als Negation, ein Nicht-Wesen, unfähig, schöpferisch tätig zu sein. Er hatte die Gestalt einer Spirale absoluter Nicht-Energie angenommen und wie ein riesiger negativ geladener Pol die Raumfahrzeuge zu diesem zentralen Schwarzen Loch gelenkt. Und nun bot ihm das Ethische Gesetz H. M. die Gelegenheit, sich auszubreiten …
Die In-Creatur beschloss, eigene Soldaten zu erschaffen, und setzte zu diesem Zweck zwei Hauptelemente ein: eine Matrix-Flüssigkeit und physiologisches Material. Ein Xaxas und ein von ihm transportiertes weibliches Wesen lieferten das physiologische Basismaterial – die Grundlagen normaler Lebensvorgänge und Funktionen des menschlichen Organismus – die Hüterin der Pforte lieferte die Matrix-Flüssigkeit …
Enzyklopädie: Ein Xaxas ist eine Art Zugvogel, dessen vornehmliche und einzigartige Aufgabe darin besteht, Leben von einer Welt in eine andere zu tragen. Am Zielort ihrer jeweiligen Reise dringen die Xaxas in die Matrix ihrer Erzeugerin – die Hüterin der Pforte – ein, weil sie sich an jener Stelle aufhält, wo die Welt der Formen ins formlose Nichts der In-Creatur übergeht. Dort wird sie aufgelöst und nach den biologischen Daten ihrer Passagiere neu geformt.
Eine Menschenfrau wurde von den Priestern ihrer Religion dazu verdammt, im Inneren eines Xaxas’ eine alle achttausend Jahre stattfindende Reise anzutreten. Da sie allein von jenem destruktiven Gedanken erfüllt war, den man Hass nennt, äußerte sie keine Wünsche, und der himmlische Zugvogel setzte sie in der Matrix der Hüterin der Pforte ab.
Die Verschmelzung des Xaxas’ mit der Frau in der Matrix der Hüterin der Pforte schuf zwei neue Mischungen, eine der Auflösung und eine der Restrukturierung. Auf diese Weise brachten die neu formierten Xaxas Keimzellen auf Welten, auf denen es bis dahin kein Leben gab, und erfüllten somit die für sie vorgesehenen Aufgaben.
Geschichte: Xaxas = Der Wahrscheinlichkeitsrechnung entsprechend wurde die Hüterin der Pforte im Jahr 7039 der Konföderation von Naflin aufgelöst sowie alle Xaxas am Ende ihres letzten Flugs im Jahr 18 des Ang-Imperiums. Kommentar: Die Xaxas und ihre Erzeugerin wurden wahrscheinlich zerstört, weil ihre Leben spendende Funktion zuerst den Interessen der In-Creatur gedient, aber später zu dem finalen GROSSEN PLAN im Widerspruch gestanden hätte.
Die In-Creatur transferierte die atomare Energie des von ihr absorbierten Sterns auf die gestrandeten Weltraumschiffe. Auf diese Weise aktivierte sie die beiden originären Hauptspeicher aufs Neue.
Zu Beginn ihrer Migration sprühten die Xaxas Tropfen dieser neuen Mischung auf den toten Stern Hyponeros. Die Hauptspeicher begannen zu arbeiten und befahlen den Androiden und Robotern, Proben dieser Flüssigkeiten zu sammeln, zu analysieren und sie mithilfe der in den Raumschiffen verbliebenen Treibstoffe und Schmiermittel neu zu bilden. Die Roboter installierten Tanks auf der dem Schwarzen Loch zugekehrten Sternoberfläche – der In-Creatur zugewandt.
Geschichte: Roboter und Androiden = Diese Gruppe elektronisch gesteuerter Geräte in Menschengestalt und künstlicher Menschen, Opfer des Ethischen Gesetzes H. M., waren unentbehrlich und die treibende Kraft für das Entstehen von Hyponeros. Sie installierten die Hauptspreicher in den Tanks, dann füllten sie diese Matrix-Bottiche mit der von ihnen hergestellten Flüssigkeit und tauchten sie in den Bottich der Auflösung. Die äußerst stabile atomare Struktur ihrer »Körper« wurde später zu einem Bestandteil der »Körper« der Scaythen. Scaythe: autonomer Keimling in menschenähnlicher Gestalt, der auf einen von Menschen bewohnten Planeten zur Durchführung eines bestimmten Auftrags geschickt wird. Etymologie: Das Wort ist issigorischen Ursprungs. Scaütê bedeutet Suizid-Soldat, der sich unter feindliche Reihen mischt, um dort Tod und Verderben zu säen.
Die Hauptspeicher standen in permanentem Kontakt mit der In-Creatur, der Initiatorin. Zusammen entwickelten sie die strukturellen Basisdaten sowie die wahrscheinlichen evolutionären Daten, dann analysierten sie die lebensfähigen Keimlinge in den Matrix-Bottichen und generierten die Meister-Creatoren.
Enzyklopädie: Die Meister-Creatoren = Ihre Aufgabe besteht darin, Variable und Konstante miteinander zu verbinden. Sie sind das Hyponeriarchat, eine zweigeteilte Führungsentität (seit dem Jahr 17 des Ang-Imperiums besteht sie aus drei Größen) des Konglomerats, das sich entweder auf Daten der Evolutionsforschung oder die der Wahrscheinlichkeitsrechnung stützt, um Entscheidungen zu treffen.
Der Große Plan oder das Endziel: Das ist die Verwirklichung eines achtstufigen Projekts der In-Creatur, die ihr Vorhaben über die Hauptspeicher den Konglomeraten des Hyponeriarchats in der Absicht mitteilt, die Menschheit ein für alle Mal auszulöschen und ebenso jede Form, jeden Laut, den Gesang des Lebens – kurzum die Inddikischen Annalen – zu zerstören, um ein universelles Reich der In-Creatur zu errichten.
Erste Stufe: Das Erschaffen der Scaythen. Die Keimlinge wurden vom Konglomerat der Auflösung isoliert und in den Bottich der Rekonstruktion transferiert, wo sie eine vom Hauptspeicher konzipierte körperliche Hülle verpasst bekamen. Jede dieser Kreaturen verfügte über eine bipolare Zellstruktur – aus dem Xaxas und jener hasserfüllten Frau und aus der metallenen Struktur der Roboter und Androiden –, einem dem menschlichen Gehirn ähnlichen zentralen Organ, das perfektioniert wurde und über außergewöhnliche telepathische Fähigkeiten verfügt, sowie energetischen Implantaten, die es einem Scaythen ermöglichten, ohne Sauerstoff, Nahrung und Flüssigkeit zu existieren. Das Hyponeriarchat bediente sich der Xaxas, um die ersten Scaythen – Exemplare einer neuen Form des Lebens – auf entfernte, von einer Gashülle umgebene Planeten zu bringen, weil es deren Widerstandsfähigkeit sowie deren Kommunikationsfähigkeit über große Entfernungen testen wollte. Die Versuche dauerten etwa hundert Jahre, bis die Konglomerate mit der Qualität ihrer künstlichen Geschöpfe hinsichtlich der scaythischen Eigenschaften zufrieden waren …
Tixu fiel auf, dass er im Vergleich mit den Scaythen den entgegengesetzten Weg gegangen war. Sie wurden in einem Matrix-Bottich geboren und mit einer menschenähnlichen Hülle versehen, die ihnen, auch wenn sie unzulänglich war, erlaubte, Einfluss in der realen Welt auszuüben. Er jedoch war in den Bottich gestiegen, hatte seinen Körper geopfert und sich in ein immaterielles Prinzip verwandelt. Jetzt, da er keinen Körper mehr besaß, begriff er, welches Glück es bedeutete, ein Mensch zu ein.
Er erinnerte sich an das Streicheln des Windes auf seiner Haut, die wärmenden Strahlen der Sonne, die Kühle des Quellwassers an einem heißen Tag – und an Aphykits zärtliche Berührungen, ihren Duft …
Während eines kurzen Gesprächs zwischen den Meister-Creatoren und dem Seneschall Harkot hatte er erraten, dass Aphykit und Yelle zusammen mit einem jersaleminischen Paar gefangen genommen und kryogenisiert worden waren und nun im Bischöflichen Palast in Venicia im Tiefschlaf lagen. Diese Nachricht hatte ihn erleichtert, denn sie war der Beweis, dass seine Intuition, seine Familie sei noch am Leben, stimmte. Aber er machte sich auch große Sorgen. Wer würde sie aus ihrem eisigen Schlaf befreien?
Lange versank sein Geist in einem Abgrund verzweifelter Hoffnungslosigkeit, ehe er die historischen Dateien weiter erkundete.
Zweite Stufe: Stationierung der Scaythen auf den von Menschen besiedelten Welten. Die Meister-Creatoren schickten zunächst etwa hundert Scaythen auf die bedeutendsten Planeten der Konföderation von Naflin. Zu diesem Zweck bedienten sie sich wieder der Xaxas, einerseits weil sie keinen Verdacht erregen wollten, indem sie die gestrandeten Raumschiffe reparierten, andererseits weil ihnen die Deremats noch nicht zugänglich waren. Auch wenn sie auf künstlichem Weg Körper herstellen und wieder auflösen konnten, waren sie jedoch nicht in der Lage, eben diese Körper durch die Kraft ihrer Impulsion durchs All zu transportieren, die Tele- oder Psychokinese konnte allein von den Urmenschen oder den Menschen praktiziert werden, die einen direkten Bezug zur Schöpfung hatten. Sie sahen sich also gezwungen, die Dienste der Hüterin der Pforte und deren Kreaturen in Anspruch zu nehmen. Die ersten hundert Scaythen bekamen individuelle Namen und wurden von den Xaxas im Jahr 7157 des Standardkalenders der Konföderation von Naflin auf die Welten des Zentrums gebracht. Sie waren, sind und bleiben von dem primitiven Hass geprägt, der ihnen von der DNA jener Frau implantiert wurde. Einige Exemplare unter ihnen hatten unerwartet beträchtliche Schwierigkeiten, sich an menschliche Gepflogenheiten anzupassen. Manchmal reagierten sie auf ihre Gesprächspartner gewalttätig. Vielleicht weil diese sich als ihnen überlegen betrachteten und versuchten, die Scaythen zu ihren Sklaven zu machen.
So geschah es, dass das Hyponeriarchat vorübergehend die Kontrolle über diese atypischen Keimlinge verlor. Diese Gruppe von Scaythen lehnte sich auf, und da ihnen Waffen nichts anhaben konnten, massakrierten sie Tausende Einheimische. Dann gelang es dem Hyponeriarchat, die Gruppe aufzulösen und neu zu formatieren. Denn das Ziel bestand nicht darin, die Menschen zu töten, weil viele Völker an die Seelenwanderung glaubten. Wären sie getötet worden, ohne dass vorher ihre schöpferische Kraft ausgelöscht war, wären sie in neuer Gestalt an anderen Orten im All wieder aufgetaucht.
Von diesen ersten hundert Scaythen blieben immerhin zehn übrig, die sich in die Regierung Bella Syracusas infiltrieren konnten, eines der bedeutendsten Planeten der Konföderation. Dort wurde sie als Spione eingesetzt, die ihre Erkenntnisse per Telepathie übermittelten. Sie sammelten eine Unmenge an Daten, die Eingang in die Wahrscheinlichkeitsberechnungen fanden und es den Meister-Creatoren erlaubten, ihre Analysen in psychologischer, soziologischer, ethnologischer, historischer und wissenschaftlicher Hinsicht erheblich zu verfeinern.
Auf diese Weise wurden dann in den Matrix-Bottich integrierte Deremats konstruiert, die den menschlichen Konstruktionen tausendfach überlegen waren.
Dritte Stufe: endgültige Stationierung der Scaythen-Armee und fortschreitende Kontrolle über das menschliche Gehirn. Sowohl innenpolitisch als auch in ihren außenpolitischen Beziehungen zu anderen Planeten verließen sich die Syracuser immer mehr auf die Scaythen. Die Gesandten vom Planeten Hyponeros wurden zu den alle fünf Jahre stattfindenden Generalversammlungen der Konföderation, den Asmas, eingeladen, und sie drangen in die Gehirne der Smellas, der geistigen Hüter der Institutionen ein. Die Scaythen erkannten, dass die Smellas eine Methode entwickelt hatten, in der Psyche der Menschen zu lesen, und auf diese Weise die Absichten der Herrschenden im Voraus kannten und dementsprechend deren Pläne vereiteln konnten. Also dienten sie sich der Herrscherfamilie Ang auf Syracusa als Gedankenhüter an. Der Smella Sri Mitsu, einer der letzten drei Großmeister der Inddikischen Wissenschaft, war ein hellsichtiger Mann und misstraute den Machtgelüsten der Ang-Familie. Als er den Scaythen den Zutritt zu der Asma verwehren wollte, wehrte sich die syracusische Delegation heftig gegen diesen Vorschlag …
Vierte Stufe: Nominierung des Scaythen Pamynx zum Konnetabel und Aufschwung des mentalen Gedankenschutzes. Im Jahr 8104 des Standardkalenders ernannte der Seigneur Arghetti Ang den Keimling Pamynx, einen Scaythen der oberen Ränge, zum Konnetabel Syracusas. Mit diesem Akt bestätigte der Herrscher nur die Effizienz der Wahrscheinlichkeitsberechnungen des Hyponeriarchats.
Geschichte: Scaythen der höheren Ränge = Nach einer gewissen Zeit erwiesen sich gewisse Scaythen brauchbarer als andere. Eine rationale Erklärung für dieses Phänomen fand das Hyponeriarchat nicht. Aber es profitierte von dieser Entwicklung und installierte eine Rangordnung.
Die Scaythen der oberen Ränge oder die Exekutanten wurden seitdem damit beauftragt, andere Keimlinge zu überwachen, und unter gewissen Umständen wurde ihnen eine gewisse Autonomie zugebilligt. Während der Amtsführung des Konnetabels Pamynx, der gleichzeitig Exekutant der vierten und fünften Stufe des Plans war, wurden die Scaythen, die als Gedankenleser, Gedankenhüter – die ehemaligen telepathischen Spione – oder Gedankeninquisitore operierten, immer zahlreicher. Zehntausend – der Wahrscheinlichkeitsrechnung nach die ideale Zahl – Keimlinge der In-Creatur wurden nach und nach auf der Erde eingeschleust und konnten unbemerkt ihr zerstörerisches Werk innerhalb der Konföderation von Naflin beginnen. Der Wahrscheinlichkeitsrechnung nach musste sich der Konnetabel Pamynx die Unterstützung der Kirche des Kreuzes sichern, um dem Ziel näher zu kommen, weil religiöse Fanatiker ein Zerstörungspotenzial besitzen, das sich absolut mit den Interessen der In-Creatur deckt.
Außerdem bewirkten der gnadenlose Machthunger der Ang-Familie und der Fanatismus der Kirche eine Staatsform der Unterdrückung. Das waren die beiden ersten großen Erfolge des Konnetabels Pamynx …
Fünfte Stufe: Auseinanderbrechen der Konföderation, Zerstörung des Ordens der Absolution und Inthronisierung eines Tyrannen. Im Jahr 8149 starb der Herrscher Arghetti Ang und sein ältester Sohn, Ranti Ang, folgte ihm auf den Thron. Doch um die Konföderation auseinanderbrechen zu lassen, stützte sich Pamynx auf dessen jüngeren Bruder Menati Ang, Oberbefehlshaber der Armee und der Interlisten, um die Konföderation zu zerstören und ein universales zentralistisches Regime zu errichten. Deshalb musste er zuerst den Orden der Absolution besiegen, den geheimen Garanten aller Institutionen.
Die Krieger und Ritter des Ordens beherrschten die Grundregeln der Inddikischen Wissenschaft, hatten aber keinen Zugang mehr zu ihren Quellen als Urmenschen. Um sein Ziel zu erreichen, schloss Pamynx einen Bund mit den Pritiv-Söldnern, ehemalige Ritter des Ordens, die zu Renegaten geworden waren und die er hauptsächlich für die Schmutzarbeit einsetzte.
Doch als seine schärfste Waffe sollte sich die Kenntnis über gewisse Bräuche des Volkes der Ameurynen erweisen, der Ureinwohner Terra Maters. Es waren deren Todesgesänge, ein Bestandteil der Inddikischen Wissenschaft. Denn diese Gesänge der Ameurynen bildeten das Basiswissen der Scaythen, mit dem diese eine Technik entwickelten, ihre Gegner allein auf mentale Weise zu töten.
Der Keimling Harkot, ein Keimling, der absichtlich atypisch konzipiert wurde, um menschliche Verhaltensweisen besser ergründen zu können, war als Erster fähig, diese tödlichen Schwingungen auszusenden, die in einem menschlichen Gehirn irreversible Schäden hervorrufen. Dann gelang es Pamynx, den Smella Sri Mitsu zu entmachten und ihn von einem Gericht zu lebenslangem Exil zu verurteilen, weil er wegen seiner Homosexualität schuldig gesprochen wurde.
Schließlich gelang es dem Konnetabel, die alle fünf Jahre stattfindende Asma auf Syracusa stattfinden zu lassen. Am Vorabend der Versammlung ließ Pamynx Sri Alexu, den Zweiten Großmeister der Inddikischen Wissenschaften, ermorden, aber er ließ dessen Tochter, Aphykit, entkommen. (Aus Fahrlässigkeit, weil er die Wahrscheinlichkeitsrechnung nicht in Betracht gezogen hatte?)
Dann drang ein Trupp Scaythen in Gestalt von Gedankenhütern in den Palast ein, wo die Asma stattfinden sollte. Sie töteten alle Herrscher, Minister und die Smellas der Konföderation. Daraufhin begaben sie sich auf den Planeten Selp Dik, wo sie die Ritter der Absolution besiegten, die damals ohne Leitung waren, da vierzig Jahre zuvor der dritte Meister der Inddikischen Wissenschaft, Mahdi Seqoram ermordet worden war.
Um das Planziel zu vollenden, befahl der Konnetabel seinem Meisterschüler Harkot, Ranti Ang zu töten, und bereitete die Inthronisierung von Menati Ang vor, der im Jahr 8169 des Standardkalenders oder im Jahr 1 des Ang-Imperiums Imperator wurde. Die nun zur Staatsreligion proklamierte Kirche des Kreuzes führte immer mehr mentale Inquisitionen durch.
Auch wenn Tixu Oty, ein kleiner Angestellter des InTra, und Aphykit Alexu auf unerklärliche Weise durch die Maschen des Netzes geschlüpft waren, drängte die In-Creatur darauf, so schnell wie möglich die sechste Stufe des Plans zu realisieren …
Geschichte: Tixu Oty, kurzer Lebenslauf = Oranger, seit frühester Jugend durch die Welten vagabundierend, bis er Angestellter des InTra auf Zwei-Jahreszeiten wurde. Nichts ließ vermuten, dass er ein Adept der Inddikischen Wissenschaft werden würde. Er wurde nicht nur von den Riesenechsen im Fluss Agripam verschont, er entkam auch dem Inspobot auf Zwei-Jahreszeiten. Und aller Wahrscheinlichkeit nach befreite er Aphykit Alexu aus dem Kloster der Absolution während der Schlacht von Houhatte. Das Hyponeriarchat verlor seine Spur, bis Seneschall Harkot ihn auf Terra Mater entdeckte und die Operation Martide-Kervaleur ins Leben rief.
Anmerkung zur Geschichte: Tixu Oty hat sich aus freien Stücken im Matrix-Bottich aufgelöst. Aus welchen Gründen, haben die Meister-Creatoren nicht eruiert. Der Mahdi von den Hymlyas ist vermutlich jener Störfaktor, der dafür verantwortlich ist, dass das von den Meister-Creatoren entwickelte Destruktionsprogramm mangels ungenügender Kommunikation noch unzureichend arbeitet. Empfohlene Vorgehensweise: präzises Erforschen von Tixu Otys Vita, Geburt, Kindheit, Jugend, Vaterschaft …
Sechste Stufe: Harkot, der atypische Keimling, wurde zum Exekutanten der sechsten Stufe des Großen Plans. Wie vorgesehen, steigerte er seine mentalen Fähigkeiten und entwickelte sich zu einem Basisexemplar für das Programm der Auslöschung. Wie ebenfalls vorgesehen, geriet er mit Pamynx in eine Konfliktsituation. Er intrigierte bei dem Muffi der Kirche und dem Imperator Menati, worauf der Konnetabel in Ungnade fiel und er selbst zum Seneschall ernannt wurde. Das Hyponeriarchat befahl ihm, die Methode der mentalen Auslöschung im gesamten Universum zu verbreiten und überall anzuwenden. Als atypischer Keimling reagierte er zunächst affektiv, d. h. er verweigerte den Befehl, beugte sich ihm aber, als er mit Auflösung bedroht wurde. Er ließ die Wachtürme der Gedanken errichten. Und er schulte die Scaythen der höheren Ränge mit dem Ziel, deren mentales Potenzial zu maximieren. Harkot jedoch weigerte sich, wichtige Informationen weiterzugeben. Er bewahrte sie in einem Geheimspeicher auf, der dem Hyponeriarchat nicht zugänglich war. Wenn sein Verhalten auch ermöglichte, das Funktionieren der menschlichen Götter besser zu verstehen, barg es gleichzeitig Unwägbarkeiten, und die In-Creatur beschloss, die Hauptspeicher umzuprogrammieren.
Geschichte: Wachturm der Gedanken = Der Wachturm der Gedanken ist für die Menschen ein universelles Symbol der Unterdrückung. Bei untereinander geführten Kriegen sperrten Supermächte von jeher die Besiegten in Lager ein, die sie mit Wachtürmen kontrollierten. Die Methode des Errichtens von Wachtürmen breitete sich während des Krieges der Gedanken auf Terra Mater (der Erde) – eines mörderischen Konflikts zu Beginn der Eroberung des Weltraums – überall aus.
Siebte Stufe: Wahrscheinlichkeitsberechnungen des Matrix-Bottichs ergaben, dass es Zeit sei, das Dritte Konglomerat zu gründen, ein Konglomerat, das in der Lage sein würde, Matrix-Bottiche auf Syracusa herzustellen und durch sie Gedankenhüter in Auslöscherscaythen umzuformatieren. Das Hyponeriarchat befahl die Verschmelzung der Keimlinge Pamynx und Harkot. Der Konnetabel lebte bereits länger als sechzehn Jahre in einem Verließ des ehemaligen Herrscherpalastes. Pamynx’ verborgene Implantate wurden in das Cerebrum von Harkot integriert, füllten die künstliche Leere und stimulierten seinen Hass auf die Menschheit. Der Seneschall bediente sich des Vikariats der Kirche des Kreuzes und flüsterte seinen Vertretern ein, den inzwischen außer Kontrolle geratenen Muffi XXIV. zu ermorden und ihn durch den jungen Kardinal Fracist Bogh zu ersetzen, der wegen seines Fanatismus, seiner Unnachgiebigkeit und Glaubenstreue als idealer Pontifex galt …
Geschichte: Fracist Bogh = Marquisatiner. Sohn einer Wäscherin. Mit fünfzehn Eintritt in die Schule der Heiligen Propaganda, wo er durch seinen Eifer und seine Intelligenz die Aufmerksamkeit des Kardinal-Gouverneurs Domir de Ghar erregte. Im Jahr 8 des Ang-Imperiums setzte er sein Studium in Venicia fort und war derart brillant, dass er im Alter von einunddreißig Jahren zum jüngsten Kardinal in der Geschichte des Kreuzes ernannt wurde. Ein bemerkenswerter Erfolg für einen Paritolen (Nicht-Syracuser). Im Jahr 16 wurde er zum Gouverneur auf den Planeten Ut-Gen berufen. Unter seiner äußerst repressiven Regierung wurden Millionen Quarantäner des Nord-Terrariums der Hauptstadt Anjor vergast. Obwohl Marquisatiner, wurde er als Kandidat (weil anpassungsfähig) vom Vikariat zum Nachfolger des Muffis gewählt. Nachdem ihm ein Gedankenauslöscher ein spezifisches Programm ins Gehirn implantiert hatte, erdrosselte er seinen Vorgänger und wurde dann zum Pontifex gewählt. Im Jahr 17 des Ang-Imperiums trat er unter dem Namen Barrofill XXV. sein Amt an.
Anmerkung: Muffi Barrofill XXV. ist wie sein Vorgänger unkontrollierbar geworden. Ist es ihm gelungen, eine Verbindung zwischen der Religion und der Inddikischen Wissenschaft herzustellen? Oder gehört er zu jenen Urmenschen? Wie auch immer, er stellt einen Unsicherheitsfaktor dar und somit eine Gefahr für den Großen Plan, ebenso wie der Mahdi Shari von den Hymlyas und der Utgenier Jek At-Skin, und muss so schnell wie möglich eliminiert werden.
Eine Welle der Freude durchfuhr Tixus Geist. Seit über sieben Jahren hatte er keine Nachricht mehr von Shari bekommen, seit dieser zu seiner Reise aufgebrochen war. Wenn das Hyponeriarchat ihn nun als gefährlichen Feind betrachtet, muss er die Inddikischen Annalen entdeckt haben, überlegte Tixu. Aber ich weiß nicht, wer Jek At-Skin ist und kann mir nicht vorstellen, warum die Meister-Creatoren den Muffi der Kirche des Kreuzes vernichten wollen. Wie sind sie zu dem Schluss gekommen, dass die Religion des Kreuzes mit der Inddikischen Wissenschaft in Verbindung steht?
Geschichte: Shari Rampouline = Ureinwohner Terra Maters und letzter Abkömmling des Volkes der Ameurynen. Es ist noch immer ein Geheimnis, wie er der Zerstörung von Exod, der Vulkanstadt der Einheimischen, entkommen konnte. (Durch eine den Urmenschen innewohnende Kraft? Oder eine Intervention des Hüters der Annalen, der die In-Creatur seit über fünfzehntausend Jahren bekämpft?) Obwohl die Existenz dieses Menschen seit ungefähr zehn Jahren Stoff von Legenden auf allen Planeten war, zögerte das Hyponeriarchat lange, den so genannten Shari der Hymlyas als real zu betrachten – ein Beweis, dass er über außerordentliche Fähigkeiten bezüglich der Geheimhaltung verfügt. Das Hyponeriarchat konnte ihm erst auf die Spur kommen, als es das Gehirn von Oniki Kay – eine Thutalin vom Planeten Ephren – ausforschte, die der Mahdi im Kloster schwängerte. Nun Vater eines Knaben namens Tau Phraïm geworden, verschwand er wieder für drei Jahre, bis er kürzlich erneut auf Syracusa in Erscheinung trat.
Anmerkung: Shari Rampouline und Jek At-Skin haben letzte Nacht, den 8. Cestius, versucht, Aphykit Alexu, ihre Tochter und die zwei Jersaleminer zu befreien. Zwei Codes der kryogenischen Reanimation sind ihnen in die Hände gefallen, denn die Sicherheitsvorkehrungen des Seneschalls Harkot erwiesen sich als nicht effizient genug (was die Wahrscheinlichkeit erhöht, den Keimling Harkot sofort aufzulösen). Obwohl Shari Rampouline von einem Kryo-Strahl getroffen wurde, konnten die beiden fliehen, und …
Unterbrechung: Neues zur aktuellen Lage vom Seneschall Harkot …
Sofort schaltete Tixu auf die Freie Zone um, wo die von außen kommenden Nachrichten eintrafen. Diese von den Keimlingen abgesandten Informationen hatten eine viel niedrigere Frequenz als Interna und bildeten eine Kakophonie, ein äußerst missklingendes Durcheinander, das erst von den Sensoren des Konglomerats in eine kohärente Sprache umgewandelt werden musste. Tixu war immer wieder erstaunt über die Fähigkeiten von Hyponeros, mit den Keimlingen anderer Welten zu kommunizieren. Es war in dieser Technik viel effizienter als die Menschen, wenn es darum ging, das Pontenzial ihres Geistes zu nutzen.
›Vom Außenkonglomerat an die beiden Konglomerate der zwei Matrix-Bottiche: Die letzten Personen, die den Mahdi Shari von den Hymlyas und den Utgenier Jek At-Skin gesehen haben, sind Palastdiener und Spaziergänger. Nach einer letzten mentalen Inquisition steht fest, dass Shari Rampouline sehr wohl von einem kryogenisierenden Strahl getroffen wurde, es Jek At-Skin aber gelang, ihn wiederzubeleben, ehe die Ordnungskräfte eintrafen. Seitdem sind beide unauffindbar.‹
›Sind sie in den Besitz der Codes gelangt?‹
›Wie bereits mitgeteilt, besitzen sie zwei von vier Codes.‹
›Nein. Die Codes dienten der Täuschung. Ich trage die vier gültigen Codes bei mir.‹
›Vorsicht, Drittes Konglomerat: atypische Reaktionen, Sie müssen uns exakte Daten liefern, wenn wir Sie mit unserer Wahrscheinlichkeitsberechnung unterstützen sollen. Sonst droht Ihnen die Auflösung und eine neue Konditionierung. ‹
›Das VIII. Gesetz des Hauptspeichers besagt, dass ein Konglomerat nicht aufgelöst werden kann.‹
›Befehl der In-Creatur: Jede Entität, ob im Singular oder Plural, die eine Bedrohung für seine universale Herrschaft darstellt, wird aufgelöst. Dieser Befehl hebt das VIII. Gesetz der Hauptspeicher auf.‹
Obwohl das Zögern des Hyponeriarchats nur den tausendstel Bruchteil einer Sekunde gedauert hatte, war es Tixu nicht entgangen. Er fragte sich, ob der Grund für diese Reaktion nicht in den Cachespeichern zu finden sei, zu denen er aber keinen Zugang hatte. Eine Intuition ließ ihn vermuten, dass die Meister-Creatoren einen Plan ausgearbeitet hatten, zu dem die In-Creatur und die Hauptspeicher ebenfalls keinen Zugang hatten, und dass der renitente Seneschall Harkot eine wichtige Rolle in diesem geheimen Projekt spielte.
›Wieder eine atypische Reaktion, Drittes Konglomerat!‹
›Ihre Reaktion ist ebenfalls atypisch. Warum lösen Sie nie den Impuls zur Auflösung aus, mit dem Sie mich schon seit vier Standardjahren bedrohen?‹
Das erneute Zögern der Meister-Creatoren bestärkte Tixu in seinem Vorhaben, in die Cachespeicher einzudringen. Vielleicht entdecke ich dort die Schwachstelle von Hyponeros, dachte er, und finde einen Weg, Shari und seinen Mitstreitern zu helfen, Aphykit und Yelle zu befreien.
›Der Wahrscheinlichkeitsberechnung nach werden Shari Rampouline – nennt ihn nicht Mahdi, Drittes Konglomerat, diese Bezeichung stammt aus der Semantik des Wahren Wortes, und das Wahre Wort besitzt ein kreatives Potenzial – und Jek At-Skin einen neuen Versuch unternehmen, diese beiden Codes in ihren Besitz zu bringen oder vielmehr die beiden Objekte, die sie für die Codes halten.‹
›Das II. Gesetz des Hauptspeichers besagt, dass wir keinerlei Züge des Wahren Wortes in uns tragen und auf die Welt der Materie keinen Einfluss ausüben können. Wir können zwischen dem Schöpfer und seiner Schöpfung nicht intervenieren, denn wir sind nur künstliche Implantate. ‹
›Diese Art der Rede klingt nostalgisch, Drittes Konglomerat. Aber das ist nicht das Problem. Unsere Rolle besteht darin, der In-Creatur so schnell wie möglich zur Macht zu verhelfen, das ist alles.‹
›Euer Einfluss auf mich, Meister-Creatoren, ist minimal. Denn solange der Mensch Tixu Oty in dem Bottich bleibt, werden Sie es nicht wagen, mich aufzulösen.‹
›Sie irren sich, Drittes Konglomerat. Wir haben nur die Impulse der Restrukturierung vorübergehend eingestellt. Wie weit sind Sie mit dem Muffi gekommen?‹
›Er hat eine kleine Armee um sich geschart und sich in seinen Gemächern regelrecht verbarrikadiert. Wir wollen sein Domizil am 11. Cestius, also in drei Tagen, stürmen, mit zwei Bataillonen Pritiv-Söldnern und etwa tausend Interlisten, die mit mumifizierenden Waffen ausgerüstet sind.‹
›Fürchten Sie keinen Aufstand der Venicianer?‹
›Die Frage ist überflüssig.‹
›Fürchten Sie keinen Aufstand der Venicianer?‹
›Einerseits haben die Auslöschungen das Risiko einer Revolte der menschlichen Bevölkerung auf null reduziert, andererseits haben die Venicianer nur einen Wunsch: den Marquisatolen, den Pontifex von seinem Thron zu jagen.‹
›Welches Schicksal haben Sie ihm zugedacht?‹
›Das habe ich bereits mitgeteilt. Sollte er während der Kämpfe nicht den Tod finden, muss er sich vor dem Sondertribunal verantworten und wird zum Tod am Feuerkreuz verurteilt.‹
›Uns hätte eine weniger drastische Lösung besser gefallen. Denn dieser Tod ist keine Lösung für das Problem Menschheit.‹
›Das Argument wurde bereits geliefert. Das Auslöschungsprogramm wirkt bei dem Muffi nicht. Also sehe ich mich gezwungen, ihn physisch zu zerstören. Auf jeden Fall werden die Inddikischen Annalen ebenfalls ausgelöscht werden, ehe er Zeit hat, in einem anderen Körper wie derzukehren.‹
›Das ist im Moment nur eine Wahrscheinlichkeit, Drittes Konglomerat. Bisher wissen wir noch nicht, was aus den Seelen – dem Hauch des Lebens – von Sri Mitsu, Sri Alexu, dem Mahdi Seqoram und Barrofill XXIV. geworden ist. Vielleicht sind sie in anderen Gestalten wiedergekehrt, Formen, die wir nicht kennen. Denn von ihren Körpern getrennte Seelen stellen einen extrem hohen Risikofaktor dar.‹
›Ein solcher Wahrscheinlichkeitsfaktor kann vernachlässigt werden, Meister-Creatoren. Nichts beweist, dass es so etwas wie eine Seelenwanderung gibt.‹
›Eine solche Hypothese würde bedeuten, den Inddikischen Annalen keine Bedeutung beizumessen.‹
›Was wissen wir über die Inddikischen Annalen? Nichts außer Legenden, die sich auf die Schöpfung des Universums beziehen. Wenn wir aber das Prinzip der Transmigration als gegeben betrachten, müssen wir ebenso die menschlichen Traditionen in Betracht ziehen, und in den meisten von ihnen wird die Seelenwanderung als Bestandteil der Ewigkeit angesehen. Können wir das als eine Quantifikation betrachten? Das ist nachzuprüfen. Unser Risiko, von der Seele Barrofill XXV. in unserem Vorhaben gestört zu werden, ist minimal, um nicht zu sagen gleich null.‹
›Wenn dem so ist, warum werden dann die Körper von Aphykit Alexu, ihrer Tochter und den zwei Jersaleminern in tiefgefrorenem Zustand aufbewahrt?‹
›Das ist eine erstaunliche Frage von Konglomeraten des Matrix-Bottichs.‹
›Warum werden diese Körper konserviert?‹
›Um Shari Rampouline und Jek At-Skin – die beiden letzten Urmenschen – dazu zu bewegen, sie zu befreien. Würden sie das für Tote machen?‹
›Sind Sie sicher, Drittes Konglomerat, dass Shari Rampouline und Jek At-Skin die letzten Urmenschen sind?‹
Jetzt zögerte Harkot mit der Antwort.
›Präzisieren Sie Ihre Frage, Meister-Creatoren.‹
›In allen Mythen der Menschen, von denen Sie vorher sprachen, wird auf den Pfad zu den Inddikischen Annalen hingewiesen. Überwachen Sie die relevanten Kommunikationswege aufs Sorgsamste, Drittes Konglomerat. Die Menschheit wird sich nicht ohne Kampf ersetzen lassen.‹
›Ersetzen? Ist das der passende Terminus?‹
›Wir betrachten derartige Wortspielereien bereits als atypisches Verhalten, das allein schon die Auflösung rechtfertigt. ‹
Tixu bewegte sich nicht länger in den verschiedenen Dateien, sondern konzentrierte sich auf die Suche nach den Caches von Hyponeros. Mehr konnte er im Augenblick nicht tun, denn das Hyponeriarchat hatte ihm die Restrukturierung unmöglich gemacht. Also konnte er sich nicht auf Syracusa rematerialisieren, um Shari vor der Falle zu warnen, die Seneschall Harkot ihm gestellt hatte.
Als er die Dateien durchstöberte, stieß er auf einige, die er nicht öffnen konnte. Bei jedem Versuch sah er sich mit dem Nichts konfrontiert, was auch immer er unternahm, um dieses Hindernis zu überwinden.
Dann änderte er seine Strategie. Er stabilisierte sich vor einer Datei und mobilisierte seine ganze mentale Kraft, um sich Zutritt zu dem Geheimprojekt der Meister-Creatoren zu verschaffen. Langsam verlor er das Bewusstsein seines Ichs, seiner Menschlichkeit. Er bestand nur noch aus Verstand, einer Datei, die mit einer anderen Datei konfrontiert war. Nur das in ihm noch leise vibrierende Antra verhinderte, dass er mit dem Mechanismus von Hyponeros verschmolz.
In den Matrix-Bottichen herrschte abolute Stille.