ANGST VOR MÄNNERN
(Androphobie)
Frauen fürchten sich vor Männern, überall und immer. Davor, dass sie vergewaltigen, schlagen, grölen oder kochen. Im letzten Lebensdrittel allerdings drehen sie den Spieß um (siehe: Angst vor dem Altern) und lehren die Männer das Fürchten.
Die Angst vor dem Mann ist oftmals unbegründet, wie so viele Bedrohungsgefühle hält sie einer rationalen Betrachtung nicht stand. Von klein auf gelten Jungs völlig zu Unrecht als furchterregend, als gewalttätig und aggressiv. Ihre Mütter und ihre Kindergärtnerinnen interpretieren jedenfalls den Bewegungsdrang der maskulinen Kleinkinder als Form von Gewalt und befürchten, zum Opfer dieser brutalen Vierjährigen zu werden. Dementsprechend wird pädagogisch falsch darauf reagiert: Anstatt die Buben bis zur Erschöpfung im Kreis ums Haus laufen zu lassen, zwingt man sie dazu, im Kuschelraum zu sitzen und beim Vorlesen von Geschichten über die Hopi-Indianer und deren vegetarischen Pazifismus zuzuhören. Das empfinden Jungs jedoch als Unterdrückung ihrer – zunächst gegen nichts und niemanden gerichteten – Motorik. Wird diese ihre Vitalität aber nicht besser kanalisiert, bricht sie dann eines Tages unkontrolliert aus und äußert sich nicht selten tatsächlich in Gewalt. Die Erzieherinnen haben recht behalten. Das nennt man »Self-Fulfilling Pedagogy«.
Männliche Gewalt richtet sich statistisch gesehen zumeist nicht gegen Frauen, sondern gegen Gegenstände, wie Bushaltestellen oder Bayern-Fans. Diese erschrecken sich nur nicht so schön. Und arbeiten nicht im Kindergarten. Wie viele sanfte, sensible Hermann-Hesse-Leser wir aber hervorbrächten, wie viel Sachschäden auch an öffentlichem Eigentum vermieden werden könnte, wenn das Erziehungspersonal in Kindergärten und Grundschulen a) besser qualifiziert und b) männlicher wäre, ist noch nicht erforscht.
Ebenso wie vor der körperlichen Überlegenheit des Mannes fürchten sich Frauen vor seiner Unberechenbarkeit und seinem Starrsinn. Hat er sich einmal etwas vorgenommen, wird er es tun, so sinnlos es auch ist. Das Leben eines Mannes ist eine Mission. Selbst, wenn er nicht mehr genau weiß, worum und wohin es geht: Er zieht es durch. Insbesondere Ehefrauen und Mütter können davon ein Lied singen: Kein Mann bringt aus dem Supermarkt mit, wozu er geschickt wurde. Aber er hat den Einkauf in Rekordzeit erledigt und ist auch noch stolz darauf, weil er glaubt, das wäre das Ziel gewesen. Oder er verschwindet grußlos für Monate im Bastelkeller, kehrt dann feierlich zurück, hat aber trotz der vielen aufgewendeten Zeit nur die Hälfte der Baumhausteile fertig zugesägt. Diese stellt er dann über den Winter in den Garten und lässt sie dort verrotten, um im nächsten Sommer von vorne zu beginnen. Auch weigert sich der Mann auf Reisen grundsätzlich, Landkarten oder Stadtpläne zu benutzen, besteht aber auf seinem Platz am Lenkrad (siehe: Angst vor dem Beifahrersitz). Er zieht es vor, mitsamt seiner gesamten Familie am Rande der vermeintlichen Abkürzung eines jämmerlichen Hungertodes zu sterben, bevor er sich die Blöße gibt, jemanden um Hilfe zu bitten. Und damit die eigene Inkompetenz zu zeigen.
Aber auch die alleinstehende Frau kann sich vor Männern fürchten – und vor dem höheren Auftrag, in dem diese unterwegs sind. Dazu muss sie nur einen Handwerker bestellen. Liebe Leserinnen: Es ist erniedrigend genug, dass Sie die Leitung oder das Gerät nicht selbst reparieren können. Weitaus schlimmer aber ist es, noch nicht einmal zu verstehen, wovon der mit dreistündiger Verspätung eingetroffene Mann im Kittel dann da redet. Und ohnmächtig dabei zusehen zu müssen, wie dieser angeblich gelernte Tischler, Schlosser oder Klempner Ihre vier Wände in Schutt und Asche legt. Vor allem, da diese Herren das noch nicht einmal gründlich tun, sondern zumeist nur teilweise. Um noch mindestens zweimal wiederkommen und erneut Unsummen für weitere Anfahrten in Rechnung stellen zu können. Der eigentliche Sinn der Sache ist aber, liebe Leserinnen, dass Sie dadurch Zeit gewinnen, um sich die weiteren Schritte männlicher Destruktion bis zum nächsten Besuch des Handwerkers im Detail ausmalen zu können.
Das gleiche Prinzip gilt beim Autokauf: Hier wird keine Frau vom Händler auch nur ansatzweise ernst genommen, sondern nur auf perfide Weise erniedrigt. Zunächst wird ihr natürlich absolute Inkompetenz unterstellt. Dann versucht man, ihr die allerletzte Schrottkarre überteuert anzudrehen. Wenn sie mit diesem röchelnden stinkenden Metallsarg – natürlich!! – nach zwei Tagen schon wiederkommt, wird das als Bestätigung dafür interpretiert, dass Frauen nichts von Autos verstehen und diese innerhalb von Stunden zerstören. Zum anderen wird latent vermittelt, dass sie sich das selber zuzuschreiben hat, weil sie als Frau zwar Autohaus und Werkstatt betreten darf, aber gefälligst einen Mann mitbringen sollte – im eigenen Interesse. Wenn sie das nicht tut, hat sie offenbar keinen. Dann muss sie wohl lesbisch sein, hässlich oder eine nervensägende Schreckschraube. Oder alles zusammen. In jedem Falle hat sie keinen richtigen Wagen verdient.
Vor dieser grundlos herrischen Art, in der Männer sich die Welt untertan machen, kann man sich in der Tat fürchten. Was nicht passt, wird passend gemacht – oder zumindest wird es versucht. Da das in den seltensten Fällen gelingt, verliert man allerdings seinen Respekt ziemlich schnell, je mehr man mit Männern zu tun hat. Von weitem wirken Männer weitaus bedrohlicher. Daher empfehlen wir Ihnen: Halten Sie sich von uns fern, liebe Frauen!