5. Kapitel

Warhammer: Galcen Nearspace
Galcen: Refugium

Überall auf der Hammer schrillte der Alarm, als Jessan zur oberen Geschützkuppel lief und sich anschnallte.

Er überprüfte die Verschlüsse ein zweites Mal und stellte sicher, dass in der Kuppel alles entweder festgeschnallt oder versiegelt war, einschließlich der Klappen über seinen Taschen. Da der Captain einen Hang zu extremer Beschleunigung hatte und dabei keine Rücksicht auf die Schiffsmaschinen nahm, war lauter herumfliegendes Zeug, das einem in die Quere kam, das Allerletzte, was ihre Bordschützen jetzt gebrauchen konnten.

Er zog sich das Headset für den Bordfunk über und schaltete es an. »Geschütz Eins bereit.«

Wie ein Echo hörte er nun über seinen Ohrstöpsel die Stimme LeSoits: »Geschütz Zwei bereit.«

»Alle Geschütze bereit halten«, ertönte die Stimme des Captains über die Verbindung aus dem Cockpit. »Ich leite eine sehr schnelle Realspace-Attacke ein. Beim Austritt sind Schiffe am verwundbarsten … im Hyperraum können sie die Schirme nicht hochfahren. Also werde ich ein bisschen Empfangskomitee spielen.«

Im Cockpit der Warhammer fuhr Beka inzwischen noch mehr Energie auf die Realspacemaschinen. Gut, dass es vorher die Hyperraumaggregate gewesen sind, die überhitzt waren, dachte sie. Ich würde nicht wagen, die Hammer so zu beanspruchen wie jetzt, wenn es die Realspacemaschinen gewesen wären.

Immer noch waren der Hauptscreen und alle Anzeigemonitore von Magierschiffen übersät, die aus dem Hyperraum auftauchten – leichte Kreuzer, schwere Schlachtkreuzer, Zerstörer und riesige schwarze Schlachtschiffe, aus denen nach ihrem Austritt sofort Jäger quollen. Ein Alarm piepste. Eines von den Hunderten von Kriegsschiffen hatte seine Waffensysteme hochgefahren und die Warhammer gescannt. Beka zog die Schilde auf der zugewandten Seite hoch.

Die Mustererkennung des Navigationssystems zwitscherte. Die Computer hatten seit ihrem Austritt aus dem Hyperraum, als Beka die Basis Prime als Ziel eingegeben hatte, die galcenischen Daten ausgewertet. Die Geräusche der Konsole signalisierten, dass das System etwas gefunden hatte.

Beka nahm sich das LG-Komm, wählte die Inspace-Frequenz und schaltete auf maximale Sendeleistung.

Hoffentlich hört da unten jemand zu, dachte sie, denn mehr als eine Warnung gibt es nicht.

»An alle Stationen, an alle Stationen«, sagte sie. »Hier spricht die RMV Warhammer. Dies ist keine Übung. Kriegsschiffe der Magier sind in das System eingedrungen. Ich wiederhole. Kriegsschiffe der Magier sind in das System eingedrungen. Raumangriff auf Galcen.«

Plötzlich zeigte der Frequenzscanner an, dass die LG-Übertragungen zunahmen. Sie konnte die Codes der SpaceForce nicht alle verstehen, aber viele Transmissionen in dem besonderen Quietschen verschlüsselter und zerhäckselter Hochgeschwindigkeitsübertragungen kamen über die Scanner.

Über Bordfunk meldete sich Jessan: »Captain … Flugobjekte geortet. Es sind verdammt viele und wahnsinnig nah. Und sie senden keine Identifikation.«

»Unter Feuer nehmen.«

Eine Impulskanone schickte farbige Lichtkaskaden vor ihr quer durch den Weltraum, während sie die Warhammer dorthin zurückdrehte, wo die Magierschiffe immer noch aus dem Hyperspace austraten. Der Sensormonitor auf der Konsole gab Warnsignale: Außerhalb der optischen Reichweite traten noch mehr Schiffe aus.

Wie viele Jahre haben die Magier an dieser Flotte gebaut, ohne dass wir davon wussten?, fragte sie sich. Wenn ich jemals den Kerl erwische, der ihnen Pläne und Bauteile der SpaceForce überlassen hat, dann bringe ich ihn persönlich um und schicke Dadda seinen Kopf in einem Körbchen.

»Dranbleiben!«, sagte sie laut. »Feuer frei.«

»Erfasst. Ich nehme sie unter Feuer«, funkte Jessan. Wie üblich klang seine Stimme mitten im Kampf locker und fast entspannt. »Aber soweit ich sehe, sind wir hier die einzigen Guten in der Gegend. Du willst dir die gesamte magische Kriegsflotte doch wohl nicht im Alleingang vornehmen, oder?«

»Das wäre eine Möglichkeit«, antwortete Beka, hielt ein wachsames Auge auf etwaige Meldungen anderer Schiffe und drehte Spiralen, um die Zielerfassungen abzuschütteln. »Aber ich will die nächsten zwanzig Minuten überleben – denn in der SpaceForce gibt es jemanden, den ich aufspüren und für diese Sache hier umbringen möchte.«

»Tut mir leid«, antwortete Jessan. »Das hatte ich schon vor.«

»Na gut. Aber im Moment müssen wir den Austrittspunkt der Magierschiffe für unsere lokalen Verteidigungskräfte markieren. Es reicht, wenn wir dafür mit unseren Energiewaffen feuern.«

»Du weißt, dass das gefährlich ist.«

»Das ging mir auch schon durch den Kopf, ja sicher«, antwortete sie. Wieder ertönte der Alarm der Feuerkontrolle: »Dranbleiben.«

Von der Geschützkuppel Eins fegten Energiestrahlen auf einen leichten Kreuzer der Magier, der gerade seinen Austritt aus dem Hyperraum abgeschlossen hatte. Eine Gasschwade zog aus dem Schiff, als der Treffer mindestens eine Kammer des Kreuzers dem Weltraumvakuum öffnete.

»Guter Schuss«, kommentierte die Stimme LeSoits aus Kuppel Zwei, bevor auch die untere Kanone den Kreuzer traf. »Aber ich wünschte, wir hätten ein paar Raketen.«

»Wenn wir das hier überleben, dann kauf ich dir eine als Souvenir«, versprach Beka. »Aber leg erst mal mit allem los, was du dahinten zur Verfügung hast – beschädige oder zerlege so viele von ihnen, wie du kannst, und halte sie davon ab, zu dicht heranzukommen.«

Von einem der luftleeren Planeten im Galcensystem stieg ein Feuerball in die Weite des Raums; er traf und zerstörte eines der magischen Schlachtschiffe. Einen Augenblick später leuchteten auf der Planetenoberfläche gelbe Explosionen auf.

»Raketenabschüsse. Verbündete«, meldete Jessan über Funk.

»Es sieht so aus, als ob jetzt die lokalen Verteidigungskräfte übernehmen.«

Beka checkte die Statusanzeigen. »Die Sensoren zeigen, dass sich ein republikanisches Schlachtschiff im Anflug befindet, von dem schon Jäger starten. Und ein zweites Schlachtschiff manövriert sich zwischen die Magier und Galcen. Aber es sind nur zwei. Das reicht nicht.«

Inzwischen belegten die Strahlenwaffen der galcenischen Außenverteidigung den Sternenhaufen mit rotem und gelbem Feuer. Weitere Explosionen blähten sich im Vakuum auf. Und immer noch kamen Wellen um Wellen magischer Kriegsschiffe aus dem Hyperraum, während sich die Kriegsschiffe, die bereits im System angelangt waren, auf den Weg nach Galcen machten.

»Ich habe zwei Ziele auf meinem Schirm markiert«, kommentierte LeSoit aus Kanonenkuppel Zwei. »Könnt ihr sie sehen?«

»Ich habe sie erfasst«, antwortete Beka. »Was ist mit ihnen?«

»Sie haben es verdammt eilig, irgendwo hinzukommen.«

»Das ist mir aufgefallen«, sagte Beka. »Ich werde ihnen folgen und herausfinden, was sie vorhaben.«

Sie programmierte einen Ausweichkurs, um hinter einem Jäger zu bleiben, der ihren Kurs kreuzte, und sorgte dafür, dass sich das Trägheitsnavigationssystem der Warhammer den Weg nach Prime merkte. »Und jetzt komm, Baby, zeig mir, wie schnell du bist.«

Über Bordfunk konnte sie mithören, wie es in den Geschützkuppeln zwischen Jessan und LeSoit hin- und herging:

»Da kreuzt einer an deiner Seite.«

»Hab ihn!«

»Gute Arbeit.«

Die beiden klangen freundlicher als je zuvor; Beka schüttelte den Kopf und richtete ihre Aufmerksamkeit nach vorn. Direkt vor den vordersten Magierschiffen entstand so etwas wie eine Verzerrung, etwas Verschwommenes war vor dem Kreisrund Galcens und in der Vergrößerung auf ihrem Schirm zu sehen.

Wo habe ich so was schon mal gesehen? Jetzt erinnere ich mich! Der Prof hatte seinen alten magischen Erkundungsflieger unter so etwas wie einer Tarnkappe verborgen, als wir uns nach Darvell eingeschmuggelt hatten.

Sie schaltete auf Bordfunk: »Sie benutzen getarnte Schiffe. Die erste Welle ihrer Schiffe befindet sich schon hinter dem galcenischen Verteidigungsgürtel. Ich werde das überprüfen.«

»Hast du ihren möglichen Kurs?«, fragte Jessan über Funk.

Sie schielte seitlich zum Navigationscomputer; ihr Hauptaugenmerk galt der Schildintegrität und den Anzeigen der Antriebsfunktionen. »Warten, Eins. Galcen Prime. Sie werden gleich in die Atmosphäre eintauchen.«

»Was ist dort?«

»Vielleicht wollen sie die planetaren Verteidigungssatelliten ausschalten.«

Sie sprach noch, als ein Dutzend oder mehr Lämpchen ihrer Konsole orange zu blinken begannen. »Ziele geortet. Anfliegende Drohnen.«

Sie drückte eine Taste auf der Konsole. »Störfrequenzen einschalten. Nyls, Ignac – feuert auf die Drohnen, aber nur auf die Drohnen, und nur dann, wenn es so aussieht, als würden sie uns treffen. Ich will nicht, dass die Jungs in den getarnten Schiffen merken, dass ich hinter ihnen her bin.«

»Auf die Drohnen feuern, aye«, bestätigte Jessan, und LeSoit echote: »Auf die Drohnen feuern.«

Beka leitete noch mehr Energie in die Realspacetriebwerke. Gleichzeitig hörte sie die Diskussionen der beiden Männer in den Geschützkuppeln.

»Achtung!«

»Ich hoffe mal, dass das eine Drohne war, denn ich habe es gerade abgeschossen.«

»Auch wenn es keine Drohne war, dann war es auf jeden Fall verdammt nah. Mach dir darüber keine Gedanken.«

Sie lachte in sich hinein. Die beiden spinnen doch! Dabei behielt sie allerdings die Sensordaten im Auge. Schon bald wurde klar, auf welches Ziel es die getarnten Schiffe abgesehen hatten. Sie fluchte laut.

»Was ist los, Captain?«, fragte Jessan.

»Irgendjemand auf der Seite der Magier denkt wirklich voraus«, antwortete sie. »Prime und Südpolar haben gerade Kurierschiffe losgeschickt – und zwar alle, über die sie verfügen, wie es scheint. Die schweren Schiffe der Republik müssen bleiben und kämpfen, aber die Kuriere können in den Hyperraum springen und die Neuigkeiten verbreiten. Wenn diese getarnten Schiffe sie nicht vorher erwischen.«

Beka fütterte die Daten aus den Navicomps in die Zielerfassungssysteme der Bordkanonen. »Alles klar, Leute. Ich habe Ziele für euch. Große Distanz. Auf euren Visieren markiert.«

»Ich sehe nichts«, sagte LeSoit.

»Sie sind getarnt«, antwortete sie. »Aber sie steuern auf die Absprungpunkte von Galcen zu. Genauso wie die Kuriere. Die haben keine Kanonen, aber wir. Also sollten wir ihnen mal Deckung geben.«

Wieder ertönte der Alarm.

»Verdammt«, sagte sie. »Noch mehr Drohnen. Lasst von jetzt an die Schilde mit ihnen fertigwerden, und spart eure Schüsse für die Magier auf.«

Sie flog jetzt über der Belastungsgrenze.

Viel schneller kann ich das Schiff nicht machen, dachte sie. Nicht ohne die Sache für Nyls und Jessan in den Kuppeln zu vermasseln. Aber ich kann Energie in die Schilde geben und die Drohnen daran hindern, mir die Maschinen wegzusprengen.

»Achtung«, sagte sie. »Feuer frei.«

Vor ihnen wurde plötzlich ein schlankes schwarzes Schiff sichtbar. Ein zweistrahliger Energieimpuls wurde auf einen Abfangkurs zum Kurierschiff gefeuert.

»Mistkerle«, sagte sie. »Nyls, Ignac – holt ihn euch!«

»Kanone Nummer eins feuert«, lautete die Antwort, als die Energiestrahlen herausblitzten; »Kanone Nummer zwei feuert«, erklang es wie ein Echo.

Im nächsten Moment spürte Beka, wie eine schnelle Serie von Explosionen auf die Schiffshülle hämmerte, während Raketen von einem der Magierschiffe einschlugen. Über Funk meldete sich LeSoit: »Captain, erbitte Erlaubnis, auf anfliegende Raketen zu feuern.«

»Abgelehnt. Weiter auf das Schiff feuern.«

Über die Konsolensteuerung legte sie das Schiff auf die Seite, damit das untere und das obere Geschütz beide ein freies Schussfeld auf das Ziel bekamen. »Schadensbericht: Außenhülle beschädigt und offen zum Vakuum. Aber die Schilde über den Maschinen halten. Wir schaffen es.«

Vor sich sah sie vier Kuriere im Formationsflug, die auf einen Sprungpunkt zusteuerten. Beka übernahm ihren Kurs und ihre Geschwindigkeit in den Navicomp der Hammer. »Richtung Gyffer, oder?«, murmelte sie zwischen den Zähnen, als die Daten ausgewertet waren. »Schöner Ort. Gyffer. Gute Werften. – Keine Sorge. Ich werde dafür sorgen, dass ihr durchkommt.«

Die Warhammer schloss dichter auf. Ein neu hinzugekommener Alarm steigerte die Kakophonie noch, als es die Hammer plötzlich schüttelte. Im nächsten Augenblick beschleunigte sie wieder.

»Was war das?«, hörte sie Jessan LeSoit über Bordfunk fragen.

»Die Verteidigungssatelliten wissen nicht, dass wir Freunde sind.«

»Kümmert euch nicht um die Verteidigungssatelliten«, schrie Beka ins Mikrofon. »Überlasst das den Schirmen. Feuert weiter auf die verdammten getarnten Magierschiffe.«

Eines der Kurierschiffe explodierte, die anderen änderten ihren Kurs und flogen Ausweichmanöver. Beka schüttelte den Kopf.

»Auf diese Weise kommen sie nie weg. Das ist doch genau das, was die Magier wollen: sie vom Sprung abhalten. Ich werde mich an ihre Spitze stellen und den Weg freimachen.«

»Schaffst du das?«, fragte LeSoit. »Diese verdammten Dinger bestehen doch fast nur aus Antrieb.«

»Genau wie ich. Beschützt sie.« Sie schaltete sich eine externe Kommverbindung frei. »SpaceForce-Kuriere – hier spricht Commander Rosselin-Metadi von der Warhammer. Ich werde Ihnen Deckung geben. Kurs und Geschwindigkeit beibehalten. Sprung vorbereiten. Machen Sie das jetzt!«

Die Kanonen der Warhammer nahmen noch eines der plötzlich enttarnten Magierschiffe unter Feuer. Die Kriegsschiffe passten ihre Geschwindigkeiten den Kurieren an, als die republikanischen Schiffe ihren Kurs begradigten und nochmals den Sprunganlauf starteten. Beka flog mit der Hammer Spiralen, um sich zwischen die verbliebenen Kuriere und die Magier zu schieben. Die Impulskanonen der schwarzen Schiffe spuckten Feuer, und ihre Energiestöße zogen so helle Spuren durch die Dunkelheit, dass die Sterne hinter ihnen verblassten. Die Kanonen der Warhammer schnitten zur Antwort Linien aus blendendem Licht quer durch den Raum.

Einer der Kuriere setzte sich ab und verzerrte den Raum rings um das Schiff, als er den Übergang in den Hyperraum schaffte. Ein anderer explodierte, getroffen von einer Drohne. Dann sprang das dritte Kurierschiff und verschwand im Hyperraum.

Beka wandte sich ab, um nach weiteren Kurieren Ausschau zu halten, denen sie vielleicht Geleitschutz geben konnte. In ihren Ohren dröhnten die Stimmen im Bordfunk.

»Drohnen, ganz nah!«

»Ziel erfasst.«

»Feuer.«

»Noch vier im Anmarsch.«

Unter ihnen explodierte ein Energiesatellit im Orbit. In weiter Ferne zerbrach ein Zerstörer der SpaceForce, Blitze zuckten aus seinen Trümmern.

»Ich glaube, unsere Seite verliert«, sagte LeSoit. »Zeit, dass wir verschwinden.«

»Zum Teufel damit«, antwortete Beka. »Wir haben noch immer Antrieb und Kanonen.«

Ein paar Sekunden später knallte eine Explosion ins Heck, und der Druckverlust löste Alarm aus. Die Energieanzeige der Kontrollkonsole meldete den Ausfall der Waffensysteme.

»Nyls, Ignac. Bericht!«

»Ich bin noch da«, meldete Ignac, einen Moment später aber meldete Jessan: »Die Kanonen reagieren nicht mehr. Ich versuche, sie zu überbrücken.«

Eine Pause. »Sekundärenergie verfügbar. Passt. Wir sind wieder oben.« Noch während er sprach, schossen Energieblitze aus der oberen Kanonenkuppel – Beka beobachtete, wie sie in einen Jäger der Magier einschlugen. Die Transporter der Kriegsflotte mussten durchgekommen sein und setzten jetzt Raum- und Atmosphärenflieger ab. Dann schüttelte ein anderer schwerer Treffer die Warhammer. Sie ächzte bedenklich. Beka brauchte diesmal gar nicht erst auf die Sensoranzeigen zu schauen. »Schilde getroffen«, sagte sie. »Wir haben was abgekriegt.«

»Wie schlimm ist es?«, erkundigte sich Jessan aus der unteren Kuppel.

»Schlimm – die Schadenskontrollkonsole zeigt, dass noch mehr Kammern offen zum Vakuum sind und dass die hinteren Schilde nur noch fünfzig Prozent Leistung bringen. Der obere Schild fährt sporadisch hoch und wieder runter. Außerdem entlädt sich die Sekundärenergie rasch.«

»Noch so einer und wir sind erledigt«, sagte Jessan. »Wir können uns nicht schützen, und wir können auch nicht schießen. Ich stimme Gentlesir LeSoit zu: Es wird Zeit, dass wir hier ganz schnell verschwinden.«

»Zumindest war es das wert, ein paar Treffer einzufangen, wenn dadurch die Kuriere wegkommen«, meinte Beka und räumte dann ein: »Aber wenn wir jetzt hierblieben, könnten wir nichts anderes tun, als zu sterben, so wie die Übrigen alle.«

Einen Moment lang blieben ihr die Worte im Halse stecken, dann fing sie sich wieder und fuhr fort: »Absprunganlauf eingeleitet. Schießt den Weg frei. Und los geht’s.«

Auf dem Wachtturm des Refugiums breitete sich die Abendkühle aus. Ungerufen, so schien es, kam ein Novize mit dunklen Wollmänteln für Ochemet und Meister Ransome und verschwand dann wieder geräuschlos. Es war tief in der Nacht, diamanten leuchteten die fernen Sterne.

Nach Ochemets Chronometer war eine Stunde vergangen, bis Ransome erneut das Wort ergriff. Seine Stimme klang erschöpft und auf unbestimmte Art tieftraurig.

»Jeder muss dem Weg folgen, den er sich selbst gewählt hat. Eine Zeitlang glaubte ich, dass mich auf diesem Teil meines Weges mein alter Freund und Captain Jos Metadi begleiten würden. Jetzt sehe ich, dass es nicht so sein wird. Aber Sie werden mich begleiten.«

Das ist die merkwürdigste Einladung zum Tanz, die ich jemals gehört habe, dachte Ochemet. Er schluckte und befeuchtete seine Lippen. »Welchen Weg meinen Sie?«

»Die Zeit ist gekommen, um wieder gegen die Magier zu kämpfen … und diesmal bis zu ihrer kompletten Vernichtung.«

»Davon werden Sie den Großen Rat niemals überzeugen«, antwortete Ochemet. »Die Magierwelten sind seit Jahrzehnten am Boden.«

Ransome schüttelte den Kopf. »Wir werden wieder Pilot und Kopilot sein und gegen sie kämpfen.«

Ochemet überlief es kalt. Manche Leute behaupteten, Adepten könnten in die Zukunft sehen. Dass man sie nicht verstehen kann und auch nie konnte, meinten andere; sie betrachteten die Dinge aus einer so verdrehten Perspektive, dass sich alles, was sie sagten, vollkommen verwirrt anhörte.

»Der Gedanke ehrt mich«, sagte er zu dem Gildemeister. »Aber das ist leider nicht sehr wahrscheinlich.«

»Wie Sie meinen.«

Wieder herrschte Schweigen. Wenn er sich später an ihr Gespräch erinnerte, würde Ochemet einfallen, wie der Adept unter dem schwarzen Mantel seine Schultern hochzog und seinen Kopf drehte, bevor einen Augenblick später das plötzliche Aufleuchten eines blau-weißen Lichtes einen neuen Stern am südlichen Himmel aufgehen ließ.

Jetzt aber konnte er an nicht anderes denken, er war nur erstaunt und hörte die Stimme von Meister Ransome: »Um das zu sehen sind Sie hergekommen.«

Ochemet war schon auf dem Weg zu den Treppen.

»Was wir da gerade gesehen haben, war der Energiesatellit Zwei. Er ist explodiert«, rief er über seine Schulter. »Ich muss nach Prime zurück.«

Ransome bewegte sich flink, und die Hand, die er auf Ochemets Arm legte, hatte genug Nachdruck, um den General aufzuhalten.

»Ich fürchte, das ist unmöglich«, sagte er sanft. »Das Refugium wurde abgeriegelt. Wir werden die Magier auf eine andere Art bekämpfen, als Sie sich das im Augenblick vorstellen können.«

Der Adept wandte sich fort, verschwand in der Dunkelheit und ließ Ochemet sprachlos und allein auf dem Turm zurück. Er blickte in den Himmel hinauf, während die Nachtstunden verrannen. Als der Morgen dämmerte, schoss mit leuchtendem Flammenschweif ein Meteor über den Himmel: Der Energiesatellit Zwei verglühte beim Wiedereintritt in die Atmosphäre.

Aber mehr als das sah und hörte der General nicht.