23
Stellen Sie sich neben Ihre Betten!« befahl Brough mit starrem und verkniffenem Gesicht.
Der King schoß einen vernichtenden Blick zu Max hinüber, der an diesem Abend Wache gestanden hatte. Max hatte versagt. Er hatte ›Polypen‹ gesagt und die Japaner gar nicht bemerkt. Wenn er ›Japsen‹ gesagt hätte, dann wäre ein anderer Plan benutzt worden.
Peter Marlowe versuchte aufzustehen. Das Stehen verstärkte seinen Brechreiz, deshalb taumelte er zu des King Tisch und lehnte sich dagegen.
Yoshima blickte zu dem Geld auf dem Tisch. Brough hatte es bereits bemerkt und war zusammengezuckt. Grey hatte es bemerkt, und sein Pulsschlag hatte sich beschleunigt.
»Wo ist das Geld her?« fragte Yoshima.
Es herrschte eine ungeheure Stille.
Dann schrie Yoshima: »Wo ist das Geld her?«
Der King starb innerlich. Er hatte Shagata gesehen und wußte, daß Shagata nervös war, und der King wußte, daß er um Haaresbreite von der Utramstraße entfernt war. »Es ist Spielgeld, Sir.«
Yoshima ging die ganze Baracke hinab, bis er vor dem King stand. »Nicht vom Schwarzmarkt?« fragte er.
»Nein, Sir«, antwortete er und zwang sich zu einem Lächeln.
Peter Marlowe spürte, wie ihm das Erbrechen in den Hals stieg. Er sackte schwer zusammen, stürzte fast und hatte die Augen nicht mehr in der Gewalt. »Kann – ich mich – bitte setzen?« fragte er.
Yoshima sah die Baracke hinab und bemerkte die Armbinde. »Was sucht ein englischer Offizier hier?« Er war überrascht, denn seine Informanten hatten ihm berichtet, daß nur sehr wenig Verbindung mit den Amerikanern bestünde.
»Ich – war eben – auf Besuch …« Aber Peter Marlowe konnte nicht weiterreden. »Entschuldigung …« Er schwankte zum Fenster und erbrach sich.
»Was ist mit ihm los?« wollte Yoshima wissen.
»Ich glaube – es ist Fieber, Sir.«
»Sie«, wandte Yoshima sich an Tex, »setzen Sie ihn auf den Stuhl da drüben.«
»Jawohl, Sir«, sagte Tex.
Yoshima sah wieder auf den King. »Wie kommt ohne Schwarzmarkt so viel Geld zusammen?« fragte er ölig.
Der King fühlte deutlich die auf ihn gerichteten Blicke und fühlte das erdrückende Schweigen und fühlte den Diamanten in seinem Innern und fühlte Shagata an der Tür. Er räusperte sich. »Einfach, wir haben – unsere Moneten für das Kartenspielen gespart!«
Yoshimas Hand flog hoch, landete klatschend in des King Gesicht und warf ihn rückwärts. »Lügner!«
Der Schlag schmerzte eigentlich nicht, schien aber gleichzeitig ein tödlicher Streich zu sein. Mein Gott, sagte der King zu sich, ich bin tot. Das Glück hat mich verlassen.
»Hauptmann Yoshima.« Brough begann durch die Baracke auf Yoshima zuzugehen. Er wußte, es hatte keinen Sinn, eine Einmischung zu versuchen – vielleicht machte er damit alles nur noch schlimmer –, aber er mußte es versuchen.
»Halten Sie den Mund!« fuhr Yoshima ihn an. »Der Mann lügt. Das wissen alle. Stinkiger Yankee!«
Yoshima kehrte Brough den Rücken zu und sah zum King auf. »Geben Sie Ihre Wasserflasche her.«
Wie im Traum holte der King seine Feldflasche vom Wandbrett und reichte sie Yoshima. Der Japaner schüttete das Wasser heraus, schüttelte die Flasche und spähte hinein. Dann warf er sie auf den Boden und ging zu Tex. »Ihre Wasserflasche!«
Peter Marlowes Magen revoltierte von neuem. Was ist mit den Wasserflaschen, schrie sein Hirn. Werden Mac und Larkin durchsucht? Und was geschieht, wenn Yoshima nach meiner fragt? Er würgte und taumelte zum Fenster.
Yoshima ging durch die ganze Baracke und untersuchte jede Feldflasche. Schließlich blieb er vor Peter Marlowe stehen.
»Ihre Wasserflasche.«
»Ich …«, begann Peter Marlowe, und wieder überwältigte ihn die Übelkeit, er knickte in den Knien ein und konnte nicht mehr reden.
Yoshima wandte sich an Shagata und fuhr ihn wütend auf japanisch an.
Shagata antwortete: »Hai.«
»Sie!« Yoshima zeigte auf Grey. »Gehen Sie mit dem Mann und dem Posten und holen Sie die Wasserflasche.«
»Jawohl.«
»Entschuldigung, Sir«, sagte der King schnell. »Seine Wasserflasche ist hier.«
Er griff unter sein Bett und zog eine Flasche heraus, seine Ersatzflasche, die er für ganz dringende Notfälle versteckt gehalten hatte.
Yoshima nahm sie. Sie war sehr schwer. Schwer genug, daß sie ein Rundfunkgerät oder Teil eines Rundfunkgerätes hätte enthalten können. Er zog den Korken heraus und hielt sie mit der Öffnung nach unten hoch. Ein Strom trockener Reiskörner rieselte heraus. Und rieselte so lange, bis sie leer und leicht war. Kein Rundfunkgerät darin.
Yoshima schleuderte die Flasche weg. »Wo ist das Radio?« schrie er.
»Es gibt keines …«, begann Brough und betete zu Gott, Yoshima möchte ihn nicht fragen, warum der Engländer, der hier zu Besuch war, seine Wasserflasche unter ein Bett schob.
»Halten Sie den Mund.«
Yoshima und die Posten durchsuchten die Baracke und vergewisserten sich, daß es keine weiteren Wasserflaschen gab, und dann untersuchte Yoshima nochmals alle Wasserflaschen.
»Wo ist das Wasserflaschenradio?« schrie er. »Ich weiß, daß es hier ist. Ich weiß, daß einer von euch es hat! Wo ist es?«
»Hier ist kein Radio«, wiederholte Brough. »Wenn Sie wollen, können wir für Sie die ganze Baracke abreißen.«
Yoshima erkannte, daß seine Information irgendwo falsch war. Diesmal war ihm nicht das Versteck gemeldet worden, sondern nur, daß es sich in einer Wasserflasche oder in Wasserflaschen befände und daß sich an diesem Abend einer der Leute, dem es gehörte, in eben diesem Augenblick in der amerikanischen Baracke aufhielte. Seine Augen blickten jeden an. Wer? Oh, er konnte sie natürlich alle zum Wachhaus hinaufmarschieren lassen, aber das würde nichts nützen – ohne das Radio nicht. Der General liebte keine Pannen. Und ohne das Radio …
Diesmal hatte er also versagt. Er wandte sich an Grey. »Sie unterrichten den Lagerkommandanten, daß sämtliche Wasserflaschen beschlagnahmt sind. Sie müssen noch heute abend im Wachhaus abgeliefert werden!«
»Jawohl, Sir«, antwortete Grey. Sein ganzes Gesicht schien nur aus Augen zu bestehen.
Yoshima erkannte, daß bis zum Zeitpunkt der Ablieferung der Wasserflaschen im Wachhaus diejenige oder diejenigen, die das Radio enthielten, vergraben oder versteckt sein würden, aber das schadete nichts – es würde die Suche leichter machen, denn das Versteck würde gewechselt werden müssen, und bei jedem Wechsel würden Augen zusehen. Wer hätte gedacht, daß man ein Radio in einer Wasserflasche unterbringen kann?
»Yankee-Schweine«, knurrte er. »Ihr glaubt wohl, ihr seid so klug. So stark. So groß. Haltet euch vor Augen: Dieser Krieg mag hundert Jahre dauern, wir werden euch besiegen. Selbst wenn ihr die Deutschen besiegt. Wir können allein weiterkämpfen. Ihr werdet uns nie besiegen, nie. Ihr werdet vielleicht viele von uns töten, aber wir werden noch viel mehr von euch töten. Ihr werdet uns nie erobern. Weil wir geduldig sind und uns nicht fürchten zu sterben. Auch wenn es zweihundert Jahre dauert – am Ende werden wir euch vernichten.« Dann stürmte er hinaus.
Brough drehte sich zum King um. »Von Ihnen sagt man, Sie wären auf Draht, und Sie lassen den Japsen-Bastard einfach in die Baracke marschieren, wo der ganze Zaster herumliegt. Sie haben es nötig, sich mal den Schädel untersuchen zu lassen.«
»Jawohl, Sir. Das habe ich wirklich verdammt nötig.«
»Und noch etwas. Wo ist der Diamant?«
»Welcher Diamant, Sir?«
Brough setzte sich. »Oberst Smedly-Taylor hat mich zu sich gerufen und mir erklärt, er sei von Hauptmann Grey informiert worden, daß Sie einen Diamantring haben, den Sie eigentlich gar nicht haben dürfen. Sie – und Leutnant Marlowe. Natürlich muß ich bei jeder Durchsuchung, die durchgeführt werden soll, dabeisein. Und ich habe nichts dagegen einzuwenden, daß Hauptmann Grey sucht, solange ich dabei bin. Wir wollten eben im Sturmschritt hierher, als Yoshima mit seinen Posten hereingestürzt kam und davon zu faseln begann, daß er diese Baracke hier durchsuchen wolle, einer besäße ein Radio in einer Wasserflasche – wie verrückt man doch werden kann! Grey und mir wurde befohlen, ihn zu begleiten.«
Jetzt, da die Durchsuchung überstanden war, dankte er Gott, daß es hier kein Radio in einer Wasserflasche gab, und er erkannte auch, daß Peter Marlowe und der King ein Teil des Radiounternehmens waren. Warum hätte sonst der King behauptet, daß eine amerikanische Feldflasche dem Engländer gehörte?
»Also gut«, sagte Brough zum King, »ziehen Sie die Kleider aus, Sie werden durchsucht. Und Ihr Bett und Ihre schwarze Kiste auch.« Er drehte sich um. »Ihr andern seid ruhig und spielt weiter.« Er sah wieder zum King hin. »Außer wenn Sie den Diamanten freiwillig herausrücken wollen.«
»Welchen Diamanten, Sir?«
Als der King sich auszukleiden begann, ging Brough zu Peter Marlowe hinüber. »Kann ich Ihnen irgendwie helfen, Peter?« fragte er.
»Nur Wasser.«
»Tex«, befahl Brough, »holen Sie Wasser.« Dann sagte er zu Peter Marlowe: »Sie sehen schrecklich aus. Was ist los?«
»Nur – Fieber – fühle mich elend.« Peter Marlowe ließ sich auf Tex' Bett zurücksinken und zwang sich zu einem matten Lächeln. »Der verdammte Japse hat mich zu Tode erschreckt.«
»Mich auch.«
Grey durchsuchte die Kleider des King und die schwarze Kiste und seine Regale und das Säckchen mit den Bohnen, und die Männer waren erstaunt, als die Durchsuchung nicht mit der Entdeckung des Diamanten endete.
»Marlowe!« Grey stellte sich vor ihn hin.
Peter Marlowes Augen waren blutunterlaufen, und er konnte kaum sehen. »Ja?«
»Ich möchte Sie durchsuchen.«
»Hören Sie, Grey!« sagte Brough. »Es ist Ihr gutes Recht, hier zu suchen, wenn ich dabei bin. Aber Sie haben kein Recht …«
»Schon gut«, unterbrach Peter Marlowe. »Es macht mir nichts aus. Wenn ich dagegen bin – glaubt er – nur … Helfen Sie mir.«
Peter Marlowe zog seinen Sarong aus und warf ihn zusammen mit den drei Zentimetern Geldscheinen auf ein Bett.
Grey untersuchte sorgfältig die Säume. Wütend warf er den Sarong wieder hin. »Wo haben Sie das Geld her?«
»Vom Glücksspiel«, antwortete Peter Marlowe und nahm seinen Sarong wieder an sich.
»Sie«, bellte Grey den King an. »Was ist damit?« Er hielt weitere drei Zentimeter Geldscheine hoch.
»Glücksspiel, Sir«, erklärte der King mit Unschuldsmiene, während er sich anzog, und Brough verbarg ein Lächeln.
»Wo ist der Diamant?«
»Welcher Diamant, Sir?«
Brough stand auf und ging zum Pokertisch hinab. »Scheint hier keinen Diamanten zu geben.«
»Wo ist dann das ganze Geld her?«
»Der Mann hat doch erklärt, daß es Spielgewinne sind. Es gibt kein Gesetz, das das Spielen um Geld verbietet. Natürlich halte auch ich nichts vom Glücksspiel«, setzte er mit dünnem Lächeln und auf den King gerichteten Augen hinzu.
»Sie wissen, daß das nicht möglich ist?« fuhr Grey auf.
»Es ist nicht wahrscheinlich, falls Sie das meinen sollten«, unterbrach Brough. Grey tat ihm leid – mit den todeshellen Augen, dem zuckenden Mund und den zittrigen Händen –, er tat ihm leid. »Sie wollten hier suchen, und Sie haben gesucht, und es gibt keinen Diamanten.«
Er brach ab, als Peter Marlowe auf die Tür zuzutorkeln begann. Der King erwischte ihn eben noch, bevor er stürzte.
»Ich werde Ihnen helfen«, erklärte der King. »Am besten bringe ich ihn zu seiner Baracke.«
»Sie bleiben hier«, bestimmte Brough. »Grey, vielleicht könnten Sie ihm helfen.«
»Wenn's nach mir geht, kann er auf der Stelle tot umfallen.« Greys Augen gingen zum King. »Das gleiche gilt für Sie! Aber erst, wenn ich Sie erwischt habe. Und das werde ich.«
»Wenn es Ihnen gelingt, breche ich ihm das Kreuz.« Brough sah den King an. »Klar?«
»Jawohl, Sir.«
Brough blickte wieder Grey an. »Aber solange Sie ihn nicht erwischen – oder solange er sich meinen Befehlen nicht widersetzt –, kann nichts unternommen werden.«
»Dann befehlen Sie ihm, mit den Schwarzmarktgeschäften aufzuhören«, erwiderte Grey.
Brough beherrschte sich. »Was tut man nicht alles für ein friedliches Leben«, antwortete er und fühlte die Verachtung seiner Leute und lächelte insgeheim. Verdammte Hunde. »Sie«, sagte er zum King. »Ich befehle Ihnen, mit Schwarzmarktgeschäften aufzuhören. Wie ich Schwarzhandel verstehe, bedeutet das den Verkauf von Lebensmitteln und Waren, überhaupt von allem, an eigene Leute – mit Gewinn. Sie dürfen nichts mit Gewinn verkaufen.«
»Handel mit Schmuggelware, das sind Schwarzmarktgeschäfte.«
»Hauptmann Grey, Verkaufen mit Gewinn an den Feind oder sogar Stehlen beim Feind sind keine Schwarzmarktgeschäfte. Ein wenig Handel kann nicht schaden.«
»Aber das ist gegen die Befehle!«
»Japsenbefehle! Und ich erkenne keine Befehle des Feindes an. Und es sind unsere Feinde.« Brough wollte mit dem Unsinn endlich Schluß machen. »Keine Schwarzmarktgeschäfte. Das ist ein Befehl!«
»Ihr Amerikaner haltet zusammen – das muß ich euch lassen.«
»Hören Sie mir damit auf. Ich habe an Yoshima eben genug für einen Abend gehabt. Niemand treibt hier Schwarzhandel oder verstößt gegen irgendwelche Gesetze, die wirkliche Gesetze sind – soweit ich weiß. Und damit Schluß. Wenn ich jemanden erwische, wie er etwas stiehlt oder Lebensmittel oder Medikamente mit Gewinn verkauft, breche ich ihm eigenhändig das Genick. Ich bin der rangälteste amerikanische Offizier, und das hier sind meine Leute, und mehr habe ich zu der ganzen Sache nicht zu sagen, verstanden?«
Grey starrte Brough an und gelobte sich, auch ihn in Zukunft zu beobachten. Verkommene Soldaten, verkommene Offiziere. Er drehte sich um und stelzte aus der Baracke.
»Helfen Sie Peter wieder ins Bett, Tex«, sagte Brough.
»Jawohl, Don.«
Tex nahm ihn auf die Arme und grinste Brough an. »Wie ein Baby, Sir«, sagte er und ging hinaus.
Brough starrte auf das Geld, das auf dem Tisch lag. »Tja«, machte er und nickte, als redete er mit sich selbst, »Glücksspiel ist nicht gut. Verdammt, gar nicht gut.« Er sah zum King auf und sagte katzenfreundlich: »Ich halte nichts vom Glücksspiel, Sie etwa?«
Paß gut auf, sagte der King zu sich. Brough hat den hinterhältigen Offiziersblick. Warum bekommen die gottverdammten Offiziere nur diesen Blick, und warum merkst du es immer und kannst die Gefahr schon auf zwanzig Schritte Entfernung riechen?
»Hmm«, brummte der King, bot Brough eine Zigarette an und reichte ihm Feuer, »vermutlich kommt es darauf an, wie man es ansieht.«
»Danke. Es geht doch nichts über eine ›Aktive‹.« Wieder sah Brough dem King fest in die Augen. »Und wie sehen Sie es an, Korporal?«
»Gewinne ich, sieht es gut aus. Verliere ich, sieht es weniger gut aus«, und in Gedanken setzte er hinzu: Du verdammter Hund, was führst du im Schilde?
Brough knurrte und blickte auf den Geldstapel vor dem Platz, an dem der King gesessen hatte. Unter nachdenklichem Nicken blätterte er die Scheine durch und behielt sie in der Hand. Alle. Seine Augen gingen zu den großen Stapeln vor jedem Platz. »In dieser Runde scheint jeder zu gewinnen«, meinte er nachdenklich, ohne sich an jemand bestimmten zu wenden.
Der King erwiderte nichts.
»Es sieht so aus, als könnten Sie sich eine Spende leisten.«
»Wie?«
»Jawohl, ›wie?‹, gottverdammt!« Brough hielt die Geldscheine hoch. »Etwa so viel. Für die gottverdammte Kasse. Für alle, Offiziere und Soldaten.«
Der King stöhnte. An die vierhundert Dollar. »Großer Gott, Don …«
»Glücksspiel ist eine schlechte Angewohnheit. Wie das Fluchen, gottverdammich. Sie spielen Karten, Sie könnten das Geld also auch einfach verlieren, und was hätten Sie dann? Eine Spende würde Ihre Seele für bessere Dinge retten.«
Versuch zu handeln, du Idiot, sagte der King zu sich selbst. Einige dich mit ihm auf die Hälfte.
»Mein Gott, ich würde ja so gerne …«
»Sehr gut.« Brough wandte sich an Max. »Sie ebenfalls, Max.«
»Aber, Sir …« begann der King hastig.
»Sie haben bereits Ihr Teil sagen können.«
Max bemühte sich, den King nicht anzublicken, und Brough sagte: »Sie haben recht, Max. Sehen Sie ihn sich an. Ein guter Mensch. Er hat eine Spende gegeben, verdammt, warum können Sie es dann nicht auch?«
Brough nahm drei Viertel der Banknoten von jedem Stapel weg und zählte schnell das Geld. Vor ihnen. Der King mußte untätig dasitzen und zusehen.
»Das macht sechs Wochen lang zehn Piepen je Mann und Woche«, erklärte Brough. »Am Donnerstag ist Zahltag. Ach ja. Max! Sammeln Sie alle Wasserflaschen ein und bringen Sie sie zum Wachhaus hinauf. Gleich jetzt!« Er stopfte das Geld in die Tasche und ging dann zur Tür. An der Tür kam ihm plötzlich ein Gedanke. Er zog die Banknoten noch einmal aus der Tasche und nahm eine einzige Fünfdollarnote weg. Die Augen auf den King gerichtet, warf er sie mitten auf den Tisch.
»Beerdigungsgeld.« Und sein Lächeln war engelhaft. »Nacht, Jungens.«
Im ganzen Lager war das Einsammeln der Wasserflaschen im Gange.
Mac und Larkin und Peter Marlowe saßen im Bungalow. Auf dem Bett lagen neben Peter Marlowe ihre Wasserflaschen.
»Wir könnten das Radio ausbauen und die Behälter in ein Bohrloch werfen«, schlug Mac vor. »Die verdammten Flaschen werden jetzt schwer zu verstecken sein.«
»Wir könnten sie so wie sie sind in ein Latrinenloch werfen«, sagte Larkin.
»Das meinen Sie doch nicht im Ernst?« fragte Marlowe.
»Nein, Kamerad. Aber ich habe es gesagt, und wir sollten jetzt gemeinsam entscheiden, was zu tun ist.«
Mac hielt eine der Flaschen hoch. »Vielleicht werden die anderen in ein oder zwei Tagen zurückgegeben. Wir können die Eingeweide der Flaschen nirgends besser verstecken, als sie jetzt versteckt sind.« Er blickte auf und sagte giftig: »Aber wer ist der Schweinehund, der es weiß?«
Sie starrten auf die Wasserflaschen.
»Ist es nicht Zeit, die Nachrichten zu hören?« fragte Peter Marlowe.
»Ja, mein Junge«, antwortete Mac und sah Larkin an.
»Einverstanden«, erklärte dieser.
Der King war noch wach, als Timsen zum Fenster hereinspähte. »Kamerad?«
»Ja?«
Timsen hielt ein Bündel Geldscheine hoch. »Wir haben die zehn, die du bezahlt hast.«
Der King seufzte, öffnete seine schwarze Kiste und zahlte Timsen, was er ihm schuldete.
»Danke, Kamerad.« Timsen kicherte. »Habe gehört, du hast mit Grey und Yoshima ein bißchen Schwierigkeiten gehabt.«
»Na und?«
»Nichts – nur schade, daß Grey den Stein nicht gefunden hat. Ich möchte nicht in deinen Schuhen stecken – und auch nicht in denen von Peter. Sehr gefährlich, stimmt's?«
»Der Teufel soll dich holen, Timsen.«
Timsen lachte. »Nur eine freundliche Warnung, stimmt's? Ach ja. Die erste Sendung Maschendraht liegt unter der Baracke, der Draht reicht für etwa hundert Käfige.« Er zählte einhundertzwanzig Dollar ab. »Ich habe die erste Sendung zu dreißig den Schlegel verkauft. Hier ist dein Anteil. Fünfzig – fünfzig.«
»Wer hat sie bekommen?«
Timsen zwinkerte ihm zu. »Nur Freunde von mir. Nacht, Kamerad.«
Der King ließ sich wieder auf sein Bett zurücksinken und sah nach, ob das Moskitonetz auch wieder stramm unter der Matratze steckte. Alle Sinne waren hellwach und hielten nach Gefahren Ausschau. Er wußte, daß er in den nächsten zwei Tagen nicht zum Dorf gehen konnte, und bis dahin würden viele Augen wachen und warten. In dieser Nacht schreckte er immer wieder aus dem Schlaf auf, und am nächsten Tag blieb er von Wachen umgeben in der Baracke.
Nach dem Mittagessen wurde plötzlich das Bungalowgebiet durchsucht. Dreimal kämmten die Posten die kleinen Räume durch, bevor die Suche abgeblasen wurde.
Bei Einbruch der Nacht schlich Mac zu den Latrinen und zog die drei Feldflaschen hoch, die an einer Schnur in einem der Bohrlöcher baumelten. Er säuberte sie, brachte sie zum Bungalow zurück und schloß sie an. Er, Larkin und Peter Marlowe hörten die Nachrichten und prägten sie sich ein. Später trug er die Flaschen nicht zu ihrem Versteck zurück, denn er wußte, daß er beobachtet worden war, so vorsichtig er auch gewesen sein mochte.
Alle drei entschieden, die Flaschen nicht mehr zu verstecken. Sie wußten – und das Wissen ließ sie nicht verzweifeln –, daß sie sehr bald erwischt werden würden.