Epilog

Diane joggte den Naturlehrpfad hinter dem Museum entlang. Sie machte am Ufer des kleinen Teichs halt, um eine Zeitlang den Schwänen zuzusehen. Die Sonne tat ihren nackten Armen gut. Es war ein wirklich harter Winter gewesen – zu viele Begräbnisse, zu viele zerstörte Leben, zu viele unbeantwortete Fragen.

Adler hatte die Nacht überlebt. Aber er hatte in dieser Kälte zwei Finger, drei Zehen und einen Großteil seiner Lebensgeister verloren. Er trat von seinem Stadtratsposten zurück und gab die Politik auf. Seine Familie versuchte, Diane die Schuld an seiner Nacht in der Kälte zu geben, aber die Aufzeichnungen der Notrufstelle konnten sie völlig entlasten. Garnett fand nie heraus, was genau zu diesem Irrtum geführt hatte.

Der Abteilung für ungelöste Fälle der Polizei von Indiana gelang es, das Leben der Rawsons zu rekonstruieren. Sie waren zu der Zeit, als die Sebestyens verschwanden, in Florida. Die Familie war zwar damals spurlos aus ihrem Haus in Indiana verschwunden, aber es gab vage Hinweise, dass sie im Sommer 1987 ein Haus am Strand in der Nähe von Ruby Torkel gemietet hatte. Allerdings konnten die Ermittler in beiden Staaten keine Spuren vergrabener Leichen finden. Diane vermutete, dass man sie mit dem Boot hinausgefahren und dann in die See geworfen hatte. Jin hoffte indessen, dass Juliets Erinnerungen wirklich nur mit Puppen zu tun hatten, dass die Sebestyens den Schatz gefunden hatten und es sich jetzt irgendwo unter einem neuen Namen gutgehen ließen.

Der Schatz. Diane schüttelte den Kopf und setzte ihren Lauf fort. Dieser Schatz war ihr inmitten dieser Tragödien immer als etwas besonders Bösartiges, aber auch absolut Nutzloses vorgekommen. Dies hatte sich ja dann auch später bestätigt.

Erst einmal hatte es Monate gedauert, um alle rechtlichen Voraussetzungen für die weitere Suche zu schaffen. Am Anfang hatte sich der Staat Florida geweigert, auf seine Rechte auf einen möglichen Schatz zu verzichten. Da es sich nach Meinung seiner Rechtsvertreter um altes spanisches Gold handeln müsse, stehe er automatisch diesem Staat zu. Sie versuchten sogar, Diane mit Rechtsmitteln dazu zu zwingen, ihnen die Geheimbotschaft zu übergeben. Allerdings gehörte ja die Puppe, in der diese Geheimbotschaft gesteckt hatte, Juliet Price und Ruby Torkel, was die Sache rechtlich noch weiter erschwerte.

Schließlich schloss der Staat Florida mit Juliet und ihrer Großmutter einen Vergleich, der festlegte, wie der Schatz später aufgeteilt werden sollte. Trotz des Einsatzes eines teuren bodendurchdringenden Radargeräts und dreier stämmiger Totengräber entdeckten sie dann an der in der Geheimbotschaft angegebenen Stelle nichts außer den sterblichen Überresten des Leander Llewellyn.

Niemand wusste, ob es jemals einen solchen Schatz gegeben hatte, ob schon zuvor jemand wie später Diane die echte Geheimbotschaft ausgetauscht hatte, ob jemand schon vor Jahren den Schatz gefunden hatte oder ob Leo Parrish nur ein Witzbold gewesen war. Nur eines wussten sie jetzt sicher: Alle diese Menschen – die Sebestyens, Archie Donahue, Catherine Reynolds und Burke Rawson – waren umsonst gestorben. Ebenso wie die 34 Personen in diesem Meth-Haus. Sie alle waren für absolut nichts gestorben. Diane beschleunigte ihren Lauf, um alle diese Geister abzuschütteln. Sie hoffte insgeheim, dass Jin recht hatte.