32. Kapitel
Die Antwort, welche Don Quixote seinem Tadler gab, nebst anderen ernsthaften und lustigen Vorfällen.
Don Quixote also erhob sich, zitterte vom Kopfe bis zu den Füßen, als wenn er Krämpfe hätte, und sagte mit hastiger und stotternder Sprache: »Der Ort, wo ich bin, und die Gesellschaft, in welcher ich mich befinde, sowie die Achtung, die ich immer vor dem Stande hatte und habe, zu welchem Ihr Euch bekennt, fesseln und binden mir die Hände meines gerechten Zorns. Deshalb also, als auch, weil ich das weiß, was alle wissen, daß die Waffen der Gelehrten dieselben sind, welche die Weiber gebrauchen, nämlich die Zunge, will ich die meinige zum gleichen Kampfe gegen Euch anwenden, von dem man eher freundlichen Rat als schändliche Schmähungen erwarten dürfte. Der erlaubte und gutgemeinte Tadel muß auf ganz andere Art und Weise gegeben werden; wenigstens habt Ihr dadurch, daß Ihr so öffentlich und hart mich tadeltet, alle Grenzen des erlaubten Tadels überschritten; denn dieser bedient sich lieber der Freundlichkeit als der Härte, und es ist nicht gut, jemand, ohne das Vergehen zu kennen, welches man tadelt, ohne weiteres einen Sünder, Dummkopf und Narren zu schelten. Ist dieses nicht der Fall, so sagt mir doch, um welche Narrheiten, die Ihr an mir gesehen, verdammt und schmäht Ihr mich also und ratet mir, mich nach meinem Hause zu begeben und es zu versorgen, sowie meine Frau und meine Kinder, ohne zu wissen, ob ich auch die eine oder die anderen habe? Ist es wohl genug, sich, ohne rechts und links zu sehen, in fremde Häuser zu begeben, um ihre Herren zu beherrschen, und nachdem man in den Schulen durch armselige Stipendien aufgezogen ist, ohne mehr von der Welt gesehen zu haben als zwanzig oder dreißig Meilen im Umkreise, sich unverschämterweise darein zu mengen, der Ritterschaft Gesetze vorzuschreiben und über die irrenden Ritter ein Urteil zu sprechen? Ist es denn vielleicht ein eitles Unternehmen oder eine übel angewandte Zeit, wenn man sie darauf verwendet, durch die Welt zu ziehen, keine von ihren Wollüsten suchend, sondern alle jene Bedrängnisse, durch welche die Tugendhaften zum Sitze der Unsterblichkeit gelangt sind? Hätten mich die Ritter für einen Narren gehalten, die Vornehmen, die Edelmütigen, die Hochgeborenen, so hätte ich es für einen unwiderruflichen Schimpf genommen; daß mich aber die Schriftgelehrten für albern halten, die niemals in die Fußtapfen der Ritterschaft getreten sind, kümmert mich nicht im geringsten, Ritter bin ich, und als Ritter will ich sterben, wenn es dem Allerhöchsten so gefällt. Einige wandeln auf dem weiten Felde des stolzen Hochmuts, andere gehen durch knechtische und niedrige Schmeichelei, andere durch betrügerisches Heucheln, wenige auf dem Pfade der wahrhaftigen Religion; ich aber, von meinem Gestirne geleitet, wandle auf der engen Bahn der irrenden Ritterschaft, in deren Ausübung ich zwar die Güter, aber keineswegs die Ehre verachte. Ich habe Beleidigungen gutgemacht, Ungeradheiten gerade, Unverschämtheiten bestraft, Riesen überwunden und Gespenster bekämpft. Ich bin verliebt, aber nicht weiter, als es die irrenden Ritter durchaus sein müssen, und deswegen bin ich kein lasterhaft Liebender, sondern einer der strenge platonischen. Meine Absichten habe ich immer auf gute Endzwecke gerichtet, nämlich allen gut und keinem Böses zu tun. Ob derjenige, der dieses will; ob derjenige, der so handelt; ob derjenige, der dieses ausübt, ein Narr genannt zu werden verdiene, das mögen Eure Hoheiten, mein durchlauchtiger Herzog und Herzogin, entscheiden.«
»Höchst vortrefflich, bei Gott!« sagte Sancho, »sagt nichts weiter, mein gnädigster Herr, zu Eurer Rechtfertigung; denn es ist weiter nichts zu sagen, oder zu denken, oder irgend in der Welt noch zu erinnern. Dieser Herr leugnet, daß es in der Welt irrende Ritter gibt, noch gegeben habe; aber was tut das, da er nichts von den Sachen versteht, wovon er spricht?«
»Vielleicht«, sagte der Geistliche, »seid Ihr, mein Freund, jener Sancho Pansa, dem sein Herr eine Insel versprochen haben soll?«
»Freilich bin ich der nämliche«, antwortete Sancho, »und ich verdiene sie wohl ebensogut als irgendein anderer. Ich bin einer, der sich zu den Guten hält und selber einer von ihnen werden wird; und ich bin einer von denen, von denen es heißt: ›Nicht mit wem du geboren, sondern von wem du erkoren, und wer an einen guten Baum sich stützt, wird auch durch guten Schatten gestützt.‹ Ich habe mich an meinem braven Herrn gestützt; und schon seit vielen Monaten bin ich in seiner Gesellschaft und werde ein zweiter Er werden, wenn es Gott gefällt. Und bleibe er nur leben und ich, so wird es ihm nicht an Königreichen fehlen, die er beherrscht, noch mir an Inseln, die ich regieren kann.«
»Wahrhaftig nicht, Freund Sancho«, sagte hierauf der Herzog; »denn ich übergebe Euch im Namen des Herrn Don Quixote die Statthalterschaft von einer, die ich unter etlichen andern besitze und die nicht unbedeutend ist.«
»Knie nieder, Sancho«, sagte Don Quixote, »und küsse Seiner Exzellenz die Füße für die Gnade, die sie dir erzeigt hat.«
Sancho tat es; als aber der Geistliche dies sah, stand er im äußersten Zorne vom Tische auf und sagte: »Vermöge des Kleides, welches ich trage, muß ich bekennen, daß Euer Exzellenz so albern sind wie diese Sünder. Es ist kein Wunder, daß sie närrisch sind, wenn die Klugen ihre Narrheiten autorisieren. Bleibe Euer Exzellenz in ihrer Gesellschaft; denn solange sie im Hause sind, werde ich mich in dem meinigen aufhalten und mir die Mühe sparen, das zu tadeln, was ich nicht bessern kann.« Ohne weiter etwas zu sagen oder noch zu essen, ging er fort, so daß die Bitten des herzoglichen Paares nicht vermögend waren, ihn zurückzuhalten, obgleich ihm der Herzog nicht viel sagte, woran ihn das Lachen verhinderte, welches sein übertriebener Ärger ihm erregt hatte.
Der Herzog hörte endlich auf zu lachen und sagte zu Don Quixote: »Euer Gnaden, der Herr Ritter von den Löwen, hat für sich schon so erhaben geantwortet, daß er weiter keine Genugtuung braucht über das, was zwar einer Beleidigung gleichsieht, es aber auf keine Weise ist, denn so wie Weiber nicht beleidigen können, können es auch die Geistlichen nicht, wie Ihr es besser wissen werdet als ich.«
»So ist es«, antwortete Don Quixote; »denn derjenige, der nicht beleidigt werden kann, kann auch keinen anderen beleidigen. Die Weiber, die Kinder und die Geistlichen, da sie sich nicht verteidigen können, wenn sie auch beleidigt werden, können nicht beschimpft werden; denn zwischen der Beleidigung und der Beschimpfung ist dieser Unterschied, wie Euer Exzellenz wissen wird. Die Beschimpfung kommt von einem, der sie geben kann, sie auch gibt und fortführt; die Beleidigung aber kann von jeglichem kommen, ohne daß sie beschimpft. Zum Beispiel, es geht einer sorglos auf der Gasse, zehn kommen mit bewehrter Hand und schlagen ihn; er zieht den Degen und tut seine Schuldigkeit, aber die Menge seiner Gegner hindert ihn, so daß er seine Absicht nicht durchführen kann, sich nämlich zu rächen. Ein solcher ist beleidigt, aber nicht beschimpft. Das nämliche wird ein anderes Beispiel bestätigen. Einer steht und der andere kommt hinter seinen Rücken und schlägt ihn, entflieht aber, indem er dies tut; jener verfolgt ihn, kann ihn aber nicht einholen. Derjenige, der die Schläge empfangen, hat eine Beleidigung empfangen, aber keine Beschimpfung; denn die Beschimpfung muß fortgesetzt werden. Wenn derjenige, der die Schläge gab, sie auch hinterrücks gegeben hätte, aber den Degen gezogen und geblieben wäre, indem er seinem Feinde die Stirn geboten, so wäre der Geschlagene zugleich beleidigt und beschimpft gewesen; beleidigt, weil man ihn verräterisch angefallen; beschimpft, weil derjenige, der es getan, das fortsetzt, was er getan hat, sich nicht fortmacht, sondern vor ihm stehenbleibt, so daß ich mich also, nach den Gesetzen des verwünschten Duells, für beleidigt, aber nicht für beschimpft halten kann. Denn Kinder haben keine Meinung und Weiber ebensowenig, sie dürfen weder flehen noch standhalten, ebenso die zur heiligen Religion Gehörigen; denn diese drei Arten von Menschen haben so wenig Angriffs- wie Verteidigungswaffen, und ob sie gleich von der Natur verpflichtet sind, sich zu verteidigen, so können sie es doch niemals dazu sein, irgendwen anzugreifen. Und ob ich gleich soeben gesagt habe, ich könnte mich für beleidigt halten, so sage ich doch jetzt, daß ich auf keine Weise dazu veranlaßt bin; denn wer keine Beschimpfung erleiden kann, kann sie noch weniger geben, aus welchen Ursachen ich genötigt bin, das nicht im mindesten übel aufzunehmen, was jener gute Mann gesagt hat. Ich wollte nur, daß er noch etwas verzogen hätte, um zu hören, in welchem Irrtume er sich befindet, zu denken und zu sagen, daß es auf der Welt keine irrenden Ritter gibt und gegeben habe; denn wenn Amadis oder einer von seiner unzähligen Nachkommenschaft dergleichen gehört hätte, so weiß ich gewiß, daß es dem ehrwürdigen Herrn sehr übel bekommen wäre.«
»Darauf wollt’ ich schwören«, sagte Sancho, »sie hätten ihm einen Hieb gegeben, daß er von oben bis unten wie eine Granate aufgespalten wäre, oder wie eine überreife Melone. Ja, die waren dazu gemacht, dergleichen Hänseln zu vertragen! Bei meiner Seele, ich bin überzeugt, wenn Reynald von Montalban die Reden dieses Kerlchens angehört hätte, er hätte ihm eine solche Maulschelle beigebracht, daß ihm das Sprechen für drei Jahre vergangen wäre. Solchen hätte er nur in die Hände geraten sollen, so hätte er gesehen, wie sie ihn zugerichtet hätten.«
Die Herzogin wollte vor Lachen sterben, als sie den Sancho so sprechen hörte; sie hielt ihn für viel lustiger und närrischer als seinen Herrn, und es waren damals viele, die ihr in dieser Meinung beipflichteten.
Don Quixote gab sich endlich zur Ruhe und die Tafel wurde aufgehoben. Indem man abdeckte, traten vier Jungfrauen herein, die eine mit einem silbernen Becken, die andere mit einer Gießkanne, ebenfalls von Silber; die dritte trug zwei sehr weiße und äußerst feine Handtücher auf der Schulter und die vierte, welche die Arme bis zur Hälfte aufgestreift hatte, trug in ihren weißen Händen, denn weiß waren sie ohne Zweifel, eine Kugel von neapolitanischer Seife. Die mit dem Becken trat herzu und hielt es mit Zierlichkeit und freiem Anstande unter den Bart des Don Quixote, der, ohne ein Wort zu sprechen, über dergleichen Zeremonie verwundert, und im Glauben, daß es wohl ein dort üblicher Gebrauch sein müsse, statt der Hände den Bart zu waschen, den seinigen, so weit er nur konnte, hervorstreckte. Zugleich goß die zweite aus der Gießkanne Wasser ein, und die Jungfrau mit der Seifenkugel seifte ihm den Bart hastig ein; und indem sie viele Schneeflocken erregte, denn von solcher Weiße schien die Seife, bestrich sie dem geduldigen Ritter nicht nur den Bart, sondern das ganze Gesicht, bis in die Augen hinein, so daß er sie mit Gewalt zudrücken mußte. Der Herzog und die Herzogin, die um diesen Vorfall nicht wußten, standen und warteten, was sich aus dieser außerordentlichen Wäsche ergeben sollte. Die barbierende Jungfrau, als sie ihn so eine Hand dick eingeseift hatte, tat, als habe sie alles Wasser verbraucht, und befahl der mit der Gießkanne, mehr zu holen, denn der Herr Don Quixote würde sich wohl solange gedulden. Es geschah so, und Don Quixote blieb in der seltsamsten und lächerlichsten Lage sitzen, die man sich nur vorstellen kann. Alle beschauten ihn, die zugegen waren, und deren waren viele; und indem sie ihn so sahen, mit einem Halse von einer halben Elle, der mehr als mäßig braun war, die Augen zugedrückt und den Bart voller Seife, so war es ein großes Wunder und viel Enthaltung, nicht in ein lautes Gelächter auszubrechen. Die Mädchen, die den Spaß ausgeführt, standen mit niedergeschlagenen Augen, ohne es zu wagen, ihren Herrschaften ins Gesicht zu sehen. Diese wechselten innerlich mit Verdruß und Lachen ab und wußten nicht, wozu sie sich entschließen sollten, ob die Kühnheit der jungen Mädchen zu bestrafen sei, oder ob sie für das Vergnügen eine Belohnung verdienten, welches sie ihnen bereiteten, Don Quixote in dieser Verfassung zu erblicken. Endlich kam die Jungfrau mit der Gießkanne, worauf sie Don Quixote vollends wuschen, und sogleich trocknete ihn die mit den Handtüchern sehr säuberlich ab, worauf alle vier zugleich eine sehr tiefe und ehrerbietige Verbeugung machten und sich entfernen wollten. Der Herzog aber, damit Don Quixote den Spaß nicht merkte, rief das Mädchen mit dem Becken und sagte: »Kommt und wascht mich auch und gebt acht, daß es nicht an Wasser fehle.« Das kluge und behende Mädchen machte sich sogleich bereit, und hielt so wie dem Don Quixote das Becken dem Herzog unter, worauf sie ihn hastig wuschen und ziemlich einseiften; dann trockneten sie ihn ab, machten ihre Verbeugungen und entfernten sich. Nachher erfuhr man, daß der Herzog geschworen hatte, daß, wenn sie ihn nicht ebenso wie Don Quixote waschen würden, er die Keckheit strafen wollte, daß sie aber dadurch geschickt wieder gutgemacht hatten, daß sie ihn ebenfalls einseiften.
Sancho war bei den Zeremonien dieses Waschens sehr aufmerksam und sagte zu sich: »Bei Gott, wäre es in diesem Lande vielleicht Sitte, auch den Bart der Stallmeister wie der Ritter zu waschen? Denn, meiner Seele, ich hätte es nötig; und wenn sie ihn mir auch scheren wollten, so würde ich es für eine Wohltat halten.«
»Was sprecht Ihr da für Euch, Sancho?« fragte die Herzogin.
»Ich sage, gnädige Frau«, antwortete er, »daß es an den Höfen anderer Fürsten, wie ich habe sagen hören, Sitte sei, daß, wenn man das Tischtuch abhebt, man Wasser für die Hände reicht, aber nicht Lauge für den Bart; und darum ist es gut, lange zu leben, um vieles zu sehen, ob man gleich auch sagt, daß, wer ein langes Leben hat, viel Unglück erfährt. Doch durch eine solche Wäsche zu gehen, ist mehr für ein Vergnügen als für ein Leiden zu achten.«
»Seid ohne Sorgen, Freund Sancho«, sagte die Herzogin; »ich will Befehl geben, daß Euch meine Jungfrauen auch waschen, ja noch dazu baden, wenn es nötig sein sollte.«
»Mit dem Barte bin ich schon zufrieden«, antwortete Sancho, »wenigstens für jetzt; mit der Zeit wird sich mit Gottes Hilfe auch das übrige finden.«
»Hört, Haushofmeister«, sagte die Herzogin, »was der wackere Sancho verlangt, und erfüllt sein Begehren buchstäblich.«
Der Haushofmeister antwortete, daß dem Herrn Sancho alles zu Dienste stehen sollte, und hiermit entfernte er sich, um zu essen, und nahm den Sancho mit sich, indem das Herzogspaar und Don Quixote am Tische sitzen blieben, von vielen und unterschiedlichen Dingen sich unterhaltend, die aber alle die Führung der Waffen und die irrende Ritterschaft betrafen.
Die Herzogin bat Don Quixote, ihr, da er ein so gutes Gedächtnis zu haben scheine, die Schönheit und die Gestalt der Dulcinea von Toboso zu beschreiben und darzustellen; denn nach dem, was der Ruf von ihrer Schönheit erzählte, müsse sie die holdseligste Kreatur auf dem Erdenkreise, ja auch in der ganzen la Mancha sein.
Don Quixote seufzte, als er den Befehl der Herzogin vernahm, und sagte: »Könnte ich mein Herz herausnehmen und es hier vor den Augen Eurer Hoheit auf den Tisch in eine Schüssel legen, so würde meine Zunge der Mühe entübrigt sein, das auszusprechen, was sich kaum denken läßt; denn Euer Exzellenz würde sie darin völlig abgebildet sehen. Aber wie soll ich es unternehmen, Zug für Zug und Teil für Teil die Schönheit der unvergleichlichen Dulcinea zu beschreiben und darzustellen, da dies eine Bürde ist wohl für andere Schultern als die meinigen; ein Vorwurf, mit welchem sich der Pinsel des Parrthasius, Timantes und Appelles beschäftigen sollte, der Meißel des Lysippus, um sie malen und in Kupfer zu stechen, in Marmor und Erz zu arbeiten, und ciceronische und demosthenische Beredsamkeit, um sie zu preisen?«
»Was heißt demosthenische, Herr Don Quixote?« fragte die Herzogin, »denn ich habe dieses Wort zeit meines Lebens nicht gehört.«
»Demosthenische Beredsamkeit«, antwortete Don Quixote, »ist das nämliche, wie die Beredsamkeit des Demosthenes, wie ciceronische die des Cicero, welches die beiden größten Redner in der Welt gewesen sind.«
»So ist es«, sagte der Herzog, »und Ihr habt mit dieser Frage Eure geringe Gelehrsamkeit an den Tag gelegt. Trotzdem aber würde uns Herr Don Quixote das größte Vergnügen machen, wenn er sie uns schildern wollte; denn ich bin überzeugt, daß, wenn er auch nur eine leichte Skizze von ihr entwirft, sie doch so erscheinen wird, daß die Schönsten sie beneiden müssen.«
»Dieses würde ich gewiß tun«, antwortete Don Quixote, »wenn das Unglück, welches sie seit kurzem getroffen, sie mir nicht gänzlich aus meiner Idee verwischt hätte, ein Unglück, welches so beschaffen ist, daß ich sie lieber beweinen als beschreiben möchte; denn Euer Hoheiten müssen wissen, daß, als ich vor einigen Tagen ging, ihr die Hände zu küssen und ihren Segen zu empfangen, ihr Wohlwollen und ihre Erlaubnis zu diesem dritten Auszuge, fand ich eine andere, als die ich suchte. Ich fand sie verzaubert und aus einer Prinzessin in eine Bäuerin verwandelt; aus einer Schönen in eine Häßliche; aus einem Engel in einen Teufel; aus einer Lieblichduftenden in eine Verpestete; aus einer Beredten in eine Grobe; aus einer Anständigen in eine Springerin; aus Licht in Finsternis; und kurz, aus Dulcinea von Toboso in eine gemeine Bauerndirne.«
»Aber um Gottes willen«, sagte hierauf der Herzog mit einem lauten Ausruf, »wer ist derjenige, der der Welt ein so großes Übel zugefügt hat? Wer hat ihr die Schönheit entrissen, die sie erfreute, die Anmut, die sie zierte, und die Anständigkeit, die sie schmückte?«
»Wer?« antwortete Don Quixote, »wer könnte es anders sein als ein boshafter Zauberer, einer von den vielen neidischen, die mich verfolgen? Diese verwünschte Rotte, die zur Welt gekommen ist, um die Taten der Rechtschaffenen zu verdunkeln und zu vernichten, und um das zu erheben und ans Licht zu ziehen, was die Bösen verüben. Zauberer haben mich verfolgt, Zauberer verfolgen mich, und Zauberer werden mich vefolgen, bis sie mich und meine erhabenen Rittertaten in den tiefen Abgrund der Vergessenheit begraben. Und nun treffen und verwunden sie mich auf einer Seite, wo sie wissen, daß ich es am meisten empfinde; denn einem irrenden Ritter seine Dame nehmen, heißt ihm die Augen nehmen, mit denen er sieht, die Sonne, von der er erleuchtet wird, und die Nahrung, durch welche er sich erhält. Ich habe es schon oftmals gesagt und sage es jetzt noch einmal, daß der irrende Ritter ohne Dame wie ein Baum ohne Blätter ist, wie ein Gebäude ohne Grundlage, wie ein Schatten ohne Körper, der ihn verursacht.«
»Dagegen ist nichts zu sagen«, sagte die Herzogin; »wenn wir aber der Historie Glauben beimessen sollen, die seit einiger Zeit vom Herrn Don Quixote an das Licht der Welt getreten ist und allgemeinen Beifall erhält, so läßt sich aus dieser abnehmen, wenn ich mich recht erinnere, daß Euer Gnaden niemals diese Dame Dulcinea gesehen hat, und daß diese Dame sich nicht in der Welt befindet, sondern daß sie eine Phantasiegestalt sei, und daß Ihr sie in Eurem Verstande erzeugt und geboren habt und mit aller möglichen Anmut und Vollkommenheit ausgeschmückt.«
»Darüber ließe sich vieles sagen«, antwortete Don Quixote; »Gott weiß, ob es eine Dulcinea in der Welt gibt oder nicht, ob sie eine Phantasiegestalt ist oder nicht. Denn dieses sind Dinge, deren Entscheidung bis zum Äußersten erfolgen muß. Weder gezeugt noch geboren habe ich meine Dame, ob sie mir gleich so vorschwebt, wie es einer solchen Dame geziemt, die alles besitzt, um sie in aller Welt berühmt zu machen, nämlich folgende Gaben: Schönheit ohne Tadel, Ernst ohne Stolz, Liebe mit Ehrbarkeit, Anmut durch Artigkeit, Artigkeit durch Wohlerzogenheit und endlich erhabene Abstammung; denn in einem edlen Blute glänzt und leuchtet die Schönheit heller als in Schönheiten, die niedrig geboren sind.«
»So ist es«, sagte der Herzog.«Aber der Herr Don Quixote gebe mir die Erlaubnis, etwas zu sagen, wozu mich die Historie von seinen Taten bewegt, die ich gelesen habe, und woraus sich ergibt, daß, wenn Dulcinea auch in Toboso oder an einem anderen Orte sei, und wenn sie auch mit der äußersten Schönheit begabt ist, wie Ihr sie uns geschildert habt, in der Abstammung sie sich doch nicht mit den Orianen vergleichen darf, mit den Alastrajareen, mit den Madasimen oder anderen derart, von welchen die Historien voll sind, wie Ihr wohl wissen werdet.«
»Hierauf kann ich sagen«, antwortete Don Quixote, »daß Dulcinea die Tochter ihrer Taten ist und daß die Tugenden das Blut adeln; daß auch ein niedriger Tugendhafter mehr geschätzt und geehrt werden müsse als ein vornehmer Lasterhafter; um so mehr, da Dulcinea ein Wappen führt, wodurch sie zur Königin mit Krone und Zepter erhoben werden kann. Denn das Verdienst einer schönen und tugendhaften Frau reicht wohl hin, noch größere Wunder zu tun; und geben ihr Anspruch, wenn auch nicht wirklich, doch moralisch, auf noch höhere Glücksumstände.«
»Ich gestehe, Herr Don Quixote«, sagte die Herzogin, »daß in allem, was Ihr sagt, Ihr mit dem Senkblei und dem Winkelmaße zu Werke geht, und daß ich von nun an glaube und alle in meinem Hause will glauben machen, selbst wenn es nötig wäre, den Herzog, meinen Gemahl, daß es eine Dulcinea in Toboso gibt, und daß sie noch lebt, und schön und in vornehmer Familie ist, und es verdient, daß ihr ein solcher Ritter, wie der Herr Don Quixote, dient, welches das Höchste ist, was ich zu ihrem Lobe sagen kann. Ich kann mich aber doch eines Skrupels nicht entbrechen, ebensowenig einer Art von kleinem Unwillen gegen Sancho Pansa. Der Skrupel ist der: daß die genannte Historie sagt, dieser Sancho Pansa habe die Dame Dulcinea, als er von Euer Gnaden einen Brief überbrachte, gefunden, als sie einen Sack Getreide fegte, und noch deutlicher heißt es, daß es Roggen war; ein Umstand, der mich ihre vornehme Geburt bezweifeln läßt.«
Worauf Don Quixote antwortete: »Wisse Eure Hoheit, daß alle oder die meisten Dinge, die mir begegnen, ganz die gewöhnlichen Grenzen der Dinge überschreiten, die sonst anderen irrenden Rittern begegnen, sei es nun, daß dieses durch einen unerforschlichen Ratschluß der Verhängnisse geschieht oder daß es so geschieht durch die Bosheit eines neidischen Zauberers. Und wie es eine bekannte Sache ist, daß alle oder die meisten irrenden und berühmten Ritter, der eine die Gabe hat, nicht verzaubert zu werden, ein anderer so undurchdringliches Fleisch hat, daß man ihn nicht verwunden kann, wie es mit dem berühmten Roldan war, einem von den zwölf Pairs von Frankreich, von dem man erzählt, daß er nirgend verwundet werden konnte, außer in der linken Fußsohle, wo es aber nicht anders als durch die Spitze einer großen Nadel und mit gar keinen anderen Waffen geschehen konnte. Als ihn daher Bernardo del Carpio zu Roncesvalles umbrachte und sah, daß er ihm nicht ankommen konnte, hob er ihn vom Boden auf und erdrückte ihn in seinen Armen, indem er sich der Art erinnerte, wie Herkules den Antäus tötete, jenen wilden Riesen, der ein Sohn der Erde gewesen sein soll. Aus dem Gesagten will ich folgern, daß es möglich ist, ich besitze auch eine dieser Gaben, nicht die, unverwundbar zu sein; denn die Erfahrung hat mir oftmals gezeigt, daß mein Fleisch weich sei und auf keine Weise undurchdringlich. Ebensowenig bin ich vor Zaubermacht gesichert; denn ich habe mich in einen Käfig gesperrt gesehen, in welchen mich die ganze Welt nicht hätte schließen sollen, wenn es nicht durch die Gewalt der Verzauberung geschehen wäre. Seitdem aber habe ich mich davon freigemacht, und ich glaube nun, daß mir dergleichen nicht zum zweiten Male in den Weg treten wird. Da also diese Zauberer nun sehen, daß ihre schlimmsten Künste an meiner Person nicht angewandt sind, so rächen sie sich an den Dingen, die ich am meisten liebe, und wollen mir das Leben rauben, indem sie Dulcinea mißhandeln, für welche ich lebe. Daher glaube ich, daß, als mein Stallmeister ihr meine Botschaft brachte, sie sie in eine Bäuerin verwandelten, die in einer so gemeinen Beschäftigung begriffen war wie Getreidefegen; aber ich habe schon gesagt, daß jenes Getreide kein Roggen war, auch kein Getreide, sondern Körner orientalischer Perlen.
Und zur Bestätigung dieser Wahrheit will ich Euren Hoheiten erzählen, daß, als ich vor einiger Zeit nach Toboso kam, ich die Paläste der Dulcinea nicht finden konnte; und als am anderen Tage Sancho, mein Stallmeister, sie in ihrer eigentümlichen Gestalt erblickte, welche die allerschönste von der Welt ist, sie mir als eine gemeine und häßliche Bäuerin vorkam, die unvernünftiges Zeug schwatzte, wo sie doch der Verstand selber ist. Da ich nun nicht verzaubert bin, es auch vernünftiger Überlegung nach nicht sein kann, so ist sie die Verzauberte, die Geschmähte und Verwandelte, die Verwechselte und Umgetauschte; in ihr haben sich meine Feinde an mir gerochen, und für sie werde ich in unaufhörlichen Tränen leben, bis ich sie in ihrem ursprünglichen Zustande wieder erblicke. Alles dieses habe ich gesagt, damit sich niemand an das stoße, was Sancho von dem Sieben oder dem Fegen der Dulcinea gesagt hat; denn da sie sie mir verwandelten, so ist es auch kein Wunder, wenn sie sie ihm austauschten. Dulcinea ist vornehm und wohlgeboren, und von den edlen Familien, welche in Toboso wohnen (deren es viele, alte und sehr treffliche gibt), wird wahrlich kein geringer Teil der unvergleichlichen Dulcinea angehören, um derentwillen ihr Geburtsort in künftigen Zeiten berühmt und genannt sein wird, wie es Troja durch die Helena und Spanien durch die Cava wurde, obgleich auf eine mehr anständige Weise. Auf der anderen Seite bitte ich, daß Eure Hoheiten erfahren, wie Sancho Pansa einer der spaßhaftesten Stallmeister ist, die nur jemals einem irrenden Ritter gedient haben. Er sagt mitunter so scharfsinnige Dummheiten, daß es ein großes Vergnügen gewährt, darüber nachzudenken, ob es dumm oder scharfsinnig sei. Er hat Bosheiten, die ihn zum Schelm machen; dann ist er wieder so unschuldig, daß man ihn für einen Einfältigen halten muß. Er zweifelt an allem und glaubt alles. Wenn ich denke, daß er sich als Narr herunterstürzen wird, so kommt er mit solchen witzigen Einfällen, die ihn zum Himmel erheben. Kurz, ich würde ihn mit keinem anderen Stallmeister vertauschen, und wenn man mir auch eine Stadt obenein geben wollte; und daher zweifle ich noch, ob es gut getan sei, ihn in die Statthalterschaft zu schicken, mit welcher ihm Eure Hoheit eine Gnade erzeigt hat, ob ich gleich in ihm eine gewisse Geschicklichkeit zur Regierung wahrnehme; denn wenn man ihm nur den Verstand um ein weniges schärfen wollte, so würde er mit jeder Statthalterei so gut fertig werden wie der König mit seinen Einkünften. Überdies wissen wir schon durch vielfältige Erfahrungen, daß weder große Geschicklichkeit noch viele Gelehrsamkeit nötig ist, um ein Statthalter zu sein; denn es gibt Hunderte, die kaum lesen können und doch wie die Engel regieren. Die Hauptsache ist, daß sie guten Willen haben und sich um alles bekümmern; denn es wird ihnen nie an Leuten fehlen, die ihnen mit Rat beistehen und sie auf den rechten Weg lenken, wie es mit den Statthaltern geschieht, die Ritter und keine Studierte sind, welche mit dem Beistand eines Assessors Urteile sprechen. Ich werde ihm raten, daß er kein Unrecht übe und seinem Recht nichts vergebe, nebst anderen Kleinigkeiten, die ich im Magen habe und die zu ihrer Zeit, zu Sanchos Bestem, hervorkommen werden.«
So weit waren in ihrem Gespräch der Herzog, die Herzogin und Don Quixote gekommen, als sie viele Stimmen und ein großes Lärmen der Leute im Palaste vernahmen, und plötzlich trat Sancho in den Saal, ganz bestürzt, mit einem Wischhader statt Barttuch um, und hinter ihm viele Jungen oder, richtiger zu reden, Taugenichtse aus der Küche, nebst anderem Gesindel, von denen einer ein Waschbecken hatte, in welchem sich Spülwasser befand, wie man an der Farbe und Unreinlichkeit sehen konnte. Der mit dem Waschgefäß lief hinter ihm drein und gab sich alle mögliche Mühe, es ihm nahezubringen und unter den Bart zu schieben, und ein anderer Küchenjunge machte Anstalten, ihn zu waschen.
»Was ist das, Leute?« fragte die Herzogin; »was soll das bedeuten? Was habt ihr mit diesem wackeren Manne vor? Wie? überlegt ihr denn nicht, daß er erwählter Statthalter ist?«
Worauf der barbierende Küchenjunge antwortete: »Der Herr hat sich nicht wollen waschen lassen, wie es gebräuchlich ist und wie sich der Herzog, mein gnädiger Herr, und sein Herr haben waschen lassen.«
»Wohl habe ich’s gewollt«, antwortete Sancho in großem Zorne; »aber es sollte mit reinen Tüchern geschehen, mit klarer Lauge und nicht mit schmierigen Händen. Denn so ein großer Unterschied ist nicht zwischen mir und meinem Herrn, daß man ihn mit Engelswasser und mich mit Teufelslauge waschen sollte, die Gebräuche in den Ländern und fürstlichen Palästen sind nur insoweit gut, insofern sie uns nicht beschwerlich fallen; aber die Art zu waschen, die hier gebräuchlich ist, ist ja schlimmer als bei den Büßenden. Mein Bart ist rein, und solches Scheuern hat er gar nicht nötig; und derjenige, der sich unterstehen will, mich zu waschen und mir nur ein Haar am Kopfe, ich meine am Barte, anrührt, mit aller Ehrerbietung sei’s gesprochen, dem will ich eine solche Ohrfeige geben, daß mir die Faust in seinen Kinnbacken soll stecken bleiben; denn diese Zirimonien und Einseifungen sehen mehr wie Spott aus, als daß man dadurch den Gästen eine Ehre erzeigt.«
Die Herzogin wollte vor Lachen sterben, als sie Sanchos Zorn sah und seine Reden hörte; Don Quixote empfand aber kein sonderliches Vergnügen, da er ihn so schlecht mit dem vielfarbigen Tuche geschmückt sah und von so vielen Küchenleuten umringt. Er machte also dem herzoglichen Paare eine tiefe Verbeugung, als wenn er sich die Erlaubnis zu sprechen erbäte, und sagte hierauf zu dem Gesindel mit ruhiger Stimme: »Fort da! ihr Herren Ritter, beliebt den jungen Mann freizulassen und geht zurück, woher ihr gekommen seid oder wohin ihr wollt; denn mein Stallmeister ist so rein wie ein anderer, und dergleichen Waschbecken sind schimpflich für ihn. Folgt meinem Rat und laßt ihn; denn weder er noch ich verstehen dergleichen Spaß.«
Sancho nahm ihm das Wort aus dem Munde und fuhr also fort: »Daß ihr einen schlechten Spaß mit mir treibt, werde ich gewiß so wenig leiden, wie es jetzt nicht Nacht ist. Man bringe einen Kamm her oder was es sonst sein mag, und untersuche den Bart, und wenn man etwas findet, das gegen die Reinlichkeit streitet, so mag man ihn meinetwegen striegeln.«
Hierauf sagte die Herzogin, ohne ihr Lachen zu unterbrechen: »Sancho Pansa hat in allem recht, was er sagt, und wird es immer haben, was er auch sagen mag. Er ist rein und hat, wie er sagt, das Waschen nicht nötig; gefällt ihm also unser Gebrauch nicht, so habe er seinen Willen, um so mehr, da ihr, Diener der Reinlichkeit, ungemein nachlässig und unbesorgt, ich will nicht sagen unverschämt, gewesen seid, solcher Person und solchem Barte statt Gießkannen und Waschbecken von reinem Golde und den feinsten Tüchern, hölzerne Tröge zu bringen und grobe Haderlumpen. Aber ihr seid boshaft und ungesittet, und als Schelme könnt ihr es nicht unterlassen, euren Haß zu zeigen, den ihr gegen die Stallmeister der irrenden Ritter hegt.«
Das Bedientengesindel sowie der Haushofmeister, der mit ihnen gekommen war, glaubten, daß die Herzogin im Ernste spräche; sie nahmen daher den Wischlappen von Sanchos Brust, und alle gingen hierauf verwirrt und erschrocken fort. Sowie Sancho sich aus dieser, nach seiner Meinung größten Gefahr befreit sah, kniete er vor der Herzogin nieder und sagte: »Von großen Damen kann man große Gnadenbezeigungen erwarten. Diejenige, die Euer Gnaden mir heute erwiesen hat, kann mit nichts Geringerem bezahlt werden als mit dem Wunsche, mich zum irrenden Ritter geschlagen zu sehen, um alle Tage meines Lebens im Dienste einer so erhabenen Dame aufzuwenden. Ich bin ein Bauer, mein Name ist Sancho Pansa; ich bin verheiratet, habe Kinder und diene als Stallmeister. Wenn ich Eurer Hoheit mit einem von diesen Dingen dienen kann, so sprecht, und ich werde noch schneller gehorchen, als Eure Herrlichkeit befehlen kann.«
»Man sieht wohl, Sancho«, antwortete die Herzogin, »daß Ihr die Höflichkeit in der Schule der Höflichkeit selbst gelernt habt. Man sieht, sage ich, daß Ihr an dem Busen des Herrn Don Quixote auferzogen seid, welcher der Ausbund aller Artigkeiten ist und die Blume aller Zeremonien oder, wie Ihr sagt, Zirimonien. Einem solchen Herrn und solchem Diener gehe es wohl; dem einen als Polarstern der irrenden Ritterschaft und dem anderen als Stern der stallmeisterlichen Treue. Steht auf, mein Freund Sancho, denn ich will Eure Artigkeiten dadurch erwidern, daß ich den Herzog, meinen Gemahl, dazu veranlasse, Euch sobald als möglich die versprochene Statthalterschaft zu geben.«
Hier endigte das Gespräch, und Don Quixote entfernte sich, um Mittagsruhe zu halten; die Herzogin aber bat Sancho, daß, wenn er nicht sehr große Lust zum Schlafen habe, er den Nachmittag mit ihr und ihren Jungfrauen in einem kühlen Saale zubringen möchte. Sancho antwortete, daß, ob es gleich wahr sei, daß er im Sommer vier bis fünf Stunden Mittagsruhe halte, er, ihr zu dienen, alle seine Kräfte anstrengen wolle, den Tag nicht zu schlafen, er würde also kommen, um ihrem Befehle zu gehorchen; worauf er sich entfernte. Der Herzog machte neue Anordnungen, wie man dem Don Quixote als irrendem Ritter begegnen sollte, ohne sich im mindesten von der Weise zu entfernen, wie man, den Erzählungen nach, die alten Ritter behandelte.