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Gegen zwei Uhr morgens hielt Norbert Rauh vor der Fahlenberger Tankstelle. Er stieg aus seinem Wagen, streckte sich und sog die kalte Nachtluft ein.
Der Winterhimmel über ihm war sternenklar und versprach einen weiteren frostigen Tag. Rauh rieb sich die Augen. Eigentlich sollte er längst im Bett sein, aber er war viel zu aufgewühlt, um auch nur an Schlaf zu denken.
Er ging zum Nachtschalter. Ein junges Mädchen mit grün gefärbten Haaren saß kaugummikauend hinter der Panzerglasscheibe und blätterte gelangweilt in einem Musikmagazin. Als sie Rauh auf sich zukommen sah, beugte sie sich zur Gegensprechanlage.
»Ja?«, quäkte ihre Stimme aus dem Lautsprecher.
»Guten Abend«, sagte Rauh und musterte durch die Scheibe den Inhalt des Zigarettenregals hinter ihr.
Nachdenklich rieb er sich das Kinn. Er kam sich vor, als wolle er etwas Verbotenes tun.
»Was soll’s sein?«, fragte das Mädchen gelangweilt. »Alkohol gibt’s um die Zeit nicht, okay?«
Als Rauh sich für eine Schachtel Marlboro entschied, schien sie irgendwie erleichtert. Wahrscheinlich war sie zu dieser nächtlichen Stunde ganz andere Kundenwünsche gewöhnt. Rauh legte ihr das abgezählte Geld in die Durchgabe, bedankte sich und ging zurück zu seinem Wagen.
Es war totenstill. Nur ab und zu hörte man ein vereinzeltes Auto auf der Schnellstraße. Dann trat wieder Stille ein. Fahlenberg lag in tiefem Schlaf.
Rauh setzte sich hinter das Lenkrad, schloss die Tür und öffnete das Päckchen. Dann holte er ein silbernes Feuerzeug aus dem Handschuhfach. Er betrachtete es nachdenklich, fuhr mit dem Finger über das eingravierte C und steckte sich schließlich eine Zigarette an. Es war seine erste Zigarette seit mehr als sieben Jahren. Zuvor hatte er gequalmt wie ein Schlot - er hatte schon mit fünfzehn angefangen zu rauchen -, und als er es dann geschafft hatte, aufzuhören, hatte er sich fest geschworen, sich nie wieder eine Zigarette zwischen die Lippen zu stecken. Doch nun war es ihm egal.
Rauh musste husten, seine Augen tränten und ihm wurde schwindlig, aber er zog wieder daran, inhalierte erneut und hustete noch heftiger. Dann ließ er die Seitenscheibe herunter, warf die Kippe hinaus und schmiss das ganze Päckchen hinterher.
Er startete den Motor und fuhr nach Hause. Zeit, ein paar Stunden zu schlafen - oder es zumindest zu versuchen. Immerhin musste er am Morgen fit genug sein, um sich endlich um das zu kümmern, was er schon längst hätte in Ordnung bringen sollen. Er hatte viel zu lange damit gewartet. Jetzt war es Zeit.