KAPITEL NEIN!
Ich habe mich sehr bemüht, am Anfang jedes Kapitels etwas Tiefschürfendes, Scharfsinniges und Bedeutsames zu sagen. Im Grunde steht in diesen Büchern größtenteils Blödsinn. (Zugegeben, die darin geschilderten Ereignisse sind realer Blödsinn, der mir wirklich passiert ist, aber eben trotzdem Blödsinn.) Deshalb finde ich es wichtig, jedes Kapitel mit der Erläuterung bedeutsamer und wichtiger Gedanken zu beginnen, damit die Lektüre der Bücher für euch keine totale Zeitverschwendung ist.
Ich schlage vor, ihr lest diese Einleitungen noch einmal sorgfältig durch und sucht dabei nach ihrer tieferen Bedeutung. Meine Gedanken werden euch erleuchten und euch Weisheit schenken. Wenn etwas von dem, was ich sage, euch verwirren sollte, dann seid versichert, dass ich es am Ende erklären werde.
Nehmen wir zum Beispiel den Anfang des letzten Kapitels. Beim Lesen der ersten Zeilen habt ihr meine Schreie möglicherweise für einen Ausdruck jener existenziellen Angst gehalten, die moderne Teenager befällt, wenn sie in eine Welt gestoßen werden, auf die sie nicht vorbereitet sind, in eine Welt, die sich drastisch verändert hat und nicht mehr die ist, die ihre Eltern kannten. (Danke für nichts, Heraklit!) Oder vielleicht dachtet ihr, es seien die Schreie eines Menschen, der erkennt, dass niemand ihm helfen oder beistehen kann.
(In Wirklichkeit waren diese ersten Zeilen ein Ausdruck der existenziellen Krise, die ich durchgemacht habe, als mir beim Tippen eine riesige Spinne das Bein hochkrabbelte. Aber ihr versteht, was ich meine, oder?)
Wir betraten den Palast. Drinnen roch es nach Schilf und Stroh und durch die großen offenen Fenster wehte eine kühle Brise herein. Der Teppich war aus langen Blättern geflochten und die Möbel waren aus zusammengebundenen Schilfrohren und Schilfgrasbündeln angefertigt. Eigentlich ganz gemütlich, wenn man nicht, wie ich, verärgert und verwirrt war und sich verraten fühlte.
»Du hast es gewusst«, sagte ich vorwurfsvoll und deutete auf Bastille.
»Ich habe den König sofort erkannt«, gab sie zu. »Aber er schien seine Identität geheim halten zu wollen. Deshalb habe ich mitgespielt.«
»Ich auch«, sagte Aydee. »Ich … äh … habe es nur nicht so gut hingekriegt. Tut mir leid.«
»Schon gut«, sagte Mallo, auch bekannt als König Talakimallo von Mokia. Seine Gemahlin trat neben ihn und die Wachen beobachteten den Eingang des Palastes.
»Aber warum wollten Sie sich vor mir verstecken?«, fragte ich.
»Und vor mir!«, fügte Kaz hinzu und stellte sich mit verschränkten Armen neben mich.
»Nicht nur vor Ihnen«, erwiderte der König, »sondern vor allen Außenstehenden. Wissen Sie, wir haben die Ritter … na ja, ausgetrickst.«
Bastille zog eine Augenbraue hoch.
»Sie bestanden darauf, dass ich Schutz brauchte«, erklärte Mallo erregt. »Sie haben mir einfach keine Ruhe gelassen. Ich befürchtete, sie würden mich zu meiner eigenen Sicherheit entführen und aus der Stadt bringen.«
»Die Stadt droht zu fallen, Majestät«, sagte Bastille. »Mokia kann es sich nicht leisten, dass die ganze königliche Familie den Bibliothekaren in die Hände fällt. Was ist mit dem übrigen Königreich? Er wird einen Anführer brauchen.«
»Es gibt kein ›übriges Königreich‹, Kind«, sagte Mallo. »Mokia steht hier. Wir werden nun schon seit Jahrzehnten von den Streitkräften der Bibliothekare zermürbt. Wenn Tuki Tuki fällt, bedeutet das für mein Volk das Ende. Dann werden wir zu einer weiteren von den Bibliothekaren annektierten Provinz, die sie nach und nach in die Länder des Schweigens integrieren. Und unser Volk wird einer Gehirnwäsche unterzogen, bis es seine Vergangenheit vergisst.«
Die Königin legte ihrem Gemahl eine Hand auf den Arm. »Wir verkennen keineswegs die Wichtigkeit des Fortbestehens der königlichen Linie, holde Schwester – und sei es nur, um einen starken Widerstand aufzubauen und Mokia zurückzufordern, falls das unser Schicksal sein sollte.«
Bevor ihr fragt, ja, sie redet tatsächlich so. Als ich sie einmal bat, mir die Butter zu geben, sagte sie: »Es ist mir ein Vergnügen, Ihnen diese auserlesene Köstlichkeit zu reichen, junger Alcatraz.« Wirklich. Ohne Witz.
»Moment mal«, sagte ich und kratzte mich am Kopf. Da ich dumm bin, tue ich das oft. »Sie sind hier, Majestät, aber die Ritter denken, Sie wären woanders, an einem sicheren Ort?«
»Ja. Unsere Tochter nahm meine Gestalt an«, berichtete Mallo. »Sie ist eine Okulatorin und besitzt Tarnlinsen. Die benutzte sie, um den Rittern vorzutäuschen, sie wäre ich. Sie brachten sie in ein Versteck.«
»Der Fortbestand der Linie ist also gesichert«, sagte Angola.
»Und ich kann hierbleiben, um mit meinem Volk zu kämpfen, wie es sich gehört!« Mallos Miene war grimmig. »Aber ich werde wohl mit meinem Volk fallen. Ich fürchte, dass ein paar Smedrys und ein einziger Crystin-Ritter nicht ausreichen, um diese Belagerung siegreich zu beenden. Unsere schützende Glaskuppel ist stark beschädigt. Die meisten meiner Krieger sind in der Schlacht ins Koma gefallen und die übrigen haben viele Wunden davongetragen. Meine silimatischen Wissenschaftler befürchten, dass die Kuppel dem massiven Beschuss keinen weiteren Tag standhält. Die Bibliothekare sind uns zahlenmäßig und an Feuerkraft überlegen. Als Sie hier eintrafen, hatte ich gerade den schmerzlichen Entschluss gefasst, zu kapitulieren. Ich war auf dem Weg zum Stadttor, um den Bibliothekaren das zu verkünden.«
Die Worte hingen in der Luft wie ein übler Geruch – wie ein gewisser Gestank, den jeder bemerkt, aber totschweigt, aus Angst, als sein Verursacher bezichtigt zu werden.
Tja, dann sind wir wohl umsonst hergekommen, dachte ich. Wahrscheinlich sollten wir kehrtmachen und schauen, dass wir hier rauskommen.
»Ich bin hier, um zu helfen, Majestät«, sagte ich stattdessen. »Und ich kann weitere Unterstützung herholen. Wenn Sie noch ein bisschen länger durchhalten, werde ich verhindern, dass Mokia fällt.«
Ich weiß selbst nicht, wo diese kühnen Worte herkamen. Vielleicht hätte ein klügerer Mensch sie nie gesagt. Bereits als sie mir über die Lippen kamen, war ich entsetzt über meine Dummheit. Erinnert ihr euch noch, was ich über Mut gesagt habe?
So lächerlich meine Ansprache auch war, der König lachte nicht. »Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das Wort eines Smedry wie ein Batzen Gold ist, junger Alcatraz«, sagte König Mallo nachdenklich. »Von großem Wert, aber manchmal schwer zu halten. Sind Sie sicher, dass Sie meinem Volk Hilfe bringen können?«
Nein.
»Ja«, sagte ich.
Der König sah mich prüfend an, dann blickte er zu seiner Gemahlin.
»Wenn wir uns ergeben, bleiben unsere Leute am Leben«, sagte Angola. »Aber sie verlieren ihre Freiheit und ihre Identität. Wenn noch eine kleine Chance besteht …«
Er nickte zustimmend. »Sie sagten, dass Sie unser Kommunikationsglas benutzen wollen, Alcatraz. Zeigen Sie uns, was Sie damit ausrichten können. Danach werde ich entscheiden.«
*
»Bist du dir sicher, dass du das Richtige tust?«, zischte Bastille mir zu.
Wir saßen auf einer Korbbank und warteten, während der König und seine Gemahlin das Kommunikationsglas holten. Aydee redete mit einem Krieger, der ihr Neuigkeiten über ihre Familie erzählte. (Sing, Australia und ihre Eltern waren an die andere Hauptfront im Krieg um Mokia geschickt worden, um Führungsaufgaben zu übernehmen – ich habe jedoch den Verdacht, dass der König sie in Wirklichkeit weggeschickt hatte, um zu verhindern, dass sie in Gefangenschaft gerieten, wenn die Hauptstadt fiel.) Kaz stand in der Nähe, mit verschränkten Armen an eine Wand gelehnt. Er hatte seine braune Lederjacke an und die dunkle Fliegerbrille auf.
»Ich weiß nicht, ob es das Richtige ist«, gestand ich Bastille. »Aber wir können sie doch nicht einfach kapitulieren lassen.«
»Wenn sie weiterkämpfen, wird es weitere Opfer geben«, flüsterte Bastille mir ins Ohr. »Können wir ihnen wirklich genug Unterstützung anbieten, um das zu rechtfertigen? Nun, da ich gesehen habe, wie schlecht es steht, weiß ich nicht einmal, ob die ganze Streitmacht der Ritter von Crystallia ausreichen würde, um Mokia doch noch zum Sieg zu verhelfen.«
»Ich …« Ich verstummte verunsichert. Mir wurde immer ganz anders, wenn Bastille so dicht neben mir saß, dass ich ihr Shampoo riechen konnte. Sollten Mädchen nicht nach Blumen oder so was riechen? Bastille roch nur nach Shampoo.
Trotzdem fühlte ich mich wie berauscht. Bastille strahlt offenbar irgendetwas aus, das einem das Gehirn vernebelt. Das ist die einzige Erklärung.
»Splitterndes Glas! Was rede ich denn da?«, sagte sie plötzlich und zog ihren Kopf zurück. »Natürlich ist es besser für sie, wenn sie kämpfen! Tut mir leid, ich bin einfach so daran gewöhnt, dir grundsätzlich zu widersprechen, dass es mich irritiert, wenn du etwas Kluges tust.«
Ich seufzte.
Sie sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Träumst du etwa immer noch von meiner Schwester?« Ihre Stimme klang fast drohend.
Ich riss mich aus meiner Trance. »Was? Nein. Sei nicht dumm.«
»Hast du mich gerade dumm genannt?«
»Nein, ich habe gesagt, du sollst nicht dumm sein. Was läuft da eigentlich zwischen dir und deiner Schwester?«
»Nichts. Ich liebe meine Schwester. Wir sind wie zwei exotische Gewächse in einer Wiese voller Gänseblümchen.«
»Was soll das denn heißen?«
»Was weiß ich. Es sollte schwesterlich klingen oder so was.«
Ich schnaubte verächtlich.
»Und was sollte das heißen?«, fragte Bastille gereizt. »Ich mag meine Schwester wirklich sehr.«
»So sehr, dass du sie nie im Mokia besucht hast?«
»Es ist weit weg. Außerdem musste ich viel trainieren, um Ritter zu werden. Damit ich Idioten wie dir aus der Patsche helfen kann.«
»Moment mal. Du regst dich auf, wenn ich nur andeute, dass du dumm sein könntest, aber du darfst mich einen Idioten nennen?«
»Du bist schließlich ein Smedry!«
»Darauf redest du dich immer heraus«, sagte ich. »Das lasse ich nicht gelten. Außerdem hast du diesmal gesagt, dass du mit dem, was ich tue, einverstanden bist!«
»Ja.«
»Genau.«
»Und?«
»Deshalb sollten wir uns vielleicht mal zusammen einen Film reinziehen oder so was«, sagte ich und stand auf. »Irgendwann, wenn wir mal nicht gerade von Bibliothekaren gejagt oder von Drachen gefressen werden oder anderweitig beschäftigt sind.«
Bastille überlegte, neigte den Kopf zur Seite und runzelte die Stirn. »Moment mal. Was?«
Ich spürte, wie ich rot wurde. Warum hatte ich das bloß gesagt? Ich meine, ich hatte eine ganze Weile darüber nachgedacht, aber …
Das lag bestimmt an Bastilles hirnvernebelnder Ausstrahlung.
»Ach nichts«, sagte ich panisch. »Ich, äh, war nur kurz verwirrt und …«
»Was ist ein Film?«, fragte sie. »Und wo sollen wir ihn reinziehen?«
»Äh. Also Filme sind diese großen Monster, die die Bibliothekare in den Ländern des Schweigens auf die Leute loslassen, um sie zu terrorisieren und ihnen die Zeit zu stehlen, weißt du. Manche Filme sind so schlecht, dass es eine Qual ist, sie anzusehen. Und Jahr für Jahr müssen die Mundtoten sich lange, öde Shows anschauen, in denen irgendwelche Leute, von denen sie noch nie gehört haben, Statuen von goldenen Männchen überreicht bekommen …«
»Manchmal bist du wirklich ein Idiot, Smedry«, sagte Bastille mit finsterer Miene. Dann sah sie Kaz fragend an, als erwarte sie von ihm eine Erklärung.
»Da mische ich mich nicht ein«, sagte er lächelnd. »Da halte ich mich so weit raus, dass ich ebenso gut drüben im nächsten Königreich sein könnte.«
»Was soll’s«, sagte Bastille und sah mich wieder mit zusammengekniffenen Augen an – als hätte sie den Verdacht, dass ich mich über sie lustig machte, auf eine Art, die sie nicht verstand. Ich wurde noch röter, bis schließlich Mallo und Angola zurückkehrten. Die Königin schritt über den Flechtteppich auf mich zu und überreichte mir einen kleinen Handspiegel.
Ich betrachtete ihn unschlüssig. Die Hälfte des Spiegelglases fehlte. »Das ist das Kommunikationsglas?«
»Die tragbare Variante ist am praktischsten«, erklärte Mallo. »Dieses Stück haben wir geteilt und dann eine Hälfte nach Nalhalla geschickt. Über die beiden Bruchstücke können wir einige Wochen lang miteinander kommunizieren, bis die Energie aufgebraucht ist. Dann muss das Glas neu hergestellt und wieder zerbrochen werden. Es ist nicht der einfachste Weg, über eine größere Entfernung miteinander zu reden, aber uns blieb keine andere Möglichkeit, nachdem wir unsere letzte Okulatorin weggeschickt hatten, um meine Tarnung aufrechtzuerhalten.«
»Agenten der Bibliothekare haben unsere anderen Kommunikationsmittel zerstört«, fügte ein Krieger hinzu. »Die Transporterglaskiste, die Tonläufer und sogar den gesamten Vorrat an Botenglas, den wir in Tuki Tuki hatten.«
Ich runzelte die Stirn. »Wie haben sie das geschafft?«
»Sie graben ständig Tunnel in die Stadt«, sagte Mallo mit einem Seufzer. »Durch die schicken sie Einsatzkommandos hoch, die die Stadt plündern und verwüsten. Heute haben wir wieder eins erwischt und gefangen genommen, bevor es irgendwelche bleibenden Schäden anrichten konnte. Dann haben wir den Tunnel zum Einsturz gebracht. Aber es gibt bestimmt noch mehr.«
Ich nickte und hob den Handspiegel vors Gesicht. Alle sahen mich erwartungsvoll an, als gingen sie davon aus, dass ich – als Okulator – sofort wüsste, wie man das Glas benutzt.
»Hm«, sagte ich und drehte es hin und her. »Ähm, Spieglein, Spieglein in meiner Hand, mein Essen ist lecker, doch oft angebrannt.«
»Was machst du denn da, Alcatraz?«, fragte Kaz. »Du muss das Glas nur berühren, damit es funktioniert.«
»Oh«, sagte ich und tippte auf den Spiegel. Er schimmerte, als hätte ich in ein Becken mit kristallklarem Wasser gefasst und seine glatte Oberfläche aufgewühlt. Einen Augenblick später sah ich darin statt meinem Spiegelbild einen Raum mit Steinwänden. In einer Burg in Nalhalla.
Ein kleiner mokianischer Junge saß vor dem Spiegel. In dem Augenblick, als das Bild darin sich veränderte, wurde er hellwach, lief davon und brüllte unterwegs: »Lord Smedry! Lord Smedry!«
Innerhalb von Sekunden war mein Großvater da. Er sah etwas verschlafen aus. Seine spärlichen Haare standen unordentlich vom Kopf ab und seine Fliege war zur Seite gerutscht. »Ah, Alcatraz, mein Junge! Du hast es geschafft!«
»Ja. Ich bin in Tuki Tuki, Grandpa«, sagte ich nickend. »Aber es sieht schlecht aus hier.«
»Natürlich!«, erwiderte Grandpa. »Deshalb haben wir dich ja hingeschickt. Bleib kurz da. Ich muss ein paar Ritter holen!«
Er hastete davon. Es sah aus, als hinge die andere Hälfte des Spiegels in einer Art Diele an der Wand.
Eine Zeit lang stand ich nur dumm herum. Die anderen scharten sich um mich, blickten in den Spiegel und warteten. Endlich kam Grandpa mit drei Rittern in voller Plattenrüstung zurück. Der Erste war Draulin, Bastilles Mutter. Die anderen beiden waren älter aussehende Männer.
»Sag ihnen, wo du bist, Alcatraz«, forderte Grandpa Smedry mich auf, der irgendwo seitlich von ihnen stand.
»Ich bin in Tuki Tuki«, sagte ich.
»Sie sollten diese Stadt sofort verlassen«, erwiderte Draulin streng. »Sie ist nicht sicher, Lord Smedry.«
»Ich weiß«, sagte ich. »Aber Sie kennen uns Smedrys ja. Wir sind verrückt und achten nie auf unsere Sicherheit.«
Einer der beiden männlichen Ritter runzelte die Stirn. »Das ist tatsächlich der Beweis, den der alte Lord Smedry uns versprochen hat«, sagte er.
»Ich habe das Gefühl, dass wir manipuliert werden«, bemerkte der andere. »Das behagt mir gar nicht.«
Draulin schwieg während des Gesprächs. Sie schien mich mit ihren dunklen Augen genau zu beobachten.
Da kam mir ein Gedanke. Die Ritter brauchten einen noch zwingenderen Grund, uns zu Hilfe zu kommen. Kurz entschlossen drehte ich den Handspiegel herum und richtete ihn auf Mallo. »Raten Sie, wer hier bei mir ist«, forderte ich die Ritter auf.
Mallo machte ein entsetztes Gesicht. »Alcatraz! Was tun Sie denn?«
»Vertrauen Sie mir«, sagte ich.
»Das ist ein mokianischer Krieger«, erwiderte ein Ritter. »Ich fühle mit ihm und seinem bedrängten Volk. Aber die Regeln unseres Ordens besagen …«
»Moment mal«, sagte Draulin plötzlich. Es folgte eine kurze Stille, dann fragte sie: »König Talakimallo?«
Mallo seufzte sichtbar und warf mir einen zornigen Blick zu. »Ja, ich bin es.«
»Aber Sie sollten längst in Sicherheit sein!«
»Ich werde mein Volk nicht im Stich lassen«, sagte Mallo.
Ich drehte den Spiegel im Kreis herum. »Es sind also nicht nur ein paar törichte Smedrys, die hier in Gefahr sind. Es geht um den Fortbestand des mokianischen Königsgeschlechts! Sie sollten …«
Das Bild im Spiegel begann zu wackeln. Kleine Wellen liefen hindurch. Ich runzelte die Stirn und schüttelte den Spiegel.
»… können nicht … was … tun …«, sagte Draulins Stimme. »Was …?«
»Ich kann Sie auch nicht mehr sehen«, sagte ich zu den Rittern.
Die anderen im Raum scharten sich um mich. Ich senkte den Spiegel, sodass alle hineinsehen konnten.
»Das sieht nicht gut aus«, stellte Kaz fest und rieb sich das Kinn.
»Die Energie hätte eigentlich mindestens zwanzig Tage reichen müssen«, sagte Mallo. »Wir …«
»General Mallo!«, schrie eine Stimme. Wir drehten uns um und sahen eine junge Mokianerin die Eingangstreppe zum Palast herauflaufen und in den Hauptraum kommen.
»Was ist los?«, fragte Mallo.
»Die Bibliothekarsarmee«, stieß das Mädchen atemlos hervor. »Sie hat etwas vor, etwas Großes! Sie sollten kommen und sich das ansehen!«