54.

 

Donnerstag, der vierundzwanzigste Dezember

 

 

 

 

 

Simone, Erik und Benjamin erreichen unter einem bereits dunklen Himmel ein graues Stockholm. Regen liegt in der Luft, und ein fast purpurfarbener Dunst umgibt die Stadt. Überall leuchten bunte Lichterketten in Weihnachtsbäumen, und in den Schaufenstern stehen Weihnachtsmänner zwischen glitzernder Dekoration.

Der Taxifahrer, der sie vor dem Hotel Birger Jarl absetzt, trägt eine Weihnachtsmannmütze. Er winkt ihnen im Rückspiegel mit finsterer Miene zu, und sie sehen, dass er an das Taxischild auf dem Autodach einen Weihnachtsmann aus Plastik montiert hat.

Simone wirft einen Blick in die Hotellobby und zu den dunklen Fenstern des geschlossenen Hotelrestaurants und sagt, dass es schon eigenartig ist, im Hotel zu wohnen, wenn man nur zweihundert Meter von zu Hause entfernt ist.

»Aber ich will unsere Wohnung nicht mehr betreten«, sagt sie.

»Das ist doch klar«, erwidert Erik.

»Nie wieder.«

»Ich auch nicht«, stimmt Benjamin ihr zu.

»Was sollen wir machen?«, fragt Erik. »Ins Kino gehen?«

»Ich habe Hunger«, meint Benjamin leise.

Als der Rettungshubschrauber das Krankenhaus von Umeå erreichte, war Erik stark unterkühlt gewesen. Die Schussverletzung erwies sich als harmlos, die halbummantelte Kugel hatte den linken Schultermuskel glatt durchschossen und den Oberarmknochen nur oberflächlich verletzt. Nach der Operation teilte er sich ein Zimmer mit Benjamin, der mit Medikamenten versorgt und beobachtet wurde. Benjamin hatte keine schweren Blutungen erlitten und erholte sich schnell. Nach einem Tag im Krankenhaus quengelte er schon, weil er nach Hause wollte. Anfangs waren Erik und Simone dagegen gewesen. Wegen seiner Krankheit war es besser, wenn er noch etwas länger beobachtet wurde. Außerdem sollte er mit jemandem sprechen, um seine Erlebnisse zu verarbeiten.

Die Psychologin Kerstin Bengtsson wirkte gestresst und schien nicht wirklich zu verstehen, welchen Gefahren Benjamin ausgesetzt gewesen war. Als sie sich nach einem fünfundvierzigminütigen Gespräch mit Benjamin mit Erik und Simone traf, behauptete sie kurz und knapp, dem Jungen gehe es den Umständen entsprechend gut und sie sollten einfach abwarten und ihm etwas Zeit lassen.

Erik und Simone fragten sich daraufhin, ob die Psychologin sie nur beruhigen wollte, denn ihnen war klar, dass Benjamin Hilfe brauchen würde, sie sahen, wie er seine Erinnerungen durchging, als hätte er bereits beschlossen, manche zu verdrängen, und sie ahnten, dass er sich um das Geschehen schließen würde wie der Felsgrund um ein Fossil, wenn man ihn mit seinen Erlebnissen allein ließ.

»Ich kenne zwei wirklich gute Psychologen«, sagte Erik. »Ich rede mit ihnen, wenn wir zurück sind.«

»Gut.«

»Und wie geht es dir?«, fuhr Erik fort.

»Ich habe da von einem Hypnotiseur gehört, der …«

»Vor dem solltest du dich in Acht nehmen.«

»Ich weiß«, erwiderte Simone lächelnd.

»Aber jetzt mal im Ernst«, sagte er dann. »Wir werden das alles gemeinsam verarbeiten müssen.«

Sie nickte, und ihr Blick wurde sehr nachdenklich.

»Der kleine Benjamin«, sagte sie sanft.

Erik legte sich wieder in das Bett neben Benjamin, und Simone setzte sich auf den Stuhl zwischen den beiden Betten. Sie betrachteten ihren Sohn, der blass und mager in seinem Bett lag, und musterten unermüdlich sein Gesicht, als wäre er gerade erst geboren worden.

»Wie geht es dir?«, hatte Erik ihn behutsam gefragt.

Benjamin hatte sich abgewandt und zum Fenster geblickt. Die Dunkelheit dahinter machte das Glas zu einem wabernden Spiegelbild, wenn der Wind gegen die Scheibe drückte.

Nachdem Benjamin mit Eriks Hilfe auf das Dach des Busses gelangt war, hörte er den zweiten Schuss. Er rutschte aus und wäre um ein Haar ins Wasser gefallen. Im selben Moment hatte er in der Dunkelheit am Rande des großen Eislochs Simone gesehen. Sie hatte ihm zugerufen, dass der Bus sank und er aufs Eis kommen musste. Benjamin sah den Rettungsreifen im aufgewühlten schwarzen Wasser und sprang. Er hatte nach ihm gegriffen, sich auf ihn gelegt und war zum Eisrand geschwommen, wo Simone auf dem Eis liegend zu ihm robbte. Sie zog ihn mitsamt Rettungsreifen heraus und schaffte ihn ein Stück vom Eisloch fort, zog ihre Jacke aus, legte sie ihm um, umarmte ihn und sagte ihm, dass ein Hubschrauber unterwegs war.

»Papa ist noch im Bus«, heulte Benjamin.

Der Bus sank jetzt schnell. Krachend verschwand er im Wasser, und es wurde dunkel. Wellen klatschten gegen das Eis, und große, gluckernde Luftblasen stiegen auf. Simone hatte sich aufgerichtet und die Eisschollen in dem schaukelnden Wasser gesehen.

Sie sank zu Boden und hielt Benjamin fest an sich gepresst, als plötzlich ein Ruck durch seinen Körper lief. Er wurde ihr aus den Armen gerissen, versuchte, auf die Füße zu kommen, rutschte jedoch aus. Die Leine des Rettungsrings lief in einer straff gespannten Linie über das Eis und ins Wasser hinab. Benjamin wurde zum Eisloch gezogen. Er hielt dagegen, rutschte mit seinen nackten Füßen und schrie auf. Simone packte ihn, und es zog sie gemeinsam näher an die Bruchkante heran.

»Das ist Papa«, rief Benjamin Simone zu. »Er hatte das Seil um den Bauch.«

Simones Gesicht war daraufhin hart und verbissen geworden. Sie hatte den Rettungsreifen gepackt, beide Arme hineingelegt und die Fersen ins Eis gestemmt. Benjamin grimassierte vor Schmerz, als sie immer näher an das Loch herangezogen wurden. Die Leine war so gespannt, dass sie dort, wo sie über die Eiskante lief, einen dumpfen Ton von sich gab. Dann hatte das Tauziehen plötzlich eine Wende genommen: Es war immer noch schwer, aber sie konnten rückwärtsgehen und sich vom Eisloch entfernen, bis der Widerstand fast völlig verschwand. Sie hatten Erik aus dem Bus gezogen, und nun stieg er schnell zur Oberfläche auf. Sekunden später konnte Simone ihn aufs Eis ziehen, wo er hustend auf dem Bauch liegen blieb, während sich unter ihm ein roter Fleck ausbreitete.

Als Polizei und Krankenwagen bei Jussis Haus eintrafen, hatten die Beamten Joona mit einem provisorischen Druckverband neben einem schreienden Marek gefunden. Jussis blaugefrorene Leiche saß mit einer Axt in der Brust vor der Eingangstreppe. Im Haus hatten Polizei und Bergwacht eine Überlebende entdeckt. Es war Jussis Lebensgefährtin Annbritt, die sich im Schlafzimmer in einem Kleiderschrank versteckt hatte. Sie war blutüberströmt gewesen und hatte sich hinter den Kleidern zusammengekauert wie ein kleines Kind. Die Rettungssanitäter hatten sie in den wartenden Hubschrauber gebracht, wo ihre Wunden während des Transports versorgt wurden.

Zwei Tage später tauchten Männer der Feuerwehr in das Eisloch hinab, um Lydias Leiche zu bergen. In vierundsechzig Meter Tiefe stand der Bus auf seinen sechs Rädern, als hätte er bloß eine Haltestelle angefahren, um Fahrgäste einsteigen zu lassen. Ein Taucher drang durch die vordere Tür ein und ließ das Licht seiner Lampe über die leeren Sitzreihen schweifen. Das Gewehr lag am hinteren Ende des Gangs auf dem Boden. Erst als der Taucher das Licht nach oben richtete, erblickte er Lydia. Sie war hochgetrieben und lag mit dem Rücken gegen das Busdach gepresst. Ihre Arme hingen herab, und der Hals war gebeugt. Die Gesichtshaut löste sich bereits ab. Die roten Haare wehten sanft in den Wasserbewegungen, ihr Mund war ruhig und die Augen wie im Schlaf geschlossen.

Benjamin wusste nicht, wo er sich in den ersten Tagen nach seiner Entführung befunden hatte. Möglicherweise war er in Lydias Haus gewesen oder auch bei Marek, jedenfalls war er von dem starken Betäubungsmittel noch so benebelt gewesen, dass er kaum begriffen hatte, was mit ihm geschah. Vielleicht hatte er auch weitere Spritzen bekommen, als er langsam wach wurde. Die ersten Tage waren einfach weg.

Zu Bewusstsein gekommen war er erst im Auto auf dem Weg nach Norden. Er hatte sein Handy gefunden und Erik angerufen, ehe er erwischt wurde. Wahrscheinlich hatten sie im Wagen seine Stimme gehört.

Dann folgten die langen und schlimmen Tage, aber Erik und Simone gelang es nicht, ihm mehr als Bruchstücke zu entlocken. Im Grunde erfuhren sie lediglich, dass er mit einer Hundeleine um den Hals auf dem Fußboden gelegen hatte. Seinem Zustand bei der Einlieferung ins Krankenhaus nach zu urteilen, hatte er seit Tagen nichts mehr zu essen oder zu trinken bekommen. An einem Fuß hatte er sich leichte Erfrierungen zugezogen, die aber verheilen würden. Jussi und Annbritt hatten ihm geholfen, sodass er schließlich fliehen konnte, erzählte er und schwieg eine Weile. Dann meinte er, Jussi habe ihn gerettet, als er versuchte, zu Hause anzurufen, und er sei in den Schnee hinausgerannt und habe Annbritt schreien gehört, als Lydia ihr die Nase abschnitt. Er hatte sich in einem der Busse versteckt und in alte Teppiche und eine schimmelige Decke gewickelt, was ihn vor dem Erfrieren gerettet hatte. Auf dem Fahrersitz war er zusammengekauert eingeschlafen und Stunden später aufgewacht, als er die Stimmen seiner Eltern hörte.

»Ich wusste nicht, dass ich noch lebte«, flüsterte Benjamin.

Dann hatte er jedoch Mareks Drohungen gehört und erkannt, dass der Schlüssel steckte. Ohne darüber nachzudenken, was er da tat, hatte er versucht, das Fahrzeug zu starten, gesehen, dass die Scheinwerfer angingen und gehört, dass der Motor aufheulte, als er auf die Stelle zufuhr, an der er Marek vermutete.

Benjamin verstummte, und große Tränen hingen in seinen Wimpern. Nach zwei Tagen im Krankenhaus war er wieder so weit bei Kräften, dass er gehen konnte. Er begleitete Erik und Simone, die Joona Linna in der chirurgischen Station besuchen wollten. Die Schere hatte seinen Oberschenkel übel zugerichtet, aber nach drei Wochen Bettruhe würde er vermutlich wieder völlig gesund sein. Eine schöne Frau mit einem lockeren blonden Zopf auf der Schulter saß bei ihm und las ihm aus einem Buch vor. Sie stellte sich als Disa vor, seit vielen Jahren Joonas Freundin.

»Wir sind in einem Lesezirkel, da muss ich doch dafür sorgen, dass er auf dem Laufenden bleibt«, erklärte Disa auf Finnlandschwedisch und legte das Buch weg.

Simone sah, dass sie Virginia Woolfs Zum Leuchtturm las.

»Die Bergwacht hat mir eine kleine Wohnung zur Verfügung gestellt«, sagte Disa lächelnd.

»Ab dem Flughafen bekommt ihr eine Polizeieskorte«, sagte Joona zu Erik.

Simone und Erik versuchten, das Angebot dankend abzulehnen. Sie hatten das Bedürfnis, mit ihrem Sohn allein zu sein, und wollten keine Polizisten mehr sehen. Als am vierten Tag bei der Visite beschlossen wurde, Benjamin zu entlassen, besorgte Simone sofort Flugtickets und zog anschließend los, um Kaffee zu holen, aber die Krankenhauscafeteria war zum ersten Mal geschlossen. Auf der Station gab es nur eine Karaffe mit Apfelsaft und ein paar Scheiben Knäckebrot. Sie verließ das Gebäude, um ein Café zu suchen, aber alles schien seltsam verlassen und geschlossen zu sein. Eine wohltuende Ruhe lag über der Stadt. Sie blieb vor einem Eisenbahngleis stehen und folgte ihm mit den Augen. In der Ferne erahnte sie in der Dunkelheit den breiten, von weißem Eis und schwarzem glitzerndem Wasser gestreiften Umefluss.

Erst in diesem Moment entspannte sie sich ein wenig. Sie dachte, dass es vorbei war. Sie hatten Benjamin zurückbekommen.

Nach der Ankunft auf dem Stockholmer Flughafen hatten sie Joona Linnas Eskorte gesehen, in deren Nähe sich geduldig etwa zehn Journalisten mit Kameras und Mikrofonen bereithielten. Wortlos nahmen sie einen anderen Ausgang und stiegen in ein Taxi.

 

Jetzt stehen sie unschlüssig vor dem Hotel Birger Jarl in Stockholm und gehen schließlich die Tulegatan hinunter, biegen auf die Odengatan, bleiben an der Ecke zum Sveavägen stehen und schauen sich um. Benjamin trägt einen viel zu großen Trainingsanzug aus dem Fundus der Polizei, eine Zipfelmütze — samische Touristenvariante −, die Simone ihm am Flughafen gekauft hat, und enge Fausthandschuhe. Die Stadt ist menschenleer und verwaist. Alles scheint geschlossen zu sein.

Erik sieht auf die Uhr. Es ist vier Uhr nachmittags. Eine Frau eilt mit einer großen Tüte in der Hand die Odengatan hinauf.

»Es ist Heiligabend«, sagt Simone plötzlich. »Heute ist Heiligabend.«

Benjamin sieht sie erstaunt an.

»Das erklärt, warum einem alle ein frohes Fest wünschen«, meint Erik lächelnd.

»Was sollen wir tun?«, fragt Benjamin.

»Da drüben ist offen«, sagt Erik.

»Wir sollen Weihnachten bei McDonalds essen?«, fragt Simone.

Es fängt an, eisig kalt zu nieseln, und sie beeilen sich, das Restaurant zu erreichen. Es ist ein hässlicher Flachbau, der sich unter der Rotunde der Stadtbibliothek an die Erde presst. Eine etwa sechzigjährige Frau steht wartend hinter der Theke. Sie sind die einzigen Gäste.

»Ich hätte gerne ein Glas Wein«, sagt Simone. »Aber ich fürchte, das bekommt man hier nicht.«

»Einen Milchshake, bitte«, sagt Erik.

»Vanille, Erdbeere oder Schokolade«, erwidert die Frau übellaunig.

Simone ist kurz davor, einen Lachanfall zu bekommen, beherrscht sich aber und sagt bemüht ernst:

»Erdbeere, ich nehme natürlich Erdbeere.«

»Ich auch«, meldet Benjamin sich zu Wort.

Die Frau tippt mit unwirschen Bewegungen die Bestellung ein.

»Ist das alles?«, fragt sie.

»Nimm von allem etwas«, sagt Simone zu Erik. »Wir setzen uns schon mal.«

Sie und Benjamin gehen zu den leeren Tischen.

»Fenstertisch«, flüstert sie und lächelt Benjamin an.

Sie setzt sich neben ihren Sohn, rückt eng an ihn heran und spürt Tränen über ihre Wangen laufen. Sie blickt auf das wie immer deplatziert wirkende, leere Brunnenbecken hinaus, in dem ein einsamer Skateboarder mit scharrenden und klappernden Geräuschen seine Bahnen zieht. Auf einer Bank neben der Seilbahn am Rand des Spielplatzes hinter der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät sitzt eine einsame Frau. Neben ihr steht ein leerer Einkaufswagen. Der Reifen an der Seilbahn schaukelt
im Wind.

»Frierst du?«, fragt sie.

Benjamin antwortet nicht, sein Gesicht ruht auf ihrer Schulter, und er lässt es zu, dass sie ihn immer wieder auf den Kopf küsst.

Erik stellt leise ein Tablett auf den Tisch, geht ein zweites holen und beginnt, Kartons, Papierpakete und Pappbecher auf dem Tisch zu verteilen.

»Super«, sagt Benjamin und setzt sich auf.

Erik überreicht ihm ein Happy-Meal-Spielzeug.

»Frohes Fest«, sagt er.

»Danke, Papa«, sagt Benjamin grinsend und mustert die Plastikverpackung.

Simone betrachtet ihren Sohn. Er ist so furchtbar mager geworden. Aber da ist noch etwas anderes, denkt sie. Eine Bürde scheint noch auf ihm zu lasten, etwas zerrt an seinen Gedanken, setzt ihm zu und belastet ihn. Er ist nur halb anwesend. Es ist, als würde er nach innen schauen, denkt sie, als würde er auf ein Spiegelbild in einem dunklen Fenster starren.

Als sie sieht, wie Erik die Hand ausstreckt und seinem Sohn über die Wange streicht, muss sie wieder weinen. Sie wendet sich ab, flüstert Entschuldigung und sieht eine Plastiktüte aus einer Mülltonne hochfliegen und an der Fensterscheibe kleben.

»Sollen wir versuchen, etwas zu essen?«, fragt Erik.

Benjamin faltet das Papier um einen großen Burger auseinander, als Eriks Handy klingelt. Er sieht im Display, dass es Joona ist.

»Frohes Fest, Joona«, meldet er sich.

»Erik«, sagt Joona am anderen Ende. »Seid ihr in Stockholm?«

»Wir sind gerade beim Weihnachtsessen.«

»Erinnerst du dich, dass ich gesagt habe, wir werden deinen Sohn finden?«

»Ja, daran erinnere ich mich.«

»Du hattest manchmal deine Zweifel, als wir …«

»Ja«, sagt Erik.

»Aber ich wusste, dass alles gut ausgehen würde«, fährt Joona ernst fort.

»Das kann ich von mir nicht behaupten.«

»Ich weiß, das habe ich gemerkt«, erwidert Joona. »Und deshalb gibt es etwas, was ich dir sagen muss.«

»Ja?«

»Was habe ich dir gesagt«, antwortet Joona.

»Wie bitte?«

»Ich hatte Recht — oder etwa nicht?«

»Doch«, antwortet Erik.

»Frohes Fest«, sagt Joona und beendet das Gespräch.

Erik starrt erstaunt vor sich hin und sieht dann Simone an. Er betrachtet ihren durchsichtigen Teint und den breiten Mund. In der letzten Zeit sind die Sorgenfalten um die Augen tiefer geworden. Sie lächelt ihn an, und er folgt ihrem Blick, als sie sich Benjamin zuwendet.

Erik betrachtet seinen Sohn längere Zeit. Sein Hals schmerzt von unterdrückten Tränen. Benjamin isst mit ernstem Gesicht Pommes frites. Er ist weit weg. Sein Blick ist nach innen gerichtet, er ist in seine Erinnerungen und die Leere zwischen ihnen versunken. Erik streckt den gesunden Arm aus, drückt die Finger seines Sohns, woraufhin dieser aufschaut.

»Frohes Fest, Papa«, sagt Benjamin lächelnd. »Hier, ich schenke dir ein paar Pommes frites.«

»Sollen wir das Essen mitnehmen und zu Großvater fahren?«, sagt Erik.

»Meinst du das ernst?«, fragt Simone.

»Es macht doch sicher keinen Spaß, im Krankenhaus zu liegen.«

Simone lächelt ihn an und ruft ein Taxi. Benjamin geht zu der Frau an der Theke und bittet um eine Tüte für das Essen.

Als sie im Taxi am Odenplan vorbeifahren, sieht Erik das Spiegelbild seiner Familie im Fenster und gleichzeitig den riesigen, geschmückten Weihnachtsbaum auf dem Platz. Wie beim Ringelreihen gleiten sie an dem Baum vorbei. Hoch und breit steht er dort mit Hunderten kleiner Lichter, die sich zu einem glänzenden Stern hochschlängeln.

Der Hypnotiseur
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