48 Miller

»Du bist, und du bist nicht«, übertönte der Feed von Eros das statische Rauschen. »Du bist, und du bist nicht. Du bist, und du bist nicht.«

Das kleine Schiff bebte und bockte. Ein AAP-Techniker, der auf seiner Druckliege festgeschnallt war, stieß ein paar Flüche aus, die weniger wegen ihrer Innovationskraft denn wegen ihrer Leidenschaft aus dem Rahmen fielen. Miller schloss die Augen und unterdrückte das Schwindelgefühl, das die winzigen Korrekturschübe während des unkonventionellen Andockvorgangs erzeugten. Nachdem ihnen der tagelange starke Schub und der ebenso erdrückende Bremsvorgang fast die Knochen gebrochen hatte, fühlten sich die kleinen Veränderungen und Bewegungen willkürlich und seltsam an.

»Du bist, bist, bist, bist, bist …«

Er hatte eine Weile die Nachrichtenfeeds abgehört. Drei Tage nach ihrem Aufbruch von Tycho war Protogens Verwicklung in die Ereignisse auf Eros ans Licht gekommen. Erstaunlicherweise ging dies jedoch einmal nicht auf Holden zurück. Seitdem hatte die Firma abwechselnd alles abgestritten, einem fahrlässigen Subunternehmer die Schuld gegeben und nach den irdischen Bestimmungen für militärische Geheimnisse Immunität beansprucht. Es sah nicht gut aus für sie. Die Erde blockierte immer noch den Mars, doch die Aufmerksamkeit hatte sich auf den Machtkampf auf der Erde selbst verlagert, und die marsianische Marine beschleunigte nicht mehr ganz so stark, um den irdischen Kräften etwas Zeit zu geben, ehe jemand eine unwiderrufliche Entscheidung traf. Es schien so, als sei Armageddon um ein paar Wochen aufgeschoben. Miller stellte fest, dass er sich darüber sogar freute. Außerdem war er müde.

Noch öfter lauschte er der Stimme von Eros. Manchmal sah er sich auch Videofeeds an, aber normalerweise hörte er nur zu. Im Laufe der Stunden und Tage schälten sich zwar keine verständlichen Aussagen, aber immerhin gewisse Strukturen heraus. Manche Stimmen, die von der sterbenden Station abgespielt wurden, wiederholten sich – es waren Ansager und Künstler, die im AudioArchiv vermutlich besonders stark vertreten waren. Auch was die Musik anging, er hatte kein besseres Wort dafür, ergaben sich gewisse Tendenzen. Nach mehreren Stunden sinnlosem Rauschen konzentrierte Eros sich immer wieder einmal auf ein Wort oder einen Satz und verbreitete ihn häufiger und energischer, bis das Gefüge zerbrach und die willkürlichen Geräusche wieder die Oberhand gewannen.

»… bist, bist, BIST, BIST, BIST …«

Nein, ihr seid nichts, dachte Miller. Abermals ruckte das Schiff, und Miller hatte das Gefühl, sein Magen sei einen halben Meter neben der richtigen Stelle zurückgeblieben. Dann folgte ein lautes Klappern, und schließlich ertönte eine Sirene.

»Dieu! Dieu!«, rief jemand. »Bomben son vamen roja! Die jagen uns in die Luft, die machen uns alle kaputt!«

Es gab ein höfliches Kichern wie schon öfter während der Reise, wenn jemand es gesagt hatte. Der Junge, der den Spruch geprägt hatte – ein pickeliger Gürtler von höchstens fünfzehn Jahren –, grinste erfreut über die Anerkennung. Wenn er mit diesem Unfug nicht aufhörte, würde ihm irgendjemand eine Brechstange über den Schädel ziehen, ehe sie nach Tycho zurückgekehrt waren. Miller fand aber, dass er es nicht unbedingt selbst tun musste.

Ein starker Ruck drückte ihn fest auf die Liege, und dann war die Schwerkraft wieder da, vertraute 0,3 G. Vielleicht ein wenig mehr. Der Pilot hatte das Schiff mit Fanghaken auf der Oberfläche des rotierenden Asteroiden verankert. Die Schwerkraft, die durch die Rotation entstand, verwandelte die Decke in den Boden, die untersten Reihen der Liegen waren jetzt oben, und wenn sie die Fusionsbomben in die Docks einbauten, mussten sie auf einem kalten, dunklen Felsklotz umherklettern, der sie ins Vakuum schleudern wollte.

Die Freuden des Saboteurs.

Miller legte den Raumanzug an. Nach der hervorragenden militärischen Ausrüstung auf der Rosinante waren die zusammengestückelten Sachen der AAP wie Kleidung aus dritter Hand. Der Anzug roch nach einem fremden Körper, das Visier aus Mylar war uneben, weil es gerissen und geflickt worden war. Er vermied es, näher über das Schicksal des armen Kerls nachzudenken, der es vorher getragen hatte. Die Magnetstiefel waren von einer dicken Schicht von halb zersetztem Plastik und altem Dreck bedeckt. Der Auslösemechanismus war so alt, dass Miller das Klicken, wenn er den Fuß bewegte, im ganzen Anzug hören konnte. Er stellte sich vor, wie sich die Stiefel auf Eros verankerten und ihn nie wieder weggehen ließen.

Über diesen Gedanken musste er lächeln. Du gehörst zu mir, hatte seine eingebildete Julie gesagt. Es entsprach der Wahrheit, und jetzt war er hier und spürte mit absoluter Gewissheit, dass er nie wieder weggehen würde. Er war viel zu lange ein Cop gewesen, und die Vorstellung, sich von Neuem auf die Menschheit einlassen zu müssen, erschöpfte ihn schon, bevor er es überhaupt versucht hatte. Er war hier, um den letzten Teil seines Jobs zu erledigen, und dann war er fertig.

»Oi, Pampaw!«

»Ich komme schon«, erwiderte Miller. »Nun mach mal nicht die Pferde scheu. Die Station läuft uns nicht weg.«

»Ein Regenbogen ist ein Kreis, den man nicht sieht. Nicht sieht. Nicht sieht«, sang Eros mit einer Kinderstimme. Miller drehte die Lautstärke des Feeds herunter.

Die felsige Oberfläche des Asteroiden bot den Magnetstiefeln und den Kränen nicht viel Halt. Zwei weitere Schiffe waren auf den Polen gelandet, wo es keine Zentrifugalkraft gab, doch die Corioliskraft würde auch diesen Teams Übelkeit bereiten. Millers Gruppe musste sich an die frei liegenden Metallplatten des Docks halten. Sie klebten wie die Fliegen daran und blickten in den von Sternen erleuchteten Abgrund.

Es war keine leichte Aufgabe, die richtigen Positionen für die Fusionsbomben zu finden. Wenn sie nicht genügend Energie in die Station abgaben, kühlte die Oberfläche möglicherweise stark genug ab, und jemand anders konnte ein Team von Wissenschaftlern absetzen, ehe die Sonne den Asteroiden und die Teile der Nauvoo, die noch mit ihm verbunden waren, verschlang. Obwohl die klügsten Köpfe von Tycho darüber nachgedacht hatten, bestand immer noch die Möglichkeit, dass die Sprengkörper nicht synchron zündeten. Wenn die Druckwellen, die durch den Fels liefen, sich auf eine unvorhergesehene Weise aufschaukelten, konnte die ganze Station zerplatzen wie ein überhitztes Ei und das Protomolekül wie eine Handvoll Staub im ganzen Sonnensystem verteilen. Die Differenz zwischen Erfolg und Katastrophe betrug nur ein paar Meter.

Miller kroch durch die Schleuse auf die Oberfläche der Station hinaus. Die erste Welle von Technikern baute bereits Seismografen auf. Ihre Arbeitsleuchten und Anzeigen waren die hellsten Objekte im Universum. Miller stellte die Füße auf die weite Fläche aus einer Keramik-Stahl-Legierung und ließ sich vom Zug der Rotation das strapazierte Rückgrat strecken. Nach Tagen auf der Beschleunigungsliege war die Freiheit wie ein Rausch. Eine Technikerin hob eine Hand, was in der Gebärdensprache der Gürtler bedeutete, dass sie alle aufpassen sollten. Miller drehte die Lautstärke hoch.

»… Insekten krabbeln sur ma peau …«

Unwirsch schaltete er vom Eros-Feed auf den Teamkanal um.

»Wir müssen ausweichen«, erklärte die Frau. »Hier gibt es zu viel Resonanz. Wir müssen auf die andere Seite des Docks.«

»Das sind fast zwei Kilometer«, wandte Miller ein.

»Das ist wahr«, stimmte sie zu. »Wir können ablegen und das Schiff mit eigener Kraft bewegen, oder wir schleppen es. Leinen haben wir genug.«

»Was geht schneller? Wir haben nicht viel Zeit.«

»Schleppen.«

»Also schleppen wir es«, entschied Miller.

Langsam stieg das Schiff empor. Zwanzig kriechende Transportdrohnen hingen an den Seilen und zogen es wie einen riesigen Zeppelin hinter sich her. Das Schiff würde hier auf der Station bei ihm bleiben, an den Fels gekettet wie ein Opfer an die Götter. Miller lief mit der Crew über die breiten, geschlossenen Tore des Docks. Die einzigen Geräusche kamen von den Sohlen seiner Stiefel, wenn sich die Elektromagnete an die Oberfläche hefteten und mit einem Klicken wieder losließen. Die einzigen Gerüche, die er wahrnahm, stammten von seinem eigenen Körper und dem Plastik des neuen Luftrecyclers. Das Metall unter den Füßen glänzte, als hätte jemand es vor Kurzem poliert. Staub oder Steinchen waren schon vor langer Zeit weggeschleudert worden.

Sie arbeiteten rasch, um das Schiff wieder festzuzurren, die Bomben scharfzumachen und die Zugangscodes einzugeben. Viele dachten an das mächtige Geschoss, das einmal die Nauvoo gewesen war und jetzt wie eine Rakete auf sie zuflog.

Wenn eine fremde Mannschaft landete und versuchte, die Sprengfallen zu entschärfen, würde das Bombenschiff synchronisierende Signale an alle anderen Ladungen schicken, die sie auf der Oberfläche des Himmelskörpers verteilt hatten. Drei Sekunden später wäre die Oberfläche von Eros leer gefegt. Die Kämpfer der AAP entluden die Luftvorräte und Rationen, schnürten alles zusammen und bereiteten sich auf den Rückflug vor. Es gab keinen Grund, Ressourcen zu vergeuden.

Nichts Grässliches kroch aus den Luftschleusen, um die Crew anzugreifen, womit sich Millers Anwesenheit als völlig überflüssig erwies. Oder vielleicht auch nicht. Es war jedenfalls gut, dabei zu sein.

Als alles erledigt war, setzte Miller das entsprechende Signal ab, das von dem System des verlassenen Schiffs weitergesendet wurde. Langsam tauchte der Transporter auf, der sie zurückbringen sollte, zuerst nur ein Lichtpunkt, der langsam heranwuchs und heller wurde. Wie ein Baugerüst war das Fangnetz ausgebreitet, das ihnen helfen sollte, bei null G an Bord zu gelangen. Als das Schiff in Position war, schaltete Millers Team die Magnetstiefel ab und flog mit Impulsen der einfachen Steuerdüsen hinüber, die sich entweder in den Anzügen oder auf zweckentfremdeten Rettungskapseln befanden. Miller sah ihnen nach, als sie sich entfernten.

»Alles klaro hier, Pampaw«, sagte Diogo von irgendwo. Wegen der Entfernung konnte Miller ihn nicht mehr erkennen. »Häng da nicht rum.«

»Ich komme nicht mit«, erwiderte Miller.

»Sa que?«

»Ich habe mich entschieden. Ich bleibe hier.«

Es gab ein kurzes Schweigen. Auf diesen Moment hatte Miller gewartet. Er hatte die Zugangscodes. Wenn nötig, konnte er in ihr leeres altes Schiff zurückkriechen und hinter sich die Tür absperren. Das wollte er aber nicht. Er hatte seine Argumente parat. Wenn er nach Tycho zurückkehrte, wäre er für Fred Johnson nichts als eine Schachfigur im politischen Spiel. Er war müde und auf eine Weise gealtert, die man mit Jahreszahlen allein nicht beschreiben konnte. Er war schon einmal auf Eros gestorben und wollte bleiben, um die Sache zu Ende zu bringen. Das hatte er verdient. Diogo und die anderen waren es ihm schuldig.

Er rechnete damit, dass der Junge irgendwie reagierte und es ihm auszureden versuchte.

»Alles bingo«, erklärte Diogo. »Buona morte.«

»Buona morte«, erwiderte Miller und schaltete das Funkgerät ab. Das Universum war stumm. Die Sterne unter ihm wanderten langsam, aber doch wahrnehmbar, während sich die Station, an der er hing, gemächlich drehte. Eins dieser Lichter war die Rosinante. Zwei andere waren die Schiffe, die Holden aufhalten sollte. Miller konnte sie allerdings nicht von den anderen unterscheiden. Julie schwebte neben ihm, das dunkle Haar wallte frei im Vakuum, die Sterne schienen durch sie hindurch. Sie wirkte sehr friedlich.

Wenn du es noch einmal tun müsstest?, fragte sie. Wenn du noch einmal von vorne beginnen müsstest?

»Das wollte ich nicht«, antwortete er.

Das Transportschiff der AAP zündete die Triebwerke und flog, vom goldenen und weißen Schweif getrieben, davon, bis es nur noch ein Stern war. Ein kleiner Stern. Dann verschwand es. Miller drehte sich um sich selbst und betrachtete die dunkle leere Mondlandschaft und die ewige Nacht.

Er wollte einfach nur noch ein paar Stunden bei ihr sein, dann wären sie beide sicher. Alle wären dann sicher. Das war genug. Miller lächelte und weinte dabei, die Tränen liefen aufwärts in die Haare.

Es wird schön, sagte Julie.

»Ich weiß«, antwortete Miller.

Schweigend stand er fast eine Stunde dort, dann drehte er sich um und ging langsam und vorsichtig zu dem geopferten Schiff und betrat durch die Schleuse das dunkle Innere. Drinnen gab es noch genügend Atmosphäre, sodass er nicht im Anzug schlafen musste. Er zog sich nackt aus, entschied sich für eine Beschleunigungsliege und rollte sich auf dem harten blauen Gel zusammen. Keine zwanzig Meter entfernt warteten fünf Fusionsbomben, die stark genug waren, um die Sonne zu überstrahlen, auf das Signal. Über ihm hatte sich alles, was auf der Eros-Station jemals menschlich gewesen war, verändert und neu formiert und nahm verschiedenste Gestalten an, als habe Hieronymus Bosch die Hand im Spiel gehabt. Die Nauvoo, der Hammer Gottes, war noch fast eine Tagesreise entfernt und eilte auf ihn zu.

Miller ließ sich von der Anzugelektronik ein paar alte Popsongs vorspielen, die er früher gemocht hatte. Dabei schlief er irgendwann ein und träumte, er habe hinten in seinem alten Wohnloch auf Ceres einen Tunnel entdeckt, durch den er endlich, endlich in die Freiheit gelangen konnte.

Sein letztes Frühstück bestand aus einem harten Müsliriegel und einer Handvoll Schokolade, die er in einem vergessenen Überlebenspack gefunden hatte. Dazu trank er lauwarmes recyceltes Wasser, das nach Eisen und Verwesung schmeckte. Der Feed von Eros übertönte fast alle anderen Signale, doch Miller konnte genug herausfiltern, um sich ein Bild zu machen.

Wie erwartet, hatte Holden sich durchgesetzt. Die AAP antwortete auf tausend wütende Anschuldigungen von Erde und Mars mit tausend verschiedenen Stimmen, wie es ihr entsprach. Es war zu spät. In wenigen Stunden würde die Nauvoo eintreffen. Das Ende war nahe.

Miller legte zum letzten Mal den Anzug an, schaltete das Licht aus und kroch durch die Luftschleuse. Es dauerte einige Sekunden, bis die äußere Luke reagierte, die Warnlichter glühten unverändert rot, und er bekam Angst, er müsste die letzten Sekunden in der Röhre steckend verbringen wie ein verklemmter Torpedo. Doch dann versuchte er es noch einmal, und die Schleuse öffnete sich.

Der Eros-Feed war jetzt wortlos, nur ein leises Murmeln wie von Wasser auf Stein. Miller überquerte die breite Fläche der Tore vor den Andockbuchten. Der Himmel über ihm verwandelte sich, die Nauvoo stieg am Horizont empor wie die Sonne. Die mit gespreizten Fingern erhobene Hand reichte bei gestrecktem Arm nicht aus, um das Glühen der Maschinen zu verdecken. Er klammerte sich mit den Stiefeln fest und beobachtete den Anflug des Schiffs. Die Phantom-Julie war bei ihm.

Wenn er die Sache richtig berechnet hatte, musste die Nauvoo auf der Hauptachse von Eros einschlagen. Miller würde es beobachten können, wenn es geschah, und das aufgeregte Schwindelgefühl im Kopf erinnerte ihn an seine Jugend. Es würde ein spektakuläres Ereignis. Ja, ein erstaunlicher Anblick. Er überlegte, ob er es aufzeichnen sollte. Sein Anzug konnte eine einfache Videodatei abspeichern und die Daten in Echtzeit senden. Aber nein, dies war sein eigener Moment. Er gehörte ihm und Julie allein. Der Rest der Menschheit mochte seinetwegen raten, wie so etwas aussah.

Das mächtige Glühen der Nauvoo erfüllte jetzt ein Viertel des Himmels, die Kugel hatte sich über den Horizont erhoben. Das sanfte Murmeln des Eros-Feeds wechselte zu etwas, das offensichtlich künstlichen Ursprungs war: ein anschwellender, schriller werdender Laut, der ihn aus irgendeinem Grund an die grünen Radarschirme in alten Filmen erinnerte. Darunter lagen Stimmen, doch die Worte und die Sprache konnte er nicht erkennen.

Die Abgasfackel der Nauvoo erfüllte den halben Himmel, die Sterne verblassten im grellen Licht des vollen Gegenschubs. Millers Anzug zirpte eine Strahlenwarnung, die er abschaltete.

Wäre die Nauvoo bemannt gewesen, dann hätte sie nicht mit dieser Beschleunigung fliegen können. Selbst auf den besten Druckliegen hätte der Schub die Knochen der Besatzung zu Brei zerquetscht. Er versuchte abzuschätzen, wie schnell das Schiff beim Aufschlag wäre.

Schnell genug. Nur darauf kam es an. Schnell genug.

Im Zentrum der Blüte aus Feuer erkannte Miller einen dunklen Punkt, nicht größer als die Mine in einer Bleistiftspitze. Das Schiff selbst. Er holte tief Luft. Wenn er die Augen schloss, drang das Licht rot durch die Lider. Als er sie wieder öffnete, hatte die Nauvoo eine Länge und einen Umriss bekommen. Eine Nadel, ein Pfeil, eine Rakete. Eine Faust, die sich aus der Tiefe des Raumes erhob. Zum ersten Mal, soweit er sich erinnern konnte, empfand Miller Ehrfurcht.

Eros rief.

»KOMMT MIR JA NICHT ZU NAHE!«

Langsam dehnte sich der Kreis des Feuers zu einem Oval und einer mächtigen Rückstoßflamme. Die Nauvoo war silbrig im Profil zu erkennen. Miller glotzte fassungslos.

Die Nauvoo hatte das Ziel verfehlt, als wäre sie im letzten Moment abgebogen. In genau diesem Moment schoss sie an Eros vorbei, statt die Station zu treffen. Doch er hatte keinerlei Steuerdüsen erkannt, und außerdem war es nicht möglich, etwas so Großes, das sich so schnell bewegte, binnen eines Atemzuges umzulenken, ohne das ganze Schiff zu zerreißen. Allein die Beschleunigungskräfte …

Miller betrachtete die Sterne, als sei dort die Antwort aufgeschrieben. Zu seiner Überraschung war das sogar der Fall. Die vorbeiziehende Milchstraße, das unendliche Gesprenkel der Sterne, alles war noch da. Doch der Winkel hatte sich verändert. Eros’ Rotationsachse hatte sich verschoben, das Verhältnis zur Ekliptik war verändert.

Es wäre für die Nauvoo unmöglich gewesen, im letzten Moment den Kurs zu wechseln, ohne in Stücke zu gehen. Also war dies nicht geschehen. Die Eros-Station hatte ein Volumen von etwa sechshundert Kubikkilometern. Vor dem Experiment von Protogen hatte sie den zweitgrößten Raumhafen im Gürtel beherbergt.

Ohne auch nur die Haltekraft von Millers Magnetstiefeln aufzuheben, war Eros ausgewichen.

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